Carlton-Hotel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Datei:Hotel Carlton Berlin um 1905.jpg
Das Carlton-Hotel, um 1905.
Datei:Berlin Carlton Hotel Anzeige (BerlLeben 1903-10).jpg
Das Carlton-Hotel war mit dem Restaurant Kons verbunden.
Das Gebäude des ehemaligen Carlton-Hotels heute.

Das Carlton Hotel war ein erstklassiges Hotel an der Berliner Prachtstraße Unter den Linden. Es wurde 1903 erbaut und bis 1918 als Hotel genutzt. Heute ist es das einzige erhaltene Gebäude aus der Erbauungszeit in diesem Straßenabschnitt.

Ein Neubau im wilhelminischen Stil

Das Carlton-Hotel befand sich in bester Lage auf der Südseite der Berliner Prachtstraße Unter den Linden Nr. 32 (heute: Nr. 17), an der Kreuzung mit der Charlottenstraße. Vorher befand sich an diesem Standort das Hotel du Nord, davor in demselben Haus das traditionsreiche Meinhardt’s Hotel. 1902 wurde das Gebäude von Meinhardt’s Hotel, dessen baulicher Zustand nicht mehr neuzeitlichen Erfordernissen entsprach, vollständig abgerissen und an seiner Stelle von dem Architekten Carl Gause ein Neubau im wilhelminischen Stil errichtet. Die Fassade des neuen Hotels mit Erkern und Turmhauben machte einen trutzig-historistischen Eindruck. Ein Merkur auf der Weltkugel an der Gebäudeecke schützte den Schlaf der Reisenden. Reliefs an der Fassade des Gebäudes versinnbildlichen die außerhalb Europas liegenden Weltteile und weisen damit auf die Internationalität der Gäste des Hotels hin. Die hohen Fenster in der Beletage zeigen die weitläufigen Festsäle an.[1] Eigentümerin des Gebäudes und des Hotels war Frau A. Seifert, Witwe des Hoteliers Seifert.

Standard und Leistungen

Aus einer Anzeige des neuen Hotels geht hervor, dass es im Herbst 1903 seinen Betrieb aufnahm.[2] Von 1904 an wird das Hotel auch regelmäßig in der Hotelliste des Berliner Adressbuchs aufgeführt.[3] Es verfügte zunächst über 100 Zimmer. Ein Reiseführer aus dem Jahr 1905 bezeichnete das Carlton-Hotel im Vergleich zu den anderen Berliner Hotels als „das jüngste, aber noch nicht ganz konsolidiert“.[4]

Das Hotel war mit dem Restaurant Kons (später Astoria genannt) verbunden, das von den Hoftraiteuren Kons & Pfennings betrieben wurde, Das Restaurant war für seine feine Küche bekannt. Der Reiseführer Baedeker von 1904 bezeichnet es als „modern“.[5]

Die Zimmer des Carlton-Hotels waren zunächst noch nicht alle mit eigenen privaten Bädern versehen. Da die Reisenden dies von Luxushotels jedoch in zunehmendem Maße erwarteten, mussten in dem Gebäude nachträglich 20 Bäder eingebaut werden. 1914 verfügte das Hotel deshalb nur noch über 75 Zimmer, davon hatten jedoch 20 jeweils ein eigenes Bad.[6]

Einstellung des Hotelbetriebs 1918

1918 ist das Carlton-Hotel noch in der Berliner Hotelliste aufgeführt, 1919 nicht mehr. Als Eigentümerin des Gebäudes wird 1919 die Carlton Hotel und Restaurant Astoria GmbH in Liquidation genannt. Das Gebäude ging nun in das Eigentum der Diskonto-Gesellschaft über und wurde in den Folgejahren überwiegend von amtlichen Stellen genutzt. Später befand sich in dem Gebäude z. B. lange Jahre das amtliche Norwegische Reisebüro.

Alliierte Bombardements

Vor 1945 gehörte das Hotelgebäude dem Reichsfiskus und wurde vom Reichswirtschaftsministerium genutzt.[7] Es überstand weitgehend unbeschädigt die alliierten Bombardements der Reichshauptstadt Berlin in der letzten Phase des Zweiten Weltkriegs. An der Straße Unter den Linden im Abschnitt zwischen der Friedrichstraße und der Charlottenstraße ist das Gebäude des ehemaligen Carlton-Hotels als einziges von der Vorkriegsbebauung erhalten geblieben.

Die spätere Nutzung des Gebäudes

1964–1966 wurde an den Altbau des ehemaligen Hotels anschließend bis zur verbreiterten Friedrichstraße ein Gaststättenkomplex mit dem Namen „Lindencorso“ errichtet. In den oberen Geschossen befanden sich die Großraumbüros der Deutschen Bauakademie der DDR.[8] Heute befindet sich in dem Gebäude die Berliner Zentrale eines weltbekannten Software-Unternehmens und eine digitale Gaststätte („digital eatery“).

Galerie

Einzelnachweise

  1. Hans-Christian Täubrich: Zu Gast im alten Berlin. Verlag Hugendubel, 1990, S. 90.
  2. Zeitschrift Berliner Leben. Heft 10 (1903).
  3. vgl. das Branchenverzeichnis im Berliner Adressbuch dieser Jahre, Stichwort Gasthöfe sowie den Reiseführer von Karl Baedeker: Berlin und Umgebung. Handbuch für Reisende. Verlag Karl Baedeker, 13. Aufl. Leipzig 1904, S. 3.
  4. Anonymus: Berlin und die Berliner. Karlsruhe 1905, S. 427.
  5. Hans-Christian Täubrich: Zu Gast im alten Berlin. Verlag Hugendubel, 1990, S. 90 sowie Karl Baedeker: Berlin und Umgebung. Handbuch für Reisende. Verlag Karl Baedeker, 13. Aufl. Leipzig 1904, S. 8.
  6. Karl Baedeker: Berlin und Umgebung. Handbuch für Reisende. Verlag Karl Baedeker, 13. Aufl. Leipzig 1904, S. 3 sowie Karl Baedeker: Berlin und Umgebung. Handbuch für Reisende. Verlag Karl Baedeker, 18. Aufl. Leipzig 1914, S. 4.
  7. Hans Werner Klünner: Panorama der Straße Unter den Linden vom Jahre 1820. Neuauflage Berlin 2013, S. 20.
  8. Hans Werner Klünner: Panorama der Straße Unter den Linden vom Jahre 1820. Nicolai Verlag, Neuauflage Berlin 2013. ISBN 978-3-89479-815-4, S. 20.

Literatur

  • Berlin und die Berliner. Leute, Dinge, Sitten, Winke. J. Bielefelds Verlag, Karlsruhe 1905.
  • Karl Baedeker: Berlin und Umgebung. Handbuch für Reisende. Verlag Karl Baedeker, 13. Aufl. Leipzig 1904.
  • Karl Baedeker: Berlin und Umgebung. Handbuch für Reisende. Verlag Karl Baedeker, 18. Aufl. Leipzig 1914.
  • Bodo-Michael Baumunk: Grand-Hotel. In: Die Reise nach Berlin. Hrsg. i. A. des Berliner Senats für die gleichnamige Ausstellung, Berlin 1987. S. 192ff.
  • Wolfgang Bernhagen, Heinz Schlottke: Vom Gasthof zum Luxushotel. Ein Streifzug durch die Berliner Hotelgeschichte – Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hrsg. von der Generaldirektion der Interhotel DDR, o. O. o. J. [1988].
  • Renate Düttmann: Berliner Gasthöfe des 18. und 19. Jahrhunderts. In: Die Reise nach Berlin. Hrsg. i. A. des Berliner Senats für die gleichnamige Ausstellung, Berlin 1987. S. 181–191.
  • Peter Güttler: Liste der Hotelbauten. In: Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten. Verlag von Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin, München, Düsseldorf 1980. Teil VIII Bauten für Handel und Gewerbe. Band B Gastgewerbe. S. 39–52.
  • Hans Werner Klünner: Panorama der Straße Unter den Linden vom Jahre 1820. Nicolai Verlag, Neuauflage Berlin 2013. ISBN 978-3-89479-815-4.
  • Wolfgang Müller: Hotelbauten. In: Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten. Verlag von Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin, München, Düsseldorf 1980. Teil VIII Bauten für Handel und Gewerbe. Band B Gastgewerbe. S. 1–38.
  • Hasso Noorden: Deutsche Großstadthotels. In: Velhagen & Klasings Monatshefte, Jg. 24, Heft 1, S. 42–55.
  • Renate Petras: Das Café Bauer in Berlin. Verlag für Bauwesen. Berlin 1994. ISBN 3-345-00581-6.
  • Hans-Christian Täubrich: Zu Gast im alten Berlin. Erinnerungen an die Alt-Berliner Gastlichkeit mit Hotelpalästen, Vergnügungslokalen, Ausflugsgaststätten und Destillen. Verlag Hugendubel 1990. ISBN 3-88034-482-5.
  • Volker Wagner: Die Dorotheenstadt im 19. Jahrhundert: vom vorstädtischen Wohnviertel barocker Prägung zu einem Teil der Berliner modernen City. Verlag De Gruyter, Berlin, New York 1998. Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Bd. 94. ISBN 3-11-015709-8.
  • Hanns von Zobeltitz: Moderne Karawansereien. In: Velhagen & Klasings Monatshefte, Jg. 6 (1881).

Koordinaten: 52° 30′ 59″ N, 13° 23′ 26″ O