Weihnachtsbrauchtum in Deutschland

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Weihnachtszauber, Gemälde von Robert Weise, ca. 1908
Weihnachtsgebäck

Das Weihnachtsbrauchtum in Deutschland, auch als Deutsche Weihnacht bezeichnet, beinhaltet tradierte Bestandteile des Weihnachtsfestes. Wie alles Brauchtum sind auch die Weihnachtsbräuche in Deutschland regional unterschiedlich ausgeprägt und in ständigem Wandel begriffen. Ausgangspunkt ist das Fest der Geburt Jesu Christi. Im Brauchtum sind teilweise ältere, vorchristliche Winter- und Lichtbräuche hinzugetreten und mit christlichen Motiven verschmolzen. In den übrigen Ländern Mitteleuropas wird Weihnachten ähnlich gefeiert.

Der Festtag ist der 25. Dezember. Die Feierlichkeiten beginnen am Vorabend, dem Heiligen Abend (auch Heiligabend, Heilige Nacht, Christnacht, Weihnachtsabend), dem 24. Dezember. Je nach Konfession endet die Weihnachtszeit am 6. Januar, dem Fest der Erscheinung des Herrn (Epiphanie), oder am darauffolgenden Sonntag, dem Fest der Taufe des Herrn. Heute bestimmen ursprünglich weihnachtliche Symbole, Lieder und Ausstattungsstücke jedoch bereits ab Ende November vielerorts das Straßenbild.

Geschichte der Weihnachtsbräuche

Das weihnachtliche Brauchtum wurde in den Krippenspielen als besondere geistliche Schauspiele verchristlicht und seit dem 16. Jahrhundert in den Weihnachtskrippen dargestellt. Die szenischen Darstellungen sind erstmals im 11. Jahrhundert in Frankreich fassbar.

Das heute im deutschsprachigen Raum übliche Weihnachtsfest in der Familie mit Weihnachtsbaum, Weihnachtsliedern, Krippe, Geschenken und einem Gottesdienstbesuch ist eine kulturelle Ausformung der Bürgerfamilie des 19. Jahrhunderts (Biedermeier).[1] In der volkskundlichen und germanistischen Forschung wurde bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – unter anderem von den Brüdern Grimm – vermutet, es müsse sich um eine sehr alte Tradition handeln, und man versuchte, eine Kontinuität bis in das germanische Altertum zu konstruieren. So wurden die Weltenesche des germanischen Mythos oder der Mittwinterbaum als unmittelbare Vorläufer des Weihnachtsbaumes angesehen. Dies lag auch auf der Linie des Nationalsozialismus, der das Weihnachtsfest mit der germanischen und skandinavischen Jul-Tradition zu vermischen suchte, um es als „Fest der Volksgemeinschaft unter’m Lichterbaum“ („Deutsche Weihnacht“) zu etablieren (→ Nationalsozialistischer Weihnachtskult).[2]

Bräuche

Die spezifische Ausprägung des Weihnachts- und Adventsbrauchtums in Mitteleuropa entstand zumeist in einer klimatisch von kaltem, dunklem Winter gekennzeichneten Zone. Auf der Südhalbkugel fällt Weihnachten in den Sommer, was zu anderen Bräuchen führt. Der immergrüne Tannenbaum hat dort keine entsprechende Symbolkraft.

Vorbereitung

Dem Weihnachtsfest am 25. Dezember geht die vierwöchige Adventszeit voraus. Sie war ursprünglich eine Fastenzeit, die die Alte Kirche in die Zeit zwischen dem 11. November und dem Fest der Erscheinung des Herrn am 6. Januar legte.[3] Die Adventszeit in ihrer heutigen Form geht zurück auf das 7. Jahrhundert. Es waren zunächst zwischen vier und sechs Sonntage im Advent, bis Papst Gregor deren Zahl für die Adventszeit nach dem römischen Ritus schließlich auf vier festlegte.[4] Im ambrosianischen Ritus ist die Adventszeit allerdings auch heute noch sechs Wochen lang. Seit 1917 ist das Adventsfasten im katholischen Kirchenrecht nicht mehr verpflichtend festgelegt. In die Adventszeit fallen zahlreiche Bräuche, wie der Adventskalender, der die verbleibenden Tage bis Weihnachten anzeigt, das Aufhängen eines Nikolausstiefels an die Haustür am Abend vor dem Nikolaustag, und der Weihnachtsmarkt, der in vielen Städten anzutreffen ist.[5][6]

Tannenbaum

Kinder in Erwartung des Weihnachtsbaumes (Weihnachtsabend), 1840, Gemälde von Theodor Hildebrandt

In Mitteleuropa wird der Weihnachtsbaum (in einigen Regionen auch Christbaum genannt) in der Kirche und in Wohnungen sowie auf großen Plätzen in den Ortschaften aufgestellt und mit Lichterketten, Kerzen, Glaskugeln, Lametta, Engel- oder anderen Figuren geschmückt. Der häusliche Weihnachtsbaum bleibt oft noch lange nach Weihnachten im Zimmer stehen, oft bis zum Ende der liturgischen Weihnachtszeit.

Zwei kerzengeschmückte Tannenbäume stehen seit 1621 in jedem Jahr bei den Augustinern in Neustift rechts und links der Krippe.

Ursprung des Tannenbaums dürfte der Paradiesbaum der weit verbreiteten mittelalterlichen Mysterienspiele am 24. Dezember gewesen sein. Seit etwa 1800 war der geschmückte Weihnachtsbaum in den gehobenen Bürgerhäusern von Zürich, München, Wien und Siebenbürgen zu finden. Er galt zunächst als evangelisch, bis er auch von den Katholiken allmählich übernommen wurde. Henriette Alexandrine von Nassau-Weilburg führte ihn 1816 in Wien ein. Der Krieg 1870/71 hat den Weihnachtsbaum auch in Frankreich popularisiert. 1912 stand der erste „öffentliche“ Baum in New York.

Der geschmückte Christbaum ist heute zentrales Element der familiären Weihnachtsfeier. Bis ins 18. Jahrhundert hinein war er nur an Fürstenhöfen zu finden, dann in der bürgerlichen Oberschicht. Beim Kleinbürgertum wurde er nicht zuletzt dadurch populär, dass der preußische König im Krieg 1870/71 gegen Frankreich Weihnachtsbäume in den Unterständen und Lazaretten aufstellen ließ. Danach verbreitete sich der Weihnachtsbaum weiter und erhielt die heute als selbstverständlich empfundene zentrale Rolle im Zeremoniell der häuslichen Familienfeier (Kinder stehen vor der verschlossenen Tür, die Kerzen am Baum werden angezündet, die Tür wird geöffnet, gemeinsames Singen, gemeinsames Öffnen der Geschenke, gemeinsames Mahl).

Kirchgang

Weihnachtsgottesdienst im Nürnberger Hauptbahnhof mit dem Nürnberger Christkind (2011)

Der gemeinsame Besuch von Christvesper, Christmette oder Christnacht ist nicht nur bei den regelmäßigen Kirchgängern unter den Christen ein fester Bestandteil des Weihnachtsfestes. Zu diesen Gottesdiensten sind die Kirchen im deutschsprachigen Raum meist sehr gut besucht. Gottesdienste finden, Heiligabend am Tag häufig mit dem Kindergottesdienst beginnend, an allen Weihnachtstagen statt. Die Lesung der Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium und das Singen von Weihnachtsliedern gehören dabei zur Liturgie.

Auch der Besuch der Aufführung eines Weihnachtsoratoriums ist in der Zeit vor und nach Weihnachten vor allem im evangelisch-lutherischen Bereich verbreitet.

