Erwin Köhler (Politiker, 1901)

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Erwin Köhler (* 9. September 1901 in Potsdam; † 21. Februar 1951 im Gefängnis Butyrka) war ein deutscher CDU-Politiker und Opfer des Stalinismus.[1]

Leben

Gedenktafel am Köhlerplatz, in Potsdam

Der Diplomingenieur Erwin Köhler war schon während der NS-Diktatur offen für die Demokratie eingetreten. Nach dem Krieg waren er und seine Frau Charlotte Köhler (1907–1951) im Jahr 1945 Gründungsmitglieder der Ost-CDU in Potsdam. Er selbst wurde für die CDU Abgeordneter in der Stadtverordnetenversammlung und stellvertretender Oberbürgermeister.[1] Das Ehepaar Köhler hatte vier gemeinsame Kinder.[2]

Schon seit 1945 waren immer wieder CDU-Mitglieder in Brandenburg verhaftet worden, die sich nicht der SED unterordneten. Nach einer Tagung des erweiterten Parteivorstands der SED kam es zu verstärkter Gewalt mit dem Ziel, die Selbstständigkeit der CDU zu beenden. Am 9. Februar 1949 war von den CDU-Kreisdelegierten die demokratiefeindliche Haltung der SED und der Ost-CDU kritisiert worden. In der folgenden Verfolgungs- und Verhaftungswelle, zu den ersten Opfern gehörte der CDU-Kreisvorsitzende von Eberswalde, kam es am 1. Juli 1949 zum offenen Streit zwischen Köhler und den SED-nahen Politikern innerhalb der Ost-CDU um Otto Nuschke. Die Sowjetische Militäradministration setzte in Brandenburg im Sommer 1949 die Absetzung von Erwin Köhler als Kreisvorsitzenden durch. In der Folge verhinderte sie auch eine Kandidatur Ludwig Baues, um ihren Kandidaten Hermann Gerigk durchzusetzen.[1]

Im Januar 1950 wollte die SED die Mehrheit der nichtkommunistischen Politiker im Stadtrat von Potsdam beenden. Am 23. des Monats randalierten 500 kommunistische Demonstranten, vordergründig, um Stadtbaurat Heinrich Richard als „Verbrecher“ und „Reaktionär“ zu verunglimpfen. Politiker, die Richard unterstützten, wurden daraufhin ebenso angegriffen. Um den neugegründeten systemnahen Parteien DBD und NDPD Sitze in den Parlamenten freizumachen, wurden reihenweise CDU-Politiker verhaftet. Wilhelm Zaisser hatte Anfang März 1949 die „Säuberung“ der Parteileitungen gefordert. Eines der ersten Opfer war Köhler. Nachdem die SED eine weitere Zusammenarbeit mit ihm abgelehnt hatte, beschloss der gleichgeschaltete neue Parteivorstand, der Empfehlung von Gerigk zu folgen, der sich selbst als neuen Bürgermeister vorgeschlagen hatte.[1]

Wahrscheinlich auf Veranlassung von Gerigk wurden Erwin und Charlotte Köhler sowie Ludwig Baues am 28. März festgenommen. Aus Versehen wurde zuerst Köhlers 17-jährige Tochter mit ihm festgenommen. Nachdem seine Frau auch gefasst war, wurde diese wieder freigelassen, während ein Sohn an diesem Tag in der Schule festgehalten wurde. Die Familienmitglieder von Köhler durften ihr Haus nicht mehr betreten und flohen in den Westen. Der schon von den Nationalsozialisten verfolgte Frank Schleusener, der in engem Kontakt zu Köhler stand, wurde am selben Tag verhaftet und starb später an den Folgen der Folter im Gefängnis.[1]

Während der Ermittlungen hatten sich Erwin und Charlotte Köhler für schuldig erklärt.[1]

Im Prozess, der vom 1. bis 3. Dezember 1950 vor einem sowjetischen Militärtribunal stattfand, sagten beide unabhängig voneinander aus, dass sie unter Folter, unter anderem durch sechstägigen Schlafentzug, zu Geständnissen gezwungen wurden. Sie wurden wegen „antisowjetischer Hetze“ und vermeintlicher Spionage zum Tode verurteilt und nach Butyrka überstellt. Erwin Köhler wurde dort am 21. Februar 1951 und Charlotte Köhler am 10. April 1951 erschossen.[1]

Nachleben und Rehabilitation

Ihre Kinder erfuhren erst 1959 durch eine vertrauliche Mitteilung vom Schicksal ihrer Eltern. Kurze Zeit später erhielten sie durch das Rote Kreuz und den Roten Halbmond der UdSSR eine offizielle Todeserklärung.[1]

Am 5. Februar 1992 wurde das Urteil aufgehoben. 1993 teilte der Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation, Waleri Wolin, mit, dass man Erwin Köhler vorwarf, mit der S-Bahn durch Westberlin gefahren zu sein. Charlotte Köhlers Vergehen war es, in West-Berlin Medikamente für ihre erkrankte Tochter besorgt zu haben, die es im Osten nicht gab.[1]

Am 20. Mai 1992 wurde im Foyer des Potsdamer Rathauses eine Gedenktafel eingeweiht.[3]

Am 10. Dezember 2009 wurde in Potsdam der Zimmerplatz zum Gedenken an das Ehepaar in Köhlerplatz umbenannt, um, wie Oberbürgermeister Jann Jakobs sagte, „...diesen mutigen Demokraten den Platz in der Stadtgeschichte zuzuweisen, der ihnen gebührt.“[4]

Weblinks

Commons: Erwin Köhler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Michael Richter: Erwin und Charlotte Köhler in Karl Wilhelm Fricke (Hrgb.): Opposition und Widerstand in der DDR. C.H.Beck, München 2002, S. 71–75, ISBN 9783406476198
  2. Arseniĭ Borisovich Roginskiĭ: „Erschossen in Moskau…“: die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950–1953. Metropol, Berlin 2008, S. 230, ISBN 9783938690147
  3. Annette Kaminsky: Orte des Erinnerns: Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR. Ch. Links Verlag, Berlin 2007, S. 202, ISBN 9783861534433
  4. Berliner Zeitung: Potsdam ehrt hingerichteten Bürgermeister. 10. Dezember 2009, abgerufen am 10. März 2015