Dermatom (Anatomie)

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Das Dermatom (von altgriechisch δέρμα

dérma

Haut‘ und altgriechisch τομή

tomḗ

‚(Ab-)Schnitt‘) ist das von einem Rückenmarksnerven (Spinalnerven) sensibel innervierte segmentale Hautgebiet.

Embryologische Grundlagen

Während der Segmentierung des Embryos entstehen im Rumpfbereich aus dem paraxialen Mesoderm, seitlich vom Neuralrohr und der Chorda dorsalis, zunächst die Urwirbel (Somit). Aus deren dorsolateralem Teil bildet sich die Lederhaut (Dermis). Diese Anlage wird auch als Dermatom bezeichnet. Infolge dieser segmentalen Herkunft der einzelnen Hautgebiete gibt es auch eine segmentale Zuordnung zum entsprechenden Spinalnerv.

Anatomie

Dermatom und Autonomgebiet
Dermatome in rot/blau/grüner Schraffur, 1-3 Plexusnerv und deren Autonomgebiet
Präsentation der spinalen Dermatome auf der Hautoberfläche. Achtung: lediglich sehr approximative Darstellung, die vom tatsächlichen Verlauf der Dermatome beim Menschen erheblich abweicht.[1]

Auch bei Erwachsenen bleibt diese segmentale Zuordnung der Rückenmarksnerven zu entsprechenden Hautgebieten erhalten. Die Zellkörper dieser sensiblen Neurone liegen außerhalb des Rückenmarks im Spinalganglion (Ganglion spinale). Allerdings gibt es eine Überlappung der Hautgebiete der einzelnen Spinalnerven. Bei einer Schädigung eines Spinalnervs tritt deshalb kein völliger Ausfall der Sensibilität im betreffenden Dermatom auf. Die Überlappung soll für die Wahrnehmung von Schmerz- und Temperaturreizen weniger ausgeprägt sein, als von Berührungsreizen. Auf Grund der Überlappung kommt es oft erst bei einem Ausfall zweier benachbarter Segmente zu einem merklichen Sensibilitätsausfall.

Autonomgebiet

Im Bereich des Halses und im Lenden-Kreuzbereich bilden die Rami ventrales der Spinalnerven Plexus (Geflechte) aus:

Durch den Faseraustausch in diesen Geflechten entstehen s. g. Plexusnerven. Diese führen in den meisten Fällen Nervenzellfortsätze mehrerer Segmente. Ein Hautareal, welches ausschließlich von einem bestimmten Nerv sensibel innerviert wird, bezeichnet man auch als Autonomgebiet dieses Nervs. Eine Schädigung des Nervs führt typischerweise zu einem Ausfall der Sensibilität in seinem Autonomgebiet.

Ausgewählte Autonomgebiete:

Übertragener Schmerz (Reflektierter Schmerz)

Da auch viszerosensible (viscera „Eingeweide“, „innere Organe“) Empfindungen über die Spinalnerven übertragen werden, diese aufgrund fehlender Erfahrungen der zuständigen Region der Großhirnrinde aber nicht einem genauen Ort zugeordnet werden können, werden diese Schmerzen vom Großhirn (fälschlicherweise) entsprechenden sensiblen Hautgebieten, meist dem des gleichen Spinalnervs, zugeordnet, so beispielsweise Schulterschmerzen bei Oberbauchperitonitis. Bei Erkrankungen innerer Organe kann sich so eine Überempfindlichkeit gegenüber äußeren Reizen in einem bestimmten Hautareal, der sogenannten Head’schen Zone einstellen. Dieses Phänomen wird in der Diagnostik als Head-Zonenprobe (auch Kalchschmidt-Probe) untersucht. Es können auch übertragene Schmerzen (genannt auch reflektierte Schmerzen[2]) in der Muskulatur (Myotom) des entsprechenden Segments auftreten (Mackenzie-Zone). Ein Beispiel dafür sind ausstrahlende Schmerzen bei Angina Pectoris.

Die Head’sche Zone (auch Head-Zone), benannt nach dem englischen Neurologen Sir Henry Head (1861–1940) wird als Hautareal definiert, in dem aufgrund des gegliederten Körperaufbaus (→ Metamerie) eine über das zugehörige Rückenmarkssegment laufende Querverbindung zwischen dem somatischen und dem vegetativen Nervensystem besteht. Diesem Areal sind bestimmte innere Organe zugeordnet, siehe nachfolgende Tabelle. Die Head’sche Zone, die einem bestimmten Organ zugeordnet ist, kann sich über mehrere Dermatome erstrecken, weist jedoch einen reflektorisch bedeutsamen Maximalpunkt auf. Eine Irritation des zugehörigen inneren Organs kann über einen viszerokutanen Reflex eine meist gleichseitige Schmerzzone zur Folge haben (Hyperalgesiezone). Dieses Phänomen wird übertragener Schmerz genannt. Der Schmerz kann u. U. auf Nachbarsegmente oder die ganze Körperhälfte übergreifen (Generalisation). Einige alternativmedizinische Methoden sollen angeblich zur Beeinflussung innerer Organe eine Umkehr des Reflexgeschehens nutzen, indem bestimmte Hautzonen mechanisch, thermisch oder pharmakologisch beeinflusst werden. Diese Methoden, für welche keine wissenschaftliche Evidenz existiert, werden Reflextherapien genannt.[3][4]

Organe Dermatom Körperseite
Herz C 3-4, Th 1-5 vorwiegend links, auch rechter Arm
Aorta thoracica C 3-4, Th 1-7 beidseits
Pleura Th 2-12 der jeweiligen Körperhälfte (ipsilateral)
Lungen C 3-4 ipsilateral
Speiseröhre Th 1-8 beidseits
Magen Th (5) 6-9 links
Leber und Gallenwege Th (5) 6-9 (10) rechts
Bauchspeicheldrüse Th 6-9 vorw. links
Duodenum Th 6-10 rechts
Jejunum Th 8-11 links
Ileum Th 9-11 beidseits
Blinddarm, proximales Colon Th 9-10, L 1 rechts
distales Colon Th 9 - L 4 links
Rektum Th 9 - L 4 links
Niere und Harnleiter Th 9 - L 1 (2) ipsilateral
Adnexen Th 12 - L 4 ipsilateral
Peritoneum Th 5-12 beidseits
Milz Th 6-10 links

Siehe auch

Literatur

  • Steven A. Greenberg: The History of Dermatome Mapping. In: Archives of Neurology, 2003, Band 60, Nr. 1, S. 126–131, doi:10.1001/archneur.60.1.126.

Einzelnachweise

  1. R. Putz, R. Pabst (Hrsg.): Sobotta, Atlas der Anatomie des Menschen. Band 2, 20. Auflage. Urban & Schwarzenberg, München 1993, ISBN 3-541-17370-X, S. 346.
  2. Günter Clauser: Störungen der vegetativen Afferenz. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1235–1240, hier: S. 1238 ff.: Der reflektierte Schmerz (referred pain).
  3. E Ernst, P Posadzki, MS Lee: Reflexology: an update of a systematic review of randomised clinical trials. In: Maturitas. 68, Nr. 2, Februar 2011, S. 116-120. doi:10.1016/j.maturitas.2010.10.011.
  4. Norbert Boss (Hrsg.): Roche Lexikon Medizin. 2. Auflage. Hoffmann-La Roche AG und Urban & Schwarzenberg, München 1987, ISBN 3-541-13191-8, S. 744.