Datenkompetenz

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Datenkompetenz bzw. Data Literacy umfasst die Fähigkeiten, Daten auf kritische Art und Weise zu sammeln, zu managen, zu bewerten und anzuwenden.[1]

Der Begriff selbst entwickelte sich in der Zeit um das Jahr 2000 und wurde durch Rahmenwerke der Europäischen Kommission[2] und des Hochschulforums Digitalisierung[3] in Zusammenarbeit mit dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft weiter verfestigt und grenzt Data Literacy dabei von Informationskompetenz, Digital Literacy, Datenmanagement-Kompetenzen und Data Science Literacy ab, auch wenn Inhalte und Beschreibungen sich je nach Autor teilweise überdecken.[4][5]

In Anlehnung an Ridsdale und andere Autoren werden fünf Kompetenzbereiche definiert.[6] Mit dem im September 2019 veröffentlichten Framework Future Skills Data Literacy[7] wurden ein Rahmen für die Hochschulausbildung formuliert und die Voraussetzungen für die Messung von Qualität und Wirkung in der Lehre geschaffen.

Dabei verlagerte sich die Perspektive hin zu einer zyklischen Darstellung des Prozesses („Data informed decision making cycle“). Diese Darstellungsweise betont die Integration der Datenanalyse in eine konkrete Forschungsfrage oder Entscheidungssituation, während die Statistik-Ausbildung an den Hochschulen den Erwerb von Fachwissen und das Erlernen von Methoden in den Vordergrund stellt.[8]

Grundsätzlich wird bei Data Literacy mit dieser Perspektive zwischen den Fähigkeiten der kodierenden und der dekodierenden Akteure unterschieden.[9][10]

Insgesamt umfasst der Katalog für Datenkompetenzen fünf Bereiche mit den folgende Fähigkeiten[11]:

Framework Future Skills Data Literacy
Kodieren
A Datenkultur etablieren A1: Daten-Anwendung identifizieren Identifiziert Wissenslücken und Hintergrundinformationen, identifiziert auf dieser Basis eine konkrete Aufgabenstellung, die mit Hilfe von Daten gelöst werden kann, besitzt eine Vorstellung vom möglichen Wertbeitrag der Daten
A2: Daten-Anwendung spezifizieren Definiert Minimal- und optionale Anforderungen, definiert Abgrenzungen zu anderen Aufgaben, strukturiert den Prozessablauf in Objekte und deren Beziehungen, leitet messbare Objekte und Hypothesen über deren Zusammenhänge ab, kommuniziert die Anforderungen gegenüber Sachverständigen
A3: Daten-Anwendung koordinieren Planung und Koordinierung eines Datenprojekts, ggf. mit Beteiligung von weiteren Personen (aus interdisziplinären Bereichen)
B Daten bereitstellen B1.1: Daten Anwendung modellieren Bildet die messbaren Objekte in Variablen mit definierbaren Eigenschaften und deren Beziehungen in einer Modellstruktur ab
B1.2: Datenschutz und -sicherheit einhalten Beachtet Richtlinien für sichere und ethisch fundierte Datenverarbeitung und setzt sie sinngemäß um, wo keine eindeutigen Richtlinien definiert sind
B.2.1: Datenquellen identifizieren Identifiziert verschiedene gängige und neuartige Datenquellen (intern, extern) und bewertet deren Zugänglichkeit, Relevanz und Nutzbarkeit
B.2.2: Daten integrieren Liest Daten in verschiedenen Formaten automatisiert ein, integriert sie und dokumentiert die Integration
B.3.1: Daten verifizieren Prüft die Datenqualität hinsichtlich verschiedener Kriterien (Korrektheit, Relevanz, Repräsentativität, Vollständigkeit)

Dokumentiert die Prüfung systematisch

B.3.2: Daten aufbereiten Bereinigt Daten, korrigiert Fehler, imputiert fehlende Werte, standardisiert und transformiert Daten, filtert relevante Daten für eine jeweilige Fragestellung, verknüpft Daten
C Daten auswerten C.1: Daten analysieren Verbalisiert die Ergebnisse von Datenanalysen in verschiedenen Textformen sach- und zweckorientiert
C.2: Daten visualisieren Setzt statische und dynamische Visualisierungen unter Zuhilfenahme der geeigneten Werkzeuge sach- und zweckorientiert ein
C.3: Daten verbalisieren Interpretiert Datenprodukte (Statistiken, Modellergebnisse) in verbalisierter Form bzw. prüft kritisch die explizit oder implizit gelieferte Interpretation
Dekodieren
D Ergebnisse Interpretieren D.1: Datenanalysen interpretieren Interpretiert Datenprodukte (Statisti- ken, Modellergeb- nisse) in verbalisierter Form bzw. prüft kritisch die explizit oder implizit gelieferte Interpretation
D.2: Daten-Visualisierungen interpretieren Interpretiert Grafiken und zieht Schlüsse auf wesentliche Elemente und Zusammenhänge bzw. prüft kritisch die explizit oder implizit gelieferte Interpretation
D.3: Daten-Verbalisierungen interpretieren Interpretiert statistische Kennwerte und Modelle dahingehend, dass Schlüsse auf zugrundeliegende Datenpunkte und Zusammenhänge gezogen oder Prognosen durchgeführt werden
E Daten interpretieren E.1: Standardisierung entschlüsseln Verwendete statistische Methoden erkennen, einschätzen und interpretieren können; Erkennung der Trans- formation der Daten
E.2: Daten-Beschaffung rückverfolgen Basierend auf der Analyse und den mitgelieferten Informationen kann zurückverfolgt werden, wie die Daten beschafft wurden, aus welcher Quelle sie stammen und welches Vertrauen man den Daten schenken kann
E.3: Daten-Konzept rekonstruieren Rückschlüsse zur Datengrundlage sowie potentiellen Fehlschlüssen können gezogen werden
F Handeln ableiten F.1: Handlungsmöglichkeiten identifizieren Identifiziert konkrete Handlungsmöglichkeiten, deren Einschätzung und Bewertung mit Daten ausgewertet werden kann; besitzt eine Vorstellung vom möglichen Wertbeitrag der Daten bei der Ableitung von Handlungsmöglichkeiten
F.2: Datengetriebenes Handeln Beschreibt Integrieren von Ergebnissen in den Entscheidungsprozess und das Basieren von Handeln auf diesen Ergebnissen
F.3: Wirkung evaluieren Beschreibt die Auswertung des datenbasierten Handels aufgrund deren Wirksamkeit

Literatur

  • Europäische Kommission: European e-Competence Framework 3.0. 2016 (PDF).
  • Harald Gapski, Thomas Tekster, Monika Elias: Bildung für und über Big Data. Gutachten im Rahmen von ABIDA – Assessing Big Data. Grimme-Institut, Marl 2018 (PDF).
  • Andreas Grillenberger, Ralf Romeike: Vorstudie: Hochschulübergreifende Konzepte zum Erwerb von 21st Century Skills am Beispiel von Data Literacy. In: Hochschulforum Digitalisierung, Arbeitspapier Nr. 43, doi:10.5281/zenodo.2633091 (PDF).
  • Jens Heidrich, Pascal Bauer, Daniel Krupka: Ansätze zur Vermittlung von Data-Literacy-Kompetenzen. In: Hochschulform Digitalisierung, Nr. 47, September 2018 (PDF).
  • Thomas Knaus: Technology criticism and data literacy. The case for an augmented understanding of media literacy. In: Journal of Media Literacy Education (JMLE), 12(3), Dec. 2020 (PDF).
  • Maren Lübcke, Klaus Wannemacher: Vermittlung von Datenkompetenzen an den Hochschulen: Studienangebote im Bereich Data Science. HIS-HE, Hannover 2018 (Forum Hochschulentwicklung 1|2018). ISBN 978-3-9818817-1-4 (PDF).
  • Evelyn Münster: Hilfe, wieso versteht niemand meine Datenvisualisierung? Designation, 2019 (PDF).
  • C. Ridsdale, J. Rothwell, M. Smit, H. Ali-Hassan, M. Bliemel, D. Irvine et al.: Strategies and Best Practices for Data Literacy Education: Knowledge Synthesis Report. 2015, doi:10.13140/RG.2.1.1922.5044.
  • Katharina Schüller, Pauline Busch, Carina Hindinger: Future Skills: Ein Framework für Data Literacy. Hochschulforum Digitalisierung Nr. 47/2019 (PDF).

Einzelnachweise

  1. C. Ridsdale, J. Rothwell, M. Smit, H. Ali-Hassan, M. Bliemel, D. Irvine et al.: Strategies and Best Practices for Data Literacy Education: Knowledge Synthesis Report. 2015, doi:10.13140/RG.2.1.1922.5044
  2. Europäische Kommission: European e-Competence Framework 3.0. 2016, http://www.ecompetences.eu/wp-content/uploads/2014/02/European-e-Competence-Framework-3.0_DE.pdf
  3. Katharina Schüller, Pauline Busch, Carina Hindinger: Hochschulforum Digitalisierung NR. 47 / August 2019 Future Skills: Ein Framework für Data Literacy. https://hochschulforumdigitalisierung.de/sites/default/files/dateien/HFD_AP_Nr_47_DALI_Kompetenzrahmen_WEB.pdf
  4. Thomas Knaus: Technology criticism and data literacy: The case for an augmented understanding of media literacy. In: JMLE (Hrsg.): Journal of Media Literacy Education. Band 12, Nr. 3, 14. Dezember 2020, ISSN 2167-8715, S. 6–16, doi:10.23860/jmle-2020-12-3-2.
  5. Andreas Grillenberger, Ralf Romeike: Vorstudie: Hochschulübergreifende Konzepte zum Erwerb von 21st Century Skills am Beispiel von Data Literacy. Arbeitspapier Nr. 43. Berlin: Hochschulforum Digitalisierung. doi:10.5281/zenodo.2633091.
  6. Jens Heidrich, Pascal Bauer, Daniel Krupka: Ansätze zur Vermittlung von Data-Literacy-Kompetenzen, Hochschulform Digitalisierung, Nr. 47, September 2018, S. 25ff.
  7. Katharina Schüller, Pauline Busch, Carina Hindinger: Hochschulforum Digitalisierung NR. 47 / August 2019 Future Skills: Ein Framework für Data Literacy. S. 15, https://hochschulforumdigitalisierung.de/sites/default/files/dateien/HFD_AP_Nr_47_DALI_Kompetenzrahmen_WEB.pdf
  8. Katharina Schüller, Pauline Busch, Carina Hindinger: Hochschulforum Digitalisierung NR. 47 / August 2019 Future Skills: Ein Framework für Data Literacy. S. 22, https://hochschulforumdigitalisierung.de/sites/default/files/dateien/HFD_AP_Nr_47_DALI_Kompetenzrahmen_WEB.pdf
  9. Katharina Schüller, Pauline Busch, Carina Hindinger: Hochschulforum Digitalisierung NR. 47 / August 2019 Future Skills: Ein Framework für Data Literacy. S. 23, https://hochschulforumdigitalisierung.de/sites/default/files/dateien/HFD_AP_Nr_47_DALI_Kompetenzrahmen_WEB.pdf
  10. Evelyn Münster: Hilfe, wieso versteht niemand meine Datenvisualisierung? Designation, 2019.
  11. Katharina Schüller, Pauline Busch, Carina Hindinger: Hochschulforum Digitalisierung NR. 47 / August 2019 Future Skills: Ein Framework für Data Literacy. S. 90ff., https://hochschulforumdigitalisierung.de/sites/default/files/dateien/HFD_AP_Nr_47_DALI_Kompetenzrahmen_WEB.pdf