Chremslach

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Chremslach (Einzahl: chremsel, Krimsel) ist eine jiddische Bezeichnung für eine althergebrachte Speise an Pessach, ein Fettgebäck aus Matzemehl oder auch Latke aus Kartoffeln. Chremslach können verschiedene Füllungen haben, mit Nüssen, getrockneten Früchten und Gewürzen, manchmal auch mit Äpfeln, Marmelade oder auch Hackfleisch gefüllt.[1][2] Für die Mehrzahl wurde an chremsel das jiddische Diminutiv-Suffix „lach“ angehängt.[3]

Wortgeschichte

Vermiculos, dünne frittierte mit Honig beträufelte Teigstreifen, die Apicius um 400 n. Chr. in seinem De Re Conquinaria Libri Decem erwähnte, sollten im Laufe der Jahrhunderte zu einem beliebten aschkenasischen Fettgebäck führen, den Chremslach. Im Mittelalter verschwand das Originalgericht aus den italienischen Küchen. Nachdem das Konzept des Kochens von Teig in Wasser im 13. Jahrhundert das Mittelmeer erreichte, wurden vermiculos zur Quelle der italienischen Fadennudeln (Vermicelli). Zur gleichen Zeit brachten italienisch-jüdische Kaufleute und Einwanderer vermiculos ins Rheinland, das Zentrum der frühen Aschkenasim. Im 12. bis 15. Jahrhundert erwähnten zahlreiche Schriften deutsch-französischer Rabbiner frittierte Teigstreifen in Honig am Freitagabend (=Schabbat-Beginn), sogenannten Vermesel oder Verimslish, bis diese Tradition in der Gegend schließlich durch Nudeln in Hühnersuppe ersetzt wurde. Im 15. Jahrhundert entwickelte sich der Begriff Vermesel zum westjiddischen Frimsel für Nudeln, gleichzeitig bezeichnete Grimsel verschiedenes Fettgebackenes und Pfannkuchen.[3][4]

Esther Levy, die deutscher Abstammung war, erwähnte „Grimslechs (for Pessach)“ in ihrem Jewish Cookery von 1871, es war das erste jüdische Kochbuch in Amerika. Danach erscheinen die „Pfannkuchen Grimslich“ in Tante Babettes Kochbuch von 1889, ebenfalls eine deutschstämmige Autorin; ihre Pfannkuchen werden mit Brot zubereitet. Das Gericht erreichte später Osteuropa, wo es zu chremsel (Singular) bzw. chremslach (Plural) wurde. Am beliebtesten sind Chremslach in Form kleiner Pfannkuchen aus Matzemehl mit Konfitüre bestrichen oder wie die vermiculos in Honig getränkt. Im Jahr 1901 erscheinen in der ersten Ausgabe von The Settlement Cook Book fünf Rezepte für „Matzos Crimsel“.[3][4]

Manche sehen auch eine mögliche Herleitung des Chremsel, Chrimsel bzw. Grimslein vom deutschen Krümel.[5]

Zubereitung

Eine Möglichkeit der Zubereitung ist ein Pfannkuchenteig aus Matzemehl mit Eiern, Wein oder Wasser sowie Zucker, Zimt, Ingwer, Nüssen und Salz. Nachdem alle Pfannkuchen gebacken sind, werden sie in aufgekochtem Honig gewendet.[4] Eine andere Variante wird aus einer Masse aus ungesalzenen Matzen hergestellt (in kaltem Wasser eingeweicht und ausgepresst), die mit gehackten Mandeln, Korinthen, getrockneten Aprikosen oder Pflaumen, Eiern, Matzemehl, Salz und Zimt vermischt werden. Die Masse wird löffelweise abgestochen in heißem Öl frittiert, und die noch warmen Chremslach mit Puderzucker bestreut serviert.[6]

Rezeption

Der Nobelpreisträger Saul Bellow erzählte 1983 in einem Interview mit der New York Times von den Chremslach seiner Mutter aus Riga (Lettland), das waren Pfannkuchen aus Nüssen und Gemüse, was sie mit Eingemachtem gegessen hatten.[3]

Das Westjiddische Wörterbuch gibt ein Gedicht mit lachoudischen Hebraismen aus Mittelfranken wieder, worin dem Krimselich eine besondere Rolle zukommt:

Es war ein Jüdle in Halle,

gar treu bis an das Grab,

dem sterbend seine Kalle (=Braut)

s’ Rezept für Krimselich gab [...]

Als seinen letzten Willen

er endlich kundgetan,

legt er sich hin zum Sterben,

rührt Krimselich nimmer an.[5]

Einzelnachweise

  1. Joyce Eisenberg, Ellen Scolnic: Dictionary of Jewish Words: A JPS Guide. Jewish Publication Society, 2010, ISBN 978-0-8276-0996-9, S. 28.
  2. The Oxford Companion to Sugar and Sweets. Oxford University Press, 2015, ISBN 978-0-19-931361-7, S. 506.
  3. a b c d Gil Marks: Encyclopedia of Jewish Food. HMH, 2010, ISBN 978-0-544-18631-6 (E-Book ohne Seitenangaben).
  4. a b c Gil Marks: The: World of Jewish Cooking. Simon and Schuster, 1999, ISBN 978-0-684-83559-4, S. 215.
  5. a b Alfred Klepsch: Westjiddisches Wörterbuch: Auf der Basis dialektologischer Erhebungen in Mittelfranken. Walter de Gruyter, 2011, ISBN 978-3-11-096212-3, S. 655 (google.de [abgerufen am 18. Februar 2022]).
  6. Matzo Chremsel Recipe. In: The New York Times. Abgerufen am 19. Februar 2022 (amerikanisches Englisch).