Diskussion:Bücherverluste in der Spätantike/Archiv/1
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Diskussionsbeginn März 2007
So, zusammen mit C.L.A. nun ist ein wesentlicher Anfang gemacht. Eine Einleitung habe ich noch vor. Zur Antike wäre zumindest noch etwas zu den Editionen um 400 zu schreiben. Die Paläografischen Überlieferungslinien beginnen meist im 9. Jahrhundert. Was also noch fehlt ist vor allem das Mittelalter und die Rolle der antiken Literatur in der Neuzeit. Ich wollte zunächst den Schwerpunkt auf die Spätantike legen und die Frage wann der Hauptverlust eintrat.
Ich habe im Bereich der Überlieferungsgeschichte gearbeitet und sah bei Leuten der WP einen Wunsch nach mehr Info zu dieser Frage. Ich konnte aber kein Buch finden das diese Frage hinreichend behandelt hätte. Auch scheinen manche Vorstellungen sehr verbreitet, was einen Verweis auf Schlussfolgerungen in irgendeinem Werk nicht hinreichend gemacht hätte. Es war notwendig auch zu zeigen auf welchen Informationen diese Schlussfolgerungen beruhen - nicht alle Autoren haben dies auch immer angegeben.
Es ist daher ein Artikel entstanden der sich eher an den Studenten richtet als an einen völligen Laien. Ich denke aber auch letztere dürften den Inhalt erfassen können. Immerhin ist Überlieferungsgeschichte nur ein Unterfach eines Nebenfachs (klassische Philologie) im Hauptfach Geschichte. Es ist wenig populär. Ich hoffe aber gezeigt zu haben, dass das Thema einige Relevanz hat. Ich habe versucht im Kernbereich möglichst viele Quellen anzugeben. Wenn der Artikel stabil wird kann man dies durch verkürzte Literaturangaben mit einer Titelliste am Ende komprimieren. -- Bibhistor 22:02, 4. Mär. 2007 (CET)
- Es wäre ja sehr schön, wenn Du noch so ein paar kleine Kategorien für Deinen Artikel spendieren könntest. Außerdem siehe er mal ganz erheblich wie eine Textwüste aus. --Pelz 00:55, 5. Mär. 2007 (CET)
- Einige Formalien müssen noch erledigt werden. Einleitung und Lit gehören dazu, da nur in den Anmerkungen zu schauen, etwas problematisch ist. Andererseits ist es ja nicht gerade einfach, ein solch komplexes Thema darzustellen. Eine andere Problematik: Ich habe ein paar kleinere Korrekturen vorgenommen, da Theoderich freilich nie Kaiser war (er hat das sicherlich auch nie beabsichtigt). Einige Punkte empfand ich als störend: Orosius nur als "Propagandist" zu bezeichnen, ist unangemessen und POV. Ich habe das korrigiert. Sicherlich haben die spätantiken christlichen Gelehrten gegen das Heidentum "Front gemacht" - was aber bitte, sollte man denn erwarten? Von heidnischer Seite geschah exakt dasselbe (man sehe sich nur mal Maximus an, den Freund Kaiser Julians, oder Eunapios). Der Eingriff der christlichen Kaiser in das Bildungswesen beruhte ja ironischerweise auf dem Schulgesetz Julians, der damit die Christen vom Lehrbetrieb ausschließen wollte (wenigstens was Homer, Herodot, Platon etc. betrifft). Theodosius I. hatte übrigens keineswegs einen "harten heidnischen Kurs" verfolgt. Ich hatte das schon im entsprechenden Artikel (auf Grundlage der neueren Forschung, u.a. Leppin) versucht darzustellen - die Quellen sprechen, trotz klagender Worte mancher Heiden, da eine ganz andere Sprache (wenigstens bis Theodosius II. und dann Justinian, die härter gegen Heiden vorgingen). Ansonsten hätte Zosimos sein Werk nie publizieren können (um 500 wohlgemerkt). Wie gesagt: man sollte da Vorsicht walten lassen. Ansonsten ist der Artikel aber ein guter Anfang - nur müssten man wie gesagt noch mal den Inhalt sichten und Formales (Typographie etc.) regeln. --Benowar 11:22, 5. Mär. 2007 (CET)
- Danke Benowar für deine Korrekturen und Ergänzungen. Als ich mich bei Orosius und Johannes Chrysostomos für die Formulierung "der christliche Propagandist" entschied, dachte ich, dies würde nicht unbedingt deffamierend klingen. Das du nun die beiden zu "christliche Gelehrte" machtest hat wohl doch das als Grund. Mir fiel aber kein besseres Wort ein. Mit deiner Beschreibung wird nun für einen Laien nicht klar, dass sie im Konflikt damals sehr deutlich für eine Seite arbeiteten, diese sogar wesentlich repräsentierten. Im Gegensatz dazu gab es in der Spätantike sehr wohl Gelehrte auf beiden Seiten deren Schriften keine Propaganda machten. Die Beschreibung "Propagandist" sollte deutlich machen mit welchem Ziel der Schreiber seinen Text verfasste. Bei den beiden erscheint mir dies unzweifelhaft. Was für die WP aber am besten passt musst letztlich du entscheiden -- Bibhistor 16:47, 5. Mär. 2007 (CET)
- Ich habe mal den ersten Abschnitt etwas wikifiziert und formatiert. Ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn du den Rest des Artikels selbst in WP-übliches Format bringen könntest (etwa 100.000 statt 100'000). Ein paar Schwächen bei ss/ß sind mir aufgefallen, bist du vielleicht Schweizer? Ansonsten ist der Artikel sehr vielversprechend, eine Einleitung und ein herkömmliches Literaturverzeichnis müssen aber auf jeden Fall noch her und auch Seitenangaben bzw. Quellenstellen bei den Einzelnachweisen wären sicher nicht verkehrt. -- Carbidfischer Kaffee? 19:58, 5. Mär. 2007 (CET)
Verweisproblem
Ich finde es super, daß es diesen Artikel gibt. Wirklich hochinteressante Information, an die man sonst nicht leicht kommt. Das Problem ist nur: Ich habe ihn lediglich durch Zufall gefunden. Vermutlich gibt es noch viele andere Artikel mit etwas spezifischeren Headern, die man gerne konsultieren würde, wenn man nur wüßte, daß sie existieren.
Einleitung
1. Ich habe nun eine Einleitung vorangestellt. Ich habe bei den Formulierungen vor allem versucht des Mittelalter nicht mit den kritischen Worten um 1900 zu belegen sondern die Motivation dieser Zeit besser zu erklären. Ohne diesen Teil zu verschweigen oder zu verdrehen. Man wollte auch damals nur das gute für die Menschen, aber im Rahmen einer völlig anderen Weltsicht als vorher oder heute.
2. Ich konnte schlecht die Überlieferungsgeschichte Einleiten ohne zu erwähnen, dass sie aus mindestens 4 Phasen besteht. Speziell die Antike vor 350 und die Zeit nach 1300 könnte man aber in deutlich mehr Phasen unterteilen. Mit 4 ist es wohl so knapp wie nur möglich. Der Artikel ist aber bereits etwas gross. Der Wunsch der WP bestand ja vor allem für Phase 2. Das ist nun geschehen. Aber wie ausführlich sollten die anderen Teile werden? Ich denke für weitere Teile sollte ich mich eher auf die Phasen konzentrieren für die kaum zusammenfassende Darstellungen vorhanden sind, eben wie bei 350-800. Aber wie gross darf ein WP Artikel überhaupt werden?
3. Die erwähnte "5. Revisionsphase?" ist zunächst mal ein Vorschlag. Als Fach ist Überlieferungsgeschichte relativ wenig populär, viel zu klein und manche sagen sogar fast tot. Es ist schon richtig, dass man in den grossen Bibliotheken keine wesentlichen Entdeckungen mehr machen kann - von ein paar Einbandseiten mal abgesehen. Dennoch läuft gerade zur Zeit eine Sache die das Thema in geradezu astronomische Höhen katapultieren könnte. Ja, die Überlieferungsgeschichte als absoluter Star am Campus! Da ich diese Sache schon länger und näher kenne würde ich gerne dazu schreiben, zumindest als kleine Motivation für Studenten. -- Bibhistor 08:01, 16. Mär. 2007 (CET)
- Die Einleitung könnte ganz am Anfang (vor dem Inhaltsverzeichnis) stehen und darauf hinweisen, was das Lemma meint. Das würde ich sehr begrüßen. Danke auf jeden Fall für Deine Arbeit! Jonathan Groß Korrekturleser gesucht! 16:52, 17. Mär. 2007 (CET)
- Ich habe die Einleitung etwas neutralisiert, da man ansonsten den Eindruck vermittelt bekommt, das MA sei eine Zeit des "Büchersturms" gewesen. Dass man gerade der fleißigen Kopiertätigkeit der Mönche viel verdankt, geht dabei unter, ebenso, dass im MA antike Texte ja durchaus geschätzt wurden. Hinzu kommt, dass man nicht Früh-, Mittel- und Spätmittelalter über einen Kamm scheren kann, man muss weiter auch in den entsprechenden Epochen differenzieren. Daher mein Wunsch, vielleicht noch ein paar Säte darüber zu verlieren - vom überholten Bild des immer düsteren Mittelalter, sollten wir uns nicht leiten lassen. --Benowar 12:54, 22. Mär. 2007 (CET)
Wenn du das Mittelalter um 400 beginnen lässt hast du gleich am Anfang eine Phase wo das Wort "Büchersturm" eher eine Untertreibung darstellt. Danach waren kaum noch Bücher da. Als wieder welche auftraten mit zweifelhafter Herkunft(!) gab es auch im Hochmittelalter wieder grosse Bücherverbrennungen. Das müsste aber eher zur Bibliotheksgeschichte. Was die Kopiertätigkeit im MA angeht, so ist dieses Kapitel ja noch nicht geschrieben. Die nicht-würdigung der Mönche zu bemängeln erscheint mir daher nicht so ganz fair.
Was deine Kritik am Begriff "absoluten Maßstab" angeht, du hast "leitenden Maßstab" daraus gemacht, so war meine Formulierung wohl nicht klar genug in dem was ich sagen wollte. Ich habe es entsprechend ergänzt. Was ich da über das Mittelalter schreibe soll die dominierende Denkweise erklären, nicht das Leben bis in die hintersten Winkel. Obwohl ich denke, dass diese Transformation die gesamte Gesellschaft umfasste. Lokale und temporale Ausnahmen in den Vordergrund zu stellen könnte da leicht das Gesamtbild verwischen wenn man Vergleiche zu Antike und Moderne macht. Und in diesem Fall ist ein Vergleich, ein deutlich machen der Unterschiede, ja gerade das Ziel des Textes.
Ich habe da noch dein "oft" entfernt. Denn sonst liest es sich als wäre man allgemein gegen antike Texte gewesen. Ich meinte aber, dass man nur zu den rationalen antiken Texten feindlich war. Es gab ja auch, heute kaum noch bekannt, irrationale Texte aus der Antike die durchaus im Mittelalter aktzeptiert wurden. Das Problem damals war nur was wir heute als "rationalen Inhalt" ansehen, nicht die Herkunft aus der Antike. Ich denke auch mit dem Verweis auf Bacon wird dies klarer. Ich weiss, dass das Mittelalter für viele sehr empfindlich ist. Aber viel mehr dazu sollte eigentlich nicht in eine Einleitung. Aber wie sollte ich sonst gerade die Unterschiede betonen? -- Bibhistor 08:52, 24. Mär. 2007 (CET)
Bemerkungen
Ich bin kein Spezialist zu dem Thema, möchte jedoch einige Punkte bemerken:
- Die Suda wird überhaupt nicht genannt, und die ist heute ein wichtige Quelle für viele verlorene Werke. Diese mag belegen, dass es um 1000 noch viel mehr gab als der Artikel glauben machen will. Ich frage mich ob die Jahreszahl 500 so stimmt (vielleicht nur für den Westen?? Gewiss jedoch nicht für den Osten, wo das alles wohl ein langsamer Prozess des Verlierens der antiken Literatur war, und vielleicht war auf der anderen Seite schon um Christi Geburt ein großer Teil ältester antiker Literatur verloren!).
- Diese Grunddaten der Überlieferungsgeschichte weisen auf eine kulturelle Katastrophe, die ohne Beispiel in der Geschichte der Menschheit ist. Diesen Satz finde ich schlicht und einfach vollkommen falsch. Im Endeffekt ist recht viel erhalten, eigentlich hat wohl nur noch China eine bessere Überlieferung seiner Texte. Alle anderen, etwa gleichzeitigen Völker und Kulturen haben einen fast vollkommenen Verlust ihrer Literatur durchgemacht, man denke nur an die Maya oder Parther (die Liste kann ich ewig fortsetzen). Von denen ist praktisch gut wie nichts überliefert. Alles ist verloren gegangen.
- Zivilisationsstufe erreicht, die Europa in wesentlichen Punkten (Agrarproduktivität, Transportwesen, Medizin- und Sanitärwesen, Alphabetisierungsgrad, Bibliotheksbestand) erst wieder im 19. Jahrhundert Ich weiss auch nicht, ob man das so sagen kann. Das entspricht doch sehr der Ansicht des 19. Jahrhunderts als man das Mittelalter als die Dunkle Zeit an sich an sah und die Antike als das' goldene Zeitalter. Das ist sicherlich nicht so einfach. Die hohe Produktivität der Antike beruhte doch fast vollkommen auf die gnadenlose Ausbeutung der Sklaven, eines hohen Anteiles der Gesamtbevölkerung. Das hat man in diese extremen Form später nicht mehr, so dass in der Gesamtheit betrachtet, also die Lebensumstände aller Bevölkerungsschichten mit einbezogen, es schon im Mittelalter viel besser ging.
Gruss -- Udimu 00:33, 5. Apr. 2007 (CEST)
- Diese Vermutung zur Suda wird erst relevant wenn klar ist wie sie entstanden ist. Könnte sie aus mehreren älteren Lexika kompiliert worden sein? Der Stand der Forschung legt dies nahe. Im WP Artikel steht ja "Die Hinweise auf antike Historiker gehen vermutlich ebenfalls nicht auf die Originaltexte zurück." Das Beispiel von Isidor zeigt, dass man aus der Erwähnung von Schriften nicht auf ihr Vorhandensein schliessen darf. Ausserdem, ist überhaupt bekannt wieviele Schriften die Suda zitiert und wieviel davon verloren sind? Gerade das Fehlen oder übergehen solch quantitativer Aussagen ist ja bisher das eigentliche Problem - man bekommt schnell einen falschen Eindruck. Was den Verlust im Osten angeht, so haben wir gerade von dort die deutlichsten Hinweise auf eine gezielte Vernichtung um 400. Für die Zeit vor 300 gibt es keine solche Hinweise.
- Was den Grad der Schriftlichkeit angeht kenne ich (vielleicht ausser den Chinesen wie du treffend angemerkt hast) keine vergleichbare antike Kultur. Ich glaube nicht, dass du ausser den Römern eine finden kannst die auf über 1 Million Titel kam, vergleichbar mit Europa um 1800!
- Das Argument mit den Sklaven ist recht häufig. Es macht aber wenig Sinn wenn man bedenkt, das auch sie ernährt werden müssen. Die höhere Agrarproductivität bedeutet es waren weniger Menschen in der Nahrungserzeugung beschäftigt und diese konnten auch noch alle anderen deutlich besser versorgen als im MA. Die anderen erwähnten Bereiche profitierten direkt davon - sie hatten mehr Arbeiter. Diese Betrachtung wurde vor allem von Archäologen im 19. Jh. vertreten. Dies ist heute noch der Stand bei den technischen Fachwissenschaften (aber mit der bedeutenden Ergänzung, dass es nicht nur das MA betrifft sondern auch die Moderne bis ins 19. Jh.!). Nur die heutige Mediävistik vermeidet oder bestreitet solche Feststellungen. Warum das so ist kann man bei Cantor nachlesen. -- Bibhistor 19:10, 5. Apr. 2007 (CEST)
Hi, mit der Suda kenne ich mich in der Tat nicht so gut aus. Zum Punkt zwei, das liesst sich aber momentan mit der kulturellen Katastrophe anders. Wie gesagt, von sehr vielen Völkern ist so gut wie alles an Literatur untergegangen, ob sie nun hunderte oder tausende an Werke produziert haben. Ich würde das zumindest etwas umformulieren wollen. Beim letzten Punkt habe ich etwas das Gefühl, dass das einfach auch etwas Ansichtssache ist. Zumindest meine Standpunkt: Man opfert einen hohen Teil der Bevölkerung (=Sklaven), die eben wie Maschinen arbeiten und die keinen Anteil an den Erungenschaften hatten, während im MA oder zumindest ab der Renaissance viel mehr Leute trotz Leibeigenschaft und Knechtschaft am allgemeinen Geschehen/Wohlstand teilhaben konnten. Nun gut. Gruss -- Udimu 20:35, 5. Apr. 2007 (CEST)
- Ich denke schon du kannst Kulturen finden die um 100 Titel produziert haben ohne das einer überliefert wurde. Je kleiner du den Begriff Kultur oder Volk machst, um so eher kommst du auf 100% Verlust. Die Römer werden hier aber mit der jüngeren europäischen Moderne verglichen. Sowohl an Bestand als auch an Inhalt. In beidem wirst du keine vergleichbare Kultur finden. Ich erwähne hier den Inhalt da er nicht von ungefähr mit dem grossen Bestand verbunden ist. Um "rationale" Inhalte zu erzeugen braucht man schon eine entsprechend grosse Wissensbasis. Die "kleinen" Kulturen der Antike hatten wahrscheinlich alle ähnliche mystische Inhalte als Basis und kamen kaum darüber hinaus. Ich schliese das aus dem Bericht eines OECD Bildungsberaters der schon vor einiger Zeit was zum Inhalt indischer Literatur vor 1750 schrieb. Aber bleiben wir besser bei den Bestandszahlen. Da ist es nun mal ein sehr grosser Unterschied ob man einige 100 oder Millionen Bücher verliert. Letzteres war einzigartig in der Geschichte und heute offenbar nur wenigen bewusst.
- Das dritte habe ich wohl nicht klar genug formuliert, sorry. Den Sklaven in Rom um 200 ging es Aufgrund der genannten Umstände erheblich besser als den Sklaven oder Bauern um 1200. Wenn man über das ganze MA so alle 10 bis 20 Jahre eine Hungerkatastrophe hat macht das eine Menge aus. Und die Antike hatte das eben nicht. Der Sklave um 200 war auch nicht rechtlos (er konnte Staatsbeamte anrufen), der Bauer um 1200 praktisch schon. Denn sein Lehnsherr war auch sein Richter und Gesetze lesen konnte keiner von beiden. Damit hatten 90% der Bevölkerung um 1200 einen geringeren Status und Lebensstandart als die 25%(?) Sklaven um 200. Und das Leben im MA war für alle erheblich härter als um 200. -- Bibhistor 08:45, 6. Apr. 2007 (CEST)
- Hi, du bist aber hart. Du schreibt zu Punkt zwei: Überlieferungsgeschichte weisen auf eine kulturelle Katastrophe, die ohne Beispiel in der Geschichte der Menschheit ist und eben nicht ohne Beispiel in der europäischen Geschichte. Das ist schon ein Unterschied.
- Mit den Sklaven und deren Lebensumständen sehe ich das vollkommen anders. Wir waren aber beide nicht da, können das eine oder andere daher nicht wirklich belegen. Hungerskatastrophen gab es in der Antike auch und da hat ein Menschenleben nichts, aber auch gar nichts gezählt. Ums kurz zu sagen, ich finde den Artikel schön und sehr interessant, aber etwas zu sehr schwarz-weiss malerisch (tolle Antike - böses MA) Gruss Udimu 09:07, 6. Apr. 2007 (CEST)
- Ich denke auch (siehe mein Statement oben), dass man stärker differenzieren muss. Ich wage auch zu bezweifeln, dass man das GANZE MA mit der Zeit um 200 vergleichen kann - eine generelle positive Würdigung der Zeit um 200 fiele mir auch schwer. Das MA, und hier besonders das FrühMA, war sicherlich keine Zeit, in die man sich zurückwünscht. Dennoch stellte es auch eine durchaus dynamische Zeit dar, auch in wissen. Hinsicht. Die Aristoteles-Rezeption, Dante, unzählige Dichtungen sprechen eine etwas andere Sprache. Ich will das aber auch nicht vertiefen, da ich auch noch woanders gebunden bin. Aber ich würde aus sagen, dass man etwas mehr Ausgewogenheit in den (an sich durchaus informativen und lesbaren Artikel) hineinbringen sollte. Eine komplette "Verdammung" des MA ist freilich auch nicht allgemeine Forschungsmeinung - man sehe sich die beispielsweise blühende Adelskultur des HochMA, die Stadtentwicklung im SpätMA an. Die Leibeigenschaft ist im Übrigen differenzierter zu bewerten, es kam durchaus zu einer Besserung (vgl. LexMA 5, Sp. 1845ff.). Aber das nur am Rande. Frohe Ostern! --Benowar 11:29, 6. Apr. 2007 (CEST)
Udimu, ich denke du hast mich gerade des eurozentrischen Chauvinismus überführt. Als ich Europa um 1800 erwähnte ging ich wie selbstverständlich von der Einzigartigkeit dieser Civilization aus. Was den intellektuellen Reichtum, den Buchbestand angeht, so dürfte das auch stimmen. Ok, ums noch mal deutlich zu machen: Es gab in der ganzen Geschichte der Erde keine Kultur zuvor die so viele Bücher (und Titel) hatte. Es gab keine die so viele Bücher (= Inhalte) wieder verlor. (Wobei sie genau genommen nach dem Verlust eine deutlich andere Kultur geworden ist.)
Zum MA: Der wesentlich Unterschied ist, dass es in der (römischen) Antike eben keine Hungerkatastrophen gab. Dies ist offenbar wenig bekannt. Meine Feststellungen betreffen aber nicht nur das MA sondern auch ein wesentlicher Teil der Moderne bis um 1800. Darin sehe ich einen wesentlichen Unterschied zu den anti-katholen des 19. Jh. die nur auf das MA eingedroschen haben. In einigen Punkten war der Unterschied zwischen 1200 und 1700 gar nicht so gross. Es ist immer eine Frage was man vergleicht.
Gerade der quantifizierbare Vergleich ist etwas das die Mediävistik heute prinzipiell vermeidet. Man beschränkt sich statt dessen auf die Diskussion literarischer Inhalte und verwendet Bewertungen ohne jeden Vergleichsmaßstab. Wenn nun aber ein Artikel einen Vergleich zu anderen Zeiten machen muss? Ich denke dann ist ein Protest, das MA wäre zu wenig differenziert dargestellt, nicht sinnvoll. Man kann natürlich schöne Episoden aus dem MA einbauen. Aber nur um den herben Eindruck des MA im emotionalen Gesamtbild zu vernebeln? Natürlich gibt es im HochMA Dichtungen die es mit der Antike aufnehmen können. Aber weder ist Dichtung das Thema noch die Zeit nach 900.
Für die in der Einleitung genannten Punkte macht es keinen Unterschied ob man vom Jahre 700 oder 1700 spricht. Natürlich ist dazwischen viel passiert. Aber alles genannte blieb unter dem angesetzten Maßstab. Dies sollte auch wirklich deutlich bleiben, denn dieser Umstand ist wenig bekannt, für das Thema aber sehr relevant. -- Bibhistor 18:58, 6. Apr. 2007 (CEST)
- eurozentrischen Chauvinismus überführt, so direkt wollte ich es nicht sagen;-) Was momentan vielleicht noch fehlt ist die arabische Seite, die haben ja auch einiges bewahrt und übersetzt (siehe: Haus der Weisheit). Übrigens Hungersnöte gab es wohl schon in der Antike, Galen berichtet von diesen. Gut belegt sind die aus dem 4. Jahrhundert. Gruss -- Udimu 12:09, 7. Apr. 2007 (CEST)
- Es gibt ein englisches Buch aus jüngerer Zeit zum Thema. Habe den Titel aber nicht da. Die Autoren untersuchten genau diese Frage und kamen am Ende zum Ergebnis es gab damals keine. Was das 4. Jh. angeht, ich erinnere mich sie erwähnten drohende Hungernöten im Osten die durch Transport von Getreide auf kaiserlichen Befehl verhindert wurden. Ist es das auf was du dich beziehst? Lokale Missernten sind immer möglich, führten wegen der damals verfügbaren Überproduktion und Transportkapazitat nicht zu Katastrophen. Das war wohl der Schluss der Autoren. Ich habe die Produktivitätsaussage nun referenziert. Ich fand es nich so gut, dass du den Text gleich so relativiert hast. -- Bibhistor 19:35, 7. Apr. 2007 (CEST)
- Das Buch ist vermutlich: Garnsey, P. und Whittaker, C.R.: Trade and Famine in Classical Antiquity, 1983. -- Bibhistor 21:34, 7. Apr. 2007 (CEST)
- danke für den Literaturhinweis. Ansonsten muss ich leider sagen, dass der bisher schöne Artikel doch etwas aus den Fugen gerät. Die Diskussion zum Fundamentalismus und den Gehirnstrukturen kann ich schwer nachvollziehen. Ich bitte darum diese Passage zu streichen und doch lieber bei Fakten zu bleiben. Gruss Udimu 08:05, 11. Apr. 2007 (CEST)
Udimu, der Verweis auf die Gehirnstrukturen ist nun mal eine moderne Begründung für die Vorgänge von damals. Er wurde auch noch in einem der bekanntesten modernen Bücher zusammen mit dem Ende der Antike erwähnt. Gerade deshalb finde ich die Erwähnung auch im Artikel sinnvoll. Denn er zeigt, dass es heute modernere und präzisere Erklärungen gibt als einfach religiöser Fundamentalismus.
Völlig unaktzeptabel finde ich aber deine Löschungen, die du in dem Artikel vorgenommen hast. Ich sehe die entsprechenden Aussagen als hinreichend begründet. Vor allem stört mich aber, dass du nun mehrere Stellen gleichzeitig gelöscht hast. Das ist nicht was ich mir unter dem Diskussionsstil der WP vorstelle. Bitte mache das wieder rückgängig. -- Bibhistor 17:09, 11. Apr. 2007 (CEST)
Nun gelöscht hat Benutzer:Emes soweit ich das in der Versionsliste sehe. Ich werd sie mal rückgängig machen. 80.133.158.179 00:01, 12. Apr. 2007 (CEST)
Die Änderungen wurden von mir wiederhergestellt, da sie meiner Meinung nach durchaus zur Neutralisierung beigetragen haben. Ich möchte hier auch noch einmal etwas klar herausstellen: Artikel in der WP müssen vorrangig den allgemeinen Forschungsstand wiederspiegeln. Das tut der Artikel etwa in Hinsicht zur Spätantike und MA m. E. nur bedingt. Isidor als halben Analphabeten hinzustellen, ist sachlich falsch. Die moderne Forschung hat doch etwa in Bezug auf Hispanien nachgewiesen, dass dort die spätantike Kultur bis zur Islamischen Expansion relativ stark nachwirkte. Oben wurde genügend auf einige Punkte kritisch eingegangen. Insgesamt müssen solche Passagen neutralisiert werden und auch ansonsten sollten Allgemeinplätze vermieden werden. Die im Artikel deutlich werdende deutliche Bevorzugung der klassischen Antike gehört nicht zur Sache (und ist meiner Ansicht nach so auch etwas verfehlt, da pauschalisierend, aber das ist eine persönliche Meinung), es geht um die Beschreibung des Verlustes der antiken Lit. Dabei mit dem MA "abrechnen" zu wollen, ist grundfalsch, ebenso wie manche Aussagen hinsichtlich der Spätantike m. E. wenigstens diskutabel sind. Dass es einen "Verfall" im FrühMA (aber eher nur dort) gegeben hat, soll ja gar nicht in Abrede gestellt werden, dennoch muss regional differenziert werden und auch etwa die Kopiertätigkeit der Mönche und die durchaus gegebene literarische Aktivitäten im FrühMA berücksichtigt werden; gehört aber auch nur bedingt hierher, wie auch die Kritik am MA. Zum Schluss: damit soll keineswegs die Arbeit von Bibhistor gering geschätzt werden, im Gegenteil, der Artikel ist sehr informativ und schließt eine große Lücke. Für diese Arbeit nochmal: danke. Aber ebenso müssen die Kritikpunkte angemessen berücksichtigt werden. Einen m. E. guten (historischen) Überblick zum Übergang Antike/MA (auch in Hinsicht auf die Lit.) bildet Friedrich Prinz, Von Konstantin zu Karl dem Großen, Zürich/Düsseldorf 2000 (berücksichtigt die bis dahin aktuelle Lit.). Also weiter alles Gute an alle Beteiligten. --Benowar 10:01, 12. Apr. 2007 (CEST)
- Die Passagen zu den Gehirnstrukturen und den Taliban sind m. E. in der Form noch weniger tragbar als die von dir monierte negative Bewertung von Spätantike und Frühmittelalter. -- Carbidfischer Kaffee? 10:24, 12. Apr. 2007 (CEST)
- Diese Punkte wurden auch schon in der QS angesprochen. --Benowar 10:52, 12. Apr. 2007 (CEST)
- Das ist mir nicht entgangen, umso mehr wundert es mich, dass sie noch weitgehend unverändert im Artikel enthalten sind. -- Carbidfischer Kaffee? 10:55, 12. Apr. 2007 (CEST)
- Ich habe die Taliban erstmal komplett entfernt. Ich wollte den Abschnitt "Fundamentalismus" erst umschreiben, aber das ist nur durch eine Neuerstellung machbar. Der Talibanvergleich hinkt ohnehin sehr stark und wird (wenn man ihn schon durchgehen lassen wollte) viel zu breit ausgewälzt. Dieser Aspekt eines religiösen Fundamentalismus in der Spätantike (nur dann passt es ja zur Vernichtung der antiken Lit.) halte ich auch für sehr, sehr diskussionswürdig. Sicher gab es Übergriffe von Christen auf Heiden - genauso gut aber auch umgekehrt (siehe Alexandria). Die Christen haben heidnisches Wissen ja auch keineswegs samt und sonders verurteilt: man denke nur an Augustinus, Marius Victorinus etc. Daher wirkt dieser Punkt auf mich eher verzerrend als Klarheit schaffend. Noch im 5. Jahrhundert gab es schließlich auch heidnische Beamte (vielleicht sogar noch bis zu Justinian), ebenso wie es heidnische Dichter etc. gab, die auch wirken konnten. Die Religionspolitik der Kaiser schwankte da ohnehin sehr stark. Das Bilderverbot in Byzanz ist auch ein schlechtes Beispiel: zu diesem Zeitpunkt war Byzanz vollkommen christianisiert - und das Bilderverbot zielte ja (wenn in dieser Schärfe überhaupt erlassen, da lassen einen auch die bilderfreundlich-gefärbten Schriften im Stich) gegen Christen, die der Ikonenverehrung anhingen. --Benowar 11:01, 12. Apr. 2007 (CEST)
Benowar, der Artikel ist auf deinen Wunsch hin entstanden. Du wolltest wissen, warum es in der Forschung die Aussage gibt, die antike Literatur sei vor 500 verschwunden. Ich habe dies anhand primärer Quellen erklärt. Quellen waren entweder spätantike Zitate oder Forschungen zumeist vor 1970. Auch habe ich erklärt, warum es einen Konsens in der Forschung gibt (etwa seit 1970er), um Dinge die das MA und damit den Katholizismus beeinträchtigen nicht deutlich zu machen.
Der Artikel kann nicht vermeiden, Literatur von Antike und MA von Menge und Inhalt her zu vergleichen. Dass dabei das ganze MA nicht den Stand der Antike erreicht ist nun mal ein meist verschwiegenes Faktum. Oder hast du das Diagramm zur Bibliotheksstatistik schon zuvor gesehen? Sicher nicht. Die meisten Zahlen waren aber schon in den 1950ern veröffentlicht. Auch was den Inhalt der Bücher des MA angeht, so haben sie nun mal keinen Fortschritt gegenüber der Antike erreicht.
Natürlich ist der Fortschritsbegriff hierbei an einer modernen oder antiken Skala gemessen, nicht an den Werten des MA. Das MA war die Hochzeit des Glaubens, hatte aber entsprechende Schwächen in anderen Bereichen die uns heute wichtiger erscheinen. Die mir vorgeworfene "deutliche Bevorzugung der klassischen Antike" ist eben eine Frage was man betrachtet und welche Vergleichspunkte man hat.
Ich habe die "literarische Aktivitäten im FrühMA" mit Cassiodor und Isidor sehr wohl dargestellt. Und auch erklärt, warum die beiden die wichtigsten waren. Ich belegte, warum Isidor "zumindest teilweise was man heute einen funktionalen Analphabeten nennt" war. Daraus machst du polemisch "Isidor als halben Analphabeten hinzustellen."
Es geht in dem Artikel nicht um den Untergang von Rom, wie jetzt dort steht, sondern um den der antiken Bücher und damit auch der antiken Kultur. Kultur und Bücher sind eng verbunden, daher auch im Artikel die Erwähnung archäologischer Untersuchungen von Sauer zum gleichzeitig mit der Büchervernichtung auftretenden Ikonoklasmus. Die Taliban sind die einzige moderne Kultur mit vergleichbar intensivem Ikonoklasmus. Dies wurde von Sauer zurecht mit Detailschilderungen belegt - es ging eben nicht nur um die Sprengung der Buddhas. Dass dieser wichtige Hinweis nun gelöscht wurde zeigt deutlich die gefühlsmässige Basis dieser Löschung.
Ebenso die komplette Löschung der Erklärung Sagans warum die antike Kultur unterging. In der WP soll nicht erwähnt werden was im weltweit verbreitetsten Sachbuch dazu steht? Benowar, du bist als Admin nun verantwortlich für diese Löschungen. Ich fordere dich hiermit auf, alle diese Löschungen wieder zurück zu nehmen. Was du tatest ist kein für mich aktzeptabler Stil einer "Diskussion". Ich sehe sonst keine Grundlagen für meine Mitarbeit an der WP. -- Bibhistor 18:37, 12. Apr. 2007 (CEST)
- Hallo Bibhistor. Wikipedia ist ein Projekt an dem viele Autoren arbeiten und da kommt es mehr als einmal vor, dass unterschiedliche Ansichten aufeinantreffen. In Deinem Artikel habe ich den Eindruck, dass Du eine ganz bestimmte Sicht der Dinge darlegst. Das ist an einem anderen Orten vollkommen berechtigt, jedoch nicht hier, wo versucht wird, so weit als möglich objektiv zu bleiben (ich muss zugeben, dass ich nicht glaube, dass es sowas wie Objektivität gibt, aber das nur nebenbei). Bei allen Anfragen und Diskussionen sperrst Du Dich konsequent, auch andere Meinungen in Betracht zu ziehen und diese in den Artikel einfliessen zu lassen. Ich hatte mich an solche Sachen wie, kulturelle Katastrophe, die ohne Beispiel in der Geschichte der Menschheit oder Zivilisationsstufe erreicht, die Europa in wesentlichen Punkten ... erst wieder im 19. Jahrhundert gestört. Das finde ich merkwürdig, da ich immer wieder lese, das alle antiken Kulturen im Prinzip Ackerbaugesellschaften waren, mit einem sehr, sehr hohen Anteil an Bauern, ob frei oder nicht, spielt hier keine Rolle (Teodor Shanin, Peasants and Peasant Society, 1971). Nun gab es ab des Spätantike Wassermühlen und später auch Windmühlen. Die haben nun objektiv eine höhere Agrarproduktion bewirkt. Ich komme dashalb nur zum Schluss, dass Du die Antike in den Himmel hebst und das Mittelalter nicht magst. Das sind Kleinigkeiten.
- Etwas komplizierter finde ich bei dem Titel des Artikels, dass anscheinend der Osten des Mittelmeerraumes vollkommen ignoriert wird. Bei den Berechnungen der Anzahl von Analphabeten kommst Du auf ca. 1% Schriftkundiger. Für Byzanz kommt man sicherlich zu ganz anderen Ergebnissen. Dort gab es eine anhaltende Produktion literarischer Werke, auf hohem Niveau. Und was ist mit den irischen Mönchen und ihrer enormen Buchproduktion?
- Ich habe auch schon auf die Araber verwiesen, die einiges übersetzt haben und dadurch bewahrt haben. Es gab keine Reaktion darauf, geschweige denn eine Einarbeitung in den Text. Leider bin ich nicht so belesen und mir fehlt vor allem die richtige Literatur um das selbst zu beheben. Gruss -- Udimu 19:31, 12. Apr. 2007 (CEST)
- Ich werde nichts rückgängig machen. Was du als nicht-akzeptablen Stil bezeichnest ist der Versuch, POV und Abweichungen von der Forschungsmeinung zu vermeiden. Und um ehrlich zu sein: mir wird das zu bunt hier. Ich muss mich für nichts entschuldigen. Weder habe ich hier sinnlos gelöscht, noch jemanden beleidigt, noch POV eingebaut - und mir ist sehr wohl bewusst auf was es ankommt oder nicht. Ich finde es auch reichlich unverschämt, mir nun hier Vorwürfe zu machen, weil ich begründete Kritik geübt habe, die ich mir ja nicht aus den Finger gezogen habe - und sicherlich habe ich keinen persönlich attackiert. Das Prinzip der WP ist auch nun mal nicht, auf Teufel komm raus seine Ansichten durchzusetzen: diese Vergleiche mit Taliban etc. waren mehr als unpassend. Dass auf das MA eingegangen werden muss, ist doch gar nicht strittig. Aber dann doch bitte seriös und nicht mit solchen halbseidenen Formulierungen, die den Eindruck erwecken, das MA sei das Ende der Welt gewesen - der Verlust der Lit setzte ja auch nicht um 800 erst ein... Ich werde mich hier verabschieden, tue du, was du nicht lassen kannst. Die gelöschten Passagen allerdings werden sicherlich auch von anderer Seite wieder gelöscht, da sie nun mal mehr als problematisch sind. --Benowar 21:54, 12. Apr. 2007 (CEST)
Hauptautor beendet Mitarbeit
Ich habe mich mit dem Thema viele Jahre beschäftigt und das gilt sicher auch für Carl Sagan und Eberhard Sauer zu ihren Büchern. Das User wesentliche Überlegungen dieser Experten für irrelevant halten und nach wenigen Stunden löschen habe ich nicht erwartet. Da ein WP Administrator dafür die Verantwortung übernahm und man die Löschungen nicht revidierte sehe ich keine Basis für eine weitere Arbeit an diesem Artikel.
Ich denke es sind für die Löschungen vor allem weltanschauliche und religiöse Überzeugungen verantwortlich. Ich habe mich bemüht anti-christlich oder anti-katholisch interpretierbare Formulierungen zu vermeiden und sogar erklärende Entschuldigungen oder Relativierungen zum Handeln von Heiligen eingebaut. Mit weltlichem Maßstab lässt sich das Mittelalter aber nicht ebenbürtig mit der Antike darstellen. Ich kannte ähnliche Einschränkungen bisher nur von katholischen Wissenschaftsverlagen die entsprechenden Verpflichtungen unterworfen sind.
Bei der Wikipedia kann ich dies nicht aktzeptieren. Ich glaube auch es ist keine offizielle Politik der WP sondern eher ein zufälliges Zusammentreffen entsprechend geprägter User. Vielleicht ändert sich dies irgendwann. Da ich den begonnenen Artikel noch verbessern und abschliessen möchte habe ich eine von mir authorisierte Userversion erstellt:
Bibhistor Version von "Überlieferungsgeschichte der antiken Literatur"
Es steht nun jedem User frei welche Teile davon er in den Artikel einbauen möchte. Auch vermute ich, User könnten ein Interesse daran haben die ungefilterte Betrachtung von jemand zu lesen der sich schon sehr lange mit dem Thema beschäftigt hat. Vielleicht kommen auch andere nach einer Zeit zur Einsicht, dass manches zunächst provokativ wirkende, letztlich nur eine notwendige Einsicht ist. -- Bibhistor 20:28, 15. Apr. 2007 (CEST)
Finsteres Mittelalter
"war die Vernichtung der antiken Literatur einer der Gründe für den Terminus „Finsteres Mittelalter“." Das stimmt nicht. Vielmehr handelt es sich um einen Ausdruck der Aufklärung, die sich durch die "Verfinsterung" der Zeit davor ins rechte Licht setzen wollte. Fingalo 13:40, 18. Apr. 2007 (CEST)
Umschreibung
„Was zunächst als Phase der Umschreibung von Rolle auf Papyrus erschien, war offenbar nur das Resultat einer extrem reduzierten Buchproduktion.“ Muss es nicht „auf Pergament“ heißen? Fingalo 15:08, 18. Apr. 2007 (CEST)
Exorzismus
„Noch heute gelten im katholischen Exorzismus heidnische Kaiser, wie etwa Nero, als Dämonen die Menschen befallen können.“ Quelle? Fingalo 15:50, 18. Apr. 2007 (CEST)
Magier
„Einer der Kirchenväter hat etwa den babylonischen Geschichtsschreiber Berossus als Magier bezeichnet.“ Quelöle? Fingalo 15:52, 18. Apr. 2007 (CEST)
Paulusstelle
„und sie berechneten den Wert derselben und fanden ihn zu fünfzigtausend Stück Silber.“ Vorsicht: Ist die Zahl historisch oder eine der üblichen Übertreibungen um den Sieg des Paulus zu vergrößern? Sollte man Reiseberichte verbrennen, weil Paulus einen Kranken heilt? „Viele aber von denen, welche vorwitzige Künste getrieben hatten ...“ Wer von denen, die ein heidnisches Theaterstück gelesen haben, hat schon vorwitzige Künste betrieben? Die, die Bücher verbrannt haben, waren (nach dem Text) nur ein Teil derer, die vorwitzige Künste betrieben hatten, und die waren nur ein Teil derer die bekehrt worden waren. Angesichts der Tatsache, dass „Stadt“ heute eher als Dorf gelten würde, und nur ein Bruchteil bekehrt wurde, haben das nur ein Bruchteil eines Bruchteils eines Bruchteils getan. Da sind 15.000 Silberstücke (wer hat das damals auf welcher Grundlage geschätzt?) eher unglaubwürdig. Fingalo 16:04, 18. Apr. 2007 (CEST)
Varro und Isidor von Sevilla
Fn. 81 und 82 sind so nicht richtig. Varro hat laut den Institutiones II, 7, 4 des Cassiodor den Kosmos mit einem Ei verglichen, die Schale mit dem Himmel, das Eiweiß mit der Erde. Auch Martianus Capella (5. Jh.) De nuptiis Philologiae et Mercurii Lib. I, 68 ist vage von einer die Elemente sybolisierenden Sphära die Rede, welche damals üblicherweise mit einem Ei gleichgesetzt wird. Johannes Scotus Eriugena verfasste um 860 einen Martianus-MKommentar, wor er die Ei-Metapher ausdrücklich klardstellt. Dabei ging es nie um die Form, sondern um den Aufbau. Eriugena setzte die Erde dabei mit dem Dotter gleich (und der ist auch in einem Ei kugelförmig). Bei Macrobius (4. Jh.) findet sich in seinen Saturnalia ein ausdrücklicher Vergleich des Weltalls (nicht der Erde) mit einem Ei.
Für Isidor haben W. M. Stevens: The Figur of the earth in Isidore's „De natura rerum“. In: Isis 71 (1980) S. 268-277 und Ch. W. jones: The flat Earth. In: Thought 9 (1934) 296-307 und T. R. Eckenrode: Venerable Bede as a Scientist. In: American Benedictine Review 21 (1971) 486-507 dargelegt, dass die Auffassung, Isidor habe die Scheibengestalt der Erde vertreten, nicht haltbar ist. Vielmehr sind die entsprechenden Textstellen uneindeutig. Seine „rota terrarum“ war die sprachliche Entsprechung der antiken mappae mundi. Was er über die Gestalt der Erde dachte, geht nirgends hervor. Beda sagt deutlich, dass die „rotunditas terrae“ nicht als Rad (gyrus) oder als Schild (scutus) sondern als Ball (pila) aufzufassen sei. Fingalo 17:48, 18. Apr. 2007 (CEST)
1. Lesung
Jetzt habe ich mal den Artikel in erster Lesung geflöht, die Zeichensetzung korrigiert, die Autoren vereinheitlicht (mal waren die Vornamen vorn, mal hinten. Vorname bedeutet, dass er vorne steht. Nur wenn die alphabetische Reihenfolge entscheidend ist, wird er beim 1. Autor nachgestellt, in Wikipedia nie. Aber jetzt muss noch die Literatur bearbeitet werden. Die mehrfach zitierten Bücher, die sich mit der Bibliotheksgeschichte befassen, gehören ins Literaturverzeichnis und nicht x-mal mit voller bibliographischer Breite in die Fußnoten.
Und das copy and paste nervt ehrlich. Da werden nicht einmal die Fußnotenziffern des Originaltextes rausgenommen und über all p. statt S. für Seite. Für einen deutschen Wikipediaartikel ist er stark englischlastig. Wer kein Englisch kann, hat geloost. In den Regeln heißt es aber, dass fremdsprachige Zitate zu übersetzen sind. Fingalo 17:56, 18. Apr. 2007 (CEST)
Ein wichtiges Buch zum Thema sollte nicht unerwähnt bleiben: Manfred Landfester (Hrg): Geschichte der antiken Texte. Werklexikon. Der Neue Pauly Supplemente 2. Stuttgart 2007. Fingalo 18:42, 18. Apr. 2007 (CEST)
Noch etwas: Zur Überlieferungsgeschichte der Antiken Texte gehört auch der arabische Raum (einschließlich Spaniens - Toledo z.B.). Der Almagest kam schließlich von da. Fingalo 18:48, 18. Apr. 2007 (CEST)
Überarbeiten
Aus der QS-Diskussion: Ein Artikel, der vielversprechend begann und immernoch viel Potential hat. Die Diskussionen zur Gehirnstruktur und zum Fundamentalismus finde ich allerdings viel zu weit gehend. Ansonsten wird hier auch sehr schwarz-weiss gemalt. Die klassische Antike wird als das Goldene Zeitalter an sich dargestellt. Der Rest der Welt fast vollkommen ignoriert. Meine Versuche an einigen Punkten die Aussagen zu relativieren wurden rückgängig gemacht. -- Udimu 08:33, 11. Apr. 2007 (CEST)
- Ich denke auch, dass der Artikel insgesamt sehr ordentlich ist. Es steckt auch sicherlich viel Arbeit von Bibhistor drin. Allerdings muss ich Udimu hier zustimmen: dieser Taliban-Vergleich, wenn auch nur indirekt eingebracht (da aus einem Buch übernommen), ist höchst unpassend. Überhaupt wirken Teile des Artikels auf mich so, als würde das Bild der Spätantike als das einer halb-barbarischen, dekadenten Epoche angehangen - was keinesfalls Forschungsmeinung ist. Ebenso wird mir der Übergang zum Mittelalter und die literarische Tätigkeit im MA zu negativ gesehen (siehe Disku und die Bemerkung Udimus). Ich hatte schon vorgeschlagen, den Inhalt zu neutralisieren und möchte dies noch einmal betonen. Für eine andere Sichtweise sei etwa auf Friedrich Prinz, Von Konstantin zu Karl dem Großen, Düsseldorf und Zürich 2000, verwiesen. Wie gesagt: mein Einwurf ist, ebenso wie der von Udimu, als konstruktive Kritik zu verstehen, da der Artikel an sich bitter nötig war und auch keineswegs durchgängig derart kritisch von mir betrachtet wird, wie dies etwa in der Bewertung der Übergangszeit Spätantike/Frühmittelalter der Fall ist - man hat ja ansonsten teils den Eindruck, es hätte im MA keine literarische oder künstlerische Tätigkeit gegeben... --Benowar 15:03, 11. Apr. 2007 (CEST)
- Der Artikel ist prinzipiell tatsächlich sehr gut. Bei den Ursachen für Roms Untergang wird er mir ein wenig weitschweifig. Die Beschränkung auf die klassische Antike ist sachlich richtig. --Ziko 22:35, 11. Apr. 2007 (CEST)
Na ja. Er ist nicht schlecht. Ich habe ihn mal geflöht und jede Menge Fehler (Ortho, Zeichensetzung) ausgebügelt. Das copy & paste bei englischen Texten (nicht mal die Ziffern der Fußnoten waren gelöscht) nervt. Bei Seitenangaben nicht mal p. durch S. ersetzt. Hab sie rausgenommen. Die Literatur ist teilweise unvollständig bibliographisch nachgewesen (Erscheinungsorte fehlen häufig). Ich habe mal die Literaturangaben etwas vereinheitlicht (Vorname Name und nicht umgekehrt. Im Artikel mal so, mal so). Diese Läusekämmerei hat mich 1/2 Tag gekostet. Wenn's der Autor gleich gemacht hätte, wäre es weniger Arbeit gewesen.
Die zum Thema gehörende Fachliteratur über die Überlieferung muss noch aus den Fußnoten raus (dort stehen die gleichen Belege mehrfach in vollem bibliographischen Ornat!) und in die Literaturangaben. Fremdsprachige Zitate sollen nach den hiesigen Regeln übersetzt werden. Wer kein Englisch kann, hat hier geloost.
Das „Finstere Mittelalter“ bestand schon lange vor 1900. Die Aufklärung erweckte das Licht des klassischen Altertums zu neuem Licht. Dazwischen lag die Dunkelheit kulturellen Verfalls. Was über Varro und Isidor von Sevilla da steht ist Käse. Dass Kaiser Nero im Exorzismus genannt wird, ist mir neu, Beleg fehlt. Die Frage, inwieweit nicht Kriegseinwirkungen Buchbestände zerstört haben, wird überhaupt nicht gestellt. Es wird nur erwähnt, dass da mal ein Gothenkrieg war. Der gesamte arabisch-muslimische Überlieferungsstrang (über Toledo z.B.) fehlt völlig. Ein Hinweis auf den 2007 erschienenen Supplementbant 2 zum Neuen Pauly, Geschichte der antiken Texte, Werklexikon, sollte auch nicht fehlen. Dass die Fundamentalismuspassage rausgeflogen ist, ist goldrichtig. Radikalität und Fundamentalismus (Taliban) sind grundverschiedene Paar Stiefel. Bei der zitierten Stelle aus der Apostelgeschichte über Paulus vermisse ich eine textkritische Auseinandersetzung zur Historizität der Episode.
