Chesapeake Bay

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Chesapeake Bay

Satellitenfoto der Chesapeake Bay

Gewässer Atlantischer Ozean
Landmasse Nordamerika, Delmarva-Halbinsel
Geographische Lage 37° 15′ N, 76° 7′ WKoordinaten: 37° 15′ N, 76° 7′ W
Länge 311 km
Fläche 12.000 km²
Zuflüsse Potomac River, Susquehanna River, James River

Die Chesapeake Bay Bridge

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Karte der Chesapeake Bay und ihres Einzugsgebiets

Die Chesapeake Bay ist die größte Flussmündung in den USA. Sie ist eine südwärts zum Atlantik hin verlaufende Bucht desselben zwischen der Delmarva-Halbinsel im Osten und dem nordamerikanischen Festland im Westen und von den Bundesstaaten Virginia und Maryland umgeben, für die sie eine der bedeutendsten Naturlandschaften darstellt.

Der Name Chesepiooc bedeutete in der Algonkin-Sprache der Indianerstämme Powhatan und Nanticoke, die hier ansässig waren, vermutlich „Großer Fluss“, oder bezeichnete vielleicht ein Dorf an der Mündung des Gewässers zur offenen See.[1] 1607 errichteten englische Kolonisten im James River die Kolonie Jamestown, die die erste erfolgreiche Kolonie Englands in Nordamerika wurde. Ihr Anführer John Smith erkundete als erster Europäer im Jahr 1608 Teile der Bucht und ihre südlichen Zuflüsse.

Lage

Anna B. Smith, ein typischer Schoner der Chesapeake Bay, 1915

Die Bucht grenzt an die US-Bundesstaaten Virginia und Maryland und bedeckt eine Fläche von 12.000 km². Ihr Einzugsgebiet umfasst insgesamt 165.800 km²; zu ihm gehören Teile von sechs amerikanischen Bundesstaaten – neben Virginia und Maryland auch New York, Pennsylvania, Delaware und West Virginia – sowie der gesamte District of Columbia. Mehr als 150 Flüsse und Bäche münden in das Gewässer, das sich vom Susquehanna River im Norden 311 km weit bis zum offenen Atlantischen Ozean erstreckt. Flussgeschichtlich gesehen ist die Bucht das alte untere Tal des Susquehanna, in das sich dieser vor 15.000 Jahren während der letzten Kaltzeit eingegraben hatte, als der Meeresspiegel noch ca. 100 m unter dem heutigen lag.

An ihrer schmalsten Stelle östlich von Annapolis (Maryland) ist die Bay nur 6,5 km breit; sie wird dort von der Chesapeake Bay Bridge überspannt. Nahe der Mündung verbindet das Bauwerk Chesapeake Bay Bridge-Tunnel die beiden Seiten.

Klima und Auswirkungen des Klimawandels

Gemäß der effektiven Klimaklassifikation lässt sich das Klima der Chesapeake Bay als Ostseitenklima beschreiben: Es treten dabei heiße, feuchte Sommer, kühle Winter und ganzjährig Niederschläge auf. Hier sind die Frühlings- und Sommertemperaturen etwas moderater als im Landesinneren, etwa Washington, D.C.

Die Auswirkungen des Klimawandels wurden von Hino et al. (2019) exemplarisch für die Stadt Annapolis untersucht:[2] Bedingt durch die Globale Erwärmung kommt es in Annapolis im Zeitverlauf zu einem Anstieg der Anzahl von Tidehochwasser-Ereignissen. Alleine im Jahr 2017 verzeichnete Annapolis mittlerweile 63 solcher Ereignisse. Der wirtschaftliche Schaden ist beträchtlich. So kostete der Übertritt von Meerwasser über die Küstenbefestigungen im genannten Jahr durch das Ausbleiben von Kundschaft den Besitzern von Läden, Cafés oder Restaurants zwischen 86.000 und 172.000 US-Dollar pro Geschäft.

Der Krater

Im Eozän vor 35 Millionen Jahren schlug am heutigen Eingang der Bucht ein Meteorit ein; die Mitte des dabei entstandenen 85 km breiten und 1,3 km tiefen Impakt-Kraters liegt acht Kilometer westlich von Cape Charles; die Struktur wurde wegen ihrer unterseeischen Lage erst 1993 bei Ölbohrungen entdeckt. Der Krater ist mit Brekzien verfüllt, die im Laufe der Zeit noch von einer 300 bis 500 Meter dicken Schicht Sedimente überlagert wurden. Die zur Bildung der Brekzien führende Zertrümmerung beeinflusste auch den natürlichen Aquifer und ist dafür verantwortlich, dass hier der Salzgehalt des Grundwassers 1,5 Mal so hoch ist wie anderswo. Größtenteils ist das Grundwasser für Trinkwassergebrauch zu brackig, was den Bewohnern der betroffenen Gebiete natürlich bekannt war; erst die Entdeckung des Kraters brachte aber die Erklärung des Sachverhalts.

Erste Hinweise auf den Impakt gab eine Bohrung im fernen Atlantic City, bei der man eine 20 cm dicke Schicht Auswurfmaterials fand, Anzeichen eines massiven Einschlags. Trotz seines hohen Alters ist er höchstwahrscheinlich für die Entstehung der heutigen Bucht mitursächlich.

Charakteristik

Über weite Strecken hinweg bildet das Ufer als Steilküste auch die Fall Line vom höher gelegenen Piedmont-Plateau zur eigentlichen Küstenebene. In der Nähe des Ufers im Westen liegen die größten Städte und Häfen: Annapolis, Baltimore, Washington, D.C. sowie die Agglomeration um die Hampton Roads. Am zerklüfteten Ostufer gibt es nur kleinere Orte, Fischerdörfer oder Kleinstädte, in deren Marinas Yachten neben den Booten der Fischer dümpeln. Auf der sich anschließenden und weitgehend unter Naturschutz stehenden Delmarva-Halbinsel entstanden ausgedehnte Marschlandschaften, Sümpfe, Wälder und Weidegebiete.

