David (Donatello)

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Donatello, David
Museo Nazionale del Bargello
Höhe: 158 cm

Der David von Donatello (in der Literatur auch Bronzedavid genannt) ist eine zur Zeit der Frührenaissance in Florenz entstandene Bronzestatue. Sie gilt als die erste Statue seit der Antike, die einen männlichen Akt lebensgroß und in Vollansicht zeigte. Sie gehört zu den wichtigsten Bildhauerarbeiten der Frührenaissance.[1]

Entstehung

Die ohne Sockel 1,58 Meter hohe Skulptur wurde, wie viele von Donatello, im Auftrag Cosimo de’ Medicis nach neueren Erkenntnissen etwa um 1444 bis 1446[1] geschaffen. Die ältere Literatur[2] ging von einer Entstehungszeit um etwa 1430 aus. Es ist nicht genau bekannt, wo sie gegossen wurde, weil über ihre Entstehung keine schriftlichen Zeugnisse erhalten sind.

Historischer Hintergrund

Die Begeisterung der Frührenaissance für die Antike löste nicht nur einen neuen Schub in Literatur und Architektur aus, von den Medici, namentlich Cosimo dem Älteren ab etwa 1430 in Florenz in der Kombination aus Humanismus und Kunst sicher zusammengeführt,[3] sondern führte auch zu einem neuen Interesse für Anatomie. So waren „um 1440 (…) die Grundbegriffe der menschlichen Anatomie so gut bekannt wie die Anatomie des Raumes, welche wir Perspektive nennen“[4]. Den letztlich klaren Bezug zur Antike stellt die Nacktheit der Figur dar. Obschon im Allgemeinen die Tendenz, den menschlichen Körper natürlicher als etwa in der Byzantinischen Kunst darzustellen, vorhanden war, und diese auch von anderen Künstlern der Zeit, etwa Lorenzo Ghiberti und Luca della Robbia, versucht wurde[5], setzte Donatello, der bereits vorher an anderen Skulpturen Erfahrungen gesammelt hatte, diese neuen Erkenntnisse radikaler als die anderen künstlerisch um: „Es hatte noch niemand gewagt, eine männliche nackte Figur lebensgroß darzustellen, obwohl Künstler der Renaissance häufig ihre Modelle nackt skizzierten und die Kleidung erst später hinzufügten.“[4]

Beschreibung und Deutung

Der David des Donatello ist ein Jüngling. Er steht, bis auf den mit einem Lorbeerkranz verzierten Hut und die ledernen Strümpfe, unbekleidet zum Teil auf dem abgeschlagenen Kopf des Goliath.

Das Besondere an der Darstellung ist nicht nur die Nacktheit der Skulptur, sondern die innere Spannung des Körpers in seiner Haltung, der so genannte Kontrapost.[4] Das gesamte Gewicht der Figur ruht auf dem rechten Standbein, das linke Spielbein steht fast lässig auf dem Haupt des Goliath. Dieser durch die Haltung vorgegebenen leichten Neigung der Hüfte steht der entgegengesetzte Schwung des aufgerichteten Oberkörpers entgegen. Die linke Hand, unter dem angewinkelten Arm leicht auf der Hüfte aufgesetzt, hält den Stein aus der Schleuder. Das Motiv des festen rechten Beines wird von der Hand, die sich auf das Schwert stützt, wiederholt.[1] Der Kopf ist leicht nach links unten gewendet, mit dem Blick auf den Erschlagenen.

Donatello arbeitete einige ungewöhnliche anatomische Details ein, so etwa die Faltenbildung am Hals, an der linken Achsel und dem Gesäß.[1] Eine Interpretation sah in der Figur einen fast androgynen Charakter in einem leichten Brustansatz und einer weiblich anmutende[1] Wölbung des Unterleibes; dies sei als ein Hinweis auf die Homosexualität Donatellos zu sehen.[1] Dass diese latent verbreitet gewesen sei, wurde gelegentlich als aus der Begeisterung für die griechische Antike herrührend gesehen.[6]

Aufstellungsorte

Detail des Kopfes des Londoner Replikats

Die Figur wurde nach ihrer Fertigstellung im Innenhof des Palazzo Medici aufgestellt. Die dort beabsichtigte Wirkung war durchaus nicht nur, den Wert des Kunstwerkes zu präsentieren, sondern hatte auch eine politisch-symbolische Bedeutung als eine Allusion, nämlich die Festigkeit der florentinischen Republik unter den Medici gegenüber den rivalisierenden Großmächten Neapel oder Mailand aufzuzeigen[1]. Am 9. Dezember 1495 wurde die Skulptur von dort in den Innenhof des Palastes der Signoria verbracht und dort aufgestellt.[7] Am 4. November 1511 wurde sie dort von einem Blitz getroffen, der eines der vier an der Basis angebrachten Blätter[8] oder Riemen (correggia)[9] wegriss und zerstörte. Die Figur selbst blieb unbeschädigt. Heute steht sie im ehemaligen Sitz des Bürgermeisters von Florenz,[10] dem sogenannten Bargello, jetzt Nationalmuseum. Ein Replikat befindet sich im Victoria and Albert Museum in London.

Nachwirkungen

Die Figur wurde Vorbild für eine Vielzahl von weiteren Kunstwerken. Das erste davon ist der David von Andrea del Verrocchio, geschaffen 1476. Er wird als ein Konkurrenzwerk gesehen.[11] Das bekannteste Werk ist der David von Michelangelo, gearbeitet ab 1501. Die Tatsache, dass die Figur von Anfang an dazu gedacht war, frei zu stehen und nicht, wie bis dahin üblich, in eine Nische eingestellt zu werden, wird als ein Schritt gesehen, mit dem sich die Bildhauerei von der Architektur löste.[12]

Trivia

Ein seit 1956 verliehener italienischer Filmpreis wurde nach der Figur David di Donatello benannt.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Rolf Toman (Hrsg.): Die Kunst der italienischen Renaissance - Architektur, Skulptur, Malerei, Zeichnung, Tandem Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-8331-4582-7, S. 195
  2. Max Semrau: Die Kunst der Renaissance in Italien und im Norden, 3. Aufl., Bd. III aus Wilhelm Lübke: Grundriss der Kunstgeschichte, 14. Aufl., Paul Neff Verlag, Esslingen 1912, S. 121f.
  3. Stefano Zuffi: Die Renaissance - Kunst, Architektur, Geschichte, Meisterwerke, DuMont Buchverlag, 2008, ISBN 978-3-8321-9113-9, S. 88
  4. a b c Robert E. Wolf / Ronald Millen: Geburt der Neuzeit, Reihe Kunst im Bild, Naturalis Verlag, München, ISBN 3-88703-705-7, S. 41
  5. James Cleugh: Die Medici - Glanz und Macht einer europäischen Familie, 2. Aufl., Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1985, ISBN 3-423-10318-3, S. 63
  6. Will Durant: Glanz und Zerfall der italienischen Renaissance, Band 8 aus Will und Ariel Durant: Kulturgeschichte der Menschheit, 1. Aufl., Südwest Verlag, München 1978, ISBN 3-517-00562-2, S. 341f.
  7. Luca Landucci: Florentinisches Tagebuch, übers., eingel. und erkl. von Marie Herzfeld, Eugen Diederichs, Jena 1912, Neuausgabe, Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf 1978, ISBN 3-424-00633-5, S. 169
  8. Cambi zitiert in: Luca Landucci: Florentinisches Tagebuch, übers., eingel. und erkl. von Marie Herzfeld, Eugen Diederichs, Jena 1912, Neuausgabe, Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf 1978, ISBN 3-424-00633-5, S. 202
  9. Luca Landucci: Florentinisches Tagebuch, übers., eingel. und erkl. von Marie Herzfeld, Eugen Diederichs, Jena 1912, Neuausgabe, Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf 1978, ISBN 3-424-00633-5, S. 202
  10. Loretta Santini: Florenz, Die Wiege der italienischen Kunst, Nova Lux, Giusti di Becocci, Florenz 1973, S. 106
  11. James Cleugh: Die Medici - Glanz und Macht einer europäischen Familie, 2. Aufl., Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1985, ISBN 3-423-10318-3, S. 223
  12. James Cleugh: Die Medici - Glanz und Macht einer europäischen Familie, 2. Aufl., Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1985, ISBN 3-423-10318-3, S. 64

Literatur

  • James Cleugh: Die Medici – Glanz und Macht einer europäischen Familie, 2. Aufl., Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1985, ISBN 3-423-10318-3
  • Will Durant: Glanz und Zerfall der italienischen Renaissance, Band 8 aus Will und Ariel Durant: Kulturgeschichte der Menschheit, 1. Aufl., Südwest Verlag, München 1978, ISBN 3-517-00562-2
  • Luca Landucci: Florentinisches Tagebuch, übers., eingel. und erkl. von Marie Herzfeld, Eugen Diederichs, Jena 1912, Neuausgabe, Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf 1978, ISBN 3-424-00633-5
  • Loretta Santini: Florenz, Die Wiege der italienischen Kunst, Nova Lux, Giusti di Becocci, Florenz 1973
  • Max Semrau: Die Kunst der Renaissance in Italien und im Norden, 3. Aufl., Bd. III aus Wilhelm Lübke: Grundriss der Kunstgeschichte, 14. Aufl., Paul Neff Verlag, Esslingen 1912
  • Rolf Toman (Hrsg.): Die Kunst der italienischen Renaissance – Architektur, Skulptur, Malerei, Zeichnung, Tandem Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-8331-4582-7
  • Robert E. Wolf / Ronald Millen: Geburt der Neuzeit, Reihe Kunst im Bild, Naturalis Verlag, München, ISBN 3-88703-705-7
  • Stefano Zuffi: Die Renaissance – Kunst, Architektur, Geschichte, Meisterwerke, DuMont Buchverlag, 2008, ISBN 978-3-8321-9113-9