Krippe

Krippe in der Kirche von Gutenzell

Den ursprünglichsten Weihnachtsbrauch stellt die Tradition des Krippenspiels dar, das die Weihnachtsgeschichte anschaulich nachgestaltet. Um die Weihnachtskrippe versammeln sich die Familienmitglieder am Weihnachtsabend und gedenken der Geburt Christi. Die Geschichte der Weihnachtskrippe, die heute selbstverständlicher Bestandteil des Weihnachtsfestes ist, begann wohl schon im 13. Jahrhundert, und die Krippe ist im Gottesdienst lokal wohl schon im 11. Jahrhundert verwendet worden. In der Burgkapelle Hocheppan bei Bozen wurde um das Jahr 1200 die Geburt Jesu Christi erstmals im deutschsprachigen Raum dargestellt. Die Darstellung gipfelte dann in der Weihnachtsbescherung vor Krippe und Weihnachtsbaum.

Schenken in der Weihnachtszeit: Nikolaus, Christkind, Weihnachtsmann, Wichteln und die Bescherung

Traditioneller Nikolaus bei der Kinderbescherung im Jexhof am 6. Dezember
Geschenke unter einem Weihnachtsbaum
Herr Winter

Martin Luther hat die vorher auch in seinem Hause übliche Bescherung am Nikolaustag (es gibt Haushaltsrechnungen aus dem Hause Luther über Geschenke für das Gesinde und die Kinder zu St. Nikolaus aus dem Jahre 1535 und 1536) auf den Heiligabend verlegt, da die evangelische Kirche keine Heiligenverehrung kennt. Evangelischer Gabenbringer war nun nicht mehr hl. Nikolaus, sondern der „Heilige Christ“, wie Luther das Jesuskind nannte. Aus dieser Abstraktion entstand in Thüringen, auch andernorts, das engelsgleiche Christkind. Es erscheint seit dem 17. Jahrhundert in den weihnachtlichen Umzugsbräuchen, in denen Maria, Josef und das Jesuskind durch die Straßen zogen – wie heute vielerorts die Sternsinger –, begleitet von weiß gekleideten Mädchen mit offenem Haar als Engel, angeführt von dem verschleierten „Christkind“. Nach 1800 wurde aus Knecht Ruprecht, ursprünglich der strafende Begleiter von Nikolaus und Christkind, allmählich der Weihnachtsmann.[7]

1930 brachten dem Deutschen Atlas der Volkskunde zufolge der Weihnachtsmann (vorwiegend im evangelischen Norden und Nordosten) und das Christkind (vorwiegend im Westen und Süden und in Schlesien) die Geschenke. Die Grenze verlief zwischen Westfalen und Friesland, Hessen und Niedersachsen und Thüringen und zwischen Bayern und Thüringen, ging durch Südthüringen, südliches Sachsen bis nach Schlesien. Im 18. Jahrhundert war es noch ganz anders gewesen: Der Nikolaus hatte in katholischen Gebieten die Geschenke gebracht, das Christkind in evangelischen. Mit zunehmender Beliebtheit des Weihnachtsfestes und des Christkindes wurde der Geschenktermin auch in den katholischen Gebieten vom Nikolaustag auf Heiligabend verschoben, das Christkind übernommen.

Der Weihnachtsmann ist eine synkretistische Gestalt, die Elemente aus Nikolaus, Knecht Ruprecht und dem rauen Percht in einer entdämonisierten Form vermischt. Eine Zeichnung von Moritz von Schwind im Münchener Bilderbogen Nr. 5 von 1848 unter dem Titel „Herr Winter“ – der allerdings von den Menschen gemieden wird – gilt als frühe Darstellung, jedoch ist sie nicht die einzige. Ältere Schilderungen liegen in dichterischer Form aus Nordamerika vor, hier „Santa Claus“ genannt. Die Kleidung, die in Deutschland erst nach 1945 überwiegend rot dargestellt wird, übernahm er von Knecht Ruprecht, den wallenden Bart von gängigen Gott-Vater-Vorstellungen. Im Brauchtum für Kleinkinder bringt er die Geschenke, bösen Kindern jedoch eine Rute.

Die nordische Sagengestalt des Nisse (von dänisch Niels für Nikolaus), deutsch adaptiert als Wichtel, erinnert mit ihrer roten Mütze an den Weihnachtsmann. Davon abgeleitet ist der Brauch des Wichtelns in der Vorweihnachtszeit, in dem man sich gegenseitig und anonym in zufälliger Zuordnung von Schenkendem und Beschenktem beschenkt.

Die bereits im Altertum bekannten Geschenke zu Neujahr lebten bis weit ins 20. Jahrhundert hinein fort, lokal sogar bis heute, als Geldgratifikationen an Postboten, Zeitungsfrau, Müllabfuhr usw. Laut Börsenblatt wurden 2007 auch ein Fünftel der innerfamiliären Weihnachtsgeschenke in Form von Gutscheinen oder Geld weitergereicht.[8] Die Weihnachtsbescherung geht jedoch auf die Nikolausbescherung zurück. Als „Lüttenweihnachten“ bezeichnet man das Schmücken eines Weihnachtsbaumes für Tiere im Wald mit Futter.

Weihnachtssingen

Auch im häuslichen Kreise wird am Heiligabend und am ersten und zweiten Festtag viel gesungen und musiziert.

In einer Zeit zurückgehender Kenntnisse von Volksliedern und Kirchenliedern gehören bei vielen Menschen im deutschsprachigen Raum deutsche Weihnachtslieder zum Restbestand des traditionellen deutschsprachigen Liedguts, bei dem sie noch mitsingen können.

Im öffentlichen Raum hat sich das gemeinsame Singen von Weihnachtsliedern großer Menschengruppen u. a. in Berlin zu einer eigenen Tradition entwickelt.[9][10]

Weihnachtsessen

Zu Weihnachten gehört meist ein aufwendiges Weihnachtsmahl am ersten Feiertag, für das bestimmte Speisen typisch sind, wie etwa die Weihnachtsgans oder der Weihnachtskarpfen sowie das speziell für die Weihnachtszeit hergestellte Weihnachtsgebäck. In manchen Regionen gibt es am Heiligen Abend – wohl der Einfachheit der Zubereitung wegen – traditionell Gerichte wie Eintopf oder Würstchen mit Kartoffelsalat. Im Norden wird der Kartoffelsalat mit Mayonnaise zubereitet, während im Süden nur Essig, Öl und Brühe verwendet wird.[11] Ein einfaches Gericht ist der (nieder-)schlesischen Weihnacht zuzuordnen, der „Breslauer Mehlkloß“ (bestehend aus Mehl, Milch, Butter, Ei).[12]

In Altbayern bezeichnet man das für den Weihnachtsschmaus gemästete Tier, meist ein Schwein, seltener auch die Weihnachtsgans, mundartlich als Weihnachter.[13]

Im Vogtland und im Erzgebirge wird das sogenannte Neunerlei, ein Weihnachtsmenü mit neun Gängen, das bereits am Heiligen Abend serviert wird, zubereitet. Es umfasst meist Bratwurst, Klöße, Sauerkraut, Gänse- oder Schweinebraten, Nüsse und Pilze. In vielen Familien wird Hartgeld unter die Teller gelegt.

Weitere Bräuche in der Weihnachtszeit

Zu den eher weniger besinnlichen Weihnachtsbräuchen gehört das Erzählen von tradierten Gruselgeschichten (teilweise ironischer Natur, wie Schneemänner am Lagerfeuer; oder auch nicht, wie Der Mann mit dem Kopf unter dem Arm) beispielsweise während des Wartens auf die Bescherung im Vorzimmer am Heiligabend. Das scheint sich vor allem in Nord- und Nordostdeutschland zu finden. Im alpenländischen Brauchtum im Dezember und Januar spielen Perchten, winteraustreibende Gestalten, eine Rolle.

Ein weiterer Brauch am Heiligen Abend ist der Christklotz, auch „Weihnachtsscheit“ oder „Christblock“ genannt.

Im Berchtesgadener Land prägt das Christkindlschießen der Weihnachtsschützen die letzte Woche vor Heiligabend. Sie schießen jeden Tag um 3 Uhr Nachmittag von ihren Standplätzen aus – am Heiligabend zusätzlich vor der Christmette.

„Christbaumkugel“ in Gurkenform

Ein aus den USA importierter, angeblich alter deutscher Brauch bezieht sich auf einen essiggurkenförmigen Christbaumschmuck. Die „Weihnachtsgurke“ wird noch vor der „Bescherung“ verdeckt am Christbaum befestigt. Die Beschenkten, meistens noch Kinder oder Jugendliche, suchen vor dem Geschenkeöffnen den Baum nach dem verborgenen Schmuckstück ab. Wer als erster die „Gurke“ findet, erhält ein besonderes, zusätzliches Geschenk. Seit 2009 findet sich dieser Christbaumschmuck in Form von Gewürzgurken auf den deutschen Weihnachtsmärkten. Die Glasbläsereien bieten drei unterschiedliche Größen an, um den Schwierigkeitsgrad an das Alter der Kinder anzupassen.[14][15]

Lichterecke aus Oberwiesenthal

Ab dem Einbruch der Dunkelheit werden in der Adventszeit zahlreiche Wohnungsfenster durch Schwibbögen erleuchtet. Dieser Brauch entstand im 18. Jahrhundert in den Erzgebirgischen Bergbaugebieten und breitet sich zunehmend in den angrenzenden Ländern aus.

Die Deutsche Post gibt jedes Jahr zu Weihnachten Sondermarken heraus.

Vielerorts haben sich in der Vorweihnachtszeit Weihnachtsmärkte etabliert, auch Christkindlesmarkt oder Glühweinmarkt genannt. Sie sind geprägt von Verkaufsständen für Weihnachtsartikel und Geschenke, Glühweinständen und in zunehmender Zahl Verpflegungsstationen.

Weihnachtsenthaltung

Die reformierten Kirchen glaubten, das Weihnachtsfest entspringe heidnischem Brauch und sei mit der katholischen Kirche verbunden und lehnten es daher grundsätzlich ab. So wurden 1550 in Genf alle nichtbiblischen Feiern verboten, worüber es zu schweren Konflikten kam. Johannes Calvin war da weniger streng. John Knox verbot 1560 alle kirchlichen Feste, so auch das Weihnachtsfest in Schottland. Daran hielten sich die schottischen Presbyterianer bis in das 20. Jahrhundert hinein. Auch die Quäker und die Puritaner des 17. Jahrhunderts lehnten Weihnachten als Feiertag ab und gingen wie auch sonst ihren Geschäften nach. Das englische Weihnachtsfest umfasste in jener Zeit nicht nur den Gottesdienst, sondern auch Gelage, Besäufnis, Tanz und Glücksspiel. Im Jahre 1647 erließ das Parlament ein Verbot derartiger Feste. Das führte zu Straßenkrawallen zwischen Befürwortern und Gegnern des Weihnachtsfestes.[16] Nach 1660 wurde das Festverbot nicht mehr angewendet. Erst in neuester Zeit haben sich die Vorschriften den Verhaltensmustern ihres kulturellen Umfeldes angepasst. Im 19. Jahrhundert nahm das Weihnachtsfest in England einen bedeutenden Aufschwung, möglicherweise unter dem Einfluss des Prinzen Albert aus Deutschland, den Königin Viktoria geheiratet hatte. Auch in den USA verlief die Entwicklung ähnlich. In Gegenden, in denen überwiegend Presbyterianer, Mennoniten, Quäker und Puritaner leben (Neuengland, Pennsylvanien), gab es bis ins 19. Jahrhundert hinein kein Weihnachtsfest. Weiter im Süden behielten die englischen Siedler seit dem 17. Jahrhundert ihre anglikanischen Bräuche bei. Die niederländischen Siedler hatten ihren Sinterklaas (Nikolaus) nach New York mitgebracht. Aus ihm wurde später der Santa Claus.

Die Zeugen Jehovas feiern das Weihnachtsfest ebenfalls nicht.[17]

Übernahme von Weihnachtsbräuchen durch Nicht-Christen

Judentum

In einigen jüdischen Haushalten, die als Minderheit in einer christlichen Umgebung leben, kommt es vor, „Weihnukka“ zu feiern. Dabei werden zum Chanukka-Fest beispielsweise Tannenbäume in Wohnzimmern aufgestellt und mit Kugeln geschmückt, in die Davidssterne eingraviert sind.[18]

Islam

In einigen muslimischen Haushalten kommt zu Weihnachten eine Gans auf den Tisch und die Kinder bekommen Geschenke. Da die Geburt Jesu Christi im Koran ausführlich beschrieben wird, ist den Muslimen der Ursprung des Weihnachtsfests nicht fremd.[19]

Verlagerung von Weihnachtsbräuchen in die Adventszeit

Eine deutliche Veränderung des Brauchtums ist im Advent seit dem 20. Jahrhundert zu beobachten. Wurde er ursprünglich als Fastenzeit begangen, wird in der Gegenwart ein Teil des Brauchtums des Weihnachtsfestes bereits in der Adventszeit ausgelebt. Ein bedeutender Bestandteil dessen sind die in den meisten deutschsprachigen Stadtzentren verbreiteten Weihnachtsmärkte, die teilweise bis ins Mittelalter reichende Traditionen aufweisen.

Siehe auch

Literatur

  • Maurice Baumann, Roland Hauri (Hrsg.): Weihnachten – Familienritual zwischen Tradition und Kreativität. (= Praktische Theologie heute. Band 95). Kohlhammer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-17-020560-4.
  • Christoph Daxelmüller, Maria Baumann: Weihnachten in Deutschland. Spiegel eines Festes. (= Führer zur Ausstellung im Diözesanmuseum Obermünster in Regensburg, 28. November 1992 bis 10. Januar 1993). Schnell & Steiner, München/Zürich 1992, ISBN 3-7954-1035-5.
  • Walter Heim: Weihnachtsbrauchtum. Kanisius-Verlag, Freiburg 1978, ISBN 3-85764-063-4.
  • Torkild Hinrichsen: Im Schatten des Glanzes. Das Weihnachtsfest der Weihnachtslosen. (= Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung im Altonaer Museum und im Weihnachtshaus Husum 2012). Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 2012, ISBN 978-3-89876-576-3.
  • Torkild Hinrichsen: Schönes Schleswig-Holstein. Kultur – Geschichte – Natur: Das ist die liebe Weihnachtszeit. (= Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung im Altonaer Museum, 2007). Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 2007, ISBN 978-3-89876-360-8.
  • Torkild Hinrichsen: Weihnachten in Norddeutschland. Ein Bild-ABC zu alten lieben Geheimnissen. (= Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung im Altonaer Museum, 1999). Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 1999, ISBN 3-88042-921-9.
  • Gerhard Kaufmann, Torkild Hinrichsen u. a.: Thüringen: „Das gläserne Paradies“. Eine Ausstellung des Altonaer Museums; die Tradition der Herstellung von gläsernem Christbaumschmuck in der Art von Lauscha. (Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung im Altonaer Museum, 2. November 1996 bis 12. Januar 1997). Hamburg 1996, ISBN 3-927637-29-7.
  • Michael Kotsch: Weihnachten. Herkunft, Sinn und Unsinn von Weihnachtsbräuchen. Jota, Hammerbrücke 2003, ISBN 3-935707-15-0.
  • Ulrich Riemerschmidt: Weihnachten. Kult und Brauch – einst und jetzt. 2. Auflage. Marion von Schröder Verlag, Hamburg 1967, DNB 457943424.
  • Dietmar Sauermann (Hrsg.): Weihnachten in Westfalen um 1900. Berichte aus dem Archiv für Westfälische Volkskunde. (= Beiträge zur Volkskultur in Nordwestdeutschland. Heft 6). 2. unveränderte Auflage. Coppenrath, Münster 1979, ISBN 978-3-920192-86-4 (PDF).
  • Wolfgang Schneider, Torsten Seegert: Pommersche Weihnacht. Rückblick & Wiederentdeckung in einer besinnlichen Zeit. Heimat-Bild-Verlag, Gifhorn 2012, ISBN 978-3-942926-17-1.
  • Paul Selk: Mittwinter und Weihnachten in Schleswig-Holstein. Eine volkskundliche Darstellung. Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens, Heide 1972, ISBN 3-8042-0115-6.
  • Ingeborg Weber-Kellermann: Das Weihnachtsfest. Eine Kultur- und Sozialgeschichte der Weihnachtszeit. Bucher, Luzern 1987, ISBN 3-7658-0273-5.

Weblinks

Commons: Weihnachten in Deutschland – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Weihnachten in Luxemburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ingeborg Weber-Kellermann: Das Weihnachtsfest. Eine Kultur- und Sozialgeschichte der Weihnachtszeit. Bucher, Luzern/Frankfurt am Main 1978, ISBN 3-7658-0273-5, S. 223.
  2. Ulrich Riemerschmidt: Weihnachten. Kult und Brauch – einst und jetzt. Marion von Schröder Verlag, Hamburg 1962, S. 27.
  3. Amtsblatt Diöz. Augsburg 1930, S. 52–54.
  4. Adventszeit
  5. Nikolausstiefel – Wo genau kommt der Brauch eigentlich her
  6. das Ritual: der Adventskalender (Memento vom 4. Dezember 2014 im Internet Archive)
  7. Ruth Haener: Schöne Bescherung: Konkurrenz für das Christkind In: Neue Zürcher Zeitung vom 24. Dezember 2016.
  8. Börsenblatt. 27. Dezember 2007.
  9. Hendrik Buchheister: Weihnachten bei Union Berlin: Wenn eiserne Kerle „Stille Nacht“ singen, Spiegel-Online, 23. Dezember 2014, abgerufen am 23. Dezember 2016.
  10. Erik Jullander: FC Union Berlin: a remarkable club with their very own Christmas tradition, The Guardian, 20. Dezember 2012, abgerufen am 23. Dezember 2016.
  11. https://www.familienkultour.de/familie-und-kind/wohnen-und-leben/weihnachtskultur-in-deutschland/
  12. Hermann Multhaupt: Wie liegt die Welt so stille. Schlesische Weihnachtsgeschichten. Benno-Verlag, Leipzig 2019, S. 106 f.
  13. Ludwig Zehetner, Baierisches Deutsch. Lexikon der deutschen Sprache in Altbayern. München, 1997. S. 314. ISBN 3-88034-983-5.
  14. Weihnachtsseite mit Beschreibung der Gurken-Christbaumkugel
  15. Glasbläserei, die unter anderem „Christbaumgurken“ herstellt
  16. Durston/Eales 1996, S. 210 ff.
  17. https://www.jw.org/de/jehovas-zeugen/faq-oft-gefragt/warum-kein-weihnachten-feiern/
  18. Zentralrat der Juden in Deutschland: „Happy Weihnukka“ auf Russisch.
  19. Wie wird Weihnachten in anderen Kulturen gefeiert? In: Die Zeit. 7. Dezember 2009.