David R. Marchant

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David R. Marchant (* 1961 oder 1962) ist ein US-amerikanischer Geologe und Geowissenschaftler. Sein Hauptuntersuchungsgebiet ist die Antarktis.

Karriere

Marchant erwarb seinen Bachelor of Science (B Sc.) an der Tufts University, graduierte als Master of Science (M. Sc.) an der University of Maine und promovierte 1993 als Ph.D. an der University of Edinburgh.[1] Ab 1985 erforschte er in 19 Feldforschungskampagnen anhand der Zusammensetzung von vulkanischer Asche die paläoklimatischen Veränderungen und geologische Stabilitäten im Gebiet der Antarktischen Trockentäler und deckte dabei die Gletscherhistorie des ostantarktischen Eisschilds auf.[2] Dazu verband er traditionelle geomorphologische Feldforschung mit modernen radiometrischen Datierungsmethoden, wie beispielsweise die Oberflächenexpositionsdatierung und die Kalium-Argon-Datierung. Hierdurch ermittelte er, dass die eisfreien Regionen Antarktikas die weltweit geringsten Veränderungen in den Landschaftsformen aufweisen, der ostantarktische Eisschild einer der geomorphologisch stabilsten Regionen der Erde ist und das Gletschereis in isolierten Regionen der Antarktischen Trockentäler Gasgemische der Erdatmosphäre aus frühen Epochen der Erdgeschichte enthalten. Hierdurch trug er auch maßgeblich zum Verständnis der landschaftlichen Veränderungen auf dem Mars bei.[1]

Seit 1995 war Marchant an der Boston University beschäftigt und leitete dort an der Fakultät für Geowissenschaften die Antarctic Research Group. Für seine Feldforschungsarbeiten warb er 5,5 Mio. US-Dollar an öffentlichen Fördermitteln unter anderem über die National Science Foundation und die NASA ein.[3] 1999 wurde er mit der nach William Speirs Bruce benannten Medaille der Royal Society of Edinburgh und 2004 mit dem Metcalf Award, der höchsten Auszeichnung für Dozenten an der Boston University, geehrt.[4]

Nach Marchant war seit 1994 der nunmehr als Matataua-Gletscher bekannte Marchant-Gletscher im ostantarktischen Viktorialand benannt.[2] Das United States Board on Geographic Names entschied sich in Abstimmung mit dem New Zealand Geographic Board im September 2018 zu einer Umbenennung.[5] Hintergrund waren im Oktober 2017 bekannt gewordene Vorwürfe sexueller Belästigungen, Beleidigungen und Handgreiflichkeiten durch Marchant gegenüber zunächst einer und später einer weiteren Studentin in den späten 1990er Jahren und zu Beginn der 2000er Jahre.[6] Infolge der Ergebnisse einer Untersuchung durch eine Kommission der Boston University, welche den Wahrheitsgehalt der Vorwürfe teilweise bestätigt hatten, wurde Marchant unter Beibehaltung seiner Bezüge im November 2017 von seinen Aufgaben an der Universität freigestellt.[7] Einen Einspruch Marchants gegen diese Entscheidung wies die Universitätsleitung im Februar 2018 ab.[8] Damit leitete die Boston University die endgültige Entlassung Marchants aus dem Lehrkörper der Universität ein,[7] die im April 2019 effektiv wurde.[9] Der Fall war zu jener Zeit auch Gegenstand von Untersuchungen des Ständigen Ausschusses zu Wissenschaft und Technologie im Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten.[3] Marchant gehört zu einer Reihe namhafter US-amerikanischer Wissenschaftler, darunter auch der Astronom und Astrophysiker Geoffrey Marcy, deren Laufbahn wegen sexueller Belästigung zumindest vorläufig endete.[10]

Schriften (Auswahl)

  • David R. Marchant, Carl C. Swisher III., Daniel R. Lux, David P. West Jr., George H. Denton (1993): Pliocene paleoclimate and East antarctic ice-sheet history from surficial ash deposits. In: Science, 260 (5108), S. 667–670, PMID 17812227
  • T. V. Lowell, C. J. Heusser, B. G. Andersen, P. I. Moreno, A. Hauser, L. E. Heusser, C. Schlüchter, D. R. Marchant, G. H. Denton (1995): Interhemispheric correlation of late pleistocene glacial events. In: Science, 269 (5230), 1541–1549, PMID 17789444
  • Kay D. Bidle, SangHoon Lee, David R. Marchant, Paul G. Falkowski: Fossil genes and microbes in the oldest ice on earth. In: Proceedings of the National Academy of Sciences, 104 (33), S. 13455–13460, PMID 17686983
  • James W. Head, John F. Mustard, Mikhail A. Kreslavsky, Ralph E. Milliken, David R. Marchant (2003): Recent ice ages on Mars. In: Nature, 426 (6968), S. 797–802, PMID 14685228
  • Sean L. Mackaya, and David R. Marchant (2017): Obliquity-paced climate change recorded in Antarctic debris-covered glaciers. In: Nature Communications, 8, S. 14194, PMID 28186094

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b David R. Marchant, Informationen auf der Homepage des Carleton College. Abgerufen am 24. Oktober 2018 (englisch).
  2. a b John Stewart: Antarctica – An Encyclopedia. Bd. 2, McFarland & Co., Jefferson und London 2011, ISBN 978-0-7864-3590-6, S. 995 (englisch).
  3. a b SST Committee Opens Bipartisan Investigation into Alleged Sexual Harassment by Boston University Professor. Pressemitteilung des United States House Committee on Science and Technology, 26. Oktober 2017. Abgerufen am 24. Oktober 2018 (englisch).
  4. Boston University recognizes four professors May 16 for excellence in teaching. Pressemitteilung der Boston University vom 16. Mai 2004. Abgerufen am 25. Oktober 2018 (englisch).
  5. Neuer Gletschername als Signal gegen sexuelle Belästigung. In: Der Standard, 20. September 2018. Abgerufen am 20. September 2018.
  6. Meredith Wadman: Disturbing allegations of sexual harassment in Antarctica leveled at noted scientist. In: Science Magazine, 6. Oktober 2017. Abgerufen am 24. Oktober 2018 (englisch).
  7. a b Jean Morrison: Results of Investigation into Allegations against Professor David Marchant. Mitteilung der Fakultät für Geowissenschaften der Boston University, 17. November 2017. Abgerufen am 24. Oktober 2018 (englisch).
  8. Meredith Wadman: Boston University rejects geologist David Marchant’s appeal of termination. In: Science Magazine, 28. Februar 2018. Abgerufen am 24. Oktober 2018 (englisch).
  9. Letter to Faculty from President. Mitteilung von Robert A. Brown, Präsident der Boston University, zur Entlassung von David R. Marchant am 12. April 2019. Abgerufen am 8. Juni 2019 (englisch).
  10. Ben Guarino: Boston University professor sexually harassed graduate student, investigation finds. In: The Washington Post, 20. November 2017. Abgerufen am 25. Oktober 2018 (englisch).