Christian Antze

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Christian Antze0Anm.

Christian Antze (* 5. Juni 1775 in Blomberg; † 29. November 1845 in Salzuflen) war ein deutscher Jurist und Politiker. Von 1802 bis 1835 war er Bürgermeister der Stadt Salzuflen.[1]

Familie

Schon Antzes Urgroßvater, Cordt (Konrad) Antze, war Salzufler Bürger, der an der Salze ein Kaufgeschäft betrieb. Dessen Sohn Conrad war Weinhändler am Markt.

Antze wurde als ältestes von sieben Kindern des Blomberger Stadtsyndikus (Stadtrichter) Christian Diederich Antze (* 1. Mai 1741 in Lage; † 12. Juli 1795 in Salzuflen) und dessen Frau (∞ 29. Mai 1774 in Hamm) Maria Margarethe, geb. Strücker (* Januar 1748 in Hamm; † 4. Februar 1811 in Salzuflen), geboren. Der Vater war 1776 als Sekretarius nach Salzuflen gekommen und hatte hier 1784 die aus dem Besitz der Familie von Exter stammende „Vogel'sche Erbstätte“ an der Ritterstraße erworben.
Christian Antzes Geschwister waren Justine Luise (1777–1780), Wilhelmine Florentine (1779–1779), Auguste Luise (1780–1807), August Diederich (* 1782), Wilhelm Konrad (Pfarrer in Talle, Blomberg und Lage) und Wilhelmine Karoline (* 1787).

Am 26. November 1803 heiratete Antze in Detmold Johanne Friederike Kellner (* August 1778; getauft am 28. August), Tochter des dortigen Rates Heinrich Jakob Kellner. Mit ihr hatte er fünf Kinder:

  • Johanne Florentine Charlotte (* 14. August 1804; † 21. September 1804 in Salzuflen)
  • Tochter, totgeboren (10. September 1806 in Salzuflen)
  • Sohn, totgeboren (3. September 1807 in Salzuflen)
  • Marie Mathilde (* 23. Juli 1810 in Salzuflen)
  • Christian August (* 15. April 1813 in Salzuflen; † 20. Dezember 1895 in Varenholz), Amtsassessor

In zweiter Ehe war Antze mit der vom Gut Steinbeck stammenden Johanne Henriette Wilhelmine Kuntze (* 26. August 1791 in Unterwüsten; † 24. Mai 1874 in Salzuflen) verheiratet. Mit ihr hatte er sechs Kinder:

  • Ida Christiane Marie Friederike (* 20. Mai 1821 in Salzuflen; † 1864 in Zwickau)
  • Ida Elidia Franziska (* 5. Juni 1823 in Salzuflen; † 16. März 1899 (?) in Detmold)
  • Hermann Georg (* 11. November 1825; † 13. November 1828 in Salzuflen)
  • Wilhelm Julius (* 22. Januar (?) 1828 in Salzuflen; † 23. Oktober 1861 in Detmold), Fürstlich Lippischer Kabinettsekretär
  • Auguste Luise (* 30. Juli 1830; † 28. November 1849 in Salzuflen)
  • Emilie Wilhelmine „Minna“ (* 2. Juli 1834); sie besaß bis 1874 die „Vogel'sche Erbstätte“, den nach den neuen Besitzern benannte „Antzenhof“ an der Ritterstraße

Christian Antze starb am 29. November 1845 in Salzuflen an Altersschwäche. Sein Nachlass wurde dem Lippischen Landesarchiv überstellt.[2][3]

Leben

Antze, der als eine der herausragenden Persönlichkeiten Salzuflens des 19. Jahrhunderts gilt, ließ sich am 16. April 1793 in Jena immatrikulieren, später auch in Göttingen. Nach dem Jurastudium war Antze ab 1797 als lippischer Advokat und auch als Auditor (Untersuchungsrichter) beim Detmolder Kriminalgericht tätig. 1799 wurde er zum Syndikus und Sekretär der Stadt Salzuflen gewählt.[4]

Dem jungen Antze ist es unter anderem zu verdanken, dass der Stadt Salzuflen im Jahr 1800 eine seit 1505 bestehende, jährlich an das Paderborner Domkapitel zu zahlende Verzinsung von 50 Goldgulden bzw. der geforderte Restbetrag in Höhe von 2066 Talern und 24 Groschen für einen durch Bernhard VII. getätigten Rentkauf gestundet wurde.[5]

„Salzuflen den 26ten Mai 1801. – An Hochfürstlich Lippische Regierung des Magistrats U. G. Bericht über den gestrigen Brand in hiesiger Stadt
Gestern, den 25ten d. Nachmittag um halb fünfe zündete der Blitz in dem in der Obern Mühlenstraße gelegenen Hause des Bürgers, Johann Herm Quest. Der Blitzstrahl ist – nach Angabe der Nachbarn – von der eisernen Windfahne hernieder gefahren, und hat sich dann getheilt. Ein Theil soll sich an der einen Seite des Hauses in die davor liegende Mistgrube gesenkt haben, ein Theil aber fuhr an dem andern Eckständer herab, zersprengte 6 Glasscheiben in dem Stubenfenster ohne Spuhren am Rahmen, oder am Blei zurück zu lassen – und traf die, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, nah an diesem Fenster sitzende Tochter der Witwe Quest, diese Witwe selbst, und auch deren jüngste Tochter, die nahe neben einander saßen. Dem ältesten Mädchen ist die Oberhaut beinah auf dem ganzen Körper – Gesicht und Hände ausgenommen – so wie auch das Haupthaar verbrannt; der Mutter der linke Arm und das rechte Bein. Nur in dem Halstuche des ältesten Mädchens fand sich eine vom Blitz gebrannte Oefnung in der Größe eines Guldenstücks, das Hemd war schwarz, sonst so wie alle übrige Kleidungsstücke ganz unversehrt. Zwei andere Personen, die in derselben verschlossenen kleinen Stube an der anderen Seite des Fensters, so wie ich noch 3 andere, die im Hintergrund dieser Stube saßen, sind ganz unverletzt geblieben. Die vom Blitz getroffenen sind unter der Obsorge des Arztes und Wundarztes, und werden bald wieder völlig genesen. Der Blitzstrahl fiel während einem geringen Regen mit etwas Hagel gemischt, und setzte sogleich den oberen Theil des Hauses in Flammen, diese verstärkte der Wind. – Die beiden hiesigen Sprützen waren sogleich durch Gespann an Ort und Stelle gebracht, und bald in gehöriger Wirksamkeit, konnten aber doch das nah anligende Haus des Bürgers, Johann Jost Stakelbeck, vor der Flamme nicht schützen, und ohngeachtet von Zeit des Blitzeinschlagens nach einer halben Stunde die Sprütze von Schötmar nebst dasigen Beamten und gehöriger Mannschaft schon hier war, und mit rühmlichen Eifer – worin sich Hr. Kaufmann Küster aus Schötmar, als Rohrlenker besonders auszeichnete – gebraucht wurde; so konnte man doch nicht hindern, daß nicht die genannten beiden Häuser das erste Lub Nr. 128 mit fünfzig, das andere Lub Nr. 130 mit einhundert Thaler in der Brandkasse versichert steht, bis auf den Stapel abbrannte. – Die Quests haben außer einigen Betten und anderen Geräth – welche zum Theil ein fremder Jude mit Gefahr seines Lebens rettete – wenig von ihrer freylich nicht bedeutenden Haabe behalten. Stakelbeck hat nach seiner Angabe an Hemden, Stroh – für 20 rthl. an Werth eingebüßt. Schon brannten die Docken auf dem 3ten (dem Conrad Klöpperschen) Hause, allein hier wurde das Feuer vorzüglich durch Gießen vom Boden her, nach Abreißen eines Theils der Dachziegel gelöscht und abgehalten. – Gegen 7 Uhr Abends war der Brand gelöscht.  C. Antze[6]

Bürgermeister in Salzuflen

1802 wurde Antze zum Salzufler Bürgermeister gewählt.
Hier ließ er unter anderem zwei neue Beamtenstellen einrichten, die des Stadtrentmeisters (1806) und die des Stadtförsters (1807).

Im Jahr 1812 führte Antze die seit 1776 laufenden Verhandlungen zwischen der Stadt Salzuflen und der lippischen Regierung zur „Aufteilung des Lehenghölzes in der Woiste“ zu einem für beide Seiten befriedigendem Ende, die Grenze wurde endgültig festgelegt.[7]

Ebenso sorgte Antze nach seinem Amtsantritt für die Beilegung des seit der Begradigung der Werre zwischen Salzuflen, Ahmsen, Biemsen und Werl in den Jahren 1772/73 andauernden Rechtsstreits mit der Detmolder Regierungskanzlei um die Zuzahlung von 1000 Talern durch die Stadt Salzuflen.

1831 erarbeitete Antze im Auftrag der lippischen Regierung den „Entwurf eines Statuts über die Verfassung der Stadt Salzuflen“. Er wies darauf hin, dass die bestehende Verfassung aus „ferner Vorzeit stamme und sich im Laufe der Jahrhunderte nach und nach verändert habe“, eine neue Verfassung unter anderem „Streitigkeiten über Gegenstände verhüten, unpassend gewordene Formen verändern und die Kenntniß der Verfassung sowohl den Mitgliedern des Magistrats als auch der Bürgerschaft erleichtern würde.“ – 1843, da war Antze schon acht Jahre nicht mehr im Amt, trat die Reform der Salzufler Stadtverfassung in Kraft.[8]

Hexenprozesse

Jahrelang drängte Antze die lippische Regierung und die Lemgoer Stadtverwaltung um Akteneinsicht: Sein Interesse galt der Geschichte der Hexenprozesse in der Grafschaft Lippe. Ihm ist es zu verdanken, dass die bis dahin verwahrlost und sehr verstreut herumliegenden Prozessakten zusammengeführt worden und so zahlreich erhalten geblieben sind.[9][10][11]

So beschrieb er zum Beispiel einen Folterstuhl, mit dem die Angeklagten geständig gemacht werden sollten:

„Der Folterstuhl (...) ist ein gewöhnlicher Stuhl von starkem Holze, mit niedriger Rückenlehne. An jedem der 4 Füße ist unten ein mit einem Loche versehener eiserner Winkel angebracht, so daß der Stuhl fest auf den Fußboden geschroben werden kann. An einer Seite der Rückenlehne und des Sitzrahmens befinden sich Pferdehaargurte, mittels welcher die Delinquenten auf dem Stuhle befestigt wurden. Die Hände wurden auf dem Rücken festgebunden, und dann die Daumenschrauben angesetzt. Der Sitz hat lang hervorstehende, spitze, hölzerne Stacheln, gleich den beiden Spanischen Stiefeln.“

Christian Antze: Vom Hexen-Processe vor den Gerichten im Umfange der ehemaligen Grafschaft, des jetzigen Fürstenthums, Lippe.[12]

Beziehung zum Haus Lippe

Auch bei der Lippischen Regierung genoss Antze hohes Ansehen. So schrieb Fürstin Pauline am 7. Dezember 1808 einen persönlichen Brief an den „Lieben Herrn Rath“ zum Thema ‚Stadförster von Exter‘ und beendete denselben mit den Worten „Ich bin mit vieler Hochschätzung des Herrn Raths Dienstwilligste Paulina“.

Mitgliedschaften

Christian Antze war unter anderem Mitglied des Naturwissenschaftlichen Vereins im Fürstenthum Lippe.[13]

Werke

Auswahl[14][15]
  • Gegenbeleuchtung, als Antwort auf die, von dem Fürstlich Lippischen Archivrath C. G. Clostermeyer, in den Druck gegebene, Kritische Beleuchtung der, von den Landständen des Fürstenthums Lippe, bey der hohen Deutschen Bundesversammlung, eingereichten, "Geschichtlichen und rechtlichen Darstellung (1819)
  • Zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte der Hexenprozesse in der Grafschaft Lippe (1835 bis 1839)
  • Bericht über verschiedene im Fürstenthum Lippe entdeckte Germanische Begräbnisstätten, Nr. 1: In der Feldmark von Salzuflen (Lippisches Magazin 1838/1839)
  • Geschichtliche und statistische Nachrichten über die Saline in Salzuflen. (1841)
  • Von den Ämter Barkhausen und Heerse, den dazu gehörenden Amtsmeiern, ein Beitrag zur Geschichte des Bauernstandes und der Untergerichte im Fürstentum Lippe

Literatur

  • Otto Pölert: Chronik von Salzuflen. Druckerei und Verlagsanstalt Fritz Dröge, Bad Salzuflen-Schötmar 1978, Kapitel 21. Antze, S. 72 ff.

Anmerkung

Das Porträt entstand aus einer qualitativ nicht guten Kreidezeichnung unter Hinzuziehung der markanten Gesichtszüge mehrerer Verwandter, besonders seines Neffen, des in Minden tätigen Garnisonspfarrers, Gustav Adolf Wilhelm Antze (1813–1873).[16][17]

Einzelnachweise

  1. Christian Antze im Bundesarchiv.
  2. Christian Antze bei www.nhv-ahnenforschung.de, abgerufen am 25. April 2020.
  3. Lorens M. Rheude: Lebensdaten der Familie Antze in: Archiv für Stamm- und Wappenkunde, Verlag von Gebr. Vogt, 1907, S. 34ff; abgerufen am 7. Mai 2020.
  4. Ende einer 180jährigen Ausleihe – Hexenprozessakten bald zurück im Stadtarchiv Lemgo; abgerufen am 17. April 2021.
  5. Otto Pölert: Chronik von Salzuflen. Druckerei und Verlagsanstalt Fritz Dröge, Bad Salzuflen-Schötmar 1978, Kapitel 15. Verheerende Kriegsfolgen – Schlimme Geldnöte, S. 59.
  6. Lippisches Intelligenzblatt vom 27. Juni 1801, Seite: 207 ff.
  7. Akten 713, 715, 788 und 805 bis 808 des Christian Antze im Stadtarchiv Bad Salzuflen die Teilung des Hollenhagen (1801–1811), die Teilung der Lehnghölze Fierenberg etc. (1788–1806), die Forstexcesse auf dem Hollenhagen (1803/04) sowie das Beholzungsrecht in den Lehngehölzen Fierenberg etc. und dessen Abfindung durch Abtretung von Grund und Boden (1776–1812) betreffend.
  8. Franz Meyer (Hrsg.): Bad Salzuflen-Epochen der Stadtgeschichte. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2006, S. 164.
  9. Franz Meyer (Hrsg.): Bad Salzuflen-Epochen der Stadtgeschichte. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2006, S. 187.
  10. Jürgen Scheffler: Der Folterstuhl – Metamorphosen eines Museumsobjektes, hier: Der Folterstuhl im Städtischen Museum Lemgo; abgerufen am 16. April 2021.
  11. Nicolas Rügge: Hexenprozessakten. In Stefan Pätzold und Wilfried Reininghaus (Hrsg.): Quellenkunde zur westfälischen Geschichte vor 1800, Historische Kommission für Westfalen, Münster, Februar 2017, S. 30 ff; abgerufen am 5. Dezember 2021.
  12. Von der Form des Verfahrens. In: „Lippisches Magazin für vaterländische Cultur und Gemeinwohl“, Nr. 41, 9. Januar 1839, Sp. 649; abgerufen am 18. April 2021.
  13. Protokoll der am 24. Juni 1840 gehaltenen Generalversammlung des Vereins. In: Lippisches Magazin für vaterländische Cultur un Gemeinwohl. Lemgo, 8. Juli 1840, S. 234 ff.
  14. Franz Meyer (Hrsg.): Bad Salzuflen-Epochen der Stadtgeschichte. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2006, S. 79 und 109.
  15. Nachlässe des Christian Antze im LAV Detmold, Bestand D 72; abgerufen am 28. Oktober 2021.
  16. Otto Pölert: Chronik von Salzuflen. Druckerei und Verlagsanstalt Fritz Dröge, Bad Salzuflen-Schötmar 1978, Kapitel 21. Antze, S. 75.
  17. Porträt und Lebensdaten des Gustav Antze; abgerufen am 28. Oktober 2021.