Also, da ist noch einiges zu machen. Fingalo 20:30, 18. Apr. 2007 (CEST)
- Es fehlt etwa das Schicksal der Bibliotheken in Timgad und Karthago (hierzu etwa K. Vössing, Die öffentlichen Bibliotheken in Africa, in: A. Mastino; P. Ruggeri (Hgg.), L'Africa romana X, Bd. 1, Sassari 1994, S. 169-183) Fingalo 18:49, 19. Apr. 2007 (CEST)
Mir fällt bei der 2. Lesung auf, welch (für deutsche Verhältnisse) ungewöhnlich breiten Raum die Forschungsgeschichte (eigentlich ein Metathema zum Hauptthema) einnimmt, also die Darstellung welche Autoren aus welchen Gründen welche Irrwege gegangen sind. Das hat eigentlich in einem enzyklopädischen Artikel nichts verloren. Manchmal bringt zwar die Auseinandersetzung mit anderen Meinungen auch eine Kärung des dargestellten Standpunktes, aber nicht in dem hier vorliegenden Umfang. Ich denke, das müsste entscheidend gekürzt werden. Fingalo 19:36, 19. Apr. 2007 (CEST)
- Der Satz: Die überlieferten Texte sind jedoch recht selektiv und wurden zu einem großen Teil von christlichen Autoren ausgewählt, die in der Antike eine kleine Minderheit darstellten. Ist unklar. Nach Konstantin stellten sie keine kleine Minderheit mehr da. Und er gehört wohl noch zur Antike. Bezieht sich des Wort „Autoren“ auf die Auswählenden, oder auf die Ausgewählten Autoren? Fingalo 20:46, 19. Apr. 2007 (CEST)
Ich habe die Metatexte radikal zusammengestrichen und die Reihenfolge umgestellt. Da standen Sachen drin, die da nicht hingehören (über das Schicksla Roger bacons im 13. Jh.) oder den größeren hiostorischen Zusammenhang verzeichneten. So werden die Verfolgungen einem radikalen Christentumsbewusstsein zugeschrieben. Dass das Christentum als Staatsreligion gleichzeitig den Zusammenhalt des Reiches garantierte und die Königs-/Kaisermacht legitimierte, führte dazu, dass ein Abfall gleichzeitig Hochverrat war. Diese ganzen Zusammenhänge und komplexen Verhältnisse (es gab im Mittelalter Astrologen auf dem Papstthron) kann man hier nicht darstellen - und das ist auch nicht erforderlich, um das Christentum als Verursacher des Überlieferungsabbruches zu identifizieren. Fingalo 22:08, 19. Apr. 2007 (CEST)
Zweite Lesung
Ich habe jetzt die 2. Lesung durchgeführt. Dabei habe ich viele Passagen, die mit dem Thema nur miitelbar zu tun haben und in der Regel Spekulationen enthalten, rausgeschmissen. Das bedeutet nicht, dass ich sie gelöscht habe (das würde die Verfolgung des Bearbeitungsvorgangs etwas mühselig machen), sondern ich habe sie in <!-- xxx --> geklammert. In der Regel steht dabei in Klammern meine Kurzbegründung. Damit steht für meine Begriffe jetzt das Grundgerüst aus dem vorliegenden Material. Inhaltlich habe ich keine Korrekturen an den Hauptpassagen durchgeführt. Dazu müssen andere ran. Aber zu den allgemeinen historischen Hintergründen des Mittelalters kann ich auch noch einiges beitragen.
Es müssen noch die englischen Zitate übersetzt werden. Wenn ich das machen würde, würdet ihr Euch nur kaputtlachen.
Biblhistor schreibt ja an dem Artikel auf seiner Namensunterseite weiter. Ich habe ihn gebeten, Ausführungen zur muslimischen Überlieferung antiker Texte zu machen. Vielleicht ist da Brauchbares dabei, das man hierherkopieren kann. Fingalo 15:39, 20. Apr. 2007 (CEST) Ach ja, ich habe noch die Literatur zur Überlieferungsgeschichte rausgenommen und unten hingesetzt. Die Literatur, die nur einzelne Behauptungen belegt und antike Quellen beinhaltet, habe ich in den Fußnoten gelassen. Fingalo 15:43, 20. Apr. 2007 (CEST)
- Die Quellen müssen auch gerüft werden. Seine Übersetzungen sind unzuverlässig und auf sein Ziel hingebogen. Ich habe das auf Benutzer Diskussion:Bibhistor/Überlieferungsgeschichte der antiken Literatur an einigen Beispielen dargetan. Fingalo 18:41, 20. Apr. 2007 (CEST)
Danke für deine Arbeit, du gehst aber m. E. immer noch viel zu vorsichtig mit Theoriefindung und POV um. Ich habe einmal versucht, die Einleitung und die ersten beiden Abschnitte daraufhin zu überprüfen, es ist mir aber noch nicht vollständig gelungen. Die vorgebrachten Belege sind entweder unzureichend, unvollständig angeben oder schlicht unpassend, die genannten Zahlen und Folgerungen Vermutungen des Autors, die so nicht in der angeblichen verwendeten Literatur stehen. Den Artikel vor der eigentlich anzuratenden Löschung retten kann m. E. nur eine noch deutlich massivere Straffung und die Entfernung sämtlicher unbelegter, nicht neutraler und wieseliger Aussagen. Falls dann noch etwas übrig sein sollte, kann der Artikel anhand der maßgeblichen Forschungsliteratur und ohne missionarischen Impetus wieder ausgebaut werden. Falls nicht, hilft nur vollständiges Neuschreiben. -- Carbidfischer Kaffee? 10:15, 21. Apr. 2007 (CEST)
- Das war nicht Vorsicht, sondern, das wollte ich den Leuten überlassen, die mehr davon verstehen. Vom Bibliotheksbestand der Antike weiß ich zu wenig und habe auch nicht zureichende Literatur. Zu den Vorgängen im Mittelalster habe ich zwar so einiges, aber da muss ich erst mal meine Literatur durchsehen, bevor ich da was ändere. Im übrigen gehört in dieses Lemma ja nicht nur, wieviel untergegangen ist, sondern was auch alles durchgekommen ist. Denn das ist ja nun tatsächlich überliefert worden!Fingalo 14:41, 21. Apr. 2007 (CEST)
- Stimmt auffallend, eigentlich hat sogar nur das eine Überlieferungsgeschichte, was auch überliefert worden ist. -- Carbidfischer Kaffee? 16:47, 21. Apr. 2007 (CEST)
So hart würde ich das nicht sehen. „Überlieferung“ meint schon das Geamtereignis, also den Gesamtvorgang einschließlich der Zerstörung; so wie die Baugeschichte eines Gebäudes nicht nur meint, was gebaut worden ist, sondern auch, was vom Gebäude der Spitzhacke oder der Bombe zum Opfer fiel. Sonst wäre die Baugeschichte des Dresdner Doms verdammt kurz! :-( Fingalo 22:00, 21. Apr. 2007 (CEST)
- Stimmt, wenn die so kurz wäre, würde der Artikel dazu auch niemals exzellent und das wollen wir ja nicht. ;-) -- Carbidfischer Kaffee? 09:34, 22. Apr. 2007 (CEST)
Ueberarbeitung
Ich habe jetzt mal die Fussnoten lektoriert und Uebersetzungen der englischen Zitate eingefuegt. Ich schaue den Artikel inhaltlich demnaechst noch genauer durch. Rominator 05:07, 23. Apr. 2007 (CEST)
Zahlen
Man sollte auch nicht ganz verschweigen, dass die Zahlen über den Bestand der antiken Literatur vor ihrem Verschwinden ausschließlich auf Hochrechnungen aus überlieferten Zahlen beruhen. Bei der Heeresgröße der in den Überlieferungen geschilderten Schlachten glaubt niemand mehr an die horrenden Zahlen, hier werden sie für bare Münze genommen. Dazu und zur Methodik der Hochrechnungen und deren Zulässigkeit und Zuverlässigkeit müsste doch ein Wort verloren werden. Fingalo 09:32, 24. Apr. 2007 (CEST)
Weitere Bearbeitung
Man koennte unter anderem diesen Aspekt in der Einleitung erwaehnen. Zu meinem letzten Edit: Ich kann die Versionshistory nicht genau nachvollziehen, habe aber gesehen, dass in dem Abschnitt der Text in der Alternativversion von Bibhistor viel exakter ist. Deswegen habe ich diese Passagen hierueber kopiert, dabei aber den Abschnitt zur Menschheitskatastrophe weggelassen. Insbesondere den Hinweis zur Subskription finde ich wertvoll. Wenn es andere Ansichten gibt, koennen wir diese ja diskutieren. Rominator 02:29, 25. Apr. 2007 (CEST)
- Das bin wohl ich gewesen. Ich dachte damals, dass die Subskription für die Überlieferungsgeschichte ohne Belang ist. Inzwischen denke ich darüber anders. Die Prüfung der Abschrift auf ihre Richtigkeit gehört doch hinein, aber in den Zusammenhang der textgetreuen Überlieferung und nicht in den der Vernichtung. Fingalo 09:34, 26. Apr. 2007 (CEST)
Grundsaetzliches zum Vorgehen
Mit dem Artikel habe ich mich jetzt ausfuehrlicher beschaeftigt und ich wuerde gerne noch einmal das grundsaetzliche weitere Vorgehen abgleichen. Der Artikel ist im besten Sinne nicht wikipedia-konform, da er selbst Grundlagenarbeit darstellt und nicht bereits publizierte Forschung beschreibt. Es besteht allerdings ein Widerspruch zwischen den fundierten Einzelergebnissen und den pauschalisierenden und selektiven Werturteilen, die ich nach den Angaben von Bibhistor teilweise als Polemik oder bewusst provozierende Darstellung betrachten moechte. Teilweise ist hier auch die Literatur veraltet. Diese Werturteile muessen noch weiter korrigiert werden, wobei einiges bereits raus ist.
In der Substanz wuerde ich Bibhistors Beitrag allerdings behalten wollen, wobei deutlich darauf hingewiesen werden muss, dass es sich eher um einen Forschungsbeitrag als um eine -darstellung handelt. Es gibt einfach keine andere Loesung: Wenn man den Artikel in der Substanz veraendert, verwaessert man die aus meiner Sicht interessante und diskutable Argumentation. Wenn man ihn wikipedia-konform machen will, muesste man ihn loeschen und neu schreiben, worauf vermutlich keiner Lust hat und was auch schade waere. Der Artikel kann dann aehnlich in Ruhe gelassen werden wie z.B. der Artikel: Hans Castorps Schneetraum. Es kann sein, dass jemand den Artikel interessant oder nuetzlich findet, ansonsten schadet er nicht. Ich habe persoenlich ueberhaupt nichts gegen einen solchen Artikel, da er aktueller ist als das im Druck verfuegbare, auch wenn hier kein wissenschaftliches Peer-Review gegeben werden kann. Rominator 04:28, 26. Apr. 2007 (CEST)
- Da stimme ich Dir zu. Das mit dem „Forschungsbeitrag“ würde ich nicht so eng sehen. Denn Deine Alternative ist das Abschöpfen von Sekundärliteratur, was dann ok ist, wenn sie neu und anerkannt ist. Biblhistor hat ja die Sekundärliteratur abgeschöpft, aber einseitig und unkritisch. Was ich insbesondere bedenklich finde, ist, dass er die dort aufgeführten antiken Quellen ausschließlich in englischer Übersetzung zitiert und ich nicht erkennen kann, dass er in den für ihn entschedenden Punkten diese daraufhin überprüft hat, ob sie den Urtext tragfähig für seine Interpretation wiedergibt. Ein Übersetzer weiß nicht im Voraus, für was seine Formulierung nachher herhalten muss. Ich stehe bei meinen Wikingerartikeln übrigens vor dem gleichen Problem, auf der Grenze zwischen Wiedergabe der Forschung und Theoriefindung eine Gratwanderung vollziehen zu müssen. Denn die Bewertung von unterschiedlichen Forschungsergebnissen ist in gewissem Grade immer auch eigene Leistung und damit so etwas wie neue Forschung (= Theoriefindung). Das gilt insbesondere, wenn man die Sekundärliteratur an ihren Primärquellen überprüft und feststellt, dass diese nicht hergeben, was der Autor herausliest. Immerhin kann eine neue Theorie schon dadurch entstehen, dass man bereits bekannte Forschungsergebnisse in einen neuen Zusammenhang bringt.
- Wozu Du aber überhaupt nichts gesagt hast, ist, wie Du Dir vorstellst, das Thema selbst zu behandeln, also die im Artikel vorhandene Vernichtungsgeschichte mit der Überlieferungsgeschichte zu ergänzen. Ich würde zunächst da mal anfangen, ein Konzept zu entwickeln. Man kann ja nicht für jeden Autor der Antike darstellen, wie er auf uns gekommen ist. Das würde in die Spezialartikel zum antiken Autor gehören, und man könnte (so wie bei den Herrscherlisten) dann eine Liste mit Links zu den Autoren anfügen, wo dann die Überlieferung ihrer Werke darzustellen wäre. Man müsste wohl kursorisch auf die Bemühungen der Renaissance eingehen, die bekanntesten Büchersammler und -entdecker (da gab es einige zur Zeit des Konzils von Konstanz) nennen und vielleicht an Hand von besonderen Beispielen (Tazitus, Aristoteles, Platon, Almagest) den Vorgang erläutern. Da käme auch der islamische Strang zum Vorschein. Anschließend erst kann man sehen, was von der Vernichtungsgeschichte für das Gesamtbild relevant bleibt. Das wäre mein Vorschlag. Fingalo 09:31, 26. Apr. 2007 (CEST)
- Danke fuer Deine rasche Antwort. Die Wiedergabe der antiken Quellen geht m.E. so in Ordnung. Fuer die genannten Autoren gibt es in der Regel keine deutsche Uebersetzung, die Stellen, die ich geprueft habe (besonders die zentralen Passagen) gehen absolut in Ordnung. In diesem Bereich wurde sauber gearbeitet. Die tatsaechlich vorgenommene Selektion der Sekundaerliteratur ist gegenwaertig noch weiter in Bearbeitung und hier glaube ich ein befriedigendes Ergebnis vorlegen zu koennen. Die antiken Quellen sind natuerlich auch selektiv ausgewaehlt, aber das ist kein Problem, Bibhistor stellt eben die Belegstellen zusammen, die seine These unterstuetzen. Wenn moegliche Gegenpositionen in der Sekundaerliteratur angegeben werden, so ist das m.E. eine legitime Arbeitsweise.
- Der zweite von Dir genannte Aspekt ist grundsaetzlicher. Wie gesagt, halte ich die Argumentation von Bibhistor in ihrer Substanz fuer sehr erhaltenswert, wobei sie eigentlich in eine Fachpublikation gehoert (die dann aber noch anders aussehen muesste). Ich stimme Dir vollkommen zu, dass mit Hinblick auf die Ueberschrift das Thema in einem Lexikonbeitrag verfehlt wird bzw. es wird eine Objektivitaet suggeriert, die der Artikel keinesfalls hergibt. Wie waere es damit, das Lemma zu verschieben, etwa zu Büchervernichtung in der Spätantike? Dein Vorschlag liefe auf eine erhebliche Überarbeitung hinaus, wobei, wie ich Dich verstehe, die "Vernichtungsthese" von Bibhistor der Kuerzung unterliegen sollte. Ich kann jedenfalls aus dem Stand zur Ueberlieferung im Islam nichts ausgereiftes beitragen, das verhaelt sich im Bereich der Spaetantike anders. Die Einzeldarstellung zur Ueberlieferungsgeschichte bei einzelnen Autoren ist in der Wikipedia leider noch nicht sehr ausgereift, deswegen kann hier allenfalls ein langfristiges Ziel liegen. Der Artikel von Bibhistor koennte vielleicht als Unterartikel eines allgemeinen Artikels zur Ueberlieferungsgsechichte dienen, wobei ich langfristig einen Anfang machen koennte (ich bin auch Klassischer Philologe). Eine andere Ueberlegung waere, die von Dir genannten Punkte an den ueberarbeiteten Text von Bibhistor anzuhaengen, diesen aber in der Substanz zu belassen. Hier sollten wir uns zunaechst abstimmen. Rominator 17:39, 26. Apr. 2007 (CEST)
- PS Alternativ waere auch an ein Lemma Überlierungsgeschichte in der Antike zu denken, denn genau das macht der Artikel, er beschreibt und endet mit der ausgehenden Antike, wobei auch die Zeit davor miteinbezogen ist. Rominator 17:56, 26. Apr. 2007 (CEST)
Hast Du die Stelle im Orosius überprüft? Da sind ja unsere Übersetzungen unterschiedlich, ob er schrieb, die eigenen Leute (also Christen) oder nur seine Zeitgenossen hätten die Bücher vernichtet. (Meine ist von Adolf Lippold).
„Büchervernichtung in der Spätantike“ würde jetzigen Inhalt gerecht werden. Wenn man die Überlieferung noch hineinnimmt, dann wird das zum einen zu lang und zum zweiten müste man ja Überlieferung und Vernichtung als parallele Entwicklungen verschränken. Das würde einen völlig anderen Text ergeben. Ich persönlich (bin kein Altphilologe!) bin mehr für das Splitten. Allerdings frage ich mich zuerst, was denn in der „Überlieferungsgeschichte“ stehen sollte. Die Frage hast Du nicht beantwortet, sondern nur einen Anfang in Aussicht gestellt. Zur Überlieferung gehört ja auch die kirchliche Literatur der Spätantike, nicht nur die orthodoxe, sondern auch Plotin u.ä. Fingalo 22:06, 26. Apr. 2007 (CEST) Übrigens wäre ich bereit, aus dem Ergänzungsband 2 des Neuen Pauly zu den einzelnen Schriftstellern die ältesten Manuskripte hinzuzufügen. Fingalo 22:08, 26. Apr. 2007 (CEST)
- Die Orosius-Stelle kann ich mir noch mal anschauen. Ich persoenlich bin auch sehr fuer's splitten, "Buechervernichtung in der Antike" ist als Lemma ok. Ich kann an einem Artikel "Ueberlieferungsgeschichte der Antike" arbeiten, allerdings nicht vor den naechsten 3 Wochen, u.a. deshalb weil ich im Augenblick nicht auf meine private Buchsammlung zugreifen kann, was einiges erleichtern wuerde. Ich koennte aber wohl Mitte bis Ende Mai mit einem Artikel zur Ueberlieferung beginnen, der die Grundzuege umfasst. Auf den Artikel von Bibhistor koennte dann verwiesen werden. Wir koennen auch gerne an einem solchen Artikel zusammenarbeiten. M. v. Albrecht und Neuer Pauly waeren ja schon mal Grundlage und der Artikel kann sich noch weiter entwickeln. Wenn Du die einzelnen relevanten Schriftsteller entsprechend bearbeiten koenntest, waere das sicherlich vorteilhaft. Rominator 23:48, 26. Apr. 2007 (CEST)
- Ja, vielleicht wäre eine Lemmaverschiebung wirklich das Beste, so werden andere Erwartungen daran geknüpft. Ich fand ja auch nicht den Artikel samt und sonders schlecht, das habe ich auch oben mehrmals erwähnt. Nur waren vieles Urteile Bibhistors m. E. mehr als nur polemisch zugespitzt...sei es drum, warten wir vielleicht noch etwas, vielleicht melden sich noch andere zu Wort. Ich poste diese Disku noch mal in der Redaktion Geschichte. Im Übrigen finde ich es sehr gut, dass ihr beide euch eingeschaltet habt, ich persönlich kann auch teils zu manchen Punkten (wie der Anzahl der Rollen) kaum etwas sagen, da ist man froh, dass noch andere dabei sind. --Benowar 17:43, 27. Apr. 2007 (CEST)
Ich gehe mal davon aus, dass die Zahlen stimmen und aus seriöser Literatur genommen sind. Nur die Deutung stößt mir sauer auf. Fingalo 21:01, 27. Apr. 2007 (CEST)
Nochmal: Die Vernichtungstheorie
„In der Substanz wuerde ich Bibhistors Beitrag allerdings behalten wollen“
Ich habe mir nochmal meine Gedanken gemacht: Biblhistor schreibt, es seien 2000 griechische und ca 1000 römische Autoren namentlich bekannt und geht von einem Bibliotheksbestand in Alexandria am Ende des 4. Jahrhunderts von 1.000.000 griechischen Titeln aus. Für die Lateiner geht er von mehreren Millionen aus. Er behauptet, das sei Creme gewesen, da Trivialliteratur nicht in die Bibliothek gekommen sei, vielmehr sei es eine Ehre gewesen, in die Bibliothek zu kommen. Das betrifft aber nur die Belletristik, nicht die naturkundliche Literatur, bei denen der Bibliotheksverwalter kaum in der Lage war, das Triviale als solches zu erkennen. Biblhistor schreibt: „Mit den antiken Büchern wurde auch das weltliche Wissen vernichtet. Dies war in der Spätantike sicher so umfangreich und kompliziert das eine mündliche Überlieferung nicht mehr möglich war.“ Er erweckt den Eindruck, als wüsste er, wovon er schreibt. Er weiß es nicht. Was war denn das Wissen? Im heutigen Sinne beschränkte sich das Wissen auf die Philosophie, die Mathematik, einige grobe Kenntnisse über die Geographie und Anatomie. Das ergibt sich nicht aus der Überlieferung, sondern aus den Möglichkeiten der Antike zum Wissenserwerb. Man „wusste“ nicht, dass die Erde eine Kugel ist, soindern das war (bis ins 20. Jahrhundert) eine Theorie. Erst Gagarin lieferte den Beweis. Bis dahin konnte z.B. die Hohlwelttheorie vertreten werden. Nach meiner Erinnerung war der letzte Vertreter ein Holländer, der in den 1970er Jahren gestorben ist. Auch dass die Sonne im Zentrum des Sonnensystems steht, setzte sich nicht durch Beweise durch, sondern weil diese Theorie die Beobachtungen der Planetenbahnen besser zu erklären vermochte, als das ptolemäische Weltbild, das immer komplizierter werden musste. Ein bezeichnendes Beispiel ist General Thukydides: Er berichtet im Buch „Der Peleponnesiche Krieg“ über die attische Seuche. So schreibt er, dass sich einer durch die Pflege des anderen ansteckte und sie wie die Schafe dahinstarben (II, 51). Dabei beobachtete er, dass sich die Kranken, die die Krankeit überstanden hatten, sich besonders in der Pflege engagierten, weil niemand zweimal krank wurde. Diese Erkenntnis konnte sich gegen die Humoraltheorie (Säftelehre) und die Theorie des Miasma nicht durchsetzen, die von den hippokratischen Ärzten und Galen verteten wurden. Denn zur Beobachtung musste noch die Autorität hinzukommen, die er auf medizinischem Gebiet nicht hatte. Kann man sagen, man habe in der Antike über Ansteckung und Immunreaktionen Bescheid gewusst? Nein. Hätte Thukydides das nicht in seinem Geschichtswerk erwähnt, sondern ein sonst Unbekannter in einer separaten Schrift, wäre das sicher nicht überliefert worden. Aus der damaligen Sicht gehörte eine solche Theorie in die Liga von Däniken oder Heribert Illig. Die Medizin war (im wesentlichen in Bezug auf Chirurgie und Diagnostik) die einzige experimentelle Erkenntnisgewinnung, schon wegen der vielen Kriegsverletzungen. Die Autoritäten wurden aber überliefert, in der Philosophie, ind der Mathematik und in der Naturkunde (Platon über Aristoteles bis Galen und Plinius usw.). Welches „Wissen“ soll denn also verloren gegangen sein? Selbst wenn jemand etwas über Amerika oder Australien geschrieben hätte, er wäre als Spinner nicht ernst genommen und daher auch nicht vervielfältigt worden. Ohne Mikroskop und Fernrohr konnte über die Natur nicht mehr gewusst werden, als das, was überliefert ist. „Gewusst“ wurde, was die Autoritäten verkündeten. Und wer das in welcher Abstufung war, kann man an den Zitationen ablesen. Das heutige Zitatranking kann man durchaus auch auf die Antike anwenden, insbesondere, weil es damals noch keine Zitationskartelle gab (zitierst Du mich, zitier ich Dich - und so treiben wir uns gegenseitig im Ranking hoch).
Biblhistor hält die Bibliotheken von Varro und Isidor für repräsentativ. Er schreibt, diese hätten nicht mehr enthalten, als wir heute kennen. Da kann ich nur sagen: Umgekehrt wird's interessant: 136 griechische Bücher sind erhalten, von 127 Bruchstücke. Für Latein nennt er 144 Texte, und 37 Autoren , von denen alle erhalten sind. Varro und Isidor hatten also nur kleine eine Auswahl. Das waren die Bücher, die sie für ihre eigene Tätigkeit brauchten und angesichts des Preises wahrscheinlich nur die damals anerkannten Spitzenautoritäten, im Ranking ganz oben. Sie dürften das Wissen ihrer Zeit enthalten haben. Daneben gab es aber noch andere Bibliotheken, die die übrigen Werke aufbewahrt haben müssen. Beda hat sich die Kugelgestalt der Erde nicht aus den Fingern gesogen. Er hatte also in England Abschriften von antiken Autoritäten.
Und nun zur Verrottungstheorie: Natürlich hält ein Papyrus locker mehrere tausend Jahre - kühl und trocken gelagert, oder im Wüstensand. Aber waren diese Lagerungsbedingungen gegeben? Ein durch Sturm beschädigtes Dach und ein Wolkenbruch, und das wars dann. Anfänglich hat man schnell und fleißig repariert. Aber später? Wenn man sich die frühesten Bilder vom Forum Romanum mit weidenden Schafen zwischen den halb aus der Erde herausragenden Ruinen ansieht, dann waren diese Bedingungen nicht gegeben. Wie kamen denn die Bücher von Oxyrhynchos auf die Müllhalde? Von der Tora weiß man, dass sie bei einer starken Beschädigung durch Abnutzung feierlich beerdigt wurde. Sie war täglich in Gebrauch. Sollen die Bücher von Oxyrhynchos täglich so benutzt worden sein, dass sie unbrauchbar wurden? Man könnte nun sagen, Ikonoklasten hätten sie auf den Müll geschmissen. Man müsste dazu wissen, ob sich nicht auch christliche Literatur darunter befunden hat. Und es ist so: Der Papyrus 840 ist ein kleines Bruchstück eines wahrscheinlich vormarkinischen christlichen Überlieferungstextes. Daher liegt die Annahme näher, dass die Papyri durch unsachgemäße Lagerung (Verfall des Gebäudes) einfach nass geworden und verrottet sind. Man hat die Tempel einfach verfallen lassen und wohl auch Biblotheksgebäude. Ich möchte nicht wissen, welche Verschwörungstheorien von einem Biblhistor in 1000 Jahren über das Verschwinden eines Großteils der Literatur des 19. Jahrhunderts, wo die Bücher heute noch wegen des salzhaltigen Papiers unrettbar verloren gehen, gebastelt werden. Bei dem Reichtum unserer Zivilisation? Undenkbar! Das muss gezielte Vernichtung gewesen sein!
Der Verlust der klassischen Bildung lag nicht in der Bildungsfeindlichkeit des Christentums. Für die gallorömischen Bischöfe Praeiectus († 676) und Bonitus von Clermont († 706) waren Grammatik und Rhetorik Bildungsgut, wenn auch die juristische Bildung obenan stand. Die Ursache war das allgemeine Desinteresse an der klassischen Bildung, da die dialektisch-rhetorischen Leistungen nicht mehr wie früher für eine Karriere nützlich waren, nachdem die staatlichen Ämter in Rom bedeutungslos geworden waren. Das Kritik Gregors des Großen, grammatischen Unterricht zu erteilen, betraf Bischof Desiderius von Vienne († 606/607) (Gregorii I. papae registrum epistolarum XI, 34). Das von Biblhistor zitierte allgemeine Verbot betraf ausschließlich Bischöfe, weil deren Aufgabe anders gesehen wurde, wendete sich aber keineswegs gegen die Bildung als solche. In vorkarolingischer Zeit gab es am Hofe der fränkischen Könige selbstverständlich gebildete Leute, die der König im Gesandtschaftswesen einsetzte. Geistliche finden sich da noch selten. Das änderte sich erst unter Karl d. Gr. Der gallorömische Senatorenadel, der im 6. und 7. Jahrhundert die Bischöfe und auch die Hofbeamten stellte, hatte selbstverständlich klassische Bildung.
Also, da ist noch mehr zu hinterfragen. Aber das genügt fürs erste. Fingalo 16:49, 27. Apr. 2007 (CEST)
- Meine Güte, soviel Text. ;-) Ich will nur deinen letzten Punkt mal aufgreifen; ich denke ebenfalls, dass man nicht von einer generellen Bildungsfeindlichkeit der Christen sprechen kann. Ich darf diesbezüglich auch nur auf die Reaktionen des Prohairesios und des Marius Victorinus auf das Schulgesetz Kaiser Julians erinnern: Marius Victorinus (der schließlich auch nicht irgendwer war) ließ denn seine Lehrtätigkeit ruhen, Prohairesios weigerte sich empört, dass Julian eine Ausnahme für ihn machen wollte. Das ist sicherlich kein zu verallgemeinerndes Beispiel, aber es belegt doch, dass man nicht immer nur von der Zeit nach 391 reden darf, die ja angeblich so verherend gewesen sein soll. Sidonius Apollinaris oder Avitus von Vienne ließe sich für das 5. Jh. nennen. Allerdings sollte man für das 6. Jh. auch Gregor von Tours berücksichtigen, der sich ja wahrscheinlich ganz gezielt eines wenig polierten Sprachstils bediente. Für das merovingische Gallien ist diesbezüglich Ian N. Wood, The Merovingian Kingdoms, London u.a. 1994, S. 20ff. und 239ff., interessant. Aber wenigstens für die Zeit bis um 500, kann von einem wirklichen Niedergang m. E. nur bedingt gesprochen werden. --Benowar 17:40, 27. Apr. 2007 (CEST)
Meine Literatur ist etwas näher: Horst Scheibelreiter: Die barbarische Gesellschaft. Darmstadt 1999. Fingalo 21:10, 27. Apr. 2007 (CEST)
Gruss an alle! Auf die Verschiebung des Lemmas zu Büchervernichtung in der Spätantike haben wir uns glaube ich geeinigt. Diese Begrenzung macht die Bearbeitung auch deutlich leichter. Ich moechte auch vorsichtig herausinterpretieren, dass von Seiten der beteiligten Benutzer, einschliesslich - um das ausdruecklich hinzuzufuegen - des Autors (mit dem ich ueber meine Benutzerseite in Kontakt stehe) mir gegenueber ein gewisser Vertrauensvorschuss besteht, den derzeit zu Recht kontrovers diskutierten Artikel tendentiell in eine Form zu bringen, die fuer alle eingermassen akzeptabel erscheinen koennte, den ich gerne nutzen will. Daher waere mein Vorschlag, dass wir uns dann weiter unterhalten, wenn dieser Bearbeitungsgang abgeschlossen ist. Ergaenzungen sind waehrenddessen natuerlich immer willkommen, wobei groessere Aenderungen vielleicht zunaechst diskutiert werden sollten.
Grundsaetzlich erscheint mir der Artikel in seiner Substanz erhaltbar, wenn man ihn auf seinen Kernaspekt beschraenkt, naemlich die Rolle heidnisch-christlicher Religionskaempfe bei dem Verlust an Literatur vor 700. Diese These macht durchaus Sinn und revidiert teilweise die Forschung. Was der Artikel noch gar nicht erwaehnt ist, dass in der christlichen Apologetik des fraglichen Zeitraums tatsaechlich die Frage klassisch-heidnischer Bildung eine enorme Rolle spielte, provoziert durch die Polemik der Heiden, die sich deshalb als ueberlegen ansah. Aus diesem literarischen Diksurs liesse sich durchaus ein auch auf Bildung zielender Religionskampf ableiten.
Was eher unserioes erscheint, ist die zumindest implizit postulierte Systematik dieser Zerstoerungen bzw. ein gezieltes Verschweigen. Aber durch den Umfang der tatsaechlichen Zerstoerungen paganer Gebaeude (aufgrund lokaler Religionskaempfe) liesse sich ein erheblicher Verlust auch an Literatur durchaus erklaeren. (vgl. die Ergebnisse des SFB 491 der Uni Muenster) Was nicht hereingehoert, sind weltanschauliche oder wertende Folgerungen, besonders aus den Gruenden die Fingalo dargestellt hat, oder Spekulationen ueber die Wichtigkeit des verlorenen Materials. Etwa die Folgerung eines Dualismus von naturwissenschaftlicher Aufklaerung und religioeser Fanatik brechtcher Dimension, die man mit dem heliozentrischen bzw. ptolemaeischen Weltbild verbinden kann, sind bereits draussen. Vieles liesse sich hier auch einfach dadurch loesen, dass man eine neutrale Begrifflichkeit waehlt, also etwa "christlich-heidnische Religionskaempfe" als "christlicher Terror" usw. Rominator 00:54, 28. Apr. 2007 (CEST)
- Wo haben wir uns darauf geeinigt? Ich bezweifle stark, dass wir mit einem Lemma, das selbst stark wertender POV ist, einen objektiven Artikel hinbekommen. -- Carbidfischer Kaffee? 09:26, 28. Apr. 2007 (CEST)
Das gefällt mir sehr gut. Hinzufügen möchte ich, dass man vielleicht auch auf regionale Unterschiede eingehen sollte. Wenn man sich konzertierte feindselige Aktionen in der Neuzeit und der neuesten Zeit ansieht, dann sieht man ja, dass trotz wesentlich besserer Möglichkeiten der Koordination durch moderne Kommunikation die Verfolgungen doch regional sehr unterschiedlich ausgefallen sind, je nachdem, wie stark die örtlichen Machthaber sich dem zentral angeordneten Ziel innerlich verschrieben haben. Um wieviel mehr muss das in einem sich im Zerfall befindlichen römischen Reich der Fall gewesen sein. Auch ist die Möglichkeit der mittelbaren Vernichtung in Betracht zu ziehen: Wenn man mal davon ausgeht, dass die Aufbewahrung von Schiftgut unter technisch sehr einfachen Bedingungen einer dauernden Pflege bedarf, brauche ich den Institutionen nur das Geld für die Unterhaltung und Pflege zu entziehen, um die unerwünschte Substanz dem Zerfall einheimzustellen.
Ich möchte nicht dahingehend missverstanden werden, dass die Verursachung im Zuge eines Religionskampfes geleugnet werden sollte, sondern lege nur Wert darauf, dass es sich bei dem Untergang des Schriftgutes um einen komplexen Vorgang handelt, bei dem selbstverständlich auch der Religionskampf eine Rolle spielte, aber eben ein Faktor unter vielen, teils unmittelbar durch aktive Büchervernichtung, teils mittelbar durch Verschiebung politischer Schwerpunkte weg von der Pflege antiken Schriftgutes bis hin zu Kollateralschäden im Zuge kriegerischer Auseinandersetzungen, Naturereignissen usw.
Sofern bestimmte Kernaussagen auf bestimmte Zitate gestützt werden (Orosius-Stelle), sollte man sie in der Fußnote wörtlich im Originalteext zitieren.
@Carbidfischer: Also dass Bücher vernichtet wurden, ist nicht POV, sondern Tatsache und im Artikel auch belegt. Was POV ist, ist, dass diese Tatsache nicht in historischen Kontext eingefügt wurde. Das will ja Rominator nachholen. Am liebsten wäre mir, wenn er ihn auf eine Unterseite zu seiner Benutzerseite kopieren würde. Dort könnte er von den Interessenten in aller Ruhe etwas abseits ins richtige Gleichgewicht gebracht werden. Andernfalls werden bei einem solch brisanten Thema die Emotionen bereits die unausgereiften Zwischenstadien dauernd stören. Fingalo 09:54, 28. Apr. 2007 (CEST)
- Das ist so nicht ganz richtig. Der Begriff „Büchervernichtung“ impliziert eine großangelegte planmäßige verbrecherische Zerstörung und ist deshalb als Lemma nicht angemessen. Auch die Beschränkung auf die Spätantike weckt die falsche Vorstellung, dass in genau dieser und eben nicht zu einer anderen Zeit Bücher vernichtet wurden. -- Carbidfischer Kaffee? 10:20, 28. Apr. 2007 (CEST)
- An Carbids Einwand ist schon etwas dran - aber ich denke auch, dass man sich auf ein passendes Lemma einigen kann. Rominator hatte oben ja Überlierungsgeschichte in der Antike vorgeschlagen, allerdings liegt der Schwerpunkt ja doch auf den Gründen, warum gerade vieles nicht überliefert wurde (und ich würde immer noch Fingalos Vorschlag aufgreifen, auch darauf einzugehen, was denn überhaupt überliefert wurde, vielleicht auch in einem separaten Artikel). Wie wäre Bücherverluste der antiken Literatur? (ja, ich weiß, ist auch nicht gerade perfekt, aber so als Anstoß) --Benowar 12:07, 28. Apr. 2007 (CEST)
Ich komme nochmal auf meinen Vorschlag zurück, zunächst den Artiekel zu schreiben und anschließend das dafür passende Lemma zu suchen. Fingalo 14:21, 28. Apr. 2007 (CEST)
Die regionalen Unterschiede muessen auf jeden Fall erwaehnt werden, ebenso die Multikausalitaet der Erklaerungsmodelle. Das war auch meine erste Stellungnahme gegenueber Bibhistor auf meiner Disku, deshalb auch volle Zustimmung zu Fingalo. Der genaue Titel koennte in der Tat noch am Ende ueberlegt werden, Benowars Vorschlag klingt schon mal gut, zu ueberlegen waere vielleicht auch Textzensur in der Spätantike - ich denk nochmal nach. Ich wuerde jetzt auch erstmal vorschlagen, dass ich den Text erstmal weiter bearbeite und wir dann das Ergebnis diskutieren. Da ich von der Ausbildung her sowohl Altphilologe als auch Althistoriker bin, habe ich an diesen Themen im Grenzbereich, gerade in der Spaetantike, besonderes Interesse. Ich moechte vorschlagen, dass ich den Text hauptsaechlich im Artikel bearbeite und garantiere dabei, dass ich keine weiteren Schaerfen hereinbringe, sondern nur differenziere (Allein schon weil im Artikel immer mal wieder jemand druebergeht und meine Tippfehler beseitigt, was sonst verlorene Muehe waere). Ich ueberlege auch einige der derzeit entfernten Passagen, besonders zu Mommsen und dem Kulturkampf, den man stark neutralisiert als Rezeptionsteil anhaengen koennte, wiederherzustellen, wuerde aber in dem Fall diese Passagen zunaechst entweder hier oder auf meiner Benutzerdisku diskutieren lassen, bevor ich sie in den Artikel einfuege. Das gleichr gilt fuer Passagen, die aus anderen Gruenden brisant sein koennten. Ich gleiche den Artikel auch mit Bibhistors "Director's Cut" ab. Ich werde dafuer etwas Zeit brauchen.
Ich moechte mich eben auch etwas absichern wollen, um zu vermeiden, dass meine Bearbeitung und mein Bemuehen zur Erhaltung des Artikels sich nicht als voellig umsonst heraustellt. Ich bin, um das auch nocheinmal zu sagen, gegen eine Zerstueckelung der Ausfuehrungen von Bibhistor und grundsaetzlich der Ansicht, dass in der freien Enzyklopaedie Wikipedia in einem Fachbereich wie Alte Geschichte in Ausnahmefaellen auch bisher nicht anderswo publizierte Forschungsergebnisse Existenzberechtigung haben, sofern diese auf akzeptablen Grundlagen beruhen, was ich bei Bibhistors Beitrag, mit Ausnahme der genannten Punkte, durchaus sehe. Dieser Zusammenhang ist m.W. nocht nicht in dieser Form in der Forschung diskutiert worden. Ich verweise mal auf den Artikel Publius Petronius Niger, der in der PIR und dem Neuen Pauly eine ganz andere Person ist, aber vielleicht muss sich dann ja auch die PIR korrigieren. Unter Objektivitaetskriterien koennte man auch Caligula loeschen. Wer grundsaeztlich fuer einen ganz anderen Weg ist, moege es daher bitte auch deutlich zum Ausdruck bringen. Rominator 02:34, 29. Apr. 2007 (CEST)
Die Neubearbeitung
(Ich habe mal ne neue Überschrift eingebaut, damit man nicht so viel scrollen muss)
@Rominator: Ich bin mit Deinem Vorgehen sehr einverstanden. Das mit dem Lemma sollte man vertagen. „Textzensur“ hielte ich für ausgesprochen unglücklich. Denn die Zerstörung von Beschriebenen lässt sich auch dann objektiv darstellen, wenn die Hochrechnungen von Biblhistor zu hoch gegriffen haben. Der Schwund ist nicht zu bezweifeln („Zerstörung“ und „Schwund“ wären daher brauchbare Bausteine für ein neues Lemma.) Dagegen insinuiert Zensur eine Einstellung der Akteure, die nur über die Deutung von Quellen, sowohl hinsichtlich der Repräsentativität ihrer Aussagen als auch der tatsächlichen Intention, zu ermitteln ist. Immerhin ist ja das Phänomen bekannt, dass Minderheiten, die sich mit ihren Ansichten durchsetzen wollen, mit ihren Äußerungen überproportional vertreten sind, während die anderen, die zufrieden sind, sich nicht äußern. Dadurch erscheint das Bild aus den Quellen, dass man ganz allgemein und überwiegend eine Ansicht vertreten habe, während in Wirklichkeit eine schweigende Mehrheit das Gegenteil dachte. Gerade, wenn das Interesse an einem Gegenstand erlahmt, der aber einer Minderheit sehr wichtig ist, findet sich dieses Phänomen. So kann es durchaus sein, dass die umfassende Bildung in Zeiten, in der diese für den cursus honorum wichtig ist, auch von Banausen gepflegt wird, während in Zeiten, in denen sich damit keine Karriere mehr gestalten lässt, sich nur noch wenige Enthusiasten damit befassen. (Ich kenne das aus meiner Verwandtschaft, wo mangels verständigen Publikums nur noch im kleinen Kreis mit entsagungsvoll-schwmerzlichem Lächeln der humanistischen Bildung nachgetrauert wird, weil man sich nicht dem Spott des Bildungspöbels aussetzen will. Genau diese Atmosphäre glaubt Scheibelreiter in der Endphase des römischen Reiches ausgemacht zu haben.) Der tatsächliche Untergang dieser Bildung kann dann sehr leicht als Bildungsfeindlichkeit erscheinen, wo in Wahrheit nur eine Gleichgültigniet durch Verschiebund der Karrierevoraussetzungen stattgefunden hat. So kann das auch mit dem als Zensur interpretierten Phänomen sein.
Die Furcht vor der Theoriefindung halte ich für unbegründet. Mit dem Verdikt soll ja nicht das Bestehende konserviert werden, sondern sollen nur spekulative Deutungen (daher Theorie-) verhindert werden. Ich denke da an JEW's frühere Edits in den Artikeln zur Megalithkultur, wo er versuchte, seine Theorie, die meisten Steinbauten seien als Kultgebäude zu interpretieren, hier offiziös zu machen. Das wurde radikal revertiert. Mit einer neuen Sicht ist lediglich die Pflicht und der Aufwand verbunden, wesentlich dichter die Belege anzuführen. Das mache ich z.B. bei meinen Artikeln zu den Wikingern und der Wikingerzeit. Da werden die frühen Dokumente bis zum Anschlag einezeln aufgeführt, stehen im Wortlaut und in Übersetzung in den Fußnoten. Wenn man merkt, dass eine herrschende Auffassung die Fortschreibung großer Autoritäten aus der Zeit der Romantik ist, die ihrerseits die rezenten Maßstäbe auf die Vergangenheit angewedet haben, dann denke ich schon, dass man deren Theoriefindung entgegenzutreten hat. Allerdings muss man sie nicht unterschlagen. Wie du richtig vorgeschlagen hast, kann man deren Auffassung unter „Rezeptionsgeschichte“ oder einem ähnlichen Abschnitt referieren. Ich habe Mommsen nicht gelöscht. Er steht noch im Artikel, eingerahmt mit <!-- xxx -->, denn ich war nur der Meinung, dass er an der Stelle, wo er stand, nicht hingehörte. Fingalo 09:39, 29. Apr. 2007 (CEST)
- Das Buch, auf das mehrfach Bezug genommen wird und das anscheinend dieses Thema zum ersten Mal behandelt, ist Wolfgang Speyer: Büchervernichtung und Zensur des Geistes bei Heiden, Juden und Christen. Stuttgart 1981. "Büchervernichtung in der Spätantike" ist daher vielleicht gar nicht verkehrt, Zerstoerung gefaellt mir linguistisch nicht so gut, da man Gebaeude zerstoert, Buecher aber vernichtet. Das Lemma suggeriert keineswegs, dass es Buechervernichtungen nur in der Spaetantike gab, genauso wenig wie Fußball im Ruhrgebiet suggerriert, dass dieser Sport anderswo keine Bedeutung besitzt (zumindest soll es so sein, dass es nicht so ist). Rominator 03:50, 1. Mai 2007 (CEST)
Es geht ja nicht nur um Vernichtung und Zerstörung, sondern um das Phänomens ihres (Ver)schwindens, sei es, dass sie vernichtet wurden, sei es dass verfielen, sei es dass sie verloren gingen usw. Die Vernichtung nimmt die reichsweite konzertierte Aktion schon ins Lemma auf. Fingalo 15:32, 1. Mai 2007 (CEST)
- In diesem Punkt würde ich auch eher zu Fingalos Position neigen - denn die Konnotation bei Büchervernichtung ist ja recht eindeutig und suggeriert m.E. ein falsches, wenigstens aber ein schiefes Bild. Bei einer (vielleicht auch erst späteren) "Lemmafindung" würde ich daher auch eher zu "Bücherverluste" o.ä. tendieren. --Benowar 12:51, 2. Mai 2007 (CEST)
- ich habe jetzt die wirklich wichtigen Verbesserung des Artikels über die letzten Wochen beobachtet, habe beim Lesen aber immernoch hier und da ein ungutes Gefühl und find den Artikel immernoch viel zu kategorisch.
- Im Abschnitt Der Bestand der Antike und der Überlieferung wird argumentiert, dass eine Rolle ein Titel darstellt. Stimmt das? Es wird zwar eine Quelle zitiert, aber ist die Quelle zuverlässig? Alle antiken Bücher gliedern sich doch in Bücher. Ich bin immer davon ausgegangen, dass es diese Unterteilung gab, weil Rollen eben nicht unendlich lang sein konnten und vielleicht auch nicht wollten, einfach aus praktischen Gründen der Handhabung.
- Der Verfall wird immernoch sehr auf die Zeit um 400 eingeschränkt. Das mag im allgemeinen stimmen, vielleicht auch wegen des Untergangs vieler städtischer Strukturen im Westen, aber im Osten geht die bürgliche, antike Kultur doch noch lange weiter, man denke nur an die Mosaiken und es gab nach neueren Erkenntnissen weiterhin ein Produktion von Statuen im klassischen Stil. Eines der längsten heidnischen Epen wurde im 5. Jahrhundert verfasst (siehe Nonnos von Panopolis).
- einige klassische Werke sind von den Arabern übersetzt (nicht nur Almagest, z.B. auch Werke, die Archimedes zugeschrieben werden) und dadurch erhalten. Diese Werke gab es also noch im 7. Jahrhundert.
- die Suda hatte ich schon genannt, dort werden sehr viele Werke und Autoren, die sonst nicht bekannt sind aufgeführt. Auch wenn deren Werke vielleicht nicht alle noch vorhanden waren, so scheinen die Autoren der Suda doch noch Quellen gehabt zu haben, die reicher als unsere Quellen heute sind.
- Schliesslich sollte nicht ausgeschlossen werden, dass schon sehr vieles im Laufe der klassischen Antike verloren ging. Asl Bespiel fällt mir Iulius Africanus ein, der im dritten Jahrhundert für ein Geschichtswerk nicht mehr Manetho zu Verfügung hatte und auf Auszüge bei anderen Autoren zurück greifen musste. (ein vielleicht etwas doofes Parallelbeispiel wären Stummfilme, heute, 100 Jahre nach deren Produktion sind schon ein Großteil von ihnen verloren!! Zitat: Experten schätzen, dass 80 bis 90 Prozent aller Stummfilme unwiederbringlich verloren sind.). Gruss -- Udimu 13:39, 2. Mai 2007 (CEST)
- ich habe jetzt die wirklich wichtigen Verbesserung des Artikels über die letzten Wochen beobachtet, habe beim Lesen aber immernoch hier und da ein ungutes Gefühl und find den Artikel immernoch viel zu kategorisch.
