Kapitalflussrechnung

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Die Kapitalflussrechnung (KFR), auch Cashflow-Rechnung genannt, hat das Ziel, Transparenz über die Zahlungsmittelströme eines Unternehmens herzustellen. Dabei sollen die Veränderung des Liquiditätspotenzials im Zeitverlauf quantifiziert und die Ursachen der Veränderungen herausgestellt werden.

Allgemeines

Die Bezeichnung „Kapitalflussrechnung“ ist eigentlich irreführend, da das Kapital in der Regel nicht liquide ist und sich innerhalb eines Jahres zumeist kaum bewegt. Eine korrekte Bezeichnung und zudem eine bessere Übersetzung des englischen Begriffs „cash flow statement“ wäre daher der Terminus „Geldflussrechnung“. Diese Bezeichnung wird in der Schweiz verwendet, hat sich aber in Deutschland bisher nicht durchgesetzt.

Der Begriff der Kapitalflussrechnung wird mangels einheitlicher bzw. gesetzlicher Festlegung vielfältig definiert und je nach Funktion in Anlehnung an nationale und internationale Standards ausgestaltet. Bei allen Gegensätzen sollte die Kapitalflussrechnung als spezielles Zusatzinstrument für die Einschätzung der finanziellen Lage anerkannt sein, da es wertvolle Informationen für die Finanzlage liefert und Herkunft sowie Verwendung finanzieller Mittel systematisch gegenüberstellt. Dementsprechend kann die Kapitalflussrechnung auch als Mittelherkunfts- und Mittelverwendungsrechnung oder als Finanzflussrechnung bezeichnet werden, in der die Entwicklung, Herkunft und Verwendung der Finanzmittel dokumentiert, sowie die Ein- und Auszahlung der betrachteten Periode strukturiert abgebildet wird. Vereinfacht ist es die Gegenüberstellung von Ein- und Auszahlungen einer Abrechnungsperiode, um Informationen zur Finanzkraft der Gesellschaft zu liefern.

Zur Darstellung des Zahlungsstroms kann man sich grundsätzlich der sog. indirekten Methode, bei der die Zahlungsströme anhand einer Überleitungsrechnung ausgehend von Rechnungslegungsgrößen dargestellt werden, oder der sog. direkten Methode (die Zahlungsströme werden unmittelbar angegeben, d. h. ohne Überleitungsrechnung) bedienen.

Die Ermittlung (Datenerhebung) der Zahlungsströme kann wiederum originär erfolgen, wobei diejenigen Konten der Buchführung mit zahlungswirksamen Geschäftsvorfällen herangezogen werden, um die Beträge zu ermitteln. Alternativ werden bei der derivaten Ermittlung der Cash-Flows Einzahlungen und Auszahlungen aus Aufwendungen und Erträgen und aus Veränderungen von Aktiva und Passiva abgeleitet (Bewegungsrechnung).

Durch die klassische Gewinn- und Verlustrechnung gemäß § 275 Handelsgesetzbuch (HGB) bzw. i. S. d. IFRS werden Aufwendungen (Reinvermögensminderungen) und Erträge (Reinvermögensmehrungen) gegenübergestellt. Um die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens beurteilen zu können, müssen jedoch Einzahlungen und Auszahlungen sowie die Zahlungsströme innerhalb des Unternehmens analysiert werden. Die unzulängliche Liquiditätsorientierung des Jahresabschlusses verschleiert den klaren Einblick in die Finanzlage des Unternehmens. Es ist nicht gewährleistet, dass drohende Zahlungsengpässe und somit ein Insolvenzantragsgrund (§ 17, § 18 Insolvenzordnung (InsO)) rechtzeitig oder überhaupt erkannt werden.

Es wird zwischen retrospektiven und prospektiven Kapitalflussrechnungen unterschieden. Diese differieren lediglich bezüglich des gewählten Betrachtungszeitraums:

  • Retrospektive Kapitalflussrechnungen sind vergangenheitsorientiert und haben vorliegende Jahresabschlüsse zur Grundlage. Sie sind daher objektiv nachprüfbar, dienen jedoch nicht als Prognoseinstrument.
  • Prospektive Kapitalflussrechnungen, Finanzplan genannt, basieren auf Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen. Sie sind zukunftsorientiert, dienen der Prognose und Planung und sind lediglich zur Beurteilung der zukünftigen Zahlungsfähigkeit geeignet.

Kapitalflussrechnung nach HGB und DRS

Die Kapitalflussrechnung ist Bestandteil des Konzernabschlusses nach dem HGB (§ 297 Abs. 1 HGB). Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, die nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet sind, haben den Jahresabschluss zusätzlich um eine Kapitalflussrechnung zu erweitern (§ 264 Abs. 1 S. 2 HGB).

