Charta der Vielfalt

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Charta der Vielfalt
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Rechtsform e.V.
Gründung 10. September 2010
Gründer BASF, Bayer AG, BP Europa SE, Daimler AG, Deutsche Bahn, Deutsche Bank, Deutsche Telekom, E.ON, Ford-Werke GmbH, Henkel AG und McDonald’s Deutschland
Sitz Berlin (Koordinaten: 52° 31′ 22″ N, 13° 23′ 2,7″ O)
Schwerpunkt Diversität
Geschäftsführung Stefan Kiefer
Website charta-der-vielfalt.de

Die Charta der Vielfalt ist eine 2006 veröffentlichte Selbstverpflichtung und ein Verein, der sich für ein vorurteilsfreies Arbeitsumfeld einsetzt. Mit der Unterzeichnung der Charta der Vielfalt erklären Arbeitgeber, dass sie Chancengleichheit für ihre Beschäftigten herstellen bzw. fördern werden. 2018 gab es laut eigenen Angaben 3.000 Unterzeichner (Stand: September 2018).[1]

Überblick

Regelmäßig stattfindende Veranstaltungen der Charta der Vielfalt sind der jährlich wiederkehrende bundesweite Deutsche Diversity-Tag[2] im Frühjahr sowie die in Berlin stattfindende Diversity-Konferenz im November.

Bei der Charta der Vielfalt handelt es sich um eine Selbstverpflichtung, die sich für Diversity Management einsetzt.[3] Ziel der Charta der Vielfalt ist es, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem alle Beschäftigten die gleiche Wertschätzung und Förderung erfahren, unabhängig von Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter sowie sexueller Orientierung und Identität.

Kritiker werfen verschiedenen Unterzeichnern vor, die Charta der Vielfalt einzig zur Verbesserung ihres Images zu nutzen statt zur aufrichtigen Anerkennung und Wertschätzung von Vielfalt innerhalb der Organisationen.[4] Tatsächlich überprüft der Charta der Vielfalt e.V. nicht, ob unterzeichnende Organisationen die Standards der Selbstverpflichtung umsetzen. Auch die Bundesregierung, die über die Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration jede Charta-Urkunde der unterzeichnenden Unternehmen und Organisationen gegenzeichnet, überprüft nicht, ob diese die Charta-Standards auch wirklich umsetzen.[5] Der Charta der Vielfalt e.V. wiederum setzt lediglich eine „aktive Beteiligung der Unterzeichner am Deutschen Diversity-Tag und die Veröffentlichung von nachahmenswerten Umsetzungsbeispielen aus dem Diversity Management“ voraus.[6]

Geschichte und Organisation

Aletta Gräfin von Hardenberg, Geschäftsführerin der Charta der Vielfalt, zusammen mit Martin Zierold bei einer Fachtagung (2012)

Die Charta der Vielfalt wurde im Dezember 2006 von vier Unternehmen initiiert.[7] Bundeskanzlerin Angela Merkel übernahm von Beginn an die Schirmherrschaft.[8] 2007 bis 2010 wurde die Initiative von Maria Böhmer, zu dem Zeitpunkt Staatsministerin im Bundeskanzleramt und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, betreut.

Am 10. September 2010 gründeten elf Unternehmen[9] den Verein Charta der Vielfalt e.V. mit Sitz in Berlin. Der Verein übernahm ab diesem Zeitpunkt die inhaltliche Arbeit, um das Thema Diversity Management in Deutschland voranzutreiben. Die Bundesregierung blieb weiterhin mit der Migrations- und Integrationsbeauftragten (seit 2013 Aydan Özoğuz) als Vorstandsmitglied vertreten.

Vorstandsmitglieder sind seit 2021:[10]

  • Ana-Cristina Grohnert (Vorstandsvorsitzende)
  • SAP SE, Nina Katrin Straßner (Stellvertretende Vorstandsvorsitzende)
  • BNP Paribas, Eva Voss
  • Sanofi-Aventis Deutschland, Frank Rusko
  • die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, vertreten durch Bernd Knopf

Der Verein hatte Stand 2022 31 institutionelle Mitglieder: accenture, Adidas, Allianz, Audi, BASF, Bayer, Boehringer Ingelheim, BMW, BNP paribas, BP Europa, Commerzbank, Deutsche Bahn, Deutsche Bank, Deutsche Post, Deutsche Telekom, e.on, Ernst & Young, Henkel, Internationaler Bund e.V., Mercedes-Benz Group, Merck, Novartis, Osram, Otto Group, Rossmann, Sanofi, SAP, Schaeffler, Siemens, Stiftung kreuznacher diakonie,[11] Traton und Volkswagen.[12]

Projekte

Der Verein „Charta der Vielfalt“ organisiert verschiedene Projekte.

