Christian Schultz-Gerstein

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Christian Schultz-Gerstein (* 2. Oktober 1945 in Dahl (Hagen); † 3. März 1987 in Hamburg) war ein deutscher Journalist.

Leben

Christian Schultz-Gerstein war ein Sohn des Juristen Günther Schultz (1911–1993) und Charlotte Gerstein (1919–2006). Sein älterer Bruder ist der Jurist Hans-Georg Schultz-Gerstein. Er absolvierte an den Universitäten von Hamburg und Tübingen ein Studium der Germanistik und Theologie. Ab 1970 arbeitete er als Mitarbeiter der Zeit und als Tennislehrer. 1976 wurde er Kulturredakteur des Spiegels.

1979 veröffentlichte er den Band „Der Doppelkopf“. Dieser enthielt im Wesentlichen ein Interview mit dem österreichischen Schriftsteller Jean Améry, in dem es um Amérys Buch Hand an sich legen ging und einen Essay, in dem er sich mit dem Verhalten seines Vaters Günther Schultz als Richter in der NS-Zeit auseinandersetzte.

Die Zeitungsbeiträge Schultz-Gersteins zeichneten sich durch eine besondere Meinungsfreudigkeit des Verfassers aus. Besonderen Respekt gegenüber den großen Namen der Kulturszene zu zeigen war seine Sache nicht. In Erinnerung bleiben seine Entgegnungen auf kulturkritische Äußerungen von Botho Strauß:

„[...] in der Kultur-Moral der 50er Jahre stehengeblieben [...], als das Fernsehen und die Rockmusik noch des Teufels waren, des Menschen wahre Bestimmung aber darin lag, ein gutes Buch zu lesen und klassische Musik zu hören. Wie der selige Süsterhenn mit der Aktion ‚Saubere Leinwand‘ einst, so tritt uns jetzt Botho Strauß als Anwalt der reinen Seele mit Abitur, Allgemeinbildung und Belesenheit entgegen und kämpft den alten Kampf gegen ihre Verunreinigung durch neumodische Belanglosigkeiten. Der Ungeist des Fernsehens, die böse Reklame, die banalen Magazine – die ganze verbotene jugendgefährdende Welt des pfäffischen Bildungskleinbürgertums der Adenauer-Ära breitet Strauß noch einmal aus.“[1]

Die Lebensgeschichte von Schultz-Gerstein zeigt Parallelen zum Leben von Bernward Vesper. Beide zeigten eine große Begabung für Literarisch-Feuilletonistisches, und beide schieden freiwillig aus dem Leben. Die beiden Vätern vorgehaltene NS-Vergangenheit trifft bei Schultz-Gerstein allerdings nicht gleichermaßen zu. Sein Vater galt als ein entschiedener Gegner des Nationalsozialismus. Gegen seinen Willen wurde er 1943 an einen Strafsenat abgeordnet und wirkte dort an Prozessen nach den „Nürnberger Gesetzen“ mit. Diese Verstrickung führte zu einem unüberbrückbaren Gegensatz zwischen Vater und Sohn.

Schriften

  • Der Doppelkopf, nach einem Gespräch mit Jean Améry, März bei Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1979
  • Rasende Mitläufer, Porträts, Essays, Reportagen, Glossen. Edition Tiamat, Berlin 1987, ISBN 3-923118-16-3.
    • erweiterte Neuauflage: Rasende Mitläufer, kritische Opportunisten. Porträts, Essays, Reportagen, Glossen. Edition Tiamat, Berlin 2021, ISBN 978-3-89320-280-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Christian Schultz-Gerstein: Das Evangelium der kritischen Opportunisten. In: Der Spiegel. Nr. 35, 1982, S. 164 (online).