Der Deutschen Standardisierungsrats gibt regelmäßig Standards und Empfehlungen heraus. Im April 2014 wurde der Deutsche Rechnungslegungsstandard Nr. 21 („DRS 21“) veröffentlicht. Unternehmen, die verpflichtet sind, eine Kapitalflussrechnung für einen Konzernabschluss nach HGB aufzustellen, müssen den DRS 21 beachten. Für Unternehmen, welche „einen Jahresabschluss (JA) um eine Kapitalflussrechnung erweitern oder freiwillig eine Kapitalflussrechnung aufstellen, wird die Anwendung des DRS 21 empfohlen“.[1] Stellen Unternehmen ihren JA nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS) auf, ist der IAS 7 und nicht der DRS 21 relevant. Der DRS 21 löst die bisher geltenden Standards DRS 2, DRS 2-10 und DRS 2-20 ab. Die Anwendung des DRS 21 ist für Geschäftsjahre mit Beginn nach dem 31. Dezember 2014 verpflichtend.[2]:1

Gemäß den Empfehlungen des alten „DRS 2“ ist eine Kapitalflussrechnung wie folgt aufgebaut (der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit ist dabei indirekt dargestellt, die anderen beiden Cashflow-Aktivitätsbereiche anhand der direkten Darstellung):

1. Periodenergebnis vor außerordentlichen Posten
2. ± Abschreibungen/Zuschreibungen auf das Anlagevermögen
3. ± Zunahme/Abnahme der Rückstellungen
4. ± sonstige zahlungsunwirksame Aufwendungen/Erträge
5. ± Verlust/Gewinn aus dem Abgang von Anlagevermögen
6. ± Abnahme/Zunahme der Vorräte, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
sowie anderer Aktiva, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind
7. ± Zunahme/Abnahme der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
sowie anderer Passiva, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind
8. ± Ein- und Auszahlungen aus außerordentlichen Positionen
9. = Cash-Flow aus laufender Geschäftstätigkeit (operative cash flow)
10. Einzahlungen aus Abgängen des Sachanlagevermögens
11. - Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen
12. + Einzahlungen aus Abgängen des immateriellen Anlagevermögens
13. - Auszahlungen für Investitionen in das immaterielle Anlagevermögen
14. + Einzahlungen aus Abgängen des Finanzanlagevermögens
15. - Auszahlungen für Investitionen in das Finanzanlagevermögen
16. + Einzahlungen aus dem Verkauf von konsolidierten Unternehmen und sonstigen Geschäftseinheiten
17. - Auszahlungen aus dem Erwerb von konsolidierten Unternehmen und sonstigen Geschäftseinheiten
18. + Einzahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition
19. - Auszahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition
20. = Cash-Flow aus der Investitionstätigkeit (investive cash flow)
21. Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen
22. - Auszahlungen an Unternehmenseigner und Minderheitsgesellschafter
23. + Einzahlungen aus der Begebung von Anleihen und der Aufnahme von (Finanz-)Krediten
24. - Auszahlungen aus der Tilgung von Anleihen und der Rückführung von (Finanz-)Krediten
25. = Cash-Flow aus der Finanzierungstätigkeit (finance cash flow)
26. Zahlungswirksame Veränderungen des Finanzmittelfonds
(Summe aus 9., 20. und 25.)
27. ± Wechselkurs-, konsolidierungskreis- und bewertungsbedingte Änderungen des Finanzmittelfonds
28. + Finanzmittelfonds am Anfang der Periode
29. = Finanzmittelfonds am Ende der Periode

Kapitalflussrechnung nach IFRS

Gemäß IAS 1.10d beinhaltet der Abschluss nach IFRS eine Kapitalflussrechnung. Die Darstellung erfolgt auf Grundlage von IAS 7.

Kapitalflussrechnung nach DVFA/SG

Einfache und bedeutende Cash-Flow-Berechnung für Betriebsräte und Mitarbeitervertretungen bzw. Arbeitnehmervertretern in Wirtschaftsausschüssen gemäß Empfehlung der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) und der Schmalenbach-Gesellschaft (SG):

1. Periodenergebnis vor außerordentlichen Posten (Konzernjahresüberschuss vor Gewinnabführung bzw. Ergebnis nach Steuern)
2. ± Abschreibungen/Zuschreibungen auf Gegenstände des Anlagevermögens, keine Forderungsabschreibungen (siehe GuV-Rechnung)
3. ± Veränderungen (Differenzbeträge) der langfristigen Rückstellungen (generell länger als 1 Jahr) (siehe Bilanz)
4. ± sonstige zahlungsunwirksame Aufwendungen/Erträge bspw. Erträge aus der Auflösung von Sonderposten (siehe Bilanz)
5. = Cash-Flow nach DVFA/SG

Literatur

  • Amen, Matthias: Die Kapitalflussrechnung, in: Klaus von Wysocki u. a. (Hrsg.): Handbuch des Jahresabschlusses (HdJ), Köln: Verlag Dr. Otto Schmidt, Abt. IV/3, 43. Ergänzungslieferung, März 2008 (104 S.) ISBN 3-504-35110-1.
  • Amen, Matthias: Erstellung von Kapitalflußrechnungen, 2., ergänzte Auflage, München/Wien: R. Oldenbourg Verlag, 1998 (281 S.) ISBN 3-486-24730-1.
  • Eiselt, Andreas/Müller, Stefan: IFRS: Kapitalflussrechnung: Darstellung und Analyse von Cashflows und Zahlungsmitteln, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2008 (135 S.) ISBN 978-3-503-10390-4.
  • Schmidt, Andreas: Ausgestaltung und Analyse der Kapitalflussrechnung im Jahresabschluss – Nach HGB und IFRS, EUL-Verlag, Lohmar 2017 (76 S.) ISBN 978-3-8441-0502-5

Einzelnachweise

  1. Ingo Fehlberg: Kapitalflussrechnungen nach neuem IDW-Standard. 18. September 2015, abgerufen am 30. März 2016.
  2. Andreas Bauer: DRS 21. (PDF; 565 kB) Der neue Standard zur Kapitalflussrechnung unter besonderer Beachtung des BilRUG. 17. Dezember 2015, abgerufen am 30. März 2016.