Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband
(Der Paritätische)
Logo
Rechtsform gemeinnütziger eingetragener Verein
Gründung 7. April 1924
Sitz Berlin, Deutschland Deutschland
Vorläufer Vereinigung der freien privaten gemeinnützigen Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands
Schwerpunkt Soziale Arbeit, Sozialpolitik, Sozialrecht
Vorsitz Rolf Rosenbrock
Geschäftsführung Ulrich Schneider
Mitglieder über 10.000 eigenständige Organisationen (2019)[1]
Website der-paritaetische.de

Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V. (Der Paritätische) ist ein Dachverband der Freien Wohlfahrtspflege Deutschlands mit Sitz in Berlin, der Mitglied im Spitzenverband Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege ist.

Geschichte

Der Verband wurde am 7. April 1924 unter dem Namen „Vereinigung der freien privaten gemeinnützigen Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands e. V.“ im Kaiserin-Auguste-Viktoria-Haus in Berlin-Charlottenburg gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte Anna von Gierke. Im Jahre 1925 folgte zuerst die Namensänderung in „Fünfter Wohlfahrtsverband“, am 10. November 1932 dann die erneute Änderung des Namens in „Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband“.

Name und Aufgabe

Neben seiner Lobbyarbeit für die Kranken und Schwachen der Gesellschaft versteht sich der Verein als Dienstleistungsverband. Seine Mitgliedsorganisationen werden in fachlichen, rechtlichen und organisatorischen Fragen beraten und erhalten Hilfe bei der Finanzierung von Projekten. Weiterhin gibt es im Aus- und Fortbildungsbereich für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter Kurse, Lehrgänge und Seminare.

Selbstverständnis des Verbands ist es, dass jeder Mensch den gleichen Respekt verdient und gleiche Chancen haben soll – der Gedanke der Gleichwertigkeit aller (lateinisch: paritas „Gleichheit, gleich stark“) gab dem Verein seinen Namen. Von vielen Praktikern wird der Verband informell auch als „der Paritäter“ bezeichnet.

Struktur

Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband gliedert sich in fünfzehn Landesverbände, wobei für Rheinland-Pfalz und das Saarland ein gemeinsamer Landesverband (mit Sitz in Saarbrücken) existiert. Die übrigen Landesverbände haben in der Regel ihren Sitz in der jeweiligen Landeshauptstadt, Ausnahmen hiervon sind „Der Paritätische“ Hessen (Sitz in Frankfurt am Main), „Der Paritätische“ Nordrhein-Westfalen (Sitz in Wuppertal) und „Der Paritätische“ Thüringen (Sitz in Neudietendorf). Der Paritätische Wohlfahrtsverband Hamburg existiert seit den 1920er Jahren.

Vorsitzender des Verbandes ist seit dem 26. April 2012 Rolf Rosenbrock, Hauptgeschäftsführer seit 1999 Ulrich Schneider.

Unter dem Dach des Gesamtverbands sind mehr als 10.000 Vereine, Organisationen, Einrichtungen und Initiativen versammelt, die ein vielfältiges und unterschiedliches Spektrum sozialer Arbeit repräsentieren. Dazu zählen Vereinigungen wie der Guttemplerorden und anthroposophische Gemeinschaften, aber auch Organisationen wie der Verband alleinerziehender Mütter und Väter, der Deutsche Kinderschutzbund, Frauenhäuser, Migranten-Organisationen, Arbeitsloseninitiativen und viele Selbsthilfegruppen aus dem Gesundheitsbereich.[2]

Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband ist Mitglied des Vereins Aktion Mensch[3] und der Aktion Deutschland Hilft.

Organisationen

Einige der deutschlandweit tätigen Mitgliedsorganisationen sind:[4]

Kritik

Rainer Hank schrieb in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband verstehe sich als Lobbyorganisation der Partei Die Linke. Dieses Rollenverständnis habe sich bereits vor dem Parteieintritt des Hauptgeschäftsführers Ulrich Schneider 2016 abgezeichnet – so vertrete dieser in seinen Äußerungen schon seit langem konsequent die Linie der Partei. Jährlich behaupte sein Armutsbericht, die Armut in Deutschland nehme zu, was den statistischen Fakten widerspreche. Dabei verstecke man sich hinter dem positiv klingenden Label „paritätischer Wohlfahrtspflege“, nehme das Privileg der Gemeinnützigkeit in Anspruch, finanziere sich aus Beiträgen der Sozialkassen, öffentlichen Mitteln und Spenden und erwecke den Eindruck, als Sprecher der gesamten Wohlfahrtsbranche zu agieren.[6] Auch Vertreter von CDU, SPD und Grünen kritisierten eine Vereinnahmung des Verbandes für Parteipolitik.[7][8] Kritik an der Methodik des Armutsberichtes stammt auch von Guido Bohsem (SZ) und Guido Kleinhubbert (Spiegel Online).[9][10]

Ulrich Schneider wies die Kritik in einem offenen Brief an den FAZ-Redakteur zurück. Darin betonte er, dass der Paritätische keineswegs ausschließlich an der Seite der Linken stehe. Das gelte vielmehr für jede politische Partei, wenn sie sich für die Ziele des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes einsetze. Insoweit sei er in der FAZ falsch zitiert worden. Er habe eine ganz ähnliche Rede bereits vor einem Jahr auf dem Landesparteitag der nordrhein-westfälischen Grünen gehalten, ohne dass es zu entsprechenden Reaktionen gekommen wäre. Scharf wies er die Behauptung zurück, der Paritätische sei eine „Lobbyorganisation der Linken“ und er verstehe sich „als sozialpolitische Kampftruppe der Partei von Sahra Wagenknecht, Gregor Gysi, Bernd Riexinger und Katja Kipping“. Auch die Kritik an dem jährlich vorgelegten Armutsbericht sei haltlos, denn dieser gebe die sozialpolitische Entwicklung in Deutschland in zutreffender Weise wieder.

Im September 2022 trat Ulrich Schneider, als Reaktion auf "Kremlpositionen" Sahra Wagenknechts, aus der Partei Die Linke aus.[11]

Weblinks

Commons: Paritätischer Wohlfahrtsverband – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Über uns. In: der-paritaetische.de. Abgerufen am 25. November 2019.
  2. Der Paritätische Gesamtverband – Über uns Stand 05/2017
  3. Satzung von Aktion Mensch e. V.
  4. Unsere Mitglieder, abgerufen am 18. Oktober 2021.
  5. Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen, abgerufen am 18. Oktober 2021.
  6. Rainer Hank: Von wegen paritätische Wohlfahrt!, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. Juni 2016.
  7. Engagement von Hauptgeschäftsführer für "Die Linke" sorgt für Unmut, Deutschlandfunk, 10. Juni 2016.
  8. Karl Doemens und Markus Decker: Parteinahme für die Linke in der Kritik, FR, 10. Juni 2016.
  9. Guido Bohsem: Falsch berechnet, SZ, 21. Februar 2015.
  10. Guido Kleinhubbert: Der gefährliche Blues vom bitterarmen Deutschland, Spiegel Online, 23. Februar 2016.
  11. Soziallobbyist Ulrich Schneider tritt aus Linkspartei aus. In: Der Spiegel. 12. September 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 23. September 2022]).