Charles Sedley

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Sir Charles Sedley, 5. Baronet

Sir Charles Sedley, 5. Baronet (* 1639; † 20. August 1701 in Hampstead) war ein Dichter der englischen Restaurationszeit.

Leben

Das Geburtsdatum des Restaurationsdichters und Komödienautors Sir Charles Sedley steht nicht genau fest, man weiß lediglich, dass er am 5. März 1639 in St. Clement Danes in the Strand, London, getauft wurde. Der Familienbesitz der Sedleys lag in und um Southfleet, Kent. Bereits sein Großvater, William Sedley, war unter James I. am 20. August 1611 zu einem Baronet, of Ailesford in the County of Kent, erhoben worden. Sir William gilt zudem als Begründer der Sidleian Lectures of Natural Philosophy at Oxford. Charles war das jüngste von neun Kindern aus der Ehe von Sir John Sedley und seiner Frau Elizabeth, Tochter als Henry Savile. Nur drei Söhne, Henry, William und Charles, die Anrecht auf den Titel hatten, überlebten ihren Vater, der 1638 verstarb. Aber auch die älteren Brüder starben früh, sodass Charles bereits 1656 den Titel des 5. Baronet erbte. Charles Sedley genoss seine Erziehung am Wadham College in Oxford, das er allerdings ohne Abschluss verließ. Als Tutor gilt der Dichter Walter Pope.[1]

Im Alter von 18 Jahren wurde Sedley am 9. Februar 1657 mit Katherine Savage, Tochter von John Savage, 5. Earl Rivers, verheiratet. Das Paar lebte in Great Queen Street, London. Sedleys Bruder William hatte zuvor Katherines Schwester Jane geheiratet, verstarb dann jedoch 1656. Charles Sedleys Tochter Catherine Sedley, Countess of Dorchester kam im Dezember 1657 zur Welt. Als seine Frau später aufgrund ihrer mentalen Verfassung in ein Konvent in Gent geschickt wurde, konnte Sedley keine Scheidung durchsetzen. Seine Frau blieb bis zu ihrem Tod im Jahre 1705 in Gent. Etwa um das Jahr 1670 lernte Sedley Ann Ayscough (gest. 1708) kennen, mit der er eine Beziehung einging. Zu dieser Zeit lebte der Dichter am Bloomsbury Square. Mit Ann hatte er zwei illegitime Söhne, William und Charles, die den Vater jedoch nicht überlebten. Der jüngere Sohn, Charles, wurde kurz nach der Krönung William III. 1689 zum Ritter geschlagen und 1702 zum Baronet, of Southfleet in the County of Kent, erhoben und hatte ebenfalls einen Sohn namens Charles, der den Zweig der Sedleys in Nottingham begründete.

Sedley zählt zu den Court Wits am Hofe Charles II.

Als im Jahre 1660 Cromwells Commonwealth seinen endgültigen Niedergang erlebte, erhielt England mit der Rückkehr des zuvor im französischen Exil lebenden Charles II. wieder einen rechtmäßigen König. Unter Charles II. blühte das kulturelle Leben am Hof wieder auf und insbesondere die Theater wurden gefördert. Im Laufe der Herrschaft Charles' II. entwickelte sich, neben der Tragödie, in besonderem Maße die Restaurationskomödie mit ihrem eigenen, distinktiven Gepräge. In kurzer Zeit bildete sich um den sinnenfreudigen, der Literatur und Kunst zugeneigten Monarchen ein Kreis von Höflingen, der für ein Vierteljahrhundert das gesellschaftliche und künstlerische Ideal des Hofes entscheidend prägen sollte. Dieser Zirkel von jungen, ambitionierten Männern, zumeist adliger Provenienz, machte als Gruppe der Court Wits sowohl aufgrund des Lebensideals, das sie propagierte und lebte, als auch aufgrund beachtenswerter literarischer Tätigkeit von sich reden. Mitglieder dieser Gruppe waren die anerkannten Führer auf den Gebieten der Mode und der literarischen Bildung. Neben George Villiers, Duke of Buckingham, Charles Sackville (später Earl of Dorset), John Sheffield, Earl of Mulgrave und Sir Carr Scroope gehörte auch Sir Charles Sedley diesem Kreis an.[2]

Ihm haben, wie keinem anderen, abgesehen von John Wilmot, dem Earl von Rochester, die Auswirkungen einiger Exzesse geschadet, so dass seine ihm gebührende literarische Reputation bis heute hinter dem obszönen Beigeschmack dieser Ausschweifungen zurücktritt. Im Juni 1663 waren Sir Charles Sedley und zwei seiner Freunde in eine besonders derbe Eskapade verwickelt, die in der Öffentlichkeit großen Anstoß erregte. Die angetrunkenen Wits hatten sich auf dem Balkon der Cock Tavern – zumindest weitgehend – ihrer Kleidung entledigt, und Sedley hielt vor den entrüsteten Schaulustigen eine parodistisch-blasphemische Predigt. Der ganze Auftritt endete in einem Tumult. Der Vorfall brachte Sedley eine kurze Gefängnisstrafe und eine Geldbuße ein.[3]

Sedleys literarische Bedeutung

Sedleys Bedeutung für seine Zeit geht hingegen weit über einen Beitrag zur Tradierung von skandalträchtigen Eskapaden hinaus. So war es vor allem der wit, gerade in der Konversation, für den ihn seine Zeitgenossen lobten. So verbirgt sich Sedley hinter dem frankophilen Lisideus in John Drydens Essay of Dramatick Poesie (1668).[4]

Darüber hinaus war Sedley selbst literarisch tätig. Besonders produktiv zeigte er sich auf dem Gebiet der Dichtkunst, vor allem der beliebten songs, in denen alle Court Wits ihr Kunstverständnis zum Ausdruck brachten. Der song wurde durch seine Synthese von volksliedhafter Natürlichkeit, sinnlichem Klang und ästhetischem Spiel gleichzeitig zum Kunst- und Lebensideal der höfischen Gesellschaft.[5]

Aber Sedleys spätere lyrische Werke, insbesondere die satirischen Epigrams: or, Court Characters, erhielten einen zunehmend zynischeren Ton. In dem Epigramm To Nysus etwa beschreibt Sedley die Funktion der Satire, insbesondere die aggressive Form dieser Gattung: "Let us write Satyr then, and at our ease / Vex th'ill-natur'd Fools we cannot please" (Das Epigramm erschien erstmals im Gentleman's Journal vom Nov. 1692). Abgesehen von den lyrischen Werken übersetzte Sedley Werke von Ovid, Horaz, Vergil, Martial u. a. lateinischen Autoren[6] und betätigte sich auch auf dem Gebiet des Dramas. Neben der Bearbeitung verschiedener Tragödienstoffe sind es die beiden Dramen, das eher galante Stück The Mulberry Garden (1668) sowie das zynisch-gesellschaftskritische Stück Bellamira: or, the Mistress (1687), die nicht nur Sedleys dramatisches, sondern gerade sein satirisches Talent unterstreichen.[7]

Sedley als Politiker und Mäzen

Besonders in seinem letzten Lebensjahrzehnt wird eine weitere Facette von Sedleys Persönlichkeit sichtbar. Von 1690 an war Sedley bis zu seinem Tod als Abgesandter seines Bezirkes New Romney in allen von König William III. einberufenen Parlamenten vertreten. Einige seiner Reden zu tagespolitischen Kontroversen (z. B. zur Debatte um die standing armies), wurden veröffentlicht und von seinen Zeitgenossen mit Beachtung zur Kenntnis genommen.[8]

Neben der Protektion anderer Autoren[9] ist es vor allem die Dimension seines politischen Engagements, die Sedley zu einem gesellschaftlich aktiven Vertreter der adligen Hofgesellschaft macht und ihm einen Platz in der vordersten Reihe der schillernden Court Wits zukommen lässt.

Sedley starb am 20. August 1701 in Hampstead und wurde am 26. August in der Kirche zu Southfleet beigesetzt.

Werke

  • Pompey the Great (1664); Adaptation und Übersetzung von Corneilles La mort de Pompée. (1644); Gemeinschaftsarbeit von Charles Sackville (später Earl of Dorset), Sidney Godolphin u. a.
  • The Mulberry-Garden. (1668)
  • Antony and Cleopatra. (1677)
  • Bellamira: or, The Mistress. (1687); orientiert sich an Terenz' Eunuchus
  • Beauty the Conqueror: or, The Death of Marc Antony. (posthum 1702); Neubearbeitung des Stoffs von Antony and Cleopatra
  • The Miscellaneous Works of the Honourable Sir Charles Sedley. (London, 1702).
  • The Works of the Honourable Sir Charles Sedley. 2 vols (London, 1722).

Literatur

  • Vivian de Sola Pinto: Sir Charles Sedley 1639-1701: A Study in the Life and Literature of the Restoration. London 1927.
  • Vivian de Sola Pinto: The Poetical and Dramatic Works of Sir Charles Sedley. 2 vols. London 1928.
  • Michael Benjamin Hudnall Jr.: Moral Design in the Plays of Sir Charles Sedley. University of Tennessee, Knoxville 1984.
  • Holger Hanowell: Sir Charles Sedley's "The Mulberry-Garden" (1668) and "Bellamira: or, The Mistress" (1687). An Old-Spelling Critical Edition with an Introduction and a Commentary. Frankfurt a. M. 2001.
  • Holger Hanowell: Dangerfield's Threats in Sedley's Bellamira. and an Italian Poem of the Sixteenth Century. In: Notes and Queries. 247.3 (2002), S. 352.

Einzelnachweise

  1. Vivian de Sola Pinto, Sir Charles Sedley, 1639-1701. A Study in the Life and Literature of the Restoration (London, 1927). James E. Gill, Sir Charles Sedley, Dictionary of Literary Biography: Seventeenth-Century British Nondramatic Poets, ed. M. Thomas Hester (Detroit, Washington D.C. and London, 1993). The Registers of Wadham College, Oxford, From 1613 to 1719, ed. Robert Barlow Gardiner, I (London, 1889), S. 213. Vgl. auch den aktuellen Eintrag von Harold Love im Dictionary of National Biography.
  2. John Harold Wilson: The Court Wits of the Restoration: An Introduction (Princeton, 1948).
  3. Vgl. Pinto, SEDLEY, S. 61–67; Calendar of State Papers, Domestic Series, Charles II, 1663-1664, ed. Mary Anne Everett Green (London, 1862); Samuel Pepys, The Diary of Samuel Pepys; eds Robert Latham and William Matthews. 11 vols (London, 1970–1983), Vol. 4, S. 209–210.
  4. PEPYS, V, S. 288 und VIII, S. 71. Verschiedene Autoren widmeten ihre Theaterstücke Sir Charles Sedley, darunter Thomas Shadwell. Vgl. Dedication to A True Widow, The Complete Works of Thomas Shadwell, ed. Montague Summers. 5 vols (London, 1927), III, S. 283. Zur Konversationskunst allgemein vgl. Dieter A. Berger, Die Konversationskunst in England 1660-1740: ein Sprechphänomen und seine literarische Gestaltung (München, 1978). Frank L. Huntley, "On the Persons in Dryden's Essay of Dramatic Poesy," in: Essential Articles for the Study of John Dryden, ed. H.T. Swedenberg Jr (Hamden, CO, 1966), S. 83–90.
  5. Gerd Stratmann: Englische Aristokratie und Klassizistische Dichtung. Eine Literatur-Soziologische Studie (Nürnberg, 1965), S. 93–94.
  6. Ken Robinson, Sedley and Cowley, Notes and Queries, 226 (1981), 51; Sarah Mason, Sedley, Cowley and Martial, Notes and Queries, 232, (1987), S. 327.
  7. Holger Hanowell, Sir Charles Sedley's The Mulberry-Garden (1668) and Bellamira: or, The Mistress (1687). An Old-Spelling Critical Edition with an Introduction and a Commentary (Frankfurt a. M., 2001).
  8. Pinto, SEDLEY, S. 183–184 und 192–193. Lois G. Schwoerer, No Standing Armies! The Antiarmy Ideology in Seventeenth-Century England (Baltimore and London, 1974).
  9. Vgl. allgemein Dustin Griffin, Literary Patronage in England, 1650-1800 (Cambridge, 1996).
VorgängerAmtNachfolger
William SedleyBaronet (of Ailesford)
1656–1701
Titel erloschen