Der dritte Nagel

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Der dritte Nagel ist ein 1981 erschienener Sammelband mit fünf Erzählungen von Hermann Kant.

Inhalt

Frau Persokeit hat grüßen lassen

Der Vater des Erzählers kann seine Schulden an die wohlhabende Frau Persokeit nicht aufbringen und bettelt bei seinen Nachbarn. Als er erfolglos nach Hause zurückkehrt, findet er dort die Titelperson vor, die zwecks der Geldeinnahme vorbeigekommen, aber während dessen infolge eines Infarkts verstorben ist. Die Nachbarn, denen die Tote ebenfalls bekannt war, drängen nun in die kleine Wohnung, um sich selbst zu überzeugen. Die sie bemerken, dass Frau Persokeits Geldbörse untypischerweise leer ist, befürchten sie, es könnte der Verdacht auf einen Raubmord aufkommen. Der Vater des Erzählers bittet die Umstehenden nun um Geld, wobei jeder ein wenig beisteuern möchte, doch weil dadurch erneut Schulden auflaufen würden und es ebenfalls wie ein Raub aussähe, wenn man in Anwesenheit der reichen Verstorbenen Geld verteilt, gibt er die geliehenen Beträge letztlich wieder zurück.

Vakanz

Der von sich eingenommene Hobbyautor Helmut Neumann schreibt unter dem Pseudonym Haakon Smallfleeth wenig erwähnenswerte Werke, in Verbindung mit der Ablehnung durch einen Verlag erhält er aber das Angebot, zum 190. Geburtstag Adelbert von Chamissos ein Essay zu schreiben. Neumann vermutet dahinter aber eher Interesse an sich selbst als an Chamisso, an der Realisierung hindert ihn aber seine Unkenntnis über das betreffende Datum. Da er sein Universallexikon bei der Scheidung seiner Exfrau überlassen musste und auch im Literaturkalender keinen Eintrag findet, wendet er sich hintergründig aber erfolglos an den für den Almanach zuständigen Verlag. Zugleich weist er auf die Vakanz am 26. September hin, woraufhin ihm der Chefredakteur anbietet, seinen Namen aufzunehmen, wenn er an einem 26. September sterben sollte.

Der dritte Nagel

Der Buchhalter Herr Farßmann wird kurz nach seinem Umzug auf einen Bäcker namens Schwint aufmerksam, dessen Brötchen sehr gut schmecken und der sich deswegen großer Beliebtheit erfreut. Schwint spricht Farßmann eines Tages an und stellt in Aussicht, für ihn täglich einen Beutel voll Brötchen an einen Nagel im Hof zu hängen, sodass er die Warteschlange umgehen kann. Im Gegenzug soll Farßmann, den der Bäcker fälschlicherweise für einen Buchhändler hält, ihm eine Ausgabe des Jin Ping Mei besorgen. Farßmann eröffnet sich zwar die Möglichkeit, eine Ausgabe des Romans zu erstehen, die dafür erwartete Gegenleistung führt aber zu immer weiteren von ihm geforderten Gefälligkeiten, u. a. Eintrittskarten für den Tierparkball und einen Hochzeitstermin. Für die letzte ausgehandelte Leistung kann Farßmann aber nur die versprochenen Brötchen anbieten, sodass er letztlich keinen Gewinn zieht. Während alle von ihm Angesprochenen zu den arrangierten Leistungen kommen, muss er sich weiterhin in der Warteschlange anstellen.

Entscheidende Wendungen

Der Verkaufsdirektor Axel Erdmann besucht eine Messe in Lyon. Am Abend vor seiner Abreise wird er im Hotelzimmer von Geräuschen aus seinem Schrank gestört und kann nicht einschlafen. Da sich in dem Möbelstück selbst nichts finden lässt, vermutet er die Lärmquelle im Nachbarzimmer. Der peinliche Gedanke, fremde Leute unfreiwillig zu belauschen, hält ihn aber davon ab, um Ruhe zu bitten. Die Lautstärke verwundert Erdmann jedoch und er vermutet, hinter dem Schrank befände sich keine richtige Wand. Am nächsten Morgen löst er mit Gewalt die Hinterwand des Schranken und erblickt dahinter Heizungsrohre, von denen letztlich die Geräusche ausgingen.

Schöne Elise

Ein Major der Kriminalpolizei wird infolge eines Infarkts in den vorzeitigen Ruhestand versetzt und schreibt seinem Nachfolger neben dem Übergabeprotokoll einen Brief über eine merkwürdige Begebenheit: Eines Nachts gab ein NVA-Angehöriger eine Vermisstenanzeige bzgl. einer jungen Frau auf, die er im Zug kennenlernte, danach aber nie wieder sah. Da kein wirklicher Grund zu Ermittlungen vorliegt, recherchiert der Polizist aus persönlichem Interesse, findet aber lediglich heraus, dass die junge Frau Elise heißt und nach Ansicht aller von ihm Befragten schön sei, obwohl keiner sie im Detail beschreiben kann. Außerdem hatte sie mehrere Arbeitsstellen gekündigt, nachdem sich dort jedes Mal ein Unfall ereignete und sie sich stets überreden lies, die Schuld dafür auf sich zu nehmen.

Veröffentlichungen

Das Buch erschien erstmals 1981 beim Verlag Rütten & Loening in Berlin und erfuhr dort in den nächsten vier Jahren noch drei weitere Auflagen. 1984 erschien die Sammlung außerdem im Rahmen des Buchclub 65 und 1989 in der Deutschen Zentralbücherei für Blinde. In der BRD wurde die Sammlung in vier Auflagen von 1982 bis 1988 durch den Luchterhand Literaturverlag herausgegeben.[1] 1985 und 2001 erschienen außerdem deutschsprachige Hörbuchfassungen.[1]

1984 publizierte der Prager Verlag Odeon eine tschechische Version unter dem Titel Třetí hřebík, die auch weitere Geschichten Kants enthielt.[2] Im darauffolgenden Jahr erschien beim Verlag Narodna Kultura in Sofia unter dem Titel Krasivata Elize eine bulgarische Fassung, die im Gegensatz zur deutschen neben Der dritte Nagel und Schöne Elise lediglich die Geschichte Zu den Unterlagen enthielt.[3] Die Titelgeschichte wurde 2009 außerdem in einer französischen Übersetzung als Parfois les brötchen croquent sous la dent veröffentlicht.[4]

Der Charakter Herrn Farßmann, Hauptfigur in Der dritte Nagel, taucht auch in Kants Erzählungen PLEXA, Märkers Freude, Das Wesen des L., Bronzezeit und Die Sache Osbar auf. Die sechs Geschichten wurden 1989 in dem Sammelband Herrn Farßmanns Erzählungen vereint und bildeten, mit Ausnahme von Märkers Freude, die Grundlage für den Film Farßmann oder Zu Fuß in die Sackgasse.[5]

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Fassungen von Der dritte Nagel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek, abgerufen am 3. August 2020
  2. Třetí hřebík im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek, abgerufen am 3. August 2020
  3. Krasivata Elize im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek, abgerufen am 3. August 2020
  4. Parfois les brötchen croquent sous la dent im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek, abgerufen am 3. August 2020
  5. Farßmann oder Zu Fuß in die Sackgasse auf der Internetseite der DEFA-Stiftung, abgerufen am 4. August 2020