Die Marschen werden regelmäßig von den Gezeiten überflutet, ihre Gräser sind gegen das Salzwasser resistent. Diese eigenartige Landschaft bietet einen nährstoffreichen Schutz- und Lebensraum für verschiedene Vogelarten (Blaureiher, Weißkopfseeadler, Fischadler, kanadische Wildgänse, Störche, Tundraschwäne und etliche Zugvögel auf dem Weg in die Karibik), für Fische (Flundern, Barsche, Alsen, Elritzen) und für Krebse und Austern.

Mündungsflüsse

Ökologie und Fischfang

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Ansicht der Bay Bridges der Chesapeake Bay

Die Bucht war lange Zeit berühmt für ihre reichen Fanggründe, insbesondere für Meeresfrüchte wie Krabben, Venusmuscheln und Austern. Auch Diamantschildkröten, die gerne zu Suppe und Eintöpfen verarbeitet wurden, fing man hier in großer Zahl.

Der Schriftsteller und Satiriker Henry L. Mencken aus Baltimore nannte Anfang des 20. Jahrhunderts die Chesapeake Bay eine „natürliche Proteinfabrik“.[3] In jener Ära gedieh die Amerikanische Auster (Crassostrea virginia) derart zahlreich, dass die Seekarten die Austernbänke als gefährliche Hindernisse in den oft nur zwei bis sechs Meter tiefen Schifffahrtsgewässern vermerkten. Auf dem Zenit des Austernfangs in der Mitte des 19. Jahrhunderts lebten von ihm 7.000 Fischer.

Seit dieser Zeit sind wegen der Überfischung seit über hundert Jahren, der Überdüngung durch die Landwirtschaft (besonders an der Ostküste) und durch die Umweltverschmutzung im Zuge der Verstädterung (speziell an der Westküste der Bucht) die Bestände stark zurückgegangen. Im sogenannten Chesapeake Bay Agreement von 1987 einigten sich die Anrainerstaaten auf höhere Richtwerte zu deren Erhaltung in dieser immer noch schalentierreichsten Flussmündung der USA.

Jährlich werden hier 45.000 Tonnen Krabbenfleisch gefischt, was die USA wie ehedem zum größten Krabbenfleisch-Exporteur der Welt macht; von den früheren Bestandszahlen ist man allerdings immer noch weit entfernt, das Abkommen war insofern nicht besonders erfolgreich.

Der frühere Gouverneur Marylands, Robert Ehrlich, hatte 2003 die Wahl auch mit dem Versprechen gewonnen, den Umweltschutz an der Chesapeake Bay auszubauen.

2014 vereinbarte ein Zusammenschluss von Verwaltungen mit Bezug zur Bucht ein Programm zum koordinierten Umweltschutz in der gesamten Bucht. Teilnehmer sind die Gouverneure von Maryland, Virginia, Pennsylvania, New York, West Virginia und Delaware, der Bürgermeister von Washington, D.C.; der Vorsitzende der Chesapeake Bay Commission und die U.S. Environmental Protection Agency (EPA). Das Programm setzt auf direkte Maßnahmen zur Gewässerreinhaltung und Änderungen in der Landnutzung, um die Wasserbelastung zu reduzieren, aber auch auf gesellschaftliche Themen wie die Umweltbildung in der Bevölkerung.[4]

Sonstiges

Die Bucht war 1781 Schauplatz der Seeschlacht vor der Chesapeake Bay. Die Französische Flotte besiegte damals die Royal Navy, so dass die Landtruppen des britischen Generals Charles Cornwallis keine Unterstützung bekamen. Am Ende konnten deshalb die USA ihre Unabhängigkeit gegenüber Großbritannien durchsetzen.

Aus der Gegend stammt die Hunderasse Chesapeake Bay Retriever.

Der Roman „Die Bucht“ (orig. „Chesapeake“) von James A. Michener (1978) beschreibt Familiengeschichten und historische Stationen von 1583 bis 1978.

Literatur

  • Christine Keiner: The Oyster Question: Scientists, Watermen, and the Maryland Chesapeake Bay Since 1880. University of Georgia Press, Athens 2009, ISBN 978-0-8203-2698-6.
  • Tom Horton: Bay Country. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1994, ISBN 978-0-8018-4875-9.
  • Reisebericht des nach Amerika übergeschifften Herrn Hofrath Weber (aus Chesapeak Bai, den 12. Juni 1834 und Baltimore, den 21. Juni 1834). In: Der Wanderer am Rheine und an der Mosel Nr. 9 vom 23. August 1834 und Nr. 10 vom 30. August 1834 (Online-Ausgabe dilibri Rheinland-Pfalz).

Weblinks

Commons: Chesapeake Bay – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Artikel „A Dead Indian Language Is Brought Back to Life“ der Washington Post vom 12. Dezember 2006.
  2. Miyuki Hino, Samanthe Tiver Belanger, Christopher B. Field, Alexander R. Davies, Katharine J. Mach (2019): High-tide flooding disrupts local economic activity. Science Advances. Vol. 5, no. 2, eaau2736. https://doi.org/10.1126/sciadv.aau2736
  3. Richard J. Dent: Chesapeake prehistory old traditions, new directions, New York: Plenum Press 1995, S. 1, ISBN 0-306-45028-3
  4. Chesapeake Executive Council: Chesapeake Executive Council signs landmark accord to restore Bay watershed, 16. Juni 2014