Danzer (Unternehmen)
Danzer Holding AG
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Rechtsform | Aktiengesellschaft |
Gründung | 1932 |
Sitz | Dornbirn, Österreich |
Leitung | Hans-Joachim Danzer |
Mitarbeiterzahl | 2.500 (2014)[1] |
Umsatz | 232 Mio. Euro (2014)[1] |
Branche | Rohstoffe |
Website | www.danzer.com |
Danzer ist eine österreichische Unternehmensgruppe der holzverarbeitenden Industrie mit Hauptsitz in Dornbirn. Danzer produziert und vertreibt Echtholz-Furniere und Schnittholz aus Laubhölzern für dekorative Anwendungen. Nach eigenen Angaben ist Danzer der weltweit größte Produzent von dekorativem Messerfurnier und gehört in Nordamerika zu den zehn führenden Herstellern von Schnittholz.[2]
Unternehmensstruktur
Danzer ist in Europa, Nordamerika und Afrika mit Produktionsstätten vertreten. An allen Standorten wird in erster Linie regional geerntetes Holz verarbeitet und von dort in über 80 Länder weltweit vermarktet. Das Unternehmen beschäftigte 2012 rund 2000 Mitarbeiter. Die Produktionsstätten befinden sich an folgenden Standorten:
- Europa
- Frankreich: Jura Placages S.A.S. (Furnierwerk) in Souvans, Dept. Jura
- Tschechien: Danzer Bohemia (Furnierwerk) in Horní Počaply im Bezirk Okres Mělník
- USA
- Bradford Forest, Inc. (Sägewerk) in Bradford, Pennsylvania
- Danzer Veneer Americas, Inc. (Furnierwerke) in Edinburgh, IN und Williamsport, Pennsylvania
- Interforest Lumber Corp. (Schnittholztrockungsanlage) in Shade Gap, Pennsylvania[3]
- Afrika
- Republik Kongo: IFO = Industrie Forestière d’Ouesso (Sägewerk)
Geschichte
Das Unternehmen wurde 1932 von dem Deutschen Karl Danzer als Karl Danzer, Courtier en bois et placages in Paris (Frankreich) als Makler hochwertiger Maserhölzer und exotischer Holzarten gegründet. 1936 beteiligte sich Danzer an einer Hamburger Holzimportfirma sowie einer Furnierhandelsgesellschaft und kehrte nach Deutschland zurück.[2]
Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete Danzer 1946 in Metzingen eine Holz- und Furnierhandlung, ab 1947 baute er in Reutlingen sein erstes eigenes Furnierwerk auf, das 1949 in Betrieb ging. 1955 wurde ein im Bau befindliches Furnierwerks in Kehl dazugekauft und in dessen unmittelbarer Nähe später ein Spanplattenwerk errichtet, dem später eine Paneel- und Türenfertigung angegliedert wurde.
Im Jahr 1958 ging Karl Danzer eine Partnerschaft mit Idisore Elefant und Victor Grossmann ein. Gemeinsam kaufte man die General Woods and Veneers mit Standorten in Kanada und USA.
Ab den 1960ern erfolgte die Internationalisierung des Unternehmens und mehrere Umstrukturierungen. 1960 wurden erste Konzessionen in Elfenbeinküste erworben. 1962 erfolgte die Gründung Interholco AG in der Schweiz, die die Vermarktung der afrikanischen Produkte übernahm. 1964 wurde die belgische Miguet Group übernommen, zu der Zeit die größte Händler von Furnieren. 1966 wurde ein holzverarbeitendes Werk in Vavoua in Elfenbeinküste in Betrieb genommen. Eine Expansion nach Brasilien erfolgte 1968 mit der Übernahme der Firma MASUL, einem Furnierwerk in São Paulo und 1969 mit MABASA in Salvador da Bahia.
1970 wurde die Partnerschaft mit Idisore Elefant und Victor Grossmann beendet. 1972 erwarb Danzer die David R. Webb in Indiana, im Jahr 1974 die Interforest in Ontario, Kanada.
In den 1980er Jahren erfolgte die Fokussierung auf Furniere, 1987 wurden das Werk in Kehl teilweise und das in Reutlingen ganz geschlossen. Die Verwaltung verblieb jedoch in Reutlingen.
In den 1990er Jahren wurde das nordamerikanische Geschäft ausgebaut. Im Furnierbereich wurden die Penn Beaver Corp., Keystone Veneers Inc und The Dean Company akquiriert. Mit dem Bau des Sägewerks Bradford im Jahre 1989 stieg Danzer in die Schnittholzproduktion in USA ein. Zwei weitere Sägewerke wurden dazugekauft.
Im September 2006 ging die Danzer Group und der World Wide Fund For Nature (WWF) eine Kooperation im Hinblick auf eine nachhaltige Waldnutzung in Afrika ein.[4] Der WWF listete Danzer damals auf seiner Homepage als „Partner-Unternehmen“. Diese Kooperation wurde kurze Zeit später ohne Pressemitteilung wieder beendet, der WWF führt Danzer nicht in seiner Liste „Abgeschlossene Unternehmenskooperationen“ auf.[5]
2008 übernahm die Gruppe die Reholz GmbH mit Sitz in Kesselsdorf. Diese hatte ein patentiertes Verfahren entwickelt, mit dem Furniere dreidimensional verformt werden können, ohne dass sie reißen. Mit diesen sogenannten 3D-Furnieren können Formen beispielsweise für die Möbel- und Automobilindustrie erzielt werden, Holzstruktur und Furnierbild bleiben erhalten.[6]
Durch die rasant abnehmende Nachfrage nach echten Holzfurnieren und deren Substitution durch Holzimitate ist der Furniermarkt weltweit massiv geschrumpft. Die Wirtschaftskrise beschleunigte den Abwärtstrend weiter. Danzer Group schloss Schritt für Schritt die Furnierproduktion in Brasilien, Belgien, Deutschland und Kanada. Die Schnittholzproduktion in USA wurde massiv reduziert. Im Februar 2013 wurden die zwei kongolesischen Tochtergesellschaften Siforco und Cotraco ohne Angabe von Gründen an die Groupe Blattner Elwyn (GBE) verkauft.[7]
Im Jänner 2015 verlegte Danzer aus steuerlichen und wirtschaftlichen Gründen seinen Sitz von Baar in der Schweiz nach Dornbirn in Österreich. Das operative Furniergeschäft in Europa zog von Baar nach Salzburg in Österreich.[8] Das Management sowie der Vertrieb für Afrika bleiben in der Schweiz.[1][9]
Kritik
Greenpeace
Im Juni 2004 beschuldigte Greenpeace International im sogenannten “Forest Crime File” die Firmengruppe, illegal geschlagenes afrikanisches Holz anzukaufen und Schmiergelder an Beamte in Zentralafrika und Kamerun zu zahlen.[10] Greenpeace erstattete zwei Strafanzeigen in Sachen Beteiligung an Bestechung fremder Amtsträger und Urkundenfälschung gegen die Schweizer Danzer-Tochtergesellschaft Interholco und Mitbeteiligte. Die Bundesanwaltschaft leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren ein, das am 21. Dezember 2004 wieder eingestellt wurde. Im Januar 2005 legte Greenpeace dann einen zweiten, aktualisierten Bericht vor, in dem die Vorwürfe wiederholt wurden.[11]
Am 11. April 2007 veröffentlichte Greenpeace den Bericht “Carving Up The Congo”, in dem Vorwürfe gegen die Firma Siforco betreffend ihr Vorgehen im Kongobecken erhoben wurden.[12] Danzer veröffentlichte am 27. April 2007 dazu eine detaillierte Stellungnahme, in dem die industrielle Nutzung des Regenwaldes verteidigt wird.[13]
Am 30. Juli 2008 erhob Greenpeace den Vorwurf, dass der Konzern ein aufwendiges System der Verschiebung von Gewinnen anwendet, um Einkommen aus Afrika in Offshore-Bankkonten zu bewegen. Dadurch könne Danzer in den Ländern, in denen ihre Unternehmen tätig sind, Steuerzahlungen umgehen.[14] Danzer wies diese Vorwürfe in einer Stellungnahme vom 30. Juli 2008 als unbegründet zurück.[15]
Am 7. November 2011 erhob Greenpeace in dem Bericht Gestohlene Zukunft: Konflikte und Entwaldung in den Regenwäldern des Kongo – Der Fall Danzer erneut Vorwürfe gegen die Danzer-Tochter Siforco. Laut dem Bericht soll Siforco direkt in Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Republik Kongo involviert gewesen sein. Konkret geht es um einen Überfall auf die Waldgemeinde Yasilika in der Provinz Bumba-Equateur, den Siforco nach Aussage des Berichtes logistisch und finanziell unterstützt habe.[16] Danzer bestritt die Vorwürfe und erklärte, die Ereignisse hätten sich jenseits der Kontrolle und der Verantwortung von Siforco zugetragen.[17]
FSC
2009 wurde das Tochterunternehmen IFO in der Republik Kongo nach den Richtlinien des Forest Stewardship Council (FSC) zertifiziert. Das FSC-zertifizierte Schnitt- und Rundholz wird von den Danzer-Tochterunternehmen Interholco und Danzer UK vertrieben, während FSC-zertifizierte Furniere über Danzer Europe Veneer (DEV) erhältlich sind.[18] 2011 waren jedoch nur fünf von 64 Furnieren in der Angebotspalette FSC-zertifiziert.[19] Kritiker bemängeln zudem, dass der von Danzer betriebene „selektive Holzeinschlag“ nicht wissenschaftlich, sondern kommerziell begründet sei. Dadurch würde sich die Artenvielfalt drastisch reduzieren.[20]
Hintergründe zur Trennung und Wiederaufnahme der FSC-Mitgliedschaft
Basierend auf den Vorkommnissen in Yalisika in der Demokratischen Republik Kongo am 1. und 2. Mai 2011 wurde ein Beschwerdeverfahren (complaint panel) bei FSC gegen die Danzer Group eingeleitet. Der damaligen Tochtergesellschaft SIFORCO (Société Industrielle et Forestière du Congo) wurde vorgeworfen, eine Mitverantwortung für die Gewaltanwendung durch Polizei und Miliz gegenüber den Bewohnern von Yalisika zu tragen.
Am 21. Mai 2013 wurde Danzer Group aus dem FSC ausgeschlossen. Als Grund für die Trennung wurde genannt, dass die erhobenen Vorwürfe, dass die ehemalige Danzer-Tochter Siforco in Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Republik Kongo verwickelt gewesen sein soll, in der Öffentlichkeit nicht abschließend ausgeräumt werden konnten. Danzer hat deshalb die Einschätzung des FSC anerkannt, dass das damalige öffentliche Meinungsbild ein Reputationsrisiko für die Marke FSC bedeutet. Danzer sowie alle ihre Tochterunternehmen verloren ihre FSC-Zertifizierungen und das Recht, die FSC-Handelsmarken zu nutzen.[21]
Direkt nach den Geschehnissen in Yalisika wurde von Danzer das Zertifizierungsunternehmen Société Générale de Surveillance vor Ort mit einem Audit beauftragt. SGS kam zu dem Ergebnis, dass SIFORCO unter den gegebenen Umständen korrekt gehandelt habe.[22] Zudem wurde ein früheres SGS-Audit der Danzer-Tochtergesellschaft IFO (Industrie Forestière d' Ouesso) von dem Auditor ASI (Accreditation Services International) nochmals überprüft. Die Prüfung von ASI kam zu dem Ergebnis „best of class“.
Nach der Aussetzung der FSC-Zertifizierung hat Danzer mit dem Friedensforschungsinstitut Swisspeace die bestehenden Konfliktlösungsmechanismen des Unternehmens überprüft und entwickelt neue Standards für ihre Geschäftsaktivitäten im Kongobecken und darüber entwickelt.[23] Dabei wurden die Anforderungen von FSC vollständig berücksichtigt. Den in den Richtlinien enthaltenen Verhaltenskodex zur konstruktiven Lösung von Konflikten setzt Danzer weltweit und insbesondere in Afrika um. Die Ergebnisse wurden im Manual „Conflict Sensitivity Due Diligence for Timbre Companies in the Congo Basin“ veröffentlicht.[24]
Das FSC hat mit Wirkung zum August 2014 entschieden, dass Danzer alle Bedingungen für die Wiederaufnahme der FSC-Mitgliedschaft vollständig erfüllt hat.[25] Die unabhängige Nichtregierungsorganisation Forest Peoples Programme (FPP) hat die Umsetzung der Vereinbarungen mit dem FSC durch Danzer auditiert. Danzer ist damit wieder im Besitz der Chain-of-Custody-Zertifizierung für Europa, Nordamerika und Amerika und kann FSC-zertifizierte und „Controlled-Wood“-Produkte anbieten. Danzer hatte mit dem FSC als Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Mitgliedschaft vereinbart, Baumaßnahmen im Dorf Yalisika (Demokratische Republik Kongo) durchzuführen. Außerdem hat sich Danzer verpflichtet, Strategien und Methoden zur Konfliktvermeidung und Konfliktbewältigung vor Ort zu entwickeln.
Weblinks
- Homepage des Unternehmens
- Furnierpalette des Unternehmens
- Thomas Weidenbach: Bericht Gorillaschutz mit Kettensäge. Produziert von der Längengrad Filmproduktion im Auftrag des WDR über die Bewirtschaftung des Tropenwaldes im Kongo durch IFO (Industrie Forestière d’Ouesso).
Einzelnachweise
- ↑ a b c Danzer verlegt Hauptsitz nach Dornbirn. In: vorarlberg.orf.at. 4. März 2015, abgerufen am 24. November 2017.
- ↑ a b danzergroup.com
- ↑ Shade Gap, Pennsylvania in der englischsprachigen Wikipedia
- ↑ danzergroup.com (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF)
- ↑ http://www.wwf.de/zusammenarbeit-mit-unternehmen/abgeschlossene-unternehmenskooperationen-und-charities/
- ↑ holz.net
- ↑ http://www.euwid-holz.de/news/rundholzschnittholz/einzelansicht/Artikel/danzer-verkauft-kongolesische-siforco.html
- ↑ Danzer passt seine rechtliche Struktur an die Anforderungen des Geschäfts an. – Pressemitteilung des Unternehmens vom 10. November 2014.
- ↑ Danzer verlagert Sitz der Holding nach Dornbirn. – Bericht auf EUWID vom 5. März 2015.
- ↑ greenpeace.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ greenpeace.de (PDF; 436 kB)
- ↑ greenpeace.org (PDF; 4,9 MB)
- ↑ danzergroup.com (PDF)
- ↑ greenpeace.de (Memento vom 1. September 2010 im Internet Archive)
- ↑ danzergroup.com (PDF)
- ↑ greenpeace.de (Memento vom 13. November 2011 im Internet Archive)
- ↑ danzergroup.com
- ↑ danzergroup.com (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ http://www.danzerveneer.com/, abgefragt am 7. November 2011
- ↑ regenwald.org
- ↑ Pressemitteilung des FSC: Forest Stewardship Council trennt sich von der Danzer Gruppe
- ↑ SGS-Report, zum Yalisika-Vorfall siehe Seite 19 ff.
- ↑ https://ic.fsc.org/download.danzer-press-release-process-german.a-2302.pdf Pressemitteilung der Danzer Group auf den Seiten des FSC
- ↑ Manual Swisspeace Conflict Sensitivity Due Diligence for Timber Companies in the Congo Basin
- ↑ https://ic.fsc.org/fsc-press-release.638.857.htm