- Ja, ich denke auch dass man noch auf andere Punkte eingehen muss. Ich sehe hier nur das Problem, dass wir uns damit überfordern. Allerdings stimme ich dir zu, dass man noch auf das Problem der "vor-spätantiken" Verluste eingehen muss, wenn es auch nur kursorisch geschieht. Wir sind uns denke ich auch alle einig, dass man, wenn wir uns hier auf die Spätantike beziehen, diese Zeit nicht (wie vorher noch teils explizit geschehen) als einen endlosen christlichen Büchersturm darstellen - denn dies wäre freilich ahistorisch, auch wenn es Verluste gab. Ein Problem stellt vielleicht auch die Fixierung mancher Gelehrter auf die klassische Antike dar, so dass man leicht der Versuchung erliegt, die literarisch völlig anders geprägte nachfolgende Zeit eher naserümpfend zu betrachten; eine Einstellung, die diesen Zeiten freilich nicht gerecht wird. Wenn die Bearbeitung hier weitergeht, sollten dies also nicht nur anhand einer negativ Schilderung geschehen, es sei denn, man stellt dann auch im Lemma die Bücherverluste (ich vermeide bewusst "Vernichtung") in den Mittelpunkt stellt. Wenn man hingegen primär die Überlieferung betrachten will (was ich für sinnvoller halte), sei es auch in einem anderen Artikel (da wir ja wahrscheinlich splitten werden) muss auch die Kontinuität und die Transformation betrachtet werden. Aber auch so muss m.E., wie schon Udimu angemerkt hat, mehr darauf eingegangen werden, dass diese Zeit eben nicht eine Zeit des permanenten literarischen Niedergangs; aber dabei sind wir uns auch m.E. weitgehend einig. My two cent... --Benowar 13:49, 2. Mai 2007 (CEST)
- ich traue mir es auch nicht wirklich zu, weiter zu schreiben. Gibt es zum Thema kein Standardwerk, das man ausschlachten kann? Gruss -- Udimu 15:18, 2. Mai 2007 (CEST)
- Hallo, allseits! Moechte darauf hinweisen, dass sich der Artikel immer noch in Ueberarbeitung befindet. Vor Mitte Mai werde ich allerdings leider nur sehr eingeschraenkt dazu kommen, wobei ich Mitte Mai mit dem Bearbeitungsgang auch fertig sein duerfte. Wie gesagt, liesse sich m.E. im Artikel einiges dadurch loesen, dass man die Aussage des Artikels einschraenkt (Hinweise/Belege fuer einen zumindest teilweisen Anteil der Religionskaempfe am Buecherverlust). Bücherverluste in der Spätantike waere z.B. als Lemma ok. Rominator 17:55, 2. Mai 2007 (CEST)
- der Titel Bücherverluste in der Spätantike scheint in der Tat die Sache momentan besser zu umschreiben! Gruss -- Udimu 18:07, 2. Mai 2007 (CEST)
- Denke ich auch. @Rominator: lass dir ruhig Zeit, ich werde hier auch nicht immer reinschauen können, muss selbst noch woanders ran. --Benowar 20:46, 2. Mai 2007 (CEST)
- der Titel Bücherverluste in der Spätantike scheint in der Tat die Sache momentan besser zu umschreiben! Gruss -- Udimu 18:07, 2. Mai 2007 (CEST)
- Hallo, allseits! Moechte darauf hinweisen, dass sich der Artikel immer noch in Ueberarbeitung befindet. Vor Mitte Mai werde ich allerdings leider nur sehr eingeschraenkt dazu kommen, wobei ich Mitte Mai mit dem Bearbeitungsgang auch fertig sein duerfte. Wie gesagt, liesse sich m.E. im Artikel einiges dadurch loesen, dass man die Aussage des Artikels einschraenkt (Hinweise/Belege fuer einen zumindest teilweisen Anteil der Religionskaempfe am Buecherverlust). Bücherverluste in der Spätantike waere z.B. als Lemma ok. Rominator 17:55, 2. Mai 2007 (CEST)
Ich hatte ja angeboten parallel zu dieser Arbeit bei den Autoren einige Angaben hinzuzufügen. Bevor ich aber mir die Arbeit mache, möchte ich zwei Beispiele vorstellen mit der Frage an die Altphilologen, ob sie das (Achilles Tatios und Agatharchides) für so in Ordnung halten. Gleichzeitig frage ich bescheiden an, was bei den Papyri die Angabe „Oxy.“ mit Nummer bedeutet. Bitte schaut euch das Original an, wo ichs herhabe: https://www.metzlerverlag.de/buecher/leseproben/978-3-476-02030-7.pdf auch unter dem Geschtspunkt von URV. Fingalo 21:29, 2. Mai 2007 (CEST)
- P "Oxy" steht für Papyrus Oxyrhynchos, wo sehr viele Papyri gefunden wurden. Bin kein Altphilologe, finde aber die Überlieferungsgeschichte schon immer sehr wichtig und daher die Einträge in den oben genannten Artikel richtig und gut. Gruss -- Udimu 21:54, 2. Mai 2007 (CEST)
- (Bearbeitungskonflikt) Bin zwar kein Altphilologe ;-), aber Oxy. steht für den Ort Oxyrhynchos in Ägypten, wo zahlreiche Papyri gefunden wurden (link mich). Zu deiner Anfrage: Bei Achilles Tatios habe ich nur ein paar Kleinigkeiten geändert, mehr ist heute nicht drin. :) --Benowar 22:00, 2. Mai 2007 (CEST)
- @Fingalo: Sieht so ok aus, nur wird das Griechische bei mir teilweise fehlerhaft dargestellt. Koennte vielleicht an meinem Server liegen (oder Browser?). P.S. Saemtliche im Neuen Pauly aufgelisteten Abk. finden sich zu Beginn des 3. Bandes (Oxy unter POxy). Wichtig waere m.E. noch, wenn es sich um um griech. Historiker in Fragmenten handelt, die entsprechende Nr. des Historikers im Referenzwerk zu zitieren: F. Jacoby, Fragmente griechischer Historiker (FGrH). Ich weiss allerdings nicht, ob der Supplementband diese auffuehrt. Rominator 00:32, 3. Mai 2007 (CEST)
- Leider nicht P.Ant. III!
- Was heißt "teilweise fehlerhaft"? Ich habe die Auswahl "Altgriechisch" des Programms benutzt (da, wo normalerweise "Standard" steht). Wenn Du da draufklickst und "Altgriechisch" anklickst, dann müssten die gleichen Fehler auftreten - oder ich habe mich verklickt. Das Referenzwerk FGrH habe ich nicht. Der Supplementband gibt die Nr. bei Achilleus Tatios nicht an, aber bei Agatharchides. Auf dem geposteten Link mit der Leseprobe sieht man ja, wie's aufgebaut ist. Ich weiß auch nicht, wie und wo ich diese Info da unterbringen soll. Kein Titel. Fingalo 11:57, 3. Mai 2007 (CEST)
- Sorry, lese diesen Teil erst jetzt. Bei mir werden die Zeichen mit Akzenten ausser dem Akut nur als Kaestchen dargestellt, das gleiche, wenn ich selbst die Eingabe versuche. Erscheinen diese Zeichen bei Dir korrekt? Der Rest ist korrekt. Die Nr. im FGrH gibt es nur bei hellenistischen Historiographen, deshalb wird sie nicht aufgefuehrt. Ich sehe zwei Moeglichkeiten, die Information unterzubringen: entweder in Klammern nach dem Artikeltext (FGrH xyz) (so wird's im Pauly gemacht) oder, da hier ja kein Platzproblem besteht, unter Ausgaben mit dem folgenden Titel: Felix Jacoby, Fragmente der griechischen Historiker. Nr. xyz. Es macht nicht viel Sinn, den Jahrgang oder Ort zu benennen, da dieser wechselte, und auch z.B. eine CD-Rom vorliegt. Rominator 02:10, 5. Mai 2007 (CEST) PS Korrektur: Habe gerade gesehen, dass der Pauly-Supplement den Jahrgang der Originalausgabe angibt. Verlagsort war Berlin. Daher Vorschlag: Felix Jacoby, Fragmente der griechischen Historiker. Berlin 19xy, Nr. xyz (Seiten werden nicht angegeben). Rominator 04:57, 5. Mai 2007 (CEST)
Haeufigkeit von Zauberbuechern
Den Abschnitt zur Haeufigkeit der Zauberbuecher habe ich aus dem Director's Cut uebernommen. Er ist rein quantitativ und stuetzt die Argumentation von Bibhistor. Ansonsten finde ich, man kann den Rest unter Glossar nach der Verschiebung in das uebergeordnete Lemma "Ueberlieferungsgeschichte der antiken Literatur" hinueberkopieren. Der Teil ist sehr fundiert und hat eigentlich nichts mit dem Rest des Artikels zu tun, er sollte wohl urspruenglich die Objektivitaet eines Lexikonartikels suggerieren;-). Man kann dann zwischen den Artikeln verweisen. Rominator 03:04, 3. Mai 2007 (CEST)
- Ist da auch berücksichtigt, dass auf diesen Gebieten viel geheim war und sich daher kaum in öffentlichen Bebliotheken findet? Und dass nur ein Teil der Privatpersonen, die sich mit Zauberei beschäftigt hatten und sich nun davon abwandten, ihre Bücher auf den Müll geschmissen haben, während andere sie verbrannten? Dann ist nämlich die Berufung auf die Papyrusfunde von Oxyrhynchus unschlüssig. Wir wissen doch nicht viel über die gesellschaftliche Relevanz der Zauberei in der Antike. Wer sich schwerpunktmäßig mit Zauberei beschäftigt, hat kaum profane wissenschaftliche Texte bei sich stehen. Ich weiß z.B. von der Zauberei in Island in der frühen Neuzeit, dass die Zauberer ausschließlich magische Texte hatten, in denen erläutert wurde, welche geheimnisvollen Zeichen man z.B.in die Tütschwelle des Schafstalls einritzen musste, um den Schafen das Lammen zu erleichtern usw. Solche berufsmäßigen Zauberer in ländlichen Gegenden dürften auch in der Antike verbreitet gewesen sein. Wenn auch das Memorieren von Formeln im Vordergrund gestanden haben mag, so kann doch ein Buch den Status des Zauberers erhöhen und das Vertrauen in seine Kunst gestärkt haben. Und wenn unverständlich gewordene Sprüche aus anderen Kulturen verwendet wurden, kam das Memorieren schnell an die Grenzen. Wie gesagt, wir wissen über diesen Punkt so gut wie nichts - und da ist es einfach unzulässig aus einer einzigen Müllhalde die Schlüsse von Biblhistor zu ziehen. Fingalo 11:47, 3. Mai 2007 (CEST)
- Geheim waren eigentlich nur die Initationsriten von Mysterienreligionen. Das Beispiel aus Island ist aus christlicher Zeit, die Funde aus Oxy. ueberwiegend aus heidnischer Zeit. Wir wissen schon einiges ueber Magie in der Antike, literarisch z.B. bei Apuleius oder durch Amulettfunde. Ebenso waren Senatoren oder sogar Kaiser haeufig magieglaeubig. Es gab also sehr viele Privatpersonen, die sich sporadisch mit Zauberei beschaeftigen, eher wenige, die sich darauf spezialisiert hatten (z.B. Thrasyllos, Astrologe des Tiberius). Verbrennungen von Zauberformeln waren eigentlich nicht noetig. Die Standardabweichung der Hochrechnung ist schon erheblich, aber eine bessere Abschaetzung laesst sich nicht geben. Es liessen sich Argumente fuer beide Annahmen, des ueber- und unterproportionalen Anteils finden. Rominator 18:50, 3. Mai 2007 (CEST)
- Ein Beispiel: Sueton schreibt, dass im Haus des Piso, der angeblich Germanicus vergiften liess, Amulette und Zauberformeln gefunden wurden, und zwar nach seinem Tod. Auch wenn die Geschichte nicht sehr glaubhaft ist, so muss es doch seinem Publikum damals verstaendlich erschienen sein, dass Piso trotz der Anklage seine Zaubersammlung nicht vernichten liess. In der aegyptischen Provinz duerfte man sich in heidnischer Zeit noch weniger Gedanken um Zaubermaterial gemacht haben. Magie war eigentlich nur dann verfolgt, wenn diese sich gegen Personen, besonders aus der Kaiserfamilie richtete. In vielen antiken Prozessen, gerade der Kaiserzeit wurde mit Magie argumentiert. Rominator 19:15, 3. Mai 2007 (CEST)
Ich glaube, Du hast mich missverstanden: Es geht nicht um Geheimhaltung aus Furcht vor Bestrafung, sondern um Exklusivität des Wissens, und Wissen ist Macht. Dein Beispiel zeigt, dass die Zauberbücher in Privatbesitz waren, was ja überflüssig ist, wenn man den Zauber, den man gerade braucht, in jeder Bibliothek nachlesen und herausschreiben kann. Dass die Bücher auf den Müll wandern sollten, hat eigentlich keine Erklärung, es sei denn, sie sind durch Nässe oder aus einem anderen Grunde unbrauchbar geworden. Solche schwer wiederzubeschaffende Informationen dürften im Müll signifikant unterrepräsentiert sein. Fingalo 20:49, 3. Mai 2007 (CEST)
Bibhistors Zauberbuch-Argumentation bezieht sich aber gerade auf Privatbuchsammlungen, er unterscheidet Privat- von Bibliotheksbestaenden. Ich wuerde die Wichtigkeit dieser Zaubersprueche nicht zu hoch einschaetzen. Man kann auch argumentieren, dass ein 20 Jahre alter Liebeszauber als besonders wertlos empfunden wurde und man im Zweifelsfall doch lieber seinen Plato-Band behalten wollte. Aus Apuleius wissen wir, dass Cybele-Priester mit dem Verkauf von Amuletten und magischen Formeln ihren Lebensunterhalt verdienten, sie wurden also gerade nicht geheim gehalten. Man koennte im Text noch ergaenzen, dass in Oxy Verwaltungstexte ueberrepraesentiert sind, aber es sind eben auch viele Abfaelle von Privatpersonen in den Muell gewandert. Rominator 21:26, 3. Mai 2007 (CEST)
- Ich glaube nicht, dss man Amulette und Zettelchen mit Liebeszaubersprüchen mit Zauberbüchern zusammenwerfen darf. Bei letzten gilt sicher, je älter, desto ehrwürdiger. Was im Haus des Piso gefunden wurde, war sicherlich nicht ein vor 30 Jahren (erfolglos?) benutzter Liebeszauber-Zettel!
Übrigens finde ich bei Landsberger gerade, nicht-christliche Texte des Agatharchides aus dem 2. Jh. ausgerechnet durch den Patriarchen von Konstantinopel Photios (9. Jh.) überliefert ist. Das spricht ja nicht gerade für christliche Vernichtung wissenschaftlicher Literatur. Ich werde sicherlich im Laufe der Eintragungen bei den Autoren auf noch mehr Beispiele stoßen. Fingalo 15:56, 4. Mai 2007 (CEST)
Hoffen wir mal, dass der Liebeszauber P.Oxy inv. 50 4B seinem Besitzer damals gehofen hat. Ich wollte eben darauf hinaus, dass man den antiken "Volksaberglauben" nicht mit z.B. keltischen Geheimreligionen vergleichen sollte. Hier konstituierte das Wissen ueber diese Magie die Zugehoerigkeit zu einer elitaeren religioesen Gruppe, in der griech-roem. Antike handelte es sich eher um vulgaere Scharlatanerie. Ein Ausnahme sind die orientalischen Mysterienlehren, aber auch hier war der Zugang grundsaetzlich jedem (maennlichen) Reichsbewohner offen, wenn er sich entsprechend engagieren wollte. Quantitative Ansaetze in der Alten Geschichte hinken immer ein wenig, ich habe da schon um einiges hahnebuechenere Folgerungen in der gedruckten Forschung gelesen, die Vergleichsgrundlage von Bibhistor erscheint da gar nicht schlecht. Beruehmte Beispiele fuer heidnische Ueberlieferung bei Christen sind z.B. auch Julian bei Kyrillos von Alexandria, Cicero und Varro bei Augustinus, das widerspricht m.E. nicht dem Bild von Bibhistor, der Buechervernichtungen fuer oeffentliche Bibliotheken sowie heidnische Privatbuchbestaende postuliert. Johannes Chrysostomos sagt dann ja auch deutlich, dass das Wissen der Philosophen heute wenn dann nur von Christen ueberliefert wird (die entsprechend nuetzliche Passagen in ihren Werken zitierten). Rominator 18:52, 4. Mai 2007 (CEST)
Bibliothek in Spanien
„Der Begründer des Kalifates von Córdoba hatte einen recht friedfertigen Nachfolger, al-Hakam II., der als großer Bücherfreund bekannt war. Er sammelte eine berühmte Bibliothek, die aus 400.000 Bänden bestanden haben soll. Er beschäftigte Abschreiber und Buchhändler in den entfernten Kulturzentren Nordafrikas und des arabischen Ostens. Die meisten seiner Bücher soll er gelesen und viele mit eigener Hand mit Randbemerkungen versehen haben. Er liß in Córdoba ein Zentrum für Buchbinder und eines für Kopisten einrichten, und er sorgte Dafür, dass die erste Kopie eines großen arabischen Klassikers, des Buches der Gesänge, einer vielbändigen Sammlung von Berichten über Gesänge und Gedichte mit den dazugehörigen Anekdoten und Geschichten, die Abul-Fanaj al-Isfahani in Bagdad verfasste, in seine Hände gelangte. Der Verfasser erhielt im Voraus ein großzügiges Geschenk von 1.000 Goldstücken und eine zweite Gabe, nachdem er dem Kalifen im fernen Westen die erste vollständige und von ihm selbst korrigierte Ausgabe des Werkes zusammen mit einem Lobgedicht auf al-Hakam und einer genealogischen Abhandlung über die Omayyaden zugeschickt hatte.“ Arnold Hottinger: Die Mauren. Arabische Kultur in Spanien. Zürich 1995. S. 75/76.
Ein Mitglied des Omayyadenhauses, Muhammed Ibn Hishâm Ibn Abdukjabbâr Ibn Abdurrahmân, ein Urenkel des ersten Kalifen, hatte in Córdoba eine Revolution ausgelöst.
„Der Omayyade drang durch einen Handstreich in den Gouverneurspalast in Córdoba ein und erschlug persönlich den überraschten Gouverneur, den «Sanchol» vor seinem Abmarsch eingesetzt hatte. Er leiß die Bevölkerung zu den Waffen rufen, und diese leitstete dem Aufstand willig Folge. Die bewaffneten Bürger von Córdoba drangen durch eine Bresche in den Palast des Kalifen Hishâm in Medina-az-Zahrâ’ ein, und Hishâm erklärte sich bereit, zugunsten von Muhammed abzudanken, wenn man ihm nur das Leben lasse. Das Volk begab sich darauf nach Medinatu-z-Zâhira und plünderte dort den Palast al-Mansurs. Die neue Regierung versuchte, Schätze und Geld aus den Händen der Plünderer zu retten und ließ am Ende die ganze Palststadt, Symbol der Macht al-Mansurs und seiner Söhne, dem Erdboden gleichmachen.“ (Hottinger S. 96.)
Dies scheint mir den Untergang dieser Bibliothek verursacht zu haben und nicht die Reconquista. Fingalo 11:57, 19. Mai 2007 (CEST)
In diesem Buch sind noch weitere muslimische literarische Zeugnisse aus dem 11. Jahrhundert besprochen, die offensichtlich die Reconquista überstanden haben, so dass diese nicht zur flächendeckenden Vernichtung geführt haben kann. Fingalo 13:29, 19. Mai 2007 (CEST)
Ueberarbeitung
Ich bin jetzt dazu gekommen, den Artikel komplett durchzuackern. Das Lemma habe ich ausserdem probeweise verschoben (vgl. Diskussion oben). Die Einleitung habe ich so geaendert, dass klarer beschrieben wird, was der Artikel eigentlich will. Ich habe schon teilweise recht erhebliche Aenderungen vorgenommen, im Hinblick auf das folgende: Beseitigung der Suggestivitaet der Argumentation, affirmative, aber unzureichend belegte Behauptungen eingeschraenkt/vorsichtiger formuliert, Polemik entschaerft, die historischen Diskussionen differenzierter dargestellt sowie neueste Literatur eingearbeitet, nicht belegte und m.W. auch nicht belegbare Informationen entfernt. Die Grundzuege der Argumentation von Bibhistor duerften dabei erhalten geblieben sein. Auf Meinungen zum gegenwaertigen Artikelzustand bin ich gespannt. Rominator 04:43, 25. Mai 2007 (CEST)
- Ein hochgradig interessantes Thema, das schon um seiner selbst willen die gründliche Befassung lohnt, die der obige Diskussionsverlauf und das Bemühen um eine sachgerecht-belegbare Darstellung eindrucksvoll verdeutlichen. Fachlich kann ich hierzu nichts beitragen, habe vorerst nur in der Einleitung neben der Typo-Fehlerkorrektur eine leicht abweichende Formulierungsalternative einzubringen, die aber ggf. gern rückgängig gemacht werden kann. -- Barnos -- 08:04, 25. Mai 2007 (CEST)
- Danke, Barnos, fuer die Rueckmeldung. Ich finde den Artikel ebenfalls hochinteressant. Der quantitative Ansatz und die Deutung der Zauberbuecher ist durchaus ueberzeugend. Es handelt sich natuerlich um einen Forschungsbeitrag bzw. eine Darstellung einer Alternativansicht, die aber in den meisten Teilen fundiert und sicherlich diskutabel ist. Ich persoenlich habe ueberhaupt nichts gegen solche Beitraege, solange sie die geeignete Qualitaet haben. In der ursptuenglichen Fassung war die Begrifflichkeit ueberzogen, und es wurde an manchen Stellen von ca. 2 Belgen auf ein gesamtes Zeitalter geschlossen, ohne Gegenpositionen zu diskutieren. Ich hoffe, dass dies jetzt besser gelungen ist. Rominator 08:26, 25. Mai 2007 (CEST)
Ich habe auch ein bisschen rumgedoktert. Die Passage über Isidor in !-- Text--> könnte meines Erachtns jetzt rein. Aber ich meine doch, dass die große Zahl der Lieteratur, die der systematischen Vernichtung entgangen ist, noch der Erklärung bedarf. Die Erklärung, sie habe dem christlichen Kontext integriert werrden können, befriedigt nicht. Man kann nicht einfach schlicht schreiben, man habe die Heilungsbücher im Anschluss an die Paulusepisode gezielt vernichtet, ohne über die unangefochtene weite Verbreitung von Hippokrates und Galens Schriften ein Wort zu verlieren.
Des weiteren ist der Abschnitt über die Verrottungsthese ergänzungsbedürftig. Was die vermiderte Buchproduktion mit dieser These zu tun haben soll, geht aus dem Text nicht hervor. Außerdem fehlt die Angabe des geographischen Raumes. Dass die Zahlen auh für Irland gelten sollte, scheint mir fragwürdig. Nach meiner Erinnerung lag dort der Schwerpunkt der Buchproduktion. Bonifatius bestellte Bücher aus der Heimat, weil er hier keine bekam. Da gab es also ausreichend Bücher! Dann wird die Verotungsthese plötzlich unter „Ein neuer Ansatz: Die "Vernichtungs- und Duldungsphase" (ca. 350-800)“ erörtert. Fingalo 13:04, 25. Mai 2007 (CEST)
- Die Verrottungsthese wird schon erklaert, wenngleich knapp, aber richtig:
- "Eine lange verbreitete Ansicht der Forschung ist, dass um 400 eine Umschreibung von Papyrus-Rollen auf Pergament-Codices stattgefunden habe. In der christlich dominierten Zeit oder sogar schon früher habe die Gesellschaft dann das Interesse an den heidnischen Rollen verloren. Sie seien daher nicht weiter kopiert worden und im Laufe des Mittelalters in Bibliotheken verrottet, während die haltbareren Pergament-Codices überdauerten."
- Der gesamte Rest des Abschnitts befasst sich freilich mit der Widerlegung dieser These.
- Der naechste Abschnitt zu Bibhistors Neuansatz fuehrt dann (in der Tat redundant) die Widerlegung weiter:
- "In der neueren Zeit wurde die Umschreibungs-/Verrottungsthese entwickelt. Demnach seien die antiken Bücher vergangen, aber nicht aktiv vernichtet worden. [16] Diese jüngeren Arbeiten betreiben jedoch keine Quantifizierung. So ist der neueren Literatur nicht zu entnehmen, wie groß der Verlust überhaupt war. Die Gesamtdarstellung der Überlieferungsgeschichte von Reynolds und Wilson („Scribes and Scholars“) etwa gibt keine Angaben zur Größe der Bibliotheken Cassiodors und Isidors. Es werden heute verlorene Schriften erwähnt, die um 600 noch zitiert worden seien, ohne zu erörtern, ob diese nur aus den Originalwerken exzerpiert worden sein könnten.[17] Alternative Erklärungsmodelle zur Umschreibungs/Verrottungsthese sind bislang vernachlässigt worden."
- Hierzu ist zu sagen, dass Bibhistor hier urspruenglich seine Vorbehalte weit ausfuehrlicher - und vor allem polemischer - ausgefuehrt hat. Diese Teile habe ich jetzt zwar wiederhergestellt, aber in die Fussnoten verschoben sowie die unsachliche Polemik entfernt. Ich wuerde vorschlagen, diesen Abschnitt nach eins weiter oben zu verschieben, waere fuer die Gliederung ein Gewinn. Kann ich spaeter machen.
- Den Aspekt der "positiven Ueberlieferung" habe ich etwas gehofft, damit umgehen zu koennen, dass ich das Lemma entsprechend umgenannt habe. Mein Vorschlag waere vielleicht, anstatt ueber den Text verstreut, die wesentlichen Aspekte zur positiven Ueberlieferung gleich in der Einleitung aufzufuehren. Der Hauptteil des Artikels kann sich dann auf sein eigentliches Thema, naemlich den Verlust, konzentrieren.
- Soweit erstmal meine Vorschlaege, spaeter mehr. Rominator 19:48, 25. Mai 2007 (CEST)
- Sehe gerade, in seinem Zusatzartikel C.L.A. hat Bibhistor genau diese geographische Differenzierung (einschliesslich Irland) vorgenommen und dabei umfangreiche Bilddokumentationen zur Verfuegung gestellt. Vielleicht koennte man diesen beiden Artikel sogar zusammenfuehren. Rominator 19:55, 25. Mai 2007 (CEST)
- Ich habe nicht bestritten, dass die Verrottungsthese beschrieben wird, sondern gefragt, was die verminderte Buchproduktion damit zu tun hat. Außerdem sollte auch und gerade ein Laie mit einigen Kenntnissen von der Darstellung überzeugt werden. Das gelingt aber nicht. Das Rekurrieren auf erhaltene uralte Papyri ist so überzeugend, wie das Rekurrieren auf ägyptische Mumien oder den Mann von Tollund bei der Frage, wo eigentlich alle Leichen der Vergangenheit geblieben sind. Diese Frage der besonderen Erhaltungsbedingungen drängt sich förmlich auf. Dass dazu kein Wort verloren wird, tut beim Lesen richtig weh.
- Auch der Kontext der Bildungslosigkeit in der Spätantike und dem frühen Mittelalter kommt mir etwas knapp vor: Die Bischöfe stammten in Westrom aus dem Adel (im Gegensatz zu Ostrom, wo sie sich aus den Klöstern rekrutierten). Das beuetet (da man ja nicht gerade nur die Analphabeten aus der Familie herauspickte, um sie zu Bischöfen zu machen), dass der Adel (also auch der profane) an Bildung verlor. Der Kaiser saß in Konstantinopel; damit war Bildung für den cursus honorum nicht mehr nützlich. Hinzu kommt, dass die obersten Stellen des Römischen Reiches zunehmend von Nichtrömern besetzt wurden, die Macht wurde von den Heermeistern ausgeübt, denen es egal war, wer unter ihnen Kaiser war. Da war klassische Bildung nicht mehr gefragt. Das hat also mit Christentum nichts zu tun. (Scheibelreiter: „Die barbarische Gesellschaft“ gibt dazu erhellendes. Auch der Sammelband: Die Macht des Königs.)
- Dass die Christen bildungsfeindlich eingestellt gewesen wären, steht für mich im Widerspruch zu der Entwicklung der Christologie und Trinitätslehre, die ohne intimste Kenntnis der griechischen Philosophie gar nicht möglich gewesen wäre. Die Teilnehmer der Synoden glänzten mit ihrer Gelehrsamkeit.
- „Ebenso Isidor von Sevilla, der in seinen Regeln für das Mönchstum warnte, nur sehr gefestigten Schülern dürfe erlaubt sein, heidnische Schriften zu lesen,“ Wie kann man davor warnen, wenn es die Bücher gar nicht mehr gibt und sie systematisch zu vernichten sind?
- Im Artikel über C.L.A. schreibt biblhistor zwar über einen Rückfluss von Büchern aus Irland, aber nichts über die Frage, wie sie dahin gekommen sind.
- Und wie ist denn das nun mit Galen und Hippokrates, wenn man etwas gegen Heilungsliteratur gehabt hat.
- Auch möchte der geneigte Leser gerne wissen, welches Wissen da eigentlich hätte verloren gehen sollen, wenn doch alles überliefert ist, was man ohne Fernrohr und Mikroskop hat wissen können?
- Fragen über Fragen, die sich unwillkürlich aufdrängen und auf die man irgendeine Antwort erwartet. Fingalo 21:00, 25. Mai 2007 (CEST)
Gut, schwierige Antwort... Ich fuerchte, den Artikel voellig laienfreundlich umzuschreiben ist kaum moeglich. Der ist schon manchmal recht voraussetzungsreich, in den urspruenglich suggestiven Passagen dann aber auch wieder nicht. Was die Verrottungsthese angeht: Dies ist eben der Konsens der Forschung. Tatsache ist, dass der Verlust an Literatur in den von Bibhistor beschriebenen Umfang vor 800 eingetreten ist, dies wird nicht bezweifelt. Was um 800 erhalten war, ist in der Regel auch heute noch erhalten. Dies wird traditionell mit der Umstellung von Papyrus auf Pergament erklaert. Genau besehen stimmt es schon, dass diese These nicht zwingend einleuchtet. Gruende, die darueber hinaus angefuehrt werden, sind jene, die Du nennst: der Untergang von Westrom, die Barbareneinfaelle, und meinetwegen auch die Barbarisierung der Armee oder strukturelle Veraenderungen. Ich habe versucht, diese Aspekte wenigstens anzudeuten. Was bislang in der Forschung weniger beachtet wurde, ist der Anteil christlich-heidnischer Religionskaempfe. Hierauf konzentriert sich der Artikel, wobei im Ergebnis wohl nur ein multikausales Erklaerungsmodell in Frage kommt. Deswegen habe ich die affirmativen Aussagen von Bibhistor entsprechend eingeschraenkt.
Dass die christliche Elite heidnische Literatur benutzte, ist klar - daher die zahllosen Fragmente sonst verlorener heidnischer Schriften bei Kirchenvaetern, ich nenne nur Augustinus. Der Artikel argumentiert, dass diese Exzerpte bzw. besonders auch die Nennung heute verlorener Titel nicht zwingend darauf schliessen laesst, dass die entsprechenden Originale den Autoren vorlagen, sondern sie koennten auch nur bereits als Sekundaertexte vorgelegen haben. Im Uebrigen widerpricht dieser Befund nicht dem Bild des Artikels, der beschreibt, dass Christen die Bildung monopolisierten und sie nur den Heiden entzogen. Ebenso klar und allgemein akzeptiert ist aber auch, dass die Christen dabei selektierten und das bevorzugten, was sich entweder in christliche Ansschauungen integrieren liess bzw. das, was als besonders wichtiges Wissen galt, wobei erstere Gruppe noch deutlich bessere Chancen hatte, ueberliefert zu werden. Dadurch ist auch klar, was Du sagst, naemlich dass der Verlust an etwa naturwissenschaftlichem, technischen oder medizinischen Wissen nicht sehr erheblich gewesen sein konnte, da wir davon ausgehen muessen, dass die bedeutendsten Schriften in diesen Bereichen ueberwiegend ueberliefert worden sind, und tendentiell eher das Mittelmaessige, Triviale und Anstoessige verschwand. Ich habe daher versucht, Passagen, die in diese Richtung argumentierten, umzuschreiben. Es besteht aber auch kein Zweifel, dass viele bedeutende Schriften verloren sind, z.B. Sallust, Historien (faellt mir gerade ein), sowie praktisch alle hellenistischen Geschichtsschreiber (abgesehen von Fragmenten in Exzerptform), fast alle lateinischen Tragoedien, das Geschichtswerk von Cato d.Ae. usw., was schon bedauerlich ist.
Was die von Dir monierte positive, eigentliche Ueberlieferung betrifft, so waere nach wie vor mein Vorschlag, dies in einem separaten Artikel zu tun. Ich kann einen entsprechenden Artikel im Laufe des Sommers schreiben, sicherlich nicht in dem Umfang wie dieser hier, aber die Grundzuege der Ueberlieferungsgeschichte anhand der massgeblichen Literatur kann ich schon einbringen. Um weiterzukommen, wuerde ich aber hier vorschlagen, dass Du die konkreten Passagen benennst, die Dir angreifbar erscheinen. Dann koennen wir uns hier konkrete Aenderungen ueberlegen. Ich schau mir derweil mal die Isidor-Passage an. Rominator 01:17, 26. Mai 2007 (CEST)
P.S.: Welche Passage genau meinst Du? Der Text ist sehr lang. Rominator 02:07, 26. Mai 2007 (CEST)
P.P.S.: Den etwas deplaziert wirkenden Abschnitt zur Verrottungsthese unter dem Neuansatz des Artikels habe ich umgestellt. Er war urspruenglich Teil des wissenschaftsgeschichtlichen Exkurses, der besser nicht wiederhergestellt werden sollte, da die Ausfuehrungen zu Mommsen recht suggestiv sind. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass Mommsen die Textverfaelschung in der Kaiserzeit auf die Zensur im Prinzipat zurueckfuehrte als auf die Christen. Rominator 03:10, 26. Mai 2007 (CEST)
P.P.P.S.: Ich ueberlege, ob man am Ende des Artikels nicht eine Art "Ergebnis"-Zusammenfassung bringen sollte (was an sich einem enzyklopaedischen Artikel widerspricht). Aber dann koennte man genauer darlegen, wie sich der Artikel zur akzeptierten Forschung verhaelt bzw. wie wahrscheinlich die Aussagen sind und welche Gegeneinwaende bestehen. Man kann sich ja fuer "Ergebnisse" einen Alternativtitel ueberlegen. Rominator 05:59, 26. Mai 2007 (CEST)
- Im Augenblick ist hier in Reykjavík strahlender Himmel, was in der Regel nur wenige Tage anhält. Daher werde ich erst am Abend (+ 2 Std. Zeitverschiebung) die jetzige Fassung lesen und dann auch kommentieren, wenn mir etwas auffällt. Das Entscheidende hast Du ja schon gebracht: Die wissenschftliche Literatur ist im wesentlichen Erhalten geblieben. Damit ist die Behauptung falsch, dass das Wissen der Antike zu großen Teilen verloren gegangen sei. Der Verlust beschränkt sich auf Geschichte und Belletristik, was auf den allgemeinen Bildungsrückgang zurückgeführt werden kann, der auch das Interesse am Schöngeistigen erlahmen ließ.
- Ich bekomme auch allmählich Bedenken gegen biblhistors quantitativen Ansatz. Dass jede Kirche ein Messbuch und eine Bibel benötigte, ist klar, das hat aber mit der Überlieferung anderer Stoffe nur wenig zu tun. Ich kann daher nicht erkennen, welche Schlüsse aus dieser quantitativen Beobachtung gezogen werden sollen. Fingalo 10:49, 26. Mai 2007 (CEST)
- Das Hauptargument von Bibhistor im quantitativen Teil sind neuere Forschungen zur Haltbarkeit von Papyrus, die ja serioes sind. Demnach haette man um 750, als man wieder begann, die Literatur der Antike systematisch zu pflegen, noch antike Papyri in grosser Zahl haben muessen. Dies war aber nicht der Fall. Die Barbareninvasionen koennen dies auch nur teilweise erklaeren. Bibhistor stellt dann die von ihm gesammelten Hinweise auf Verlust/Zerstoerung von Bibliotheken im Zuge der Religionskaempfe/Verfolgung privater Buchsammlungen und des Bildungsmonopols zusammen und kommt zu dem Ergebnis, dass die Papyri nicht nur nicht mehr reproduziert wurden und daher verrottet sind (wie man ueberwiegend annimmnt), sondern dass Christen Interesse daran hatten, diese Texte verkommen zu lassen bzw. zu vernichten. Dieser Aspekt ist in der bisherigen Forschung vernachlaessigt worden. Ich finde schon, dass diese Argumentation Sinn macht, und es ist ein wichtiges Ergebnis. Rominator 19:00, 26. Mai 2007 (CEST)
- Hm, das mag ja sein, aber dies kann doch nicht der Ort sein, original research zu betreiben (siehe Wikipedia:Theoriefindung). Wenn, dann muss m. E. die vorherrschende Lehrmeinung prominent dargestellt sein, das andere kann ja als Alternativentwurf vermerkt werden, auch wenn ich da sehr skeptisch bin... --Benowar 20:16, 26. Mai 2007 (CEST)
- Ja, das ist richtig, ich hatte ja auf diesen Umstand mehrfach hingewiesen. Allerdings beruht der Artikel letztlich auf der Sekundaerliteratur und den Quellen, er akzentuiert nur anders. Ein weiterer solcher Grenzfall ist Titus Petronius. Ich finde, dass auch solche Artikel in der Wikipedia Existenzberechtigung haben, solange die Qualtitaet stimmt und die Argumentation haltbar ist. Im Neuen Pauly etwa findet man solche Artikel gelegentlich auch, z.B. Zeremonienbuch (glaube ich) oder Troja. Durch das neue Lemma beansprucht der Artikel nicht mehr, eine objektive Darstellung der Ueberlieferungsgeschichte zu sein (die ich, wie gesagt, in Ergaenzung zu diesem Artikel schreiben kann), sondern er diskutiert Forschungsergebnisse zu Buecherverlusten. Wenn man den Artikel umschreiben wollte, ginge die interessante Argumentation verloren. Ich finde es eigentlich gut, dass es in der Wikipedia solche Artikel gibt, die es anderswo nicht gibt. Rominator 20:40, 26. Mai 2007 (CEST)
- Deiner letzten Aussage kann ich freilich absolut zustimmen, wollte auch nur meinen Bedenken Ausdruck verleihen, so etwas nicht zu übertreiben. --Benowar 21:14, 26. Mai 2007 (CEST)
- Ja, das ist richtig, ich hatte ja auf diesen Umstand mehrfach hingewiesen. Allerdings beruht der Artikel letztlich auf der Sekundaerliteratur und den Quellen, er akzentuiert nur anders. Ein weiterer solcher Grenzfall ist Titus Petronius. Ich finde, dass auch solche Artikel in der Wikipedia Existenzberechtigung haben, solange die Qualtitaet stimmt und die Argumentation haltbar ist. Im Neuen Pauly etwa findet man solche Artikel gelegentlich auch, z.B. Zeremonienbuch (glaube ich) oder Troja. Durch das neue Lemma beansprucht der Artikel nicht mehr, eine objektive Darstellung der Ueberlieferungsgeschichte zu sein (die ich, wie gesagt, in Ergaenzung zu diesem Artikel schreiben kann), sondern er diskutiert Forschungsergebnisse zu Buecherverlusten. Wenn man den Artikel umschreiben wollte, ginge die interessante Argumentation verloren. Ich finde es eigentlich gut, dass es in der Wikipedia solche Artikel gibt, die es anderswo nicht gibt. Rominator 20:40, 26. Mai 2007 (CEST)
Ich persönlich habe gegen Theoriefindung grundsätzlich nichts einzuwenden. Was mich im konkreten Fall skeptisch macht, ist etwas anderes: Geschichte, Quantenphysik und Astrophysik haben eines gemeinsam: Sie haben ihren Gegenstand nicht vor sich, sondern nur Wirkungen (Messergebnisse oder Überlieferungen). Für alle drei gilt, dass sie Theorien bilden, um die Wirkungen zu erklären. Und für alle drei gilt, dass die Richtigkeit einer Theorie gemessen wird an ihrem Erklärungswert. D.h., sie ist umso konsensfähiger, je mehr sie erklären kann, ohne selbst wiederum erklärungsbedürftige Annahmen zu machen. Die Christentumsvernichtungstheorie erklärt aber nicht mehr, als die Verrottungstheorie. Stattdessen muss sie eine flächendeckende Vernichtungskamagne erklären. Das ist mit ein paar lokalen Quellenangaben nicht getan. Es ist einfach nicht plausibel, dass im 4. Jahrhundert eine über das ganze Römische Reich sich erstreckende Främmigkeitswelle ausgebreitet habe, die unisono die Vernichtung heidnischer Literatur sich auf die Fahnen geschrieben haben soll. Die heidnische Mentalität war nicht von Frömmigkeit im heutigen Sinne geprägt. Es gibt so gut wie keine heidnischen Märtyrer. Dass in kürzester Zeit eine Fanatisierung im gesamten Reich Platz gegriffen haben soll, die nicht einmal im Mittelalter und der frühen Neuzeit mit ihren Ketzerverfolgungen so ausschließlich über die gesamte Christenheit festzustellen ist, ist einfach nicht plausibel. Und das soll geschehen sein, als „Barbaren“ die Schaltstellen des Reiches besetzten. Sie wird noch unwahrscheinlicher, wenn man bedenkt, dass das antike Wissen im Kern gar nicht vernichtet wurde. Was verloren ist, bezieht sich im wesentlichen auf Geschichtswerke und Belletristik. Hippokrates, Galen, Plinius, Aristoteles usw. sind ja alle überliefert. Was ich biblhistor vorhalte, ist, dass seine Theorie im Kern Verschwörungstheorie ist. Außerdem beginnt er mit einem quantitativen Ansatz und verwandelt ihn unter der Hand in eine qualitative Aussage. (Quantitaiv: Nur 1 % der Bücher ist erhalten; qualitativ: Also ist der größte Teil des Wissens verloren gegangen. Das setzt voraus, dass das Wissen gleichmäßig über die Bücher verteilt gewesen sei. Wenn sie aber zu 90 % in den einen Prozent enthalten war, dann stimmt der Anastz nicht).
Es kommt noch etwas hinzu: Wissen in der Antike ging auf ganz andere Weise auch verloren. Denn gewusst wurde nur, was die großen Autoritäten bezeugten. Ein signifikantes Beispiel ist Thukydides: Der General beobachtete, als eine Pestwelle sein Heer befiel, dass signifikant mehr Soldaten erkrankten und starben, die sich der Krankenpflege widmeten. Seine Soldaten beobachteten darüber hinaus, dass diejenigen, die die Krankheit überstanden hatten, selbst bei intensivstem Pflegedienst nicht mehr erkrankten, und er schrieb es auf. Damit waren im Prinzip Ansteckung und Immunisierung entdeckt. Aber er war halt nur General. Seine Beobachtung ist nur im Zusammenhang mit seiner Kriegsgeschichte erhalten geblieben. Medizinisch blieb man bei der Miasma-Theorie und der Säftelehre der Autoritäten. Wenn er nicht als Historiker überliefert worden wäre, wäre sein Wissen ohne irgendwelche äußeren Umstände verloren gegangen. Und die großen Autoritäten sind überliefert und damit deren Wissen. Ihre Bücher sind nicht einmal 1 % der Gesamtliteratur.
Auch der Bildungsverfall war ja nicht flächendeckend. Wie ich schon schrieb, die großen Auseinandersetzungen auf den frühen Konzilien wurden auf höchsten philosophischem Niveau geführt. Auch muss gefragt werden, woher Beda venerabilis seine intimen Kenntnisse der Komputistik hergenommen haben soll. Auch hier kommt die rein quantitative Beobachtung der Buchproduktion zu falschen Schlüssen. Klar wurde (wie wohl in der Antike auch) die Gebrauchsliteratur überproportional vervielfältigt, da jede Kirche eine Bibel, zumindest den Psalter, und ein Messbuch haben musste. Für die Überlieferung der übrigen Literatur ergibt sich daraus gar nichts.
Aber jetzt lese ich erst mal den Artikel in der gegenwärtigen Form. Fingalo 21:24, 26. Mai 2007 (CEST)
@Benovar: Sekundärliteratur ist nicht gleich Sekundärliteratur. Und bei der angelsächsischen bin ich besonders skeptisch. Da muss man schon mal prüfen, wie diese Theorien in der Fachwelt aufgenommen werden. Fingalo 21:27, 26. Mai 2007 (CEST)
- Den an mich gerichteten Einwurf kann ich jetzt nicht ganz nachvollziehen (ich bezog mich nur darauf, dass die communis opinio vorrangig dargestellt werden sollte, ohne alternative Ansätze – sofern sie wissenschaftlich begründet sind – völlig auszuschließen). Ansonsten kann ich viele von Fingalos Bedenken teilen, besonders sollten solche Punkte berücksichtigt werden, dass ja keineswegs sämtliche Literatur verschwand, die sich mit dem Christentum kritisch (oder auch bisweilen polemisch) auseinandersetzte, auch nicht im Bereich der Geschichtswerke, siehe etwa Zosimos. Ansonsten will ich vor allem den letzten Punkt zustimmen: der Bildungsverfall wurde ja auch teils ganz handfest von externen Faktoren beeinflusst (im Westen – wie in Italien – etwa durch Kriege), im Osten ist die arabische Expansion ein nicht zu unterschätzender Faktor; da greift auch der Punkt "Heidenfeindlichkeit" m. E. nur begrenzt, man schaue sich an, dass bis in die Zeit Justinians noch einige heidnische Denkschulen recht aktiv sein konnten. Aber das ist auch schon ein anderes Thema, ich finde jedenfalls, dass der Artikel insgesamt einen wesentlich besseren Eindruck macht, ich muss ihn mir allerdings auch noch mal genauer durchlesen. Schönen Abend noch. --Benowar 21:38, 26. Mai 2007 (CEST)
Das bezog sich nur auf die Feststellung der Auswertung der Sekundärliteratur durch biblhistor im 2. Satz.
- Ah so, also auf Rominators Aussage ... ich war schon am rätseln, da ich mich auf Sekundärlit. gar nicht bezogen habe. --Benowar 10:43, 27. Mai 2007 (CEST)
Kritische Lektüre
Ich habe jetzt mal die neue Fassung außer Kap 5 gelesen (das kommt noch).
Einleitung
Der derzeit in der Forschung überwiegend vertretenen Verrottungs-/Umschreibungsthese wird dabei die Annahme einer möglicherweise bewusst und in größerem Umfang durchgeführten Zerstörung von Bibliotheken und Buchbeständen im Zuge der Christianisierung entgegengesetzt (Vernichtungs-/Duldungsthese)
Das ist bereits eine Tendenz, die hier zu früh verkündet wird.
- Eigentlich finde ich es besser, eben diese Tendenz des Artikels in der Einleitung deutlich zu erwaehnen, damit gleich geklaert wird, um was es in diesem Artikel eigentlich geht.
Der Bestand der Antike und der Überlieferung
Die überlieferten Texte sind jedoch recht selektiv und wurden zu einem großen Teil von christlichen Autoren ausgewählt, die in der Antike eine kleine Minderheit darstellten.
Wenn sie nur eine Minderheit darstellten, wieso hatten sie dann einen solchen einfluss auf die Überlieferung?
- Ueber den Satz bin ich ebenfalls gestolpert. Gemeint ist wohl, dass mit Blick auf die gesamte griechisch-roemische Antike christliche Autoren in der Minderheit sind (was sicherlich richtig ist), da diese erst ab dem 1. Jh. auftreten und erst ab Mitte 4. Jh. heidnische Autoren abloesen, ich aendere es.
- (Neu:) Ich habe jetzt diesen Satz nochmals umgearbeitet, da er in der von Dir vorgeschlagenen Fassung auch nicht ganz richtig erschien. Ich vermute, Dein Bedenken bezog sich darauf, dass die Literatur von christlichen Autoren der Antike selektiert wurde (was zumindest eine Diskussion ueber die Definition von Antike notwendig machen wuerde, endet sie im 5., 6. oder 7. Jh.?). Dass Spaetestens ab dem 6. Jh. Christen fuer diese Ueberlieferung verantworlich waren, ist unbestritten, ebenso dass sie dabei selektierten (insofern laesst sich auch der Selektionsprozess teilweise nachvollziehen), urspruenglich wurde in diesem Satz aber suggeriert, dass diese Monopolisierung bereits im 4. oder 5. Jh. abgeschlossen war, was sicherlich zumindest eine petitio a principiis darstellt.
Die Titelproduktion der griechischen Welt betrug daher mindestens 1100 pro Jahr. Extrapoliert auf das Jahr 350 ergäbe das einen Bestand von über einer Million Titel. (Das setzt eine lineare gleichmäßige Buchproduktion über die Zeit voraus. Da aber der Bildungsverfall bereits eingesetzt hat, ist diese Annahme nicht berechtigt. Schon unter den Soldatenkaisern dürfte die Buchproduktion zurückgegangen sein.
- Ich fuege diesen Hinweis ein, habe beim Lesen an das gleiche gedacht.
Fn. 7: In der frühen Kaiserzeit war es für Autoren eine Ehre, in den großen Bibliotheken enthalten zu sein. (Galt das für alle oder nur für die Belletristik? Quelle)
- Ich kann dazu auch keine Quelle nennen, glaube auch nicht, dass es eine gibt, aber es klingt irgendwie plausibel. Ich nehme die Affirmitaet aus der Aussage raus.
Aus einem Brief des Bischofs Synesius von Cyrene (um 400) geht aber hervor, dass es zu seiner Zeit eine Klasse von Büchern gab, die als „unüberarbeitete Kopien“ galten. Sie zu besitzen war eine erhebliche Beschuldigung. Dies deutet darauf hin, dass die christliche Subskription nicht nur Schreibfehler, sondern auch inhaltliche Veränderungen betroffen haben könnten. Es handelte sich dabei wohl um Veränderungen, die für die christliche Ideologie um 400 im Kampf gegen des Heidentum oder andere Fraktionen von Relevanz sein mussten. Rein formelle Dinge, wie Schriftart oder gar ein Bilderverbot, können für diese Zeit ausgeschlossen werden. (Das ist reine Spekulation, aus einem Brief auf eine ganze Klasse von Büchern zu schließen und auch die christliche Überarbeitung. Und wieso das eine erhebliche Beschuldigung sein soll, ergibt sich aus der Stelle nicht. Es kann sich genauso gut um mangelnden Quellenwert solcher Bücher gehandelt haben: Man kann solche einfach nicht benutzen. Da der Bischof aber Bücher hatte, die er auch benutzte, war damit die Seriosität seiner eigenen Arbeit bezweifelt.)
- Ich nehme auch hier die Suggestivitaet heraus und schraenke die Aussage ein. Die Beschuldigung wird allerdings im Text erwaehnt, ebenso (im Kontext des Briefes) dass diese Anklaeger heidenfeindliche Christen waren.
- Ja, aber aus der Stelle geht nicht hervor, was sie daran auszusetzen hatten. Außerdem verteidigt Synesius sich gegen die bösen Buben, was bedeutet, dass er als Bischof daran nichts Kritikwürdiges findet und offenbar meint, dass sie bei wietem ihre Linientreue überziehen. Das spricht gegen eine allgemein übliche Notwendigkeit, nur „bearbeitete“ Texte zu verwenden; mit anderen Worten: Der Brief belegt eher das Gegenteil!
- „Dies mag darauf hindeuten, dass die christliche Subskription nicht nur ausschließlich Schreibfehler, sondern in geringerem Umfang auch inhaltliche Veränderungen betroffen haben könnten.“ (Wie kommt „Subscription = Überarbeitung“ zustande? Vielleicht waren seine Bücher zwar mit Subscription versehen aber eben nicht „überarbeitet“?)
- Und wo sind die ganzen Papyri mit christlicher Subscription? Die waren doch angeblich koscher?
- Ich nehme auch hier die Suggestivitaet heraus und schraenke die Aussage ein. Die Beschuldigung wird allerdings im Text erwaehnt, ebenso (im Kontext des Briefes) dass diese Anklaeger heidenfeindliche Christen waren.
- Die Stelle ist in der Tat kryptisch, aber ich finde, Du gehst mit Deiner Kritik zu weit. Synesius schreibt hier einer heidnischen Philosophin, d.h. er konnte in diesem Punkt freimuetiger reden als gegenueber Christen. (Hypatia wurde ja bekanntlich spaeter fuer ihre philosophische Leistung zerstueckelt). Ich denke, in der jetzigen Form ist der Abschnitt hinreichend quellenkritisch und neutral. Dass man jeden, auch nur erdenklichen Einwand beruecksichtigt ist auch in wissenschaftlichen Beitraegen nicht ueblich. Die Interpretation von Bibhistor erscheint zulaessig. Zu den Papyri s. unten
Die Umschreibungs-/Verrottungs-These
Hier wird immer noch kein Wort zu den Erhaltungsbedingungen für Papyri gesagt.
Und wieso sind die wichtigen Werke erhalten geblieben (und christliche Zensur/Überarbeitung ist bislang nicht nachgewiesen), wenn an ihnen kein Interesse bestand? Wieso haben wir Galen, Aristoteles, Hippokrates und Plinius?
Bei den Zahlen des C.L.A. wird nicht deutlich, ob zwischen 400 - 700 tatsächlich nur 150 Bücher produziert worden sind, oder ob nur 150 aus dieser Zeit erhalten sind, die der Bestandsaufnahme zu Grunde gelegt wurden. Im ersteren Falle würde der Leser gern wissen, mit welcher Methode die nach 700 verschwundenen Bücher geschätzt wurden. Die karolingische Sammlung heidnischer Texte ist vollständig verschwunden (meist wird das fälschlich einer Vernichtung durch Ludwig den Frommen zugeschrieben. Belege dafür gibt es nicht).
- Ueber die Erhaltungsbedingungen kann ich leider auch nichts sagen, das Buch von Roberts und Skeats, das zitiert wird, ist aber in der praktisch weltweit namhaftesten Wissenschaftsreihe erschienen und darf damit als autoritativ gelten. Es ist ein papyrologisches Standardwerk. Zitiert wird "under normal conditions". Den grundsaetzlichen Aspekt wuerde ich, wie gesagt, dann in den Ergebnisteil verschieben. Es ist sicher gemeint, dass 150 erhalten sind, ueber anderes laesst sich keine Aussage machen, ich aendere das mal ab. Der weitgehende Erhalt nach 750 entspricht der Lehrmeinung, man schliesst dies aus den Referenzen der Autoren in diesem Zeitraum, die praktisch nicht ueber das hinausgehen, was heute erhalten ist. Es gibt natuerlich Ausnahmen, wie De re publica von Cicero, aber grosso modo stimmt das so und die Literatur ist z.B. unter der Bibliothek des Isidor genannt.
Der Zeitraum vor 500
von den Griechen ist nicht mehr die Rede. Und Spanien? Man müsste wissen, ob Isidor alle Bücher zitiert hat, die aus diesem Raum überliefert sind. Nur das umgekehrte ist behauptet: Dass er nicht mehr zitiert hat, als man heute hat, nicht aber, dass man heute mehr hat, als er zitiert hat.
350 - 400
Hier beginnt die Verschwörungstheorie. Sie unterstellt eine Durchsetzung kaiserlicher Edikte, die auf vielen Gebieten widerlegt ist. Dies gilt insbesondere für Edikte aus Konstantinopel in Rom. Wenn die Zahl der Heiden im 5. und 6. Jh. noch hoch war, ist eine Durchsetzung irgendeiner Zerstörung von einer Zentrale kaum glaubhaft. Die Erwähnung in den Quellen kann auch darauf beruhen, dass sie als etwas Ungewöhnliches besonders erwähnenswert erschien.
Ammianus bezeugt selbst die Interesselosigkeit am antiken Bildungsgut. Dieser Indolenz würde eine gezielte Vernichtungskampagne widersprechen. Warum soll man vernichten, wofür sich niemand interessiert? Dem entspricht auch das Streichen der Verwaltungsstelle.
Bei Johannes Chrysostomus war bei seiner Aussage der eifrigen sofortigen Vernichtung aller heidnischer Literatur im Reich wohl der Wunsch Vater des Gedankens. Jedenfalls zeigt die tatsächliche Überlieferung, dass es sich offenbar um eine literarische Übertreibung handelte. Eine quellenkritische Distanz zu solchen Aussagen wäre durchaus angebracht (aber natürlich nicht, wenn sie ins bereits vorhandene Bild passt). Der letzte Absatz dieses Kapitels widerlegt den Erfolg seiner Bemühungen.
- Die "Systematik" sollte jetzt wirklich draussen sein. Ueber die Johannes Chrysostomos-Stelle bin ich nochmal druebergegangen und habe Deine Aspekte beruecksichtigt. Ist glaube ich jetzt besser.
Der archäologische Kontext
Bei Sauer wüsste ich gern, wie er bei den Kunstwerken (Statuen, Gebäuden) die Relation zwischen Krieg und christlicher Zerstörungswut archäologisch festmacht.
- Die Arbeit von Sauer kenne ich zwar nicht, und sie ist auch sicherlich nicht mehr die heute massgebende. Deshalb habe ich auch die derzeit aktuelle Studie von J. Hahn angefuehrt, die aber dieses Bild von Tempelzerstoerungen bestaetigt, weshalb ich auch hier keinen groesseren Bedarf gesehen habe, den Text zu aendern. Man hat einerseits eine Vielzahl literarischer Belege der "christlichen Zerstoerungswut", andererseits kann man in einzelnen Staedten schon sehen, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt nur der Tempel zerstoert wurde oder die Stadt insgesamt, was die Zuordnung eindeutig macht, zumal wenn sich dies mit einem literarischen Beleg deckt. Bei Statuen sieht man dies daran, dass gezielt solche Statuen von Zerstoerung betroffen waren, die in einem christenfeindlichen Kontext standen, etwa Statuen heidnischer Kaiser. Aus dem Gesetz zum Erhalt heidnischer Statuen laesst sich ebenfalls erschliessen, dass diese Statuen gefaehrdet waren. Worin natuerlich auch Einigkeit besteht ist, dass diesen Zerstoerungen keine "Systematik" zugrunde lag. Argumentationen in diese Richtung habe ich daher regelmaessig entfernt.
Zauberbücher.
Dazu habe ich mich schon geäußert. Da spielen Spekulationen auf Grund von Einzelzitaten über die flächendeckende Vernichtung die Hauptrolle.
- Das Postulat der Systematik bzw. flaechendeckenden Vernichtung habe ich bereits aus dem Teil entfernt bzw. ausdruecklich verneint. Ich habe jetzt noch die suggestive Verbindung zur Stelle bei Joh. Chrysost. ersatzlos gestrichen, da diese auch keinen Mehrwert enthielt und nur das Argument wiederholte.
Kontext der Spätantike
Auch hier ist die Allgemeingültigkeit der Zitate wahrscheinlich zu machen. Der Konflikt zwischen Papst und Bischof ist nichts wert. Auch heute darf ein Bischof nicht unterrichten, ohne dass daraus irgendetwas über die Einstellung zur Bildung als solcher etwas hergeleitet werden kann. Die Konzilien widerlegen im übrigen die These.
Wie gesagt, ich habe nichts gegen Theoriefindung. Nur muss ich dann wirklich ad fontes gehen und die neue Theorie wasserdicht machen. Wenn ich so etwas mache (und ich mache das auch!), dann verlasse ich mich nicht auf englische Sekundärliteratur, sondern hole mir die zitierten Quellen im Originaltext und schaue mir die Übersetzung und vor allem den Kontext an. Da muss man sich viel mehr Mühe geben und viel sorgfältiger alle Einwände erraten und sie behandeln. Denn man lehnt sich ja da weit aus dem Fenster und muss mit der Kritik der Fachleute rechnen. Dann kann ich z.B. nicht über die antike Literatur im Ganzen reden und meine Weisheit aus der C.L.A. holen und ohne eine Silbe darüber zu verlieren einfach so tun, als ob die griechische Literatur das gleiche Schicksal gehabt habe.
- Im Prinzip schraenkt Bibhistor seine Aussage schon ein: "Dieser Wert gilt für den lateinischen Bereich auf Basis des C.L.A." Es ist insofern natuerlich eine Hochrechnung, die aber auf einer relativ guten Grundlage beruht. Die mangelnde geographische Differenzierung ist natuerlich tatsaechlich ein Problem des Artikels, auch hier der Vorschlag, diese zumindest ansatzweise in den "Ergebnisteil" zu verschieben bzw. die Aussagekraft der Argumentation entsprechend einzuschraenken.
Fingalo 23:36, 26. Mai 2007 (CEST)
- Eingeruecktes von mir, ich arbeite die Punkte nach und nach ab. Ansonsten bin ich dafuer, die Gueltigkeit der Aussagen und die geausserten grundsaetzlichen Bedenken in einer Art Ergebnisteil zusammenfassend darzustellen, anstatt sie ueber den Text zu verteilen. Die urspruenglich postulierte "Systematik" von Buechervernichtungen habe ich nach meinem Dafuerhalten schon beseitigt, und ich stimme natuerlich ueberein, dass es sich hierbei um den Grundfehler des Ursprungstextes handelte. Schoen, dass die Zusammenarbeit so gut klappt. Ich strebe auch nicht an, Theoriefindung zu uebertreiben, aber jetzt haben wir diesen Artikel halt und interessant ist der ja schon. Rominator 00:42, 27. Mai 2007 (CEST)
- Wie ist das eigentlich mit den christlichen Autoren der ersten vier Jahrhunderte? sind denn deren Papyri erhalten? oder sollten gar die die bösen Christen den Papyrus selbst für Teufelszeug gehalten und ihn per se vernichtet haben samt deren frommer Inhalte?
- „Sauer findet zerstörte heidnische Tempel für diese Zeit vor allem im Westen. Dies liegt aber nur daran, dass hier (vor allem in Deutschland) die Ausgrabungen zahlreicher und sorgfältiger waren. Letzteres war entscheidend, um aus Beifunden wie Münzen den ungefähren Zeitraum der Zerstörung der Tempel zu ermitteln“. Na also: Wenn die Gebäude kaputt sind, regnets rein. Alles verschimmelt, Heidnisches, Jüdisches, Christliches usw gleichermaßen. Vor dem Wasser sind alle gleich. Es gibt ja Schriften, die tatsächlich gezielt vernichtet wurden, was auf eine sehr kleine Auflage schließen lässt, z.B. die früher christlicher Ketzer, die nur in den christlichen Apologien und Gegenschriften als Zitat erhalten sind. Da ist es tatsächlich gelungen und kein Text entwicht. Das spricht dafür, dass man bei den heidnischen Schriften, die uns erhalten geblieben sind, keinen so großen Eifer an den Tag legte. Und es ist ja keineswegs die Creme, die da überliefert wurde: Ich habe vor meiner Abreise noch Alexandros von Tralleis bearbeitet. Da schreibt der Pauly, die ersten überlieferten Werke seien schwaches Mittelmaß. Nur Θεραπευτικά tauge was. Fingalo 09:20, 27. Mai 2007 (CEST)
Wie entstand denn ein Buch?
Hinsichtlich des Titelbestandes einer Bibliothek wird mir wichtig, wie ein Buch entatand.
XY will ein Buch über die Behandlung des Schnupfens schreiben. Dazu muss er die Literatur der Autoritäten lesen. Schreibt er das Buch zu Hause, muss er die Rollen ausleihen. Dann sind sie für diese Zeit für keinen einsehbar. Und das kann lange dauern. Es sei denn, die Bücher, die öfter verlangt werden, sind auch mehrfach vorhanden. (Dann stimmt die Zahl der antiken Titel nicht). XY schreibt und liest über Säftelehre und Miasma und die Eigenschaften heißer und kalter Kräuter, und nach - sagen wir mal - 9 Monaten ist sein Buch im Entwurf fertig, aber unleserlich wegen vieler Streichungen und nachträglicher Einfügungen. Er fertigt die Reinschrift an. Und jetzt? Jetzt geht er mit allen Rollen und seinem Buch in die örtliche Bibliothek. Sein Buch wird unter „Medizin“ registriert und kommt in eines der dafür vorgesehenen Fächer. Und jetzt? Wer erfährt davon? Und wie? Buchbesprechungen und Reklame gab es ja wohl nicht. Fachliche Kollegen vor Ort mögen regelmäßig den Fachkatalog nach Neuerscheinungen eingesehen haben. Aber andernorts? Wie kommt ein christlicher Apologet im Ort A dazu, gegen eine ketzerische Schrift, die in B erschienen ist und dort in einem Regal friedlich vor sich hinschlummert, eine Streitschrift zu verfassen? Hat der Verfasser (z.B. Celsus) gleich eine Menge Abschriften fertigen lassen und sie an die Bibliotheken verteilt, so dass sie der Apologet in A in seinem Katalog findet? Die Gegenschriften erscheinen nämlich relativ bald.
Wenn man bedenkt, dass nur Autoritäten Wahrheiten verkünden, dann müssen die 1 Million Titel eine gigantische Rekombination von bereits Gewusstem sein, deren Verlust für das Wissen als solchem keine Rolle spielt. Wirklich verloren geht nur die Kunst- und Geschichts-Literatur, und letztere nur insoweit, als sie neuere oder lokale Ereignisse schildert, die sonst noch nicht aufgeschrieben sind.
Die Gleichung „Jede Rolle = 1 Titel = ein singuläres Wissenselement der Antike“ scheint mir nicht plausibel. Wie, wenn ein sehr großer Teil fachspezifische Florilegien sind, die dem Fachautor in Bezug auf bestimmte Themen das mühsamme Flöhen in meterlangen Rollen nach einer bestimmten Information ersparen sollen? Ich frage mich wirklich, was in den 2 Millionen Rollen angesichts der doch sehr beschränkten Erkenntnismöglichkeiten der Antike eigentlich gestanden haben soll. Und der im Haupttext angeführte Nachweis, dass Isidor für seine Kompilation so etwas benutzt hat, bestärkt mich in dem Verdacht, dass ein sehr großer Teil dieser 2Millionen Rollen solche Lesehilfen waren. Dazu gehören auch Inhaltsangaben von mehreren Werken gleichen oder verwandten Gegenstandes (A meint dieses, B meint jenes, C meint ...). Anders wäre auch nicht nachzuvollziehen, dass besonders wertvolle Bücher in besonderen Magazinen aufbewahrt worden sein sollen (was erschwerten Zugang bedeutet), aber doch ziemlich regelmäßig zitiert werden (was leichte Verfügbarkeit voraussetzt). Fingalo 10:52, 27. Mai 2007 (CEST)
- Zu Deinem ersten Einwand: Ich bin auch kein Papyrologe, aber ich kann ein bisschen was dazu sagen. Die heute erhaltenen Papyri sind saemtlich Zufallsfunde, die nicht in den regulaeren Ueblieferungsweg eingebunden waren. Es gibt darunter auch christliche Texte, z.B. Apokryphen aus Israel, aber wie gesagt, das hat im Hinblick auf die Fragestellung keine Aussagekraft. Wie ich aus dem Artikel C.L.A. sehe, was sich auch mit meinem Wissen deckt, wurden diese christlichen Texte bereits im 5-8. Jh. auf Pergament umgeschrieben, d.h. bis zu diesem Zeitpunkt muessen die Papyri vorhanden gewesen sein. Ob sie danach noch existierten, kann man nicht sagen, da nun dem Pergament der Vorzug gegeben wurde, auch wenn beide Materialien noch parallel existiert haben. Der Papyrus-Stoff koennte allerdings - auch bei christlichen Texten - neu beschrieben worden sein (fuer Abrechnungen o.Ae.), wenn die Umschreibung erfolgt war.
- Dein zweiter Einwand: Na gut, das ist klar, Wenn die Christen - oder wer auch immer - eine Bibliothek zerstoert haben, bestand fuer sie keine Notwendigkeit mehr, auch noch jeden einzelnen Papyrus zu zerreissen, sondern das hat sich dann schon von selbst erledigt. Laut den angegebenen Referenzwerken waere dieser Verfall "unter normalen Bedingungen" aber nicht eingetreten.
- Dritter Punkt: Darueber haben wir ja schon mehrfach diskutiert. Ich habe jetzt m.E. weitgehend vollstaendig den Ausdruck "Verlust an Wissen" durch "Verlust an Literatur" ersetzt, denn nur ueber diese lassen sich - im Rahmen des Artikels - Aussagen machen. Dass in gewissem Umfang dabei auch Wissen verloren gegangen ist (z.B.) zur Geschichte, in gewissem Umfang auch technisches Wissen, moechte ja auch niemand bestreiten. - Besser waere vielleicht noch der Ausdruck "Buecherverlust" - da dann klar wird, dass auch jede Menge Doppelungen betroffen waren.
- Ich arbeite heute Abend an dem Artikel weiter. Vielleicht schreibe ich zunaechst mal den Ergebnisteil, damit einige Einwaende und Fragen vielleicht schon wegfallen koennten. Rominator 19:30, 27. Mai 2007 (CEST)
- Wenn ich recht informiert bin, wurden die erhaltenen Papyri aus Wüstensand, jedenfalls aus trockenen Medien geborgen. Aber auch in Rom und in den anderen italienischen Städten sind sicher christliche Texte auf Papyrus vorhanden gewesen. Es ist nicht plausibel, dass man auf der einen Seite in christlichem Eifer heidnische Texte vernichtet hat, auf der anderen Seite eigene christliche Texte Zu Rechnungen umfunktioniert haben soll, auch wenn man sie auf Codices umgeschrieben hatte. Mir kommt das doch wie eine verzweifelte Spekulation vor, eine unterschiedliche Behandlung zwischen heidnischen und christlichen Schriftstücken zu konstruieren.
- Ich stehe dem Plan skeptisch gegenüber, mit dem Ergebnis anzufangen und danach den Inhalt des Artikels zu frisieren. Fingalo 20:13, 27. Mai 2007 (CEST)
- Die christlichen Papyri wurden ja zumindest bis 350, wahrscheinlich auch danach, nicht durch oeffentliche Bibliotheken oder gar heidnische Privatbuchbestaende ueberliefert, sondern durch christliche Gemeinden. Die Umschreibung war reine Spekulation. Tatsache ist, dass dieses Material natuerlich auch nicht unbegrenzt haltbar ist, es ist sicher zu einem Zeitpunkt x im Mittelalter verrottet, nachdem die Texte nur noch auf Pergament uebertragben wurden und sind daher heute nicht mehr erhalten. Bibhistor argumentiert mit Verweise auf Referenzwerke, dass der Zeitpunkt x noch nicht die Zeit um 750 gewesen sein kann... Letztlich hilft natuerlich nur eine multikausale Erklaerung weiter, dass Bibhistor aber die Belege zusammenstellt, die seine These unterstuetzen ist stattbar. So, und jetzt nutze ich den blauen Himmel ueber Colorado. Pause in der Disputatio. Rominator 21:02, 27. Mai 2007 (CEST)
- Das betriff Gebrauchstexte für den Gottesdienst, nicht Texte gegen Celsus oder Arius. Deren Texte wurden offenbar auch nicht in ihre Gemeinden verteilt, sonst wäre ja irgendwo ein Papyrus erhalten geblieben. Fingalo 23:02, 27. Mai 2007 (CEST)
- Ich sagt bis 350 (meinetwegen 312), also jenem Zeitpunkt, bis zu dem das Christentum verfolgt wurde, folglich konnten keine Texte in Bibliotheken kommen, auch danach ist es eher unwahrscheinlich, da m.W. die Bibliotheken in heidnischer Traegerschaft blieben.
- Ich stehe dem Plan skeptisch gegenüber, mit dem Ergebnis anzufangen und danach den Inhalt des Artikels zu frisieren. Fingalo 20:13, 27. Mai 2007 (CEST)
- Ich sagt bis 350 (meinetwegen 312), also jenem Zeitpunkt, bis zu dem das Christentum verfolgt wurde, folglich konnten keine Texte in Bibliotheken kommen, auch danach ist es eher unwahrscheinlich, da m.W. die Bibliotheken in heidnischer Traegerschaft blieben.
- Das betriff Gebrauchstexte für den Gottesdienst, nicht Texte gegen Celsus oder Arius. Deren Texte wurden offenbar auch nicht in ihre Gemeinden verteilt, sonst wäre ja irgendwo ein Papyrus erhalten geblieben. Fingalo 23:02, 27. Mai 2007 (CEST)
- Die christlichen Papyri wurden ja zumindest bis 350, wahrscheinlich auch danach, nicht durch oeffentliche Bibliotheken oder gar heidnische Privatbuchbestaende ueberliefert, sondern durch christliche Gemeinden. Die Umschreibung war reine Spekulation. Tatsache ist, dass dieses Material natuerlich auch nicht unbegrenzt haltbar ist, es ist sicher zu einem Zeitpunkt x im Mittelalter verrottet, nachdem die Texte nur noch auf Pergament uebertragben wurden und sind daher heute nicht mehr erhalten. Bibhistor argumentiert mit Verweise auf Referenzwerke, dass der Zeitpunkt x noch nicht die Zeit um 750 gewesen sein kann... Letztlich hilft natuerlich nur eine multikausale Erklaerung weiter, dass Bibhistor aber die Belege zusammenstellt, die seine These unterstuetzen ist stattbar. So, und jetzt nutze ich den blauen Himmel ueber Colorado. Pause in der Disputatio. Rominator 21:02, 27. Mai 2007 (CEST)
- „Der C.L.A. kennt für die Zeit bis 800 nur 56 überlieferte klassische Bücher, davon nur 31 aus dem 5. Jh.“ Daraus Schlüsse für die Buchproduktion zu ziehen, setzt voraus, dass das, was vom Papyrus auf Codices umgeschrieben wurde, nun auch tatsächlich erhalten ist. Nun wissen wir aber, dass nach Karl d. Gr. auch viele Codices verschwunden sind, so seine gesamte Sammlung heidnischer Literatur, Aber auch andere Texte. Manches ist als Palimpsest erhalten, vieles aber gar nicht. 1-2 Bücher pro Jahr für die Zeit zwischen 400 und 700 ist wesentlich unwahrscheinlicher als der Verlust eines Großteils der Codices in den 1400 Jahren bis zum C.L.A., dies umsomehr, als Cassiodor ja das Abschreiben von Büchern zur Pflicht der Mönche erklärt hatte. Da muss er in „Vivarium“ keine besondere Autorität gewwesen sein, wenn das Ergebnis im Gesamtgebiet einschließlich „Vivarium“ nur 1-2 Bücher / Jahr herausgekommen ist. Jedenfalls entscheidet sich der Artikel nicht unerwartet für die Vermutung, die besser in den Kram passt, und baut darauf die weitere Argumentation auf.
- Typisch: „Isidor konnte nur 154 Titel zitieren.“ Wieso „konnte“? Das Zitierwesen in der frühen Literatur entspricht nicht heutigen Anforderungen, wo jedes Husten mit Stellenangaben belegt werden muss. Vielleicht hielt er mehr nicht für nötig? Vielleicht hat er nur Bücher gehabt, die für seine Arbeit erforderlich waren? Fingalo 23:07, 27. Mai 2007 (CEST)
Zu dem Punkt "Ueberlieferung im Mittelalter" kann ich auch nicht so arg viel sagen, im Zweifelsfall muesste man noch einen Spezialisten befragen. Jedoch entspricht das Bild von Bibhistor, des erheblichsten Verlusts zwischen ca. 400 und 700, absolut dem, was ich in Seminaren zu Textkritik bzw. Buchlektuere gelernt habe und auch dem, was ich (ohne Skrupel) meinen Studenten heute erzaehle. Grundlagenforschung zu jedem denkbaren Aspekt muessen wir hier auch nicht betreiben. Der Verlust einzelner Privatsammlungen hat auf die Gesamtueberlieferung keinen erheblichen Einfluss mehr. Ich glaube wirklich nicht, dass Bibhistor zumindest in diesem Teil auch nur suggerieren wollte, dass das Erhaltene der tatsaechlichen Produktion entspricht (er spekuliert ja auch ueber Verlustraten) und ich hatte es auch nicht so verstanden - wenn es dennoch missverstaendlich klingt, aendere ich es. Ich aendere ebenfalls die POV-Aussage zu Isidor. Grundsaetzlich gebe ich Dir natuerlich Recht, dass noch einiges an Suggestivitaet zu beseitigen ist, vieles ist aber auch schon draussen. Rominator 03:24, 28. Mai 2007 (CEST)
Sehe gerade, dass der Satz schon geaendert ist. Ansonsten zu der Literatur, auf die hier Bezug genommen wird, z.B. Mynors. Der hat die heute allein massgebliche Edition der Aeneis des Vergil herausgegeben. Solchen Untersuchungen bzw. Autoritaeten ist zu trauen. Rominator 03:46, 28. Mai 2007 (CEST)
Ich habe jetzt mal fuer den von mir vorgeschlagenen "Ergebnisteil" (den ich etwas verklausuliert eingefuegt habe - es ist immer noch ein Lexikonartikel oder soll zumindest wie einer aussehen) einen Anfang gemacht. Vermutlich morgen kann ich daran weiterabeiten. Ich versuche dabei die Grundargumentation des Artikels neutral und mit Hinblick auf Einwaende und weitere Faktoren darzustellen und dabei die Aussagen mit Blick auf die Forschung zu relativieren. Ich halte dieses Vorgehen fuer besser und praktikabler als diese Einwaende ueber den gesamten Text zu verteilen. Ausserdem kann so die Grundstruktur des Ursprungstextes erhalten bleiben, der ggf. noch weiter zu neutralisieren ist. Rominator 05:40, 28. Mai 2007 (CEST)
Bei Deinem Schlussabschnitt zu "Endzeiterwartungen" bitte ich zu ueberlegen, ob ich diese Aspekte nicht lieber in den von mir jetzt begonnen Schlussteil einbauen sollte, um der Gliederung willen und um Doppelungen zu vermeiden. Ich finde sogar, Du gibst der Argumentation zu sehr recht, indem Du schreibst: "An der ursächlichen Mitwirkung des Christentums an der radikalen Dezimierung des Buchbestandes dürfte kein Zweifel bestehen." Ich waere hier persoenlich etwas vorsichtiger. Rominator 06:46, 28. Mai 2007 (CEST)
Habe den Text noch etwas weiter neutralisiert/tendenzioese Ueberschriften abgewandelt. Rominator 07:38, 28. Mai 2007 (CEST)
Die Ausfuehrungen zu religioes motivierter Gewalt habe ich wiederhergestellt, allerdings in der Aussagekraft etwas abgeschwaecht, da ich nicht sehe, wie sie dem Artikel schaden sollten. Derartige Ausfuehrungen entsprechen durchaus dem Mainstream der Forschung. Ausserdem ist die Gegenposition bereits dargestellt. Hier sollten wir uns besser absprechen. Rominator 07:59, 28. Mai 2007 (CEST)
Nochmal zur Sekundaerliteratur: Die Literaturliste liest sich wie das Starensemble der Altphilologie, diese ist also nicht zu hinterfragen. Das Buch von Sauer, der mir sonst nichts sagt, wird in dieser Rezension als mit "missionarischem Eifer", aber "wichtig" und "wertvoll" beschrieben. Rominator 09:44, 28. Mai 2007 (CEST)
- An der Dezimierung der Bücher wollte ich gar nicht rütteln. Nur stehen die Zahlen an Hand der C.L.A im Widerspruch zum Text, wonach Cassiodor das Abschreiben durch Mönche zur Pflicht gemacht hat und in seinem Kloster wohl auch abgeschrieben worden ist. Dann stimmt das mit den 2 Büchern /Jahr nicht. Biblhistor meint, es sei unwahrscheinlich, dass das fünfache geschrieben und später verschollen sei. Aber auch das 10-fache (also 20, ja sogar 200 Bücher / Jahr sind angesichts der Zahlen um 300 immer noch ein gewaltiger Einbruch. Um diesen Einbruch festzustellen, braucht men m.E. keine absurden Schrumpf-Zahlen
- Mein Schlussabschnitt zu „Endzeiterwartungen“ sollte in dieses zusammenfassende Schlusskapitel hinein und war ein Textvorschlag hierzu.
- Zur Mitursächlichkeit des Christentums am Bücherschwund habe ich tatsächlich keine Zweifel, nur an der gezielten Verfolgung von Textbeständen im ganzen Reich. Es handelte sich nach dem ganzen Text um einen Kollateralschaden, indem das Heidentum als solches bekämpft wurde, heidnische Gebäude dem Verfall preisgegeben wurden und die Aufmerksamkeit der Eliten auf andere Gegenstände gelenkt wurde, so dass das allgemeine Interesse an der klassischen Bildung schwand.
- Es gab ja zwei Strömungen in frühen Kirche: die einen entsagten der Philosophie als Torheit vor Gott und rieten davon ab, sich mit solchen Torheiten der Welt zu befassen. Die anderen - die Apologeten - versuchten im Gegenteil der heidnischen Bildungsschicht das Christentum als die bessere Philosophie, die wahre Philosophie zu vermitteln. Beides hat aber zur Folge, dass die originale heidnisch entwickelte Philosophie nun nicht mehr Gegenstand der geistigen Beschäftigung wird. Daher ist diese Wirkung des Sachverhaltes nicht zu leugnen. Daneben gab es natürlich weitere Ursachen, wie die barbarische Überfremdung der politischen Führungsschicht. Aber der Artikel war von vorn herein leider so konzipiert, dass schon in der Einleitung gesagt wurde, der Artikel lege es darauf an, der klassischen (ausgewogenen) Sicht, ein neues Modell, nämlich die gezielte christliche Vernichtungsstrategie entgegenzusetzen. Ich habe daraus "hinzufügen" gemacht. Denn nach einer solchen programmatischen Einleitung kann man einen multikausalen Vorgang nicht mehr ausgewogen beschreiben. Die Auseinandersetzungen mit dem Nestorianismus und dem Arianismus kommen überhaupt nicht vor. Sie banden aber die geistigen Energien und führten sie in eine ganz andere Richtung. Wie man damit fertig werden sollte, konnte man bei den Philosophen nicht nachlesen.Für den Umgang mit einer göttlich geoffenbarten Wahrheit war das heidnische Instrumentarium nur sehr bedingt geeignet. Es musste inhaltlich völlig neu gefüllt werden, wenn man Jesus als Gott bezeichnen wollte. Man bediente sich zwar anfangs noch der griechischen Philosophie, aber die christlichen Anforderungen an sie führten zu einer Verselbständigung, die dann allmählich den heidnischen Korpus überflüssig machte. Das sind die Kollateralschäden. Der Artikel ist mir etwas zu sehr an der äußerlichen Ereignisgeschichte festgemacht, und diese hat biblhistor auch durch seine sehr eigenwillige Deutung der Quellen (unkritische Verallgemeinerung einzelner Aussagen) für meinen Begriff auf das von ihm von vornherein angestrebte Ergebnis hin interpretiert. Fingalo 14:22, 28. Mai 2007 (CEST)
Neuer Anlauf
- Lowe in allen Ehren, aber die Abfassung einer Grammatik und einer Orthografie als Beweis für fehlende Gelehrsamkeit zu nehmen, ist Unsinn. Aus dem Duden kann man nicht die Bildung der Deutschen entnehmen. Entweder ergibt der Zusammenhang etwas andes oder der Satz muss raus.
- Wir haben eben nur sehr wenige Hinweise, um den Bildungsstand abschaetzen zu koennen. Von grammatischen Lehrbuechern auf Kenntnisse zu schliessen, ist m.E. nicht unserioes, sondern gaengig. Dass im Fruehmittelalter diese Kenntnisse abgenommen haben, ist Konsens, und man erschliesst dies eben auch nicht aus anderen Hinweisen als eben jenem Lehrbuch. Der Vergleich mit dem Duden ist schwierig. Der Abschnitt ist m.E. jetzt hinreichend neutral und kritisch. Wenn Dir andere oder bessere Indikatoren fuer den gesunkenen Bildungsstand einfallen, bin ich dankbar. Ich kann aus dem Stand dazu auch nicht mehr beitragen, fuer das Fruehmittelalter bin ich nicht mehr hinreichend kompetent. Ansonsten schadet das Beispiel zur Illustration nicht und es ist keinesfalls problematisch im Hinblick auf Neutralitaet.
- Wenn ich wieder zu Hause bin, werde ich nachschauen. Aber die Existenz des Lehrbuchs kanns nicht sein. Und wenn das alle Professoren der Welt verkünden. Aber es wäre möglich, dass sich aus dem Inhalt des Lehrbuches ergibt, dass die Adressaten (fast) Analphabeten waren. Das müsste man dann aber darstellen. So ist das einfach lächerlich.
- Noch einen einschraenkenden Satz dazu ergaenzt (so war es aber auch schon in der letzten Fassung gemeint). Waere sehr schoen, wenn Du in diesem Aspekt nachrecherchieren koenntest.
- Wenn ich wieder zu Hause bin, werde ich nachschauen. Aber die Existenz des Lehrbuchs kanns nicht sein. Und wenn das alle Professoren der Welt verkünden. Aber es wäre möglich, dass sich aus dem Inhalt des Lehrbuches ergibt, dass die Adressaten (fast) Analphabeten waren. Das müsste man dann aber darstellen. So ist das einfach lächerlich.
- Die Geschichte mit der Leiche im Mithrastempel, die ich rausgeschmissen hatte, was um alles in der Welt hat das mit Bücherverlusten zu tun? Es genügt für dieses Thema doch vollkommen, dass Heiden umgebracht wurden. Es kommt nicht drauf an, ob es der Forschung entspricht, sondern ob's hierher gehört. Und hier ist's nur eine Blähung.
- Den Absatz habe ich gekuerzt und ent-emotionalisiert, der Bezug zum Bild sollte allerdings erhalten bleiben, da es sich immerhin um eine historische Fotografie des Belgiers Cumont handelt, der fuer die Erforschung der Religionskaempfe den gleichen Stellenwert hat, wie Mommsen fuer die Republik und Droysen fuer den Hellenismus. Ein Platzproblem haben wir hier nicht und wir sollten auch nicht alles in die Fussnoten verschieben. Das Beispiel extremer Gewalt ist fuer die Einschaetzung der Religionskaempfe relevant.
- Es geht nicht um den Platz als solchen sondern um die Proportionen des Textes.
- Bitte, bitte den Abschnitt in der nun schon deutlich "entschaerften" Form behalten, ich interessiere mich durchaus selbst auch fuer solche Themen und wuesste nicht, wohin man den Abschnitt sinnvoll verschieben koennte (gebe dabei zu, dass die Verbindung extreme Gewalt in Religionskaempfen -> Buechervernichtung - die sich im Vergleich schwieriger belegen laesst - plakativ, meinetwegen auch makaber erscheinen koennte - zumal mit dem Bild.) Genauso wie die Darstellungen zur Tempelzerstoerungen, spielen diese Hinrichtungen in die Argumentation mit hinein, und die nunmehr 3 uebrig gebliebenen Zeilen sind im durchaus erheblichen Textvolumen nicht mehr ueberproportional gewichtet.
- Es geht nicht um den Platz als solchen sondern um die Proportionen des Textes.
- Die kirchlichen Schriften belehrten nur über den Glauben und versprachen nur bedingt Hilfe, da ein Versagen der Hilfe immer als Prüfung oder Mahnung des mangelnden Glaubens interpretiert werden konnte. Grundsätzlich waren aber christliche Institutionen daran interessiert, die wichtigsten Schriften der klassischen Wissenschaften zu erhalten, außer dort, wo sie dem Christentum entgegengesetzt waren, etwa im Bereich der Astronomie, deren Grenzen zur Magie fließend waren, oder in der besonders ausgefallenen Bühnentechnik der Römer, welche die Christen bekämpften. Das ist einfach schief. Der Grund war nicht, dass ein Versagen der Hilfe mangelndes Gottvertrauen bedeutet hätte. Dann hätte man Galen vernichtet und die ganzen Spitäler und die Nächstenliebe, die ja mit konkreten Hilfsmaßnahmen gekoppelt war, wäre ja ein Zeichen mangelnden Gottvertrauens gewesen. Vielmehr waren die christlichen Autoren Theologen und nicht „Naturwissenschaftler“. Kirchliche Schriften befassten sich auch nicht mit der Bewässerung, ohne dass daraus geschlossen werden könnte, dass Bewässerung ein Zeichen mangelnden Gottvertrauens in den natürlichen Regen gewesen wäre. Nur die Astronomie war im Bereich der Komputistik zur Berechnung des Osterfesttermins bald von Bedeutung. Der erste Satz muss raus. Und im nächsten Satz muss die Astronomie raus. Stattdessen sollte man die Ketzerschriften des Nestorius und Arius usw. erwähnen.
- Die schiefen Gedankenspruenge haengen auch immer mit den Nachbearbeitungen zusammen. Aber letztlich stimmt es so, es gab beide Tendenzen: Das Mittelalter war die Hochzeit des Glaubens, und man kann durchaus sagen, dass es naturwissenschaftlichem Fortschritt gegenueber skeptischer war als die Antike. Dass natuerlich auch Wissen bewahrt und weiterentwickelt wurde, ist auch klar. Die Astronomie-Geschichte bezog sich auf das ptolemaeische Weltbild, wir koennen uns auch noch ueber den Abschnitt mit der Weltkugel unterhalten (den Spiegeleier-Vergleich finde ich eigentlich ganz witzig). Wir sollten allerdings die Chronologie beachten, Arius war Mitte 4. Jh., und der Abschnitt bezieht sich auf das Fruehmittelalter. Ich ueberlege morgen mal, wie der Abschnitt geaendert werden kann.
- Das ist immer noch schief. Denn in der hier zu behandelnden Zeit gab es gar keinen Fortschritt, demgegenüber man hätte skeptisch sein können. Das ptolemäische Weltbild war 1. kein wissenschaftlicher Fortschritt sondern traditionelle Überlieferung und 2. woher stammt die Aussage, dass „man“ dem ptolemäischen Weltbild skeptisch gegenüberstand? (abgeseehn davon geht diese Einschränkung aus dem Artikel nicht hervor). Es war das in der gelehrten Welt allgemein akzeptierte Weltbild. Ich habe zu Hause Bücher von Simek über die Kosmologie des Mittelalters, die diese Aussagen widerlegen. In solchen plakativen Aussagen spukt immer noch das Mittelalter als „finster“ herum. Ich warne dringend davor!
- Wie gesagt, mit dem Teil bin ich gestern nicht mehr weitergekommen. Ich habe jetzt Benowar auf seiner Disku gebeten, hierzu was zu schreiben (Ueber meine Examensnote im Mittelalter wird der Mantel des Schweigens gehuellt).
- Das ist immer noch schief. Denn in der hier zu behandelnden Zeit gab es gar keinen Fortschritt, demgegenüber man hätte skeptisch sein können. Das ptolemäische Weltbild war 1. kein wissenschaftlicher Fortschritt sondern traditionelle Überlieferung und 2. woher stammt die Aussage, dass „man“ dem ptolemäischen Weltbild skeptisch gegenüberstand? (abgeseehn davon geht diese Einschränkung aus dem Artikel nicht hervor). Es war das in der gelehrten Welt allgemein akzeptierte Weltbild. Ich habe zu Hause Bücher von Simek über die Kosmologie des Mittelalters, die diese Aussagen widerlegen. In solchen plakativen Aussagen spukt immer noch das Mittelalter als „finster“ herum. Ich warne dringend davor!
- Nach meiner Kenntnis (habe hier die Bücher nicht zur Hand) waren die Schauspieler fahrendes Volk und wurden angesehen wie die Zigeuner im 19. Jahrhundert. Außerdem führten sie derbe Burlesken auf. Die Orestie stand bei ihnen nicht im Programm. Das gehört also in die Schublade „Pornografie“. Wo hast Du das mit der Bühnentechnik her? Da wird sicher nach einer Quelle verlangt! Abgesehen davon erschließt sich mir der Zusammenhang mit der Büchervernichtung nicht. Fingalo 22:20, 28. Mai 2007 (CEST)
- Du hast einerseits Recht, andererseits waren Tragoedienschauspieler genauso schlecht angesehen (die Bereiche ueberschnitten sich), sowohl bei heidnischen Roemern, da die "hochwertige" Tragoedie als griechisch/orientalisch/unmaennmlich galt (gute Studie von M. Wistrand) und vor allem bei Christen, da gerade die Tragoedie historisch ein heidnischer "Gottesdienst" war und von Christen so wahrgenommen wurde (gibt's Aufsaetze zu, muss ich raussuchen). Dass mit der Buehnentechnik erscheint mir plausibel. Ich verstehe darunter roemische Schauspiele, wo die Roemer tatsaechlich technische Meisterleistungen vollbracht haben. Vom Kollosseum ist bekannt - und wird allenfalls sporadisch bezweifelt -, dass es fuer Wasserschlachten geflutet werden konnte (Quellen sind Martial, de spectaculis, Sueton, Vita des Caligula und Domitian, massgeblicher Aufsatz von K. Coleman, Fatal Charades, in: JRS 200x). Dieses Wissen kann nicht muendlich tradiert worden sein und die entsprechenden Schriften sind verloren, diese Leistungen wurden im Mittelalter nicht wiederholt, da man Wasserschlachten nicht mehr so toll fand, in denen ja auch Christen gestorben waren (Verbot von Gladiatorenspielen 411). Ausserdem gibt es m.W. keine systematischen Texte zum Brueckenbau mehr, fuer Kriegstechnik gibt es diese schon. Ich fuehre die Passage noch aus. Rominator 07:16, 29. Mai 2007 (CEST)
- Ja, such die Belege raus. Das ist nötig. Und ausgefeilte Bühnentechnik war es also nicht, sondern die Darstellung von bestimmten Stoffen, bei der diese Bühnentechnik eingesetzt wurde. Das sollte im Artikel auch so dargestellt werden; denn es ist einfach nicht plausibel, dass die Flutung des Kolosseums als solche kritisiert wurde, sondern die Seeschlacht. Die Darstellung Jesu auf dem See Genezareth hätte keinen Unmut hervorgerufen. Und der Zusammenhang mit der Büchervernichtung fehlt mir immer noch! Ich habe den Eindruck, hier wird alles reingepackt, was einem gerade so einfällt - von Hölzchen auf Stöckchen - wir haben ja kein Platzproblem. Mir fehlt die gedankliche Diziplin der Darstellung, nur das in den Artkel zu schreiben, was zum Thema gehört. Das betrifft ganz besonders die Geschichte mit der Leiche im Mithrastempel. Das gehört in einen Artikel über die Heidenverfolgung im frühen Christentum. Hier ist es nur Geschwätzigkeit.
- Den Teil schreibe ich auch noch heute. Die drei Formen roem. Schauspiele (Theater, Amphitheater, Stadium) als auch die griech. Agone wurden jedoch in ihrer Gesamtheit durch die Christen abgelehnt.
- Ja, such die Belege raus. Das ist nötig. Und ausgefeilte Bühnentechnik war es also nicht, sondern die Darstellung von bestimmten Stoffen, bei der diese Bühnentechnik eingesetzt wurde. Das sollte im Artikel auch so dargestellt werden; denn es ist einfach nicht plausibel, dass die Flutung des Kolosseums als solche kritisiert wurde, sondern die Seeschlacht. Die Darstellung Jesu auf dem See Genezareth hätte keinen Unmut hervorgerufen. Und der Zusammenhang mit der Büchervernichtung fehlt mir immer noch! Ich habe den Eindruck, hier wird alles reingepackt, was einem gerade so einfällt - von Hölzchen auf Stöckchen - wir haben ja kein Platzproblem. Mir fehlt die gedankliche Diziplin der Darstellung, nur das in den Artkel zu schreiben, was zum Thema gehört. Das betrifft ganz besonders die Geschichte mit der Leiche im Mithrastempel. Das gehört in einen Artikel über die Heidenverfolgung im frühen Christentum. Hier ist es nur Geschwätzigkeit.
„Diese Möglichkeit könnte den Verlust an Literatur besser erklären, wenn man die Zurückweisung der Verrottungsthese akzeptiert.“ Wieso? Warum können nicht mehrere Faktoren zusammengewirkt haben? Warum muss die Verrottungsthese zurückgewiesen werden? Inssbesondere, wo sie im Artikel als Folge der Gebäudezerstörung akzeptiert wurde?
- Ich ersetze "besser" durch "zusaetzlich"
„Standardwerke zur Überlieferungsgeschichte, welche diese Ansicht vertreten, betreiben jedoch keine Quantifizierung.“ Wieso ist diese notwendig? Was macht das für einen Unterschied in der behaupteten Kausalität, ob 100 oder 1000 oder 1 Million Rollen verschimmelt sind? Das „jedoch“ sollte entfallen.
- "Jedoch" ist draussen
Fn. 14: „Reynolds und Wilson vertreten ausschließlich die Umschreibungs- Verrottungsthese, ohne die Kritik daran zu erwähnen“. Welche Kritik gab es denn an dieser These? War unter den Kritikern jemand, der die aktive Vernichtung propagierte? Oder hatten die Kritiker gar keine Alternative parat? Oder waren deren Alternativen unplausibler?
- Ja, das ist ein interessanter Punkt. Ich verstehe den Abschnitt so, dass diese Kritik nicht publiziert wurde (= es ist letztlich die Kritik von Bibhistor, die dann ja auch den tieferen Sinn seines Einstellens dieses Artikels in die Wikipedia erklaeren sollte). Derartige Publikationen waeren mir nicht bekannt, und sicher haette Bibhistor gerade diese genannt, wenn sie existierten. Man sollte wohl nicht darueber spekulieren, ob oder wie der Autor in die Aufarbeitung des C.L.A. involviert war oder mit wem er darueber gesprochen haben koennte (z.B. auf Tagungen, da schlagen die Leute sich bei brisanten Fragen ja gerne die Koepfe ein). Ich habe es jetzt jedenfalls neutraler formuliert, solange keine weiteren Informationen bekannt sind.
„Was zunächst als Phase der Umschreibung von Rolle auf Codex erschien, lässt sich aufgrund dieser Ergebnisse als das Resultat einer extrem reduzierten Buchproduktion deuten.“ Der Satz ist in sich nicht folgerichtig. Es handelt sich um einen Vergleich von Schein und Wirklichkeit. Die Vergleichselemente müssen der gleichen Kategorie angehören. Der „Phase der Umschreibung“ entspricht aber nicht die „reduzierte Buchproduktion“. Sprachlich richtig könnte es heißen (wenn das geeint ist): „Was zunächst als eine enge Auswahl und Selektion in der Phase der Umschreibung erschien, lässt sich auf Grund dieser Ergebnisse als das Resultat einer extrem reduzierten Buchproduktion überhaupt deuten“. Dann wird die „enge Auswahl“ der „reduzierten Buchproduktion überhaupt“ gegenübergestellt. Inhaltlich ist allerdings die folgende Rechnung von nur 10 Büchern / Jahr angesichts der Bemühungen Casiodors einfach unglaubhaft und geht von der fantastischen Annahme aus, dass das, was damals einmal in einen Codex transponiert worden ist, bis heute bei der Erfassung im C.L.A. erhalten geblieben sein müsse.
- Deinen Vorschlag habe ich uebernommen. Zur Abschaetzung der Verlustrate: Ich moechte da ungern reinpfuschen. Aber ich habe in die conspectus siglorum der meisten lateinischen (heidnischen) Editionen zumindest mal einen Blick geworfen. Demnach macht die Hochrechnung durchaus Sinn: Das Verhaeltnis zwischen Hss. aus dem 8./9. Jh. und etwa dem 13./14. Jh. (mit m.E. aehnlicher Produktionsrate) duerfte so um ein Fuenftel liegen. Letztere Gruppe wird es ueberwiegend in den Humanismus geschafft haben und war damit "gerettet". Die Verlustrate im 6./7. Jh. duerfte etwas, aber nicht erheblich hoeher liegen. Diese umfangreichen Untersuchungen haben sicherlich hoehere Beweiskraft als die literarische Textstelle zu Cassiodor.
„Isidor hat 154 Titel zitiert. [23] Seine Bibliothek war demnach wahrscheinlich deutlich kleiner als die von Cassiodