Die drei Sonnen
Die drei Sonnen (chinesisch
/
, Pinyin
– „Drei (Himmels-)Körper“) ist ein Science-Fiction-Roman des chinesischen Autors Liu Cixin. Die Originalausgabe erschien 2006 zunächst in Fortsetzungen in der Zeitschrift Science Fiction World und wurde 2008 in Buchform publiziert; eine deutsche Übersetzung von Martina Hasse erschien im Januar 2017 im Heyne Verlag.
Der Roman beschreibt den ersten Kontakt der Menschheit mit einer außerirdischen Zivilisation, den „Trisolariern“, so genannt, weil ihr Heimatplanet unter dem gravitativen Einfluss dreier Sonnen steht. Der Bahnverlauf dieser drei Sonnen ist nicht präzise vorherzusagen und die auf Trisolaris entstehenden Zivilisationen werden dadurch ein ums andere Mal vernichtet. Um der immer wiederkehrenden Auslöschung des Lebens in ihrer Heimat zu entkommen, begibt sich eine trisolarische Zivilisation, die es trotz der Umstände geschafft hat, sich bis ins Raumfahrtzeitalter zu entwickeln, auf den Weg in Richtung der knapp 4,2 Lichtjahre entfernten Erde, um diese als neuen Lebensraum für sich in Anspruch zu nehmen und die dort lebende Menschheit zu vernichten.
Der chinesische Titel bedeutet wörtlich übersetzt „Drei Körper“ und spielt an auf das Dreikörperproblem der Himmelsmechanik, das im Roman von zentraler Bedeutung ist; im Gegensatz zum Original und zur bereits 2014 erschienenen englischen Übersetzung (The Three Body Problem, zu dt. also Das Dreikörperproblem) greift der deutsche Titel besagtes mathematisches Problem nur indirekt auf.
Die drei Sonnen ist der erste Teil der Trisolaris-Trilogie, die mit Der dunkle Wald (2008; auf dt. erschienen 2018) und Jenseits der Zeit (2010; auf dt. erschienen 2019) fortgesetzt wird; er erhielt zahlreiche internationale Preise, unter anderem 2015 den Hugo Award als bester Science-Fiction-Roman.
Handlung
Die Astrophysikerin Ye Wenjie muss während der Kulturrevolution in den Sechzigerjahren mit ansehen, wie ihr Vater Ye Zhetai, ein angesehener Akademiker, von vier Rotgardistinnen der zur Tsinghua-Universität gehörenden Highschool zu Tode geprügelt wird. Dabei sprachen sich sowohl Wenjies Mutter – aus Angst – wie auch ihre jüngere Schwester – aus Eifer für die Sache – für seine Hinrichtung aus. Zwei Jahre später wird sie zur Arbeit in die Militärbasis „Rotes Ufer“ geschickt. Das geheime Forschungsprojekt sucht als chinesische Version von SETI nach außerirdischem Leben. Dabei entdeckt Wenjie die Möglichkeit, dass gesendete Radioübertragungen verstärkt werden können, wenn sie von der Sonne reflektiert werden und schickt eine Nachricht. Acht Jahre später ist sie eine lieblose Ehe mit Yang eingegangen, als sie eine Nachricht eines besorgten außerirdischen Pazifisten vom Planeten Trisolaris empfängt. Er warnt sie, dass sie nicht antworten soll. Andernfalls werden die Einwohner von Trisolaris die Erde lokalisieren können und letztendlich erobern. Der Außerirdische beschreibt weiterhin die Umweltbedingungen von Trisolaris und dessen Geschichte. Vom Trauma um den Tod ihres Vaters geprägt, hofft sie, die Außerirdischen könnten der Menschheit helfen. Heimlich antwortet sie und bietet den Fremden Unterstützung an.
Einige Zeit später, nach Abschluss der Kulturrevolution, kehrt Ye als Professorin an die Tsinghua-Universität zurück. Sie trifft auf Mike Evans, Sohn des CEOs einer der größten Ölfirmen, der aber engagierter Umweltschützer ist und der die Meinung vertritt, dass alle Spezies gleich sind. Ye sieht, dass Evans auch wütend auf die Menschheit ist und vertraut ihm an, was sie in der Militärbasis „Rotes Ufer“ erlebt hat. Evans verwendet sein Vermögen, um Mitarbeiter anzustellen und erwirbt ein riesiges Schiff, das er in eine schwimmende Kolonie und einen Horchposten umbaut. Nachdem sie Nachrichten von Trisolaris erhalten haben und somit Yes Geschichte bestätigt wurde, kündigt Evans die Gründung der militanten und teilweise geheimen Erde-Trisolaris-Organisation (ETO) als eine Art Fünfte Kolonne an und ernennt Ye als deren Führer. Die Nachrichten besagen, dass die trisolarische Eroberungsflotte aufgebrochen ist, dass sie aber die Erde erst in 450 Jahren erreichen wird, da die Flotte nur mit 1/10 der Lichtgeschwindigkeit reisen kann und auch lange braucht, um auf diese Geschwindigkeit zu beschleunigen. Die Vereinigung lockt eine Vielzahl von Wissenschaftlern, teilweise Mitarbeiter von Regierungen und andere gebildete Leute an, die mit der Politik und den Vorgängen auf der Erde unzufrieden sind. Die Vereinigung formt eine kleine Privatarmee und beginnt, kleine Atombomben zu bauen. Evans jedoch behält die Kontrolle über die meisten Ressourcen und beginnt Nachrichten von Trisolaris zurückzuhalten oder ändert diese ab. Überdies zerbricht die Vereinigung in Fraktionen. Die Adventisten und ihr Führer Evans streben die komplette Vernichtung der Menschheit durch die Trisolarier an. Die Erlöser und ihr Führer Shen wollen den Trisolariern bei der Lösung des Drei-Körper-Problems helfen. Eine weitere, kleine Fraktion, die Überlebenden, deren Mitglieder sich hauptsächlich aus Chinesen rekrutieren, wollen den Trisolariern bei der Eroberung der Erde helfen, verlangen aber im Gegenzug, dass ihre Nachkommen überleben dürfen.
In einem zweiten Handlungsstrang in der Gegenwart soll Wang Miao, Professor für Nanowissenschaften und Hobbyfotograf, helfen, tödliche Vorfälle im Zusammenhang mit internationalen Spitzenwissenschaftlern aufzuklären. Er wird dabei von dem ungehobelten Polizisten Shi Qiang unterstützt. Beide bemerken, dass die Regierungen der Erde sehr viel miteinander kommunizieren und einen Krieg vorzubereiten scheinen. Während der folgenden Tage hat Wang merkwürdige Halluzinationen. Er entdeckt beim Entwickeln eines Films eine Zahlenreihe auf seinen Fotos und hat keine Erklärung. Wang sieht andere Leute ein anspruchsvolles und komplexes Virtual-Reality Computerspiel „Threebody“ spielen und beginnt selber zu spielen. Das Spiel ist auf einer scheinbar fantastischen Welt angesiedelt. Ein Planet in einem System mit drei Sonnen kann nur einer chaotischen Bahn folgen (Dreikörperproblem). Die Entwicklung einer Zivilisation auf seiner Oberfläche wird immer wieder unterbrochen: Entweder verglüht die Atmosphäre oder sie erstarrt in Eis. Die Extreme wechseln teilweise innerhalb von Minuten. Die Einwohner (die wie Menschen aussehen) haben Schwierigkeiten, ihre Zivilisation weiterzuentwickeln und die Klimaänderungen vorherzusagen. Im Gegensatz zu den Menschen haben sie allerdings die Fähigkeit entwickelt, sich auszutrocknen und in eine papierähnliche Rolle zu verwandeln. Dies dient dazu, die chaotischen Zeitalter zu überdauern. Im Spiel tauchen Aristoteles, Mozi, Newton und andere Persönlichkeiten auf. Keiner von ihnen kann das Klima vorhersagen. Wang siegt, da er das Klima scheinbar vorhersagen kann. Es stellt sich heraus, dass das Spiel dazu dient, Mitglieder für die „Erde-Trisolaris-Organisation“ zu gewinnen. Wang wird in die Organisation aufgenommen und informiert Shi. Das führt zu einem Kampf zwischen der Volksbefreiungsarmee und den Soldaten der Vereinigung. Ye wird verhaftet. Die Volksbefreiungsarmee arbeitet mit den Amerikanern und deren Anführer Colonel Stanton zusammen, um Evans' Schiff zu überfallen. Aufgrund eines Vorschlags von Shi wird das Schiff daraufhin mit Klingen aus Nanomaterial zerteilt, was zu einem Massaker an der Besatzung führt, aber die Datenvernichtung verhindert. Die gefundenen Daten führen zu neuen Enthüllungen. Die Trisolarier haben eine extrem fortgeschrittene Technologie. Eine davon ist ein 11-dimensionaler Supercomputer, Sophon genannt, der in drei Dimensionen lediglich das Volumen eines Protons besitzt. Eine weitere Erkenntnis ist, dass zwei dieser Sophonen zur Erde gesendet wurden und dort Halluzinationen erzeugen, um Wissenschaftler in den Wahnsinn zu treiben, jeden Winkel der Erde ausspionieren und die Informationen mit Hilfe von Quantenverschränkung augenblicklich an Trisolaris schicken können. Eine Hauptaufgabe ist die Störung aller Teilchenbeschleuniger der Erde. Die Trisolarier begründen das damit, dass die Erde dadurch Schlüsseltechnologien praktisch nicht mehr erforschen kann und damit der technologische Fortschritt bis zur Ankunft der Flotte begrenzt bleibt.
Zum Schluss besucht die gealterte Ye Wenjie noch einmal die zu Ruinen verfallene Forschungsstation „Rotes Ufer“. Sie reflektiert ihre Entscheidungen der Vergangenheit und realisiert, dass die Menschheit von nun an anders sein wird.
Hintergrund
Veröffentlichungshistorie
Die Originalausgabe erschien 2006 zunächst in Fortsetzungen in der Zeitschrift Science Fiction World und wurde 2008 in China auch in Buchform veröffentlicht. 2014 erschien der Roman in einer Übersetzung von Ken Liu beim New Yorker Verlag Tor Books unter dem Titel The Three Body Problem auf Englisch, eine deutsche Übersetzung von Martina Hasse folgte im Januar 2017 im Heyne Verlag.
Mediale Bekanntheit erfuhr das Buch vor allem durch ein Interview des damaligen US-Präsidenten Barack Obama in der New York Times, in dem Obama angab, ein Fan Liu Cixins zu sein und Die drei Sonnen als beeindruckend empfunden zu haben.[1]
Adaptionen
2017 produzierten der WDR und der NDR Lius Die drei Sonnen als zwölfteiliges Hörspiel unter der Regie von Martin Zylka, das vom Sender WDR 5 in der Zeit vom 25. bis 29. Dezember 2017 erstausgestrahlt wurde.
Die Romanvorlage wurde 2015 außerdem unter der Regie von Fanfan Zhang mit Feng Shaofeng und Jingchu Zhang unter dem Titel The Three Body Problem verfilmt[2] und sollte ursprünglich Juli 2016 in die Kinos kommen; im darauffolgenden Jahr aber gaben die Produzenten eine Verschiebung auf unbestimmte Zeit bekannt.
Am 1. September 2020 wurde bekannt gegeben, dass Netflix die Rechte an der Trilogie erworben und eine Serie mit David Benioff, D.B. Weiss und Alexander Woo als Drehbuchautoren und Produktionsleitern in Auftrag gegeben hat.[3]
Fortsetzungen
Die drei Sonnen ist der erste Teil Liu Cixins „Trisolaris-Trilogie“, die mit Der dunkle Wald (2008; auf dt. erschienen 2018) und Jenseits der Zeit (2010; auf dt. erschienen 2019) fortgesetzt wird.
Rezensionen
- Für Maximilian Kalkhof auf spiegel.de ist der Roman auf den ersten Blick vielleicht etwas althergebrachte harte Science Fiction. Aber wie der Autor „... das alles verbindet, die Kulturrevolution, die Geschichte der menschlichen Zivilisation und die Frage nach den Grenzen der Wissenschaft: Das ist meisterlich.“[4]
- Für Thomas Grüter in Spektrum.de spricht der Roman „... viele tiefschürfende philosophische Fragen an und gibt nebenbei einen seltenen Einblick in die Verheerungen der chinesischen Kulturrevolution.“ Die Gesamtkomposition sei meisterhaft, zu bemängeln seien aber die „...teilweise abstrusen Verzerrungen physikalischer Tatsachen“.[5]
- Hahn Marten im Deutschlandfunk: „[Der Roman] verknüpft chinesische Geschichte und wissenschaftliches Wissen mit der Fiktion einer außerirdischen Bedrohung.“ – „[E]in Buch für Fans intelligenter Literatur.“[6]
Auszeichnungen
- 2006: Yinhe-Preis als bester Roman
- 2015: Hugo Award als bester Science-Fiction-Roman
- 2017: Kurd-Laßwitz-Preis als bestes ausländisches Werk und für die beste Übersetzung
- 2018: Premio Italia in der Kategorie Internationale Science-Fiction
Sonstiges
Die im Roman angegebene URL 3body.net[7] war 2018 nicht mehr in Betrieb; die URL 3body.com wird in chinesischer Sprache betrieben.
Literatur
- Cixin, Liu: Die drei Sonnen. Heyne, München 2017. (ISBN 978-3-453-31716-1)
Weblinks
- The Three Body Problem in der Internet Movie Database (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ Michiko Kakutani: Transcript: President Obama on What Books Mean to Him. In: The New York Times. 16. Januar 2017, abgerufen am 16. Dezember 2017 (englisch).
- ↑ http://europe.chinadaily.com.cn/culture/2015-08/06/content_21522042.htm
- ↑ Der internationale Bestseller „Die drei Sonnen“ wird als Netflix Original Serie verfilmt. Abgerufen am 2. September 2020.
- ↑ Maximilian Kalkhof: Science-Fiction-Erfolg „Die drei Sonnen“: Der China-Bestseller. In: Spiegel Online. 14. Dezember 2016, abgerufen am 7. Oktober 2018.
- ↑ https://scilogs.spektrum.de/gedankenwerkstatt/buchbesprechung-die-drei-sonnen-von-liu-cixin/
- ↑ https://www.deutschlandfunkkultur.de/cixin-liu-die-drei-sonnen-hochspannend-und-intelligent.1270.de.html?dram:article_id=374490
- ↑ 3body.net im Webarchiv. Abgerufen am 30. August 2018.