Der Maler Brabanzio

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Operndaten
Titel: Der Maler Brabanzio
Der Maler Brabanzio. sirene Operntheater 2009.jpg

Szenenbild

Form: Kammeroper
Originalsprache: Deutsch
Musik: Lukas Haselböck
Libretto: Kristine Tornquist
Literarische Vorlage: Leo Perutz: Nachts unter der steinernen Brücke
Uraufführung: 19. Juni 2009
Ort der Uraufführung: Wien, sirene Operntheater in der Ankerbrotfabrik
Spieldauer: ca. 1 Stunde
Ort und Zeit der Handlung: Prag 1592
Personen

Der Maler Brabanzio[1] ist die erste von drei Kammeropern des österreichischen Komponisten Lukas Haselböck. Sie entstand im Jahr 2009 in Zusammenarbeit mit Kristine Tornquist (Libretto) und dem sirene Operntheater Wien. Die Geschichte des Malers Adalbert Brabenec ist dem Roman Nachts unter der steinernen Brücke von Leo Perutz entnommen. Es ist darin die neunte von insgesamt vierzehn Erzählungen und trägt auch im Roman den Titel Der Maler Brabanzio.

Handlung

Dem Kaiser Rudolf II., einem besessenen Kunstsammler, gerät ein kleines Bild des Prager Malers Brabanzio in die Hände, das er als Meisterwerk erkennt.

Er besucht inkognito den Maler, der gerade einen Flösser porträtiert, in seinem Atelier. An der Wand hängt ein kleines Bild, das ihn fasziniert. Er rät dem Maler, auf der Burg sein Glück zu versuchen, doch Brabanzio will davon nichts wissen, denn es hat sich schon herumgesprochen, dass der Kaiser allen das Salär schuldig bleibe.

Mordechai Meisl betritt das Atelier. Er will, dass der Maler ihm ein Porträt seiner vor langer Zeit verstorbenen Frau Esther malt, die er nicht vergessen kann. Er versucht, Esther zu beschreiben. Brabanzio kann aber nach diesen Beschreibungen mit den Augen der Liebe kein Porträt malen.

Dem Kaiser dringen die Worte Meisls ins Herz. Er zeichnet gedankenverloren aus der Erinnerung das Gesicht seiner Geliebten aus den Träumen, die er nie vergessen konnte. Selbst ist er mit der kleinen Zeichnung nicht zufrieden, es erscheint ihm zu oberflächlich. Er lässt sie liegen und verlässt das Atelier mit dem Vorsatz, am nächsten Tag einen Kämmerer um das kleine Gemälde von Brabanzio zu schicken.

Ein Windstoß bläst die Zeichnung des Kaisers vor den Maler und Meisl. Meisl erkennt auf diesem Bild seine verstorbene Frau und honoriert den verwunderten Maler großzügig. Am nächsten Tag findet der Kammerdiener des Kaisers das Atelier des Brabanzio verlassen vor. Mit den acht Gulden des Meisl hat sich der unstete Maler auf eine Reise gemacht.

Erinnern und Erkennen

Stefan Heidenreich schreibt über die Neudefinition der Malerei in der Renaissance: „Den Namenswechsel vom Maler zum Künstler begleitete ein langanhaltender Kampf um den Wert der Bilder und die Rolle der Malerei. Wenn heute die Maler und Bildhauer der Renaissance ganz fraglos als Künstler betitelt werden, verschleiert die Bezeichnung einen Durchsetzungskampf, der genau um diesen Titel entbrannte.“ Damit ist der Kern dieser Novelle von Perutz auf den Punkt gebracht. Die beiden Besucher im Atelier – Rudolf II. und Mordechai Meisl – suchen nicht denselben Brabanzio auf.

Meisl besucht einen Handwerker des Abbildens, um ein Gebrauchsbild zu bestellen – eine Erinnerungshilfe an seine schon lange verstorbene Ehefrau Esther, deren liebes Gesicht er selbst noch genau vor seinem inneren Auge hat. Heute würde er Abzüge eines Fotos machen lassen, weniger um das innere Bild festzuhalten, mit dem er euphorisch seinen Alltag mit ihr beschreibt, sondern als eine Stimulans der Erinnerung. Der reiche, aber unglückliche jüdische Kaufmann Meisl ist bereit, für diese handwerkliche Dienstleistung großzügig zu bezahlen.

Rudolf hingegen besucht einen Künstler. Er tut es mit der Hochachtung, die zuvor den sieben antiken Künsten vorbehalten war. In der Malerei von Brabanzio sucht er Erkenntnis, die ihm die Wirklichkeit näher bringt. Der kleine Garten, den er auf dem Weg ins Atelier durchquert, fällt ihm erst auf einem kleinen Bild von Brabanzio auf. Alleine ist er zu der Erkenntnis nicht fähig gewesen, dass auch im Unscheinbaren das Großartige zu finden ist. Solche Vermittlung zu Gefühlen, die er ersehnt, aber nicht fassen kann, erwartet er von der Kunst. Allerdings will der stets in Geldnöten befindliche Kaiser diese Kunstwerke mit einem Trick billig an sich bringen, deshalb tritt er verkleidet in den ärmlichen Raum ein.

Perutz entwickelt die Dynamik seines Romanes Nachts unter der Steinernen Brücke aus der Gegenüberstellung dieser beiden einander diametral gegenüberstehenden Männer. Der eine hat das Geld – der andere die Verwendung dafür. Der eine ist als Jude fast rechtlos – der Kaiser fast unbegrenzt mächtig. Den einen liebt Esther als Ehefrau tagsüber – den anderen als Traumbild nachts.

Dreimal lässt Perutz die beiden Widersacher und Geschäftspartner aufeinandertreffen, ohne sich gegenseitig zu identifizieren. Auch im Atelier von Brabanzio erkennen sie sich nicht, weil sie auf die Bilder schauen statt auf einander. Doch über das Bild von Esther, das Meisl beschreibt und Rudolf nach dieser Beschreibung zeichnet, kommen sie sich sehr nahe.

Brabanzio, der Künstler, ist – obwohl er „nichts zustande bringt“, weil er eines anderen Menschen Erinnerungen und Gefühle nicht porträtieren kann – als Mittler tätig. Als Mittler zwischen Rudolf und Meisl, zwischen Meisl und seinem Wunsch nach einer Reliquie, zwischen Rudolf und seinem Wunsch nach einem tiefen Gefühl.

Das Material und die Kunstfertigkeit eines Bildes sind unwesentlich, verglichen mit den Gefühlen, die sie wecken. Wenn es um konkrete persönliche Gefühle geht, tut es eine kleine Skizze eines Laien ebenso wie die Ölmalerei eines Künstlers. Im Grunde ist es auch das, was Brabanzio versucht, Meisl zu erklären: Technik ist nichts, die innere Anschauung ist das Wesentliche.

Nur gerecht, dass Brabanzio davon profitiert. Die 8 Gulden, die er für eine kleine Zeichnung erhält, die er nicht selbst gezeichnet hat, lassen ihn freudig auf eine Reise nach Italien aufbrechen. Typisch Perutz schließt die Novelle allerdings pessimistisch, wenn man in der Rahmenhandlung erfährt, dass es des Künstlers letzte Reise war, die ihn in den Tod und ins Vergessen führen sollte.

Der historische Rudolf II. versuchte sich tatsächlich auch selbst als Künstler, er bildhauerte und malte, vor allem aber goldschmiedete er. Es gibt Zeichnungen, die er signiert hat.

Gestaltung

Szenenfolge

  1. Rudolf II. in seinem Schlafzimmer
  2. Im Atelier des Malers Brabanzio
  3. Mordechai Meisl betritt das Atelier
  4. Schön war sie wie der silberne Mond
  5. Ein Windhauch sind die Menschenkinder
  6. Das Bild der Rose
  7. Geld ist eine gute Sache
  8. Rudolf II. in seinem Schlafzimmer
  9. Nachspiel

Besetzung

Werkgeschichte

Der Uraufführung[2] fand am 19. Juni 2009 in der Ankerbrotfabrik Wien statt. Es gab eine Folgeaufführung am 20. Juni. Die beiden Aufführungen waren der fünfte Teil des über neun Wochen angelegten Opernuraufführungsprojektes Nachts[3] des sirene Operntheaters, bei dem neun Erzählungen aus Perutz’ Roman Nachts unter der steinernen Brücke ausgewählt, als Kammeropern ausgearbeitet und jeweils wöchentlich zur Uraufführung (samt einer Folgeaufführung) gebracht wurden.[4]

Die musikalische Leitung übernahm François-Pierre Descamps, Regie führte Kristine Tornquist.

Sänger und Sängerinnen

  • Erik Leidal (Brabanzio, ein Prager Maler)
  • Rupert Bergmann (Kaiser Rudolf II.)
  • Petr Strnad (Philipp Lang / Dolmetscher)
  • Johann Leutgeb (Mordechai Meisl)
  • Heidemaria Oberthür (Flickschneiderin)

Leading Team

Musikerinnen

  • ensemble_online (PHACE):
  • Sylvie Lacroix (Flöte)
  • Gregor Narnhofer (Bassklarinette)
  • Igor Gross (Vibraphon)
  • Angela Radanovics (Harfe)
  • Thomas Wally (Violine)
  • Jacqueline Kopacinski (Viola)
  • Jörg Ulrich Krah (Violoncello)
  • Caroline Menke (Kontrabass)

Den Ehrenschutz der Uraufführung übernahm die damalige Ministerin für Unterricht, Kunst und Kultur der Republik Österreich Claudia Schmied.

Weblinks

Einzelnachweise