Fischbandwurm

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Dibothriocephalus latus)
Fischbandwurm

Fischbandwurm (Diphyllobothrium latum; früher Dibothriocephalus latus), Ausschnitt aus der Proglottidenkette

Systematik
Klasse: Bandwürmer (Cestoda)
Unterklasse: Echte Bandwürmer (Eucestoda)
Ordnung: Pseudophyllidea
Familie: Diphyllobothriidae
Gattung: Diphyllobothrium
Art: Fischbandwurm
Wissenschaftlicher Name
Diphyllobothrium latum
(Linnaeus, 1758)
Fischbandwurm (Diphyllobothrium latum) in: V. Deschiens: Atlas de parasitologie. Paris, 1901

Der Fischbandwurm oder Grubenkopf (Diphyllobothrium latum) gehört zu den Bandwürmern. Er parasitiert vor allem im Haushund, sehr selten auch in der Hauskatze und im Menschen. Die Erkrankung wird als Diphyllobothriasis bezeichnet.

Als erster Zwischenwirt dienen Ruderfußkrebse, hauptsächlich der Gattungen Cyclops und Diaptomus. Den zweiten Zwischenwirt stellen vor allem Karpfenfische oder andere sich von Plankton ernährende Fische. Oft sind auch Hechte als paratenischer Wirt beteiligt.

Verbreitung

Die Verbreitungsgebiete erstrecken sich hauptsächlich über Nord-[1] und Südamerika,[2] Europa und Teile Asiens.[3] Er tritt jedoch auch vereinzelt weltweit in Binnengewässern auf. Besondere Befallsgebiete sind überall dort vorhanden, wo Fisch roh als Nahrung Verwendung findet. Das trifft besonders auf Skandinavien, insbesondere Finnland, das Baltikum und die Kurische Nehrung zu.[4] Heute jedoch ist aufgrund der veränderten Ernährungsgewohnheiten beim Menschen ein Rückgang des Befalls zu beobachten.

Diphyllobothriasis kann in Europa und Nordamerika von einer der drei vorkommenden Arten ausgelöst werden, die meist undifferenziert überwiegend als Diphyllobothrium latum bezeichnet werden:[5]

  • Diphyllobothrium latum (Linnaeus, 1758) in Europa, besonders Portugal und Spanien[6][7]
  • Diphyllobothrium dendriticum (Nitzsch, 1824)[6][8]
  • Diphyllobothrium ditremum (Creplin, 1825)[6][9]

In Skandinavien sind es überwiegend die beiden letzteren,[10][11] in Polen überwiegend Diphyllobothrium ditremum.[9]

In anderen Gebieten können auch andere Arten fälschlich als Diphyllobothrium latum als solche bezeichnet werden, auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen.[6]

Merkmale

Der Fischbandwurm ist der größte Vertreter der Bandwürmer, der Kopf (Scolex) besitzt im Gegensatz zu anderen Cestoda keine Haken (Rostellum), sondern nur zwei Sauggruben, um sich an der Darmwand des Wirts festzusetzen. Sein Körper ist in bis zu 4000 Proglottiden (Segmente) unterteilt. Er wird bis zu 20 Meter lang und bis zu 20 Millimeter breit. Im letzten Segment werden die Eier produziert, dort sind männliche und weibliche Geschlechtsorgane vorhanden. Die Eier werden über eine Öffnung am letzten Segment, dem Tocotrem, ausgeschieden.

Lebenszyklus

Lebenszyklus des Fischbandwurms (Diphyllobothrium latum)

Die Eier gelangen mit dem Kot des Endwirts (Mensch, Hund, Katze) in geeignete stehende Gewässer, wo sie sich zu einer Hexacanthenlarve, beim Fischbandwurm als Coracidium bezeichnet, entwickeln. Das Coracidium wird von Ruderfußkrebsen der Gattungen Diaptomus und Cyclops aufgenommen. In den Ruderfußkrebsen reift das Procercoid heran. Die Krebse werden von Karpfenfischen als Nahrung aufgenommen, die Parasiten durchdringen dann die Darmwand der Fische und entwickeln sich so weiter zum Plerocercoid. Dabei kann es vorkommen, dass der Fisch von einem anderen Raubfisch aufgenommen wird, wobei dieser dann als paratenischer Wirt dient. Als Beispiel sei hier der Hecht genannt. Der Endwirt (Mensch, Hund, Katze) infiziert sich dann durch die Aufnahme des Zwischenwirts (Karpfenfische) oder des paratenischen Wirts Hecht.

Schadwirkung

Beim Verzehr von rohem Fischfleisch kommt es zur Aufnahme der Plerozerkoiden.[1] Die Plerozerkoiden entwickeln sich im Darm beispielsweise der Katze oder des Menschen zum adulten Wurm. Das tägliche Wachstum des Wurmes im Darm beträgt 9 bis 15 cm. Nach 3 bis 5 Wochen werden die Würmer geschlechtsreif und beginnen mit der Eiproduktion. Der Parasit kann bis zu 25 Jahre im Darm persistieren. Da fast immer nur ein Wurm in einem Endwirt vorkommt, wird der Befall häufig nicht bemerkt.[12] Die Diphyllobothriasis kann selten (bei etwa 2 % der Befallenen) eine makrozytäre Anämie durch Mangel an Vitamin B12,[13] verursachen, der durch die Aufnahme in großen Mengen[14] durch den Fischbandwurm im Darm hervorgerufen wird. Nur in Einzelfällen wurde von schweren Auswirkungen berichtet.[15]

Vorbeugung und Therapie

Die wirksamste Maßnahme ist die Vermeidung des Verzehrs von rohem Süßwasserfisch.[1] Bei einer behandlungsbedürftigen Infektion durch den Fischbandwurm kommen als Antiparasitika Praziquantel oder Niclosamid zum Einsatz.[16]

Einzelnachweise

  1. a b c BBB - Diphyllobothrium spp. U.S. Food and Drug Administration (englisch). Abgerufen: 12. Februar 2010
  2. Jorge E. Revenga: Diphyllobothrium dendriticum and Diphyllobothrium latum in fishes from southern Argentina: association, abundance, distribution, pathological effects, and risk of human infection. In: The Journal of Parasitology, 1993, S. 379–383.
  3. Seung Yull Cho et al.: One case report of Diphyllobothrium latum infection in Korea. 1971.
  4. Vgl. Hans Adolf Kühn: Darmparasiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 834–841, hier: S. 836.
  5. Karin I. Andersen, David I. Gibson: A key to three species of larval Diphyllobothrium Cobbold, 1858 (Cestoda: Pseudophyllidea) occurring in European and North American freshwater fishes. In: Systematic Parasitology, Band 13, Nr. 1, 1989, S. 3–9.
  6. a b c d catalogoflife: Diphyllobothrium
  7. catalogueoflife: Diphyllobothrium latum
  8. catalogueoflife: Diphyllobothrium dendriticum
  9. a b catalogueoflife: Diphyllobothrium ditremum
  10. Jan Henricson: The abundance and distribution of Diphyllobothrium dendriticum (Nitzsch) and D. ditremum (Creplin) in the char Salvelinus alpinus (L.) in Sweden. In: Journal of Fish Biology, Band 11, Nr. 3, 1977, S. 231–248.
  11. Jan Henricson: The dynamics of infection of Diphyllobothrium dendriticum (Nitzsch) and D. ditremum (Creplin) in the char Salvelinus alpinus (L.) in Sweden. In: Journal of Fish Biology, Band 13, Nr. 1, 1978, S. 51–71.
  12. Patricio Torres et al.: Registro de nuevos casos de difilobotriasis humana en Chile (1981-1992), incluído un caso de infección múltiple por diphyllobothrium latum; Record of new cases of human diphyllobothriasis in Chile (1981-1992), including a case of multiple diphyllobotrium latum infection. In: Bol. Chil. Parasitol. Band 48, Nr. 3/4, 1993, S. 39–43.
  13. R. Grasbeck et al.: Lognormal distribution of serum vitamin B12 levels and dependence of blood values on the B12 level in a large population heavily infected with Diphyllobothrium latum. In: The Journal of laboratory and clinical medicine. Band 59, März 1962, S. 419–429, PMID 13901185.
  14. Wolmar Nyberg: The uptake and distribution of 60Co-labeled vitamin B12 by the fish tapeworm, Diphyllobothrium latum. In: Experimental Parasitology, Band 7, Nr. 2, 1958, S. 178–190.
  15. G. Osorio, A. Daiber, R. Donckaster, M. Ubilla, I. Con, T. Anguita, R. Pinto: [Severe megaloblastic anemia due to Diphyllobotrium latum. First case identified in Chile (author's transl)]. In: Revista médica de Chile. Band 102, Nummer 9, September 1974, S. 700–703, PMID 4456522.
  16. Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 290.

Weblinks

Commons: Diphyllobothrium latum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien