Gemeines Meerschweinchen

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Gemeines Meerschweinchen

Wildmeerschweinchen (Cavia aperea)

Systematik
Teilordnung: Hystricognathi
ohne Rang: Meerschweinchenverwandte (Caviomorpha)
Familie: Meerschweinchen (Caviidae)
Unterfamilie: Eigentliche Meerschweinchen (Caviinae)
Gattung: Echte Meerschweinchen (Cavia)
Art: Gemeines Meerschweinchen
Wissenschaftlicher Name
Cavia aperea
Erxleben, 1777

Das Gemeine oder Wildmeerschweinchen (Cavia aperea) ist eine Säugetierart aus der Familie der Meerschweinchen (Caviidae) innerhalb der Ordnung der Nagetiere (Rodentia). Es galt lange Zeit als Stammform (oder eine der Stammformen) des Hausmeerschweinchens. Durch neuere molekulare Untersuchungen gibt es immer mehr Hinweise dafür, dass die Hausmeerschweinchen vom Tschudi-Meerschweinchen abstammen.

Merkmale

Allgemeine Merkmale

Das Gemeine Meerschweinchen erreicht eine Kopf-Rumpf-Länge von etwa 21,5 bis 40 Zentimetern bei einem Gewicht von 500 bis 790 Gramm. Die Hinterfußlänge beträgt 38 bis 46 Millimeter, die Ohrlänge 19 bis 23 Millimeter.[1] Die Männchen sind dabei etwas größer und schwerer als die Weibchen und die Vertreter der verschiedenen Unterarten können stark in ihrer Größe und auch in ihrem Aussehen variieren. Dabei ist die in Bolivien heimische Unterart Cavia (aperea) nana die kleinste Form, die Nominatform Cavia aperea aperea die größte. Vom Hausmeerschweinchen unterscheidet sich das Gemeine Meerschweinchen äußerlich vor allem durch die generell einheitliche graue bis oliv-braune Färbung, die eine dunklere braune bis schwarze Fleckung aufweisen kann.[1]

Der Schädel hart eine Gesamtlänge von 52 bis 73 Millimetern.[1]

Genetische Merkmale

Wie eine genetische Untersuchung zeigt, wird bei Wildmeerschweinchen (Cavia aperea) nach zweimonatigem Aufenthalt in wärmerer Umgebung eine epigenetische Veränderung der Erbsubstanz der Väter an deren Söhne weitergeben.[2] Die Veränderungen waren vor allem in jenen Genen zu beobachten, die Information für Eiweißmoleküle zum Schutz vor Hitze tragen. Das Wildmeerschweinchen ist das erste Wildtier, bei dem diese flexible genetische Modifikation der DNA nachgewiesen wurde.[2]

Verbreitung

Verbreitungsgebiet des Gemeine Meerschweinchens

Das Gemeine Meerschweinchen ist großen Teilen Südamerikas (mit Ausnahme des zentralen Amazonasbeckens und des äußersten Südens des Kontinents) verbreitet. Es kommt in Kolumbien, Venezuela, Guyana, Surinam, Brasilien, Bolivien, Uruguay, Paraguay und dem Norden Argentiniens vor. Die Höhenverbreitung reicht von etwa 400 bis etwa 3000 Meter.[3]

Lebensweise

Diese Tiere bewohnen eine Reihe von Lebensräumen, darunter Grasflächen und Gebirgsregionen bis in über 4000 Meter Seehöhe. Es sind dämmerungsaktive Tiere, die selbstgegrabene Baue oder Höhlen als Unterschlupf bevorzugen und in kleinen Gruppen von fünf bis zehn Tieren zusammenleben. Da Meerschweinchen nicht sehr gut sehen können, sind Gehör und Geruchssinn extrem gut ausgebildet, um vor Fressfeinden geschützt zu sein. Es wird 5 bis 8 Jahre alt.

Systematik

Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Meerschweinchengattung Cavia[4][5]
 Echte Meerschweinchen (Cavia


Riesenmeerschweinchen (Cavia magna)


   

Santa-Catarina-Meerschweinchen (Cavia intermedia)



   


Gemeines Meerschweinchen (Cavia aperea)


   

Patzelt-Meerschweinchen (Cavia patzelti)



   

Glanzmeerschweinchen (Cavia fulgida)


   

Tschudi-Meerschweinchen (Cavia tschudii)


   

Hausmeerschweinchen (Cavia porcellus)






Das Gemeine Meerschweinchen wird als eigenständige Art innerhalb der Gattung Cavia eingeordnet.[6][1] Die wissenschaftliche Erstbeschreibung stammt von Johann Christian Polycarp Erxleben aus dem Jahr 1777, der die Art anhand von Individuen aus Pernambuco in Brasilien beschrieb.[1] Ursprünglich wurden Tschudi-Meerschweinchen (C. tschudii) und das Hausmeerschweinchen (C. porcellus) dem Gemeinen Meerschweinchen als Form oder Unterart zugeordnet, beide gelten heute jedoch als eigenständig.[6] Auf der Basis molekularbiologischer und zytogenetischer Merkmale wurde eine engere Verwandtschaft zwischen dem Tschudi-Meerschweinchen und dem domestizierten Hausmeerschweinchen festgestellt, wodurch das Tschudi-Meerschweinchen als wahrscheinliche Usprungsform für die Domestizierung betrachtet wird.[7][4][8]

Innerhalb der Art werden die folgenden sieben Unterarten unterschieden:[1]

Teilweise wurden weitere Unterarten beschrieben, darunter etwa Cavia aperea festina (Peru), Cavia aperea sodalis (Bolivien) und Cavia aperea osgoodi (Peru), die heute dem Tschudi-Meerschweinchen zugeordnet werden. Auch das Patzelt-Meerschweinchen (Cavia patzelti) wurde bei Wilson & Reeder 2005 als Unterart des Gemeinen Meerschweinchens eingeordnet, aufgrund molekularer Merkmale wird es heute jedoch als eigenständig betrachtet.[4][9][1] Dabei ist es wahrscheinlich die Schwesterart des Gemeinen Meerschweinchens.[4]

Gefährdung und Schutz

Die Art wird von der International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN) als nicht gefährdet (Least concern) gelistet. Begründet wird dies mit dem verhältnismäßig großen Verbreitungsgebiet und den angenommen großen und stabilen Beständen sowie die gute Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Habitate. Bestandsgefährdende Risiken sind für diese Art nicht bekannt.[3]

Belege

  1. a b c d e f g Brazilian Guinea Pig. In: T.E. Lacher jr: Family Caviidae In: Don E. Wilson, T.E. Lacher, Jr., Russell A. Mittermeier (Herausgeber): Handbook of the Mammals of the World: Lagomorphs and Rodents 1. (HMW, Band 6) Lynx Edicions, Barcelona 2016, S. 433. ISBN 978-84-941892-3-4.
  2. a b Alexandra Weyrich, Dorina Lenz, Marie Jeschek, Tzu Hung Chung, Kathrin Rübensam, Frank Göritz, Katarina Jewgenow, Jörns Fickel: Molecular Paternal intergenerational epigenetic response to heat exposure in male Wild guinea pigs (19. Dezember 2015). In: Molecular Ecology. 25, Nr. 8, 25. April 2016, S. 1729–1740. doi:10.1111/mec.13494. Abgerufen am 7. November 2019. „Abstract“.
  3. a b Cavia aperea in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2022. Eingestellt von: N. Bernal, 2016. Abgerufen am 18. August 2022.
  4. a b c d Jonathan L. Dunnum, Jorge Salazar-Bravo: Molecular systematics, taxonomy and biogeography of the genus Cavia (Rodentia: Caviidae). Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research 48 (4), 2010; S. 376–388.doi:10.1111/j.1439-0469.2009.00561.x
  5. Systematics. In: Thomas E. Lacher, Jr.: Family Caviidae In: Don E. Wilson, T.E. Lacher, Jr., Russell A. Mittermeier (Herausgeber): Handbook of the Mammals of the World: Lagomorphs and Rodents 1. (HMW, Band 6) Lynx Edicions, Barcelona 2016, S. 406–407. ISBN 978-84-941892-3-4.
  6. a b Cavia aperea. In: Don E. Wilson, DeeAnn M. Reeder (Hrsg.): Mammal Species of the World. A taxonomic and geographic Reference. 2 Bände. 3. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore MD 2005, ISBN 0-8018-8221-4.
  7. Ángel Enrique Spotorno, John Pablo Valladares, Juan C. Marín, Horacio Zeballos: Molecular diversity among domestic guinea-pigs (Cavia porcellus) and their close phylogenetic relationship with the Andean wild species Cavia tschudii. Revista Chilena de Historia Natural 77 (2), Juni 2004; S. 243–250. doi:10.4067/S0716-078X2004000200004.
  8. Laura I. Walker, Miguel A. Soto, Ángel E. Spotorno: Similarities and differences among the chromosomes of the wild guinea pig Cavia tschudii and the domestic guinea pig Cavia porcellus (Rodentia, Caviidae). Comparative Cytogenetics 8(2), 2004: S 153–167. doi:10.3897/CompCytogen.v8i2.7509.
  9. Jonathan L. Dunnum: Cavia patzelti Schuhmann, 1982 In: James L. Patton, Ulyses F.J. Pardinas, Guillermo D’Elía (Hrsg.): Mammals of South America, Volume 2 – Rodents. The University of Chicago Press, Chicago 2015; S. 699. ISBN 978-0-226-16957-6.

Literatur

  • Brazilian Guinea Pig. In: T.E. Lacher jr: Family Caviidae In: Don E. Wilson, T.E. Lacher, Jr., Russell A. Mittermeier (Herausgeber): Handbook of the Mammals of the World: Lagomorphs and Rodents 1. (HMW, Band 6) Lynx Edicions, Barcelona 2016, S. 433. ISBN 978-84-941892-3-4.

Weblinks

Commons: Gemeines Meerschweinchen (Cavia aperea) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien