Dedekindsche Etafunktion

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Dedekindsche η-Funktion)
Die Dedekindsche Etafunktion in der komplexen Ebene

Die nach dem deutschen Mathematiker Richard Dedekind benannte Etafunktion (η-Funktion) ist eine auf der oberen Halbebene holomorphe Funktion.

Sie spielt eine wichtige Rolle in der Theorie der elliptischen Funktionen und der Thetafunktionen.

Definition

Definition nach Dedekind

Die Etafunktion wird üblicherweise folgendermaßen als unendliches Produkt definiert:

.

Aus der Definition folgt unmittelbar, dass in keine Nullstellen hat.

Die Funktion ist eng verwandt mit der Diskriminante , es ist

.

Definition nach Weber

Nach dem Braunschweiger Mathematiker Heinrich Weber ist die Dedekinsche Etafunktion[1] auf folgende Weise definiert:

Die gezeigte Definition veröffentlichte Weber im dritten Volumen seines Werkes Lehrbuch der Algebra aus dem Jahre 1902 auf der Seite 112. Also ist die Etafunktion nach Weberscher Definition direkt das Produkt aus dem Eulerschen Produkt und der vierundzwanzigsten Wurzelfunktion. Der Klammerausdruck mit den zwei x-Einträgen stellt das Pochhammer-Symbol dar. Somit kann die Dedekindsche Etafunktion nach der Weberschen Definition auf mit der Jacobischen Thetafunktion definiert werden:

Diese drei soeben gezeigten Formeln stimmen miteinander überein. Im Folgenden wird ein wichtiges Beispiel formuliert:

Hierbei stellt das Symbol Γ die Gammafunktion dar und das G bringt die Gaußsche Konstante zum Ausdruck.

Außerdem gelten folgende Definitionen für die Thetafunktionen:

Transformationsverhalten

Ihre Bedeutung erhält die Funktion aus ihrem Transformationsverhalten unter den Substitutionen der Erzeugenden der Modulgruppe:

,

Es gilt nämlich:

Und es gilt:

Pentagonalzahlensatz und Partitionsfolgen

Fünfeckszahlen und Kartenhauszahlen

Zur Berechnung der Dedekindschen Etafunktion kann der Pentagonalzahlensatz von Leonhard Euler verwendet werden:

Die verallgemeinerten Pentagonalzahlen bilden eine Doppelfolge aus Fünfeckszahlen und Kartenhauszahlen.

Denn dieselbe Formel kann auch so ausgedrückt werden:

Hier steht Fn(z) für die z-te Fünfeckszahl und Kr(z) für die z-te Kartenhauszahl:

Für die Synthese der Partitionszahlenfolge mit Hilfe einer Rekursionsformel können die Pentagonalzahlen ebenso verwendet werden.

Aus den nun gezeigten Formeln folgt dieses bestimmte Integral:

Normale und strikte Partitionszahlen und Oberpartitionszahlen

Die Partitionszahlenfolge P selbst erscheint als Folge der Koeffizienten von folgender Funktion:

Ähnliche Folgen gelten für die strikte Partitionszahlenfolge Q und die Oberpartitionszahlenfolge :

Definitionen der Partitionszahlenfolgen

Normale Partitionszahlenfolge P:

Die normale Partitionszahlenfolge gibt bei einer natürlichen Zahl die Anzahl der Möglichkeiten an, die betroffene Zahl in natürlich zahlige Summanden zu zerlegen. Bei diesen Zerlegungen wird die Reihenfolge der jeweiligen Summanden nicht berücksichtigt.

Strikte Partitionszahlenfolge Q:

Wenn jeder Summand nur einmal[2] in der Partitionssumme erscheinen darf und somit kein Summand wiederholt in der Partitionssumme vorkommt, dann liegen die sogenannten strikten Partitionen vor, deren Anzahl in Abhängigkeit vom Wert der Summe durch die Zahlenfolge Q beschrieben wird.

Oberpartitionszahlenfolge :

Wenn zu einer Zahl z alle Partitionen so aufgestellt werden, dass die Summandengröße nie steigt, und bei jeder solchen Partition all diejenigen Summanden markiert werden dürfen, welche keinen gleich großen Summanden links von sich haben, dann wird die sich dadurch ergebende Anzahl der markierten Partitionen[3] in Abhängigkeit von z durch die Oberpartitionsfunktion beschrieben.

Tabelle und Beziehungsformeln der Folgen

Tabelle der Zahlenfolgen:

z 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
P(z) 1 1 2 3 5 7 11 15 22 30 42 56 77 101 135 176
Q(z) 1 1 1 2 2 3 4 5 6 8 10 12 15 18 22 27
1 2 4 8 14 24 40 64 100 154 232 344 504 728 1040 1472

Wichtige Summenbeziehungen zu den genannten Zahlenfolgen untereinander:

Bezug zum elliptischen Integral und zum Nomen

Diese Beziehungen gelten zwischen dem elliptischen Nomen und dem vollständigen elliptischen Integral erster Art:

Diese Beziehungen gelten für alle reellen Werte ε im Intervall 0 < ε < 1.

Wichtiger Hinweis über das elliptische Nomen:

Rogers-Ramanujan-Kettenbruch

Der Mathematiker Michael Trott behandelte in seinem Werk Modular Equations of the Rogers-Ramanujan Continued Fraction für den Rogers-Ramanujan-Kettenbruch folgende Identität:

Somit kann der Rogers-Ramanujan-Kettenbruch mit dem Halbierungstheorem der Tangensfunktion dargestellt werden.

Liste exemplarischer Werte

Nach Weberscher Definition werden hier einige Dedekindsche Etafunktionswerte aufgelistet:

Werte von geradexponentigen Potenzen des Kehrwerts der Gelfondschen[4] Konstante:

Werte von ungeradexponentigen Potenzen des Kehrwerts der Gelfondschen Konstante:

Lösungsverfahren quintischer Gleichungen

Entdeckung durch Hermite

Der Allgemeinfall der Gleichungen fünften Grades kann nach dem Satz von Abel-Ruffini nicht mit elementar mathematischen Ausdrücken gelöst werden. Aber dieses Lösen der allgemeinen quintischen Gleichung ist sehr wohl über elliptische Modulfunktionen erster Art möglich. Die Formel für die Ermittlung des elliptischen Moduls ausgehend von einer quintischen Gleichung in Bring-Jerrard-Form wurde vom französischen Mathematiker Charles Hermite erforscht. Er fand heraus, dass für eine Gleichung des folgenden Musters der zugehörige elliptische Modul k für die Lösungsformel der betroffenen Gleichung auf folgende Weise gebildet werden kann:

Mit Hilfe von hyperbolisch lemniskatischen Funktionen kann derselbe Modul auch so dargestellt werden:

Diese Überleitung vom absoluten Glied der gezeigten Bring-Jerrard-Gleichung hin zum elliptischen Modul wurde im Werk Sur la résolution de l’Équation du cinquiéme degré Comptes rendus von Charles Hermite exakt beschrieben. Die von Francesco Brioschi angefertigte italienische Version dieses Werkes von Charles Hermite mit dem Titel Sulla risoluzione delle equazioni del quinto grado beinhaltet auf der Seite 258 diejenige Formel, aus welcher die soeben gezeigte Modulermittlungsformel hervorgeht.

Lösung nach Prasolov und Solovyev

Die russischen Mathematiker[5] Viktor Prasolov (Виктор Прасолов) und Yuri Solovyev (Юрий Соловьёв) haben in ihrem Werk Elliptische Funktionen und elliptische Integrale (Эллиптические функции и эллиптические интегралы, Elliptic functions and Elliptic integrals) aus dem Jahre 1997 die exakte Lösung der allgemeinen quintischen Gleichung in Bring-Jerrard-Form über die Dedekindsche Etafunktion niedergeschrieben. Vor allem im darin enthaltenen siebten Kapitel Thetafunktionen und Lösungen von quintischen Gleichungen erläuterten sie die Ermittlung der Lösungen mit den Thetafunktionen aus den Potenzen des elliptischen Nomens akkurat. Hierbei führten sie bei ihrer Beschreibung mehrere Funktionen und ebenso Funktionenscharen mit Indizes ein. Der genannte Abschnitt befindet sich in der amerikanischen Ausgabe der American Mathematical Society auf den Seiten 155 bis 169.

Die erste ihrer Funktionen, die Funktion hatte diese Definition:

Diese Funktion ist exakt gleich der folgenden Weberschen Funktion:

Die zweite ihrer Funktionen, die Funktion hatte jene Definition:

Als Drittes wurde im Werk die Funktionenschar definiert:

Zusätzlich wurden folgende zwei Gleichungsbeziehung zu den einzelnen Funktionen genannt:

Zuletzt wurde die Funktionenschar auf der Seite 166 der amerikanischen Version aufgestellt:

In demjenigen Abschnitt dieses Werks von Prasolov und Solovyev, welcher in der amerikanischen Version die Überschrift The general scheme of solution of quintic equations trägt, wird die exakte Lösungsformel für die Gleichung in Bring-Jerrard-Form beschrieben:

Numerische Ausführung an einem Rechenbeispiel

Exemplarisch soll für folgende Gleichung die reelle Lösung hervorgebracht werden:

Siehe auch

Literatur

  • Tom M. Apostol: Modular Functions and Dirichlet Series in Number Theory. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York (1990), ISBN 3-540-97127-0
  • Eberhard Freitag, Rolf Busam: Funktionentheorie 1. 4. Auflage. Springer-Verlag, Berlin (2006), ISBN 3-540-31764-3
  • Max Koecher, Aloys Krieg: Elliptische Funktionen und Modulformen. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin (2007), ISBN 978-3-540-49324-2
  • Michael Trott: Modular Equations of the Rogers-Ramanujan Continued Fraction. Mathematica J. 9,314-333, 2004.
  • Charles Hermite: Sur la résolution de l’Équation du cinquiéme degré Comptes rendus, Comptes Rendus Acad. Sci. Paris, Nr. 11, März 1858.
  • F. Brioschi: Sulla risoluzione delle equazioni del quinto grado: Hermite – Sur la résolution de l’Équation du cinquiéme degré Comptes rendus –. N. 11. Mars. 1858. 1. Dezember 1858, doi:10.1007/bf03197334.
  • Viktor Prasolov, Yuri Solovyev: Elliptic Functions and Elliptic Integrals. American Mathematical Society, Translation of Mathematical Monographs, vol. 170, Rhode Island, 1991, pp. 149–169.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eric W. Weisstein: Dedekind Eta Function. Abgerufen am 15. März 2022 (englisch).
  2. code golf - Strict partitions of a positive integer. Abgerufen am 9. März 2022.
  3. A015128 - OEIS. Abgerufen am 24. April 2022.
  4. Eric W. Weisstein: Gelfond's Constant. Abgerufen am 15. März 2022 (englisch).
  5. https://staff.math.su.se/mleites/books/prasolov-soloviev-1997-elliptic.pdf