Der Deutsche Diversity-Tag

Der „Deutsche Diversity-Tag“, bzw. „Tag der Vielfalt“,[13] ist ein jährlich wiederkehrender, bundesweiter Aktionstag, der Organisationen dazu aufruft, sich für Vielfalt einzusetzen und gesellschaftliches Bewusstsein für Vielfalt zu schaffen. Er fand erstmals am 11. Juni 2013 statt. Rund 240 Unternehmen und weitere Organisationen beteiligten sich mit 360 Aktionen.

Diversity-Konferenz

2018 fand eine Diversity-Konferenz statt,[14] die Konferenz von 2019 fand am 14 und 15. November statt.[15]

Runder Tisch der Charta der Vielfalt zur Flüchtlingshilfe

Mit Unterstützung von Ernst & Young hat die Charta der Vielfalt 2015 einen Runden Tisch eingerichtet, an dem sich unter anderem Vertreter von Unternehmen beteiligen, um das weitere Vorgehen der Wirtschaft in der Flüchtlingshilfe zu koordinieren. Im November 2015 fand in Berlin das Kick-off statt.[16]

Berichterstattung in den Medien: Kritik und Reaktionen

Kritik

Ein Jahr nach dem Start der Initiative im Jahr 2006 sprach Der Spiegel im Artikel „Schöner Schein zum Nulltarif“ von „nebulösen Inhalten“ und bezweifelte, dass konkrete Erfolge erzielt worden seien.[17] Kritisiert wurde vor allem, dass die Unternehmensinitiative keine klaren Forderungen an Unternehmen und Organisationen stelle, um Unterzeichner zu werden. So können die Unternehmen den Schein wahren, ohne in der Praxis die Möglichkeiten für Flüchtlinge, Menschen mit Behinderungen und weiteren Beschäftigten zu verbessern. Das Manager Magazin stellte 2010 den Charta-Mitbegründer BP als ein Beispiel für Unternehmen dar, die sich nach außen hin verantwortungsbewusst geben, im operativen Geschäft jedoch die Nachhaltigkeit vernachlässigten.[18] Die Frankfurter Allgemeine Zeitung stellte 2011 fest, dass der Deutscher Fußball-Bund zwar öffentlichkeitswirksam die Charta unterzeichnet, aber keine einzige Frau ins Präsidium berufen habe. Acht von den damals dreizehn Mitgliedern des Charta-Vereins hätten keine Frau im Vorstand.[19] Im Jahr 2016 hatten von den 19 Vereinsmitgliedern über die Hälfte der Vereinsmitglieder (12 Unternehmen) Frauen im Vorstand.

Anfang 2016 veröffentlichte Deutschlandradio Kultur einen Beitrag zum Stand der Charta der Vielfalt nach zehn Jahren und zur Position der Gewerkschaft Verdi, die Kritik am Arbeitgeber-Ansatz der Charta der Vielfalt äußerte. Eines der Hauptargumente der Gewerkschaft war es, dass die Charta der Vielfalt den Schwerpunkt auf den wirtschaftlichen Nutzen von Diversity setzt, statt Menschlichkeit in den Vordergrund zu rücken.[20]

Ein vorgebrachtes Gegenargument geht auf die Struktur der Charta der Vielfalt ein. Als Unternehmensinitiative habe sie die Aufgabe u. a., Diversity Management öffentlich bekannt zu machen und das Thema innerhalb der Organisationen voranzubringen, statt mit äußeren Instrumenten, wie beispielsweise Gesetzgebung und Quoten, Veränderungen herbeizuführen.

Weitere Berichterstattung

In einer Studie für die Charta der Vielfalt wurde festgestellt, dass die Arbeit in den letzten Jahren gezeigt habe, dass Diversity Management am erfolgreichsten einen Wandel der Unternehmenskultur herbeiführt, wenn es „Chefsache“ ist.[21]

Zum 10-jährigen Jubiläum der Charta der Vielfalt im Jahr 2016 wurden weitere Medienberichte veröffentlicht, die auf die Arbeit in den letzten zehn Jahren eingingen, auf den 4. Deutschen Diversity-Tag und den Stand von Diversity in Deutschland.[22][23] Auch zu den Vielfaltswerkstätten wurde in den Medien berichtet, so beispielsweise in einem Interview mit der Geschäftsführerin der Charta der Vielfalt und dem Präsidenten von Werder Bremen.[24]

Die im November 2016 von Ernst & Young und der Charta der Vielfalt veröffentlichte Studie „Diversity in Deutschland“ bekam auch Medienbeachtung. Der Tagesspiegel titelte „Für die Entfaltung jedes Einzelnen“.[25] Die ZEIT führte mit der Vorstandsvorsitzenden der Charta der Vielfalt, Ana-Cristina Grohnert, ein Interview, in dem auf die Ergebnisse der Studie eingegangen wurde.[26]

Sonstiges / Trivia

Die Charta der Vielfalt ist Teil des Netzwerks der „EU Diversity Charter“.[27] Die europäische Kommission rief diese Plattform ins Leben, damit die nationalen Initiativen sich europaweit besser koordinieren können. In 16 anderen europäischen Ländern gibt es ähnlich aufgebaute Charta-Initiativen, u. a. in Polen[28], Österreich[29], Italien[30] und Frankreich[31].

