Charon (Mythologie)

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Charon und Hermes auf einem weißgrundigen Lekythos (um 450 v. Chr.)
Joachim Patinir: Überfahrt in die Unterwelt
(1515–1524; Museo del Prado, Madrid)
Luca Giordano: Die Barke des Charon, Fresko in der Galerie des Palazzo Medici Riccardi, Florenz (1684–1686)
Charon treibt die Verdammten aus seinem Boot in die Hölle, Detail aus Michelangelos Jüngstem Gericht (1536–1541), Fresko in der Sixtinischen Kapelle, Vatikan
Gustave Doré: Illustration des Charon aus Dante Alighieris Göttlicher Komödie (1861)

Charon (altgriechisch Χάρων Chárōn, Kurzform zu

χαροπός

[1]) ist in der griechischen und römischen Mythologie der düstere, greise[2] Fährmann, der die Toten für einen Obolus (Münze) in einem Boot über den Totenfluss – meist den Acheron, häufig werden auch die Flüsse Lethe und Styx genannt – bringt, damit sie ins Reich des Hades, des Herrschers der Unterwelt, gelangen.

Die dem Fährmann gewidmeten, meist in Höhlen oder Felsöffnungen gelegenen Kultstätten werden als Charoneia bezeichnet.

Mythos

Charon bringt die Toten über den Totenfluss zum Eingang des Hades. Auf die Fähre dieses unbestechlichen Fährmannes darf nur, wer die Begräbnisriten empfangen hat und wessen Überfahrt mit einer Geldmünze, dem sogenannten „Charonspfennig“ (Obolus), bezahlt worden ist. Diese Münzen bekommen die Toten unter die Zunge gelegt. Dem Mythos zufolge verwehrte Charon unbestatteten Toten den Zugang, sodass sie hundert Jahre am Ufer des Flusses als Schatten umherirren müssten, bis er ihnen die Überfahrt gestatte.[3] Die Nennung von Erebos und Nyx als Eltern des Charon in neuzeitlicher Literatur begegnet erstmals bei Giovanni Boccaccio[4] sowie bei Natale Conti[5] und entbehrt jeder antiken Grundlage.[6]

Die erste Erwähnung von Charon in der griechischen Literatur ist ein durch Pausanias als Fragment überliefertes episches Gedicht namens Minyas.[7]

Darstellungen

Griechen und Römer dachten sich Charon als einen finsteren und grämlichen Alten, mit einem dunklen Schifferkittel bekleidet, wie er zum Beispiel auf dem Gemälde des Polygnotos in der Lesche der Knidier in Delphi zu sehen war und vielfach auch auf attischen Vasenmalereien abgebildet ist. Auf etruskischen Grabmalereien jedoch wird Charon als scheußlicher Todesdämon abgebildet.

Charon bei den Etruskern

Die Etrusker kannten den Gott Charun, eine Art von Würger mit halbtierischem Äußeren und mit einem großen Hammer bewaffnet. Er war Krieger wie auch Wache am Eingang an der Grabpforte und geleitete die Verstorbenen in die Unterwelt wie der griechische Hermes.[8]

Rezeption

  • In Friedrich Dürrenmatts Werk Der Richter und sein Henker wird das Auto des erschossenen Polizisten Schmied in Anspielung auf die mythologische Bedeutung der „blaue Charon“ genannt.
  • In den Liedern der Neugriechen lebt Charon fort als Charos oder Charontas, der strenge, mürrische Greis, der wie ein schwarzer Vogel als „Todesengel“[15] auf sein Opfer niederschießt, oder als fliegender Reiter die Scharen der Verstorbenen durch die Lüfte zum Totenreich führt.
  • Nach Charon ist der Mond Charon des Zwergplaneten Pluto benannt.

Literatur

Weblinks

Commons: Charon – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Hans von Geisau: Charon 1. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 1, Stuttgart 1964, Sp. 1138 f.
  2. Bereits in einem Gedicht des jüngeren Epos namens Minyas, zitiert bei Pausanias, Beschreibung Griechenlands 10,28,2, wird das hohe Alter Charons betont; auch Euripides, Alkestis 441, und Aristophanes, Die Frösche 139 f., zielen auf das hohe Alter Charons ab.
  3. Vergil, Aeneis 6,324–330
  4. Giovanni Boccaccio, Genealogia deorum gentilium 1,33
  5. Natale Conti, Mythologiae sive explicationis fabularum libri decem 3,4
  6. Otto Waser: Charon, Charun, Charos. Mythologisch-archäologische Monographie. Weidmann, Berlin 1898, S. 17.
  7. Pausanias, Beschreibung Griechenlands 10,28,2
  8. Ambros Josef Pfiffig: Die etruskische Religion. Sakrale Stätten, Götter, Kulte, Rituale. Wiesbaden 1998, ISBN 3-928127-54-3, S. 332–334.
  9. Euripides, Alkestis 441.
  10. Aristophanes, Die Frösche 139 f.
  11. Vergil, Aeneis 6,298–304 (online).
  12. Ovid, Metamorphosen 10,73 („
    portitor
    “).
  13. Seneca, Hercules furens 762–777.
  14. Lukian, Totendialoge 4 und 10.
  15. Georg Friedrich Daumer: Hafis. Eine Sammlung persischer Gedichte. Nebst poetischen Zugaben aus verschiedenen Völkern und Ländern. Hoffmann und Campe, Hamburg 1846, S. 317.