Weblinks

Einzelnachweise

  1. rbb unterzeichnet „Charta der Vielfalt“. In: charta-der-vielfalt.de. Abgerufen am 23. Dezember 2018.
  2. Charta der Vielfalt: Deutscher Diversity-Tag. Charta der Vielfalt, abgerufen am 28. September 2017.
  3. Charta der Vielfaltl: Die Charta im Wortlaut. Abgerufen am 28. September 2017.
  4. Diversity - Vielfaltsetiketten statt Vielfaltsetikette. Abgerufen am 19. Mai 2019.
  5. Schirmherrschaft über Charta der Vielfalt e.V./Urkundengegenzeichnungen des Bundeskanzleramts. Abgerufen am 13. Dezember 2017.
  6. Charta der Vielfalt e.V.: FAQ zur Unterzeichnung Charta der Vielfalt. (PDF) Abgerufen am 28. September 2017.
  7. Über die Charta auf www.charta-der-vielfalt.de, abgerufen am 28. September 2017.
  8. Vielfalt als Chance 2008. (Memento vom 21. Oktober 2012 im Internet Archive) auf www.charta-der-vielfalt.de, abgerufen am 30. Juni 2014.
  9. Pressemitteilung des Integrationsbeauftragten: "Vielfalt ist angesichts des Fachkräftemangels für immer mehr Unternehmen ein handfester Gewinn"/ Elf Großunternehmen gründen Verein "Charta der Vielfalt". archiv.bundesregierung.de, 23. September 2010, abgerufen am 18. November 2021. auf www.bundesregierung.de, abgerufen am 17. Februar 2016.
  10. Vorstand auf www.charta-der-vielfalt.de, abgerufen am 22. Juli 2021
  11. www.kreuznacherdiakonie.de. Abgerufen am 2. Juni 2022.
  12. Vereinsmitglieder auf charta-der-vielfalt.de, abgerufen am 18. September 2021.
  13. Diversity-Tag? Tag der Vielfalt?
  14. Charta der Vielfalt - Diversity-Konferenz. In: humanresourcesmanager.de. Abgerufen am 22. Februar 2019.
  15. Save the Date: Die führende Konferenz für Vielfalt in der Arbeitswelt, 14. und 15. November 2019 in Berlin. Charta der Vielfalt e.V., abgerufen am 22. Februar 2019.
  16. EY will mit anderen Unternehmen Flüchtlingshilfe der Wirtschaft besser koordinieren. In: ey.com. Archiviert vom Original am 22. Dezember 2016; abgerufen am 4. März 2021.
  17. Anna Reimann: „Charta der Vielfalt“: Schöner Schein zum Nulltarif. auf www.spiegel.de, 5. Dezember 2007, abgerufen am 30. Juni 2014.
  18. Mehr Schein als Sein auf www.manager-magazin.de, 26. Oktober 2010, abgerufen am 1. Juli 2014.
  19. „Charta der Vielfalt“ – Ein bisschen bunter, bitte auf www.faz.net, 19. August 2011, abgerufen am 1. Juli 2014.
  20. Zehn Jahre nach der Konzern-Offensive: Was ist aus der "Charta der Vielfalt" geworden? DeutschlandRadio Kultur, abgerufen am 21. November 2016.
  21. Studie „Diversity in Deutschland“. (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) EY, archiviert vom Original am 22. Dezember 2016; abgerufen am 22. Dezember 2016.
  22. Mit Vielfalt zum Erfolg. Detektor FM, abgerufen am 30. November 2016.
  23. Zehn Jahre Charta der Vielfalt: "Viel ist erreicht – aber noch mehr ist zu tun". Haufe, abgerufen am 30. November 2016.
  24. „Gemischte Teams sind nicht per se erfolgreich“. Weser Kurier, abgerufen am 30. November 2016.
  25. Für die Entfaltung jedes Einzelnen. Tagesspiegel, abgerufen am 30. November 2016.
  26. "Eine tolerante Unternehmenskultur ist keine Frage der Betriebsgröße". ZEIT Online, abgerufen am 30. November 2016.
  27. Diversity Charters across the EU. Europäische Kommission, abgerufen am 21. November 2016.
  28. Karta Różnorodności. Abgerufen am 21. November 2016.
  29. WKO: Charta der Vielfalt. WKO.at, abgerufen am 28. September 2017.
  30. Carta per le pari opportunitá è l'uguaglianza sul lavoro. Sodalitas.it, abgerufen am 21. November 2016.
  31. Charte de la Diversité. Abgerufen am 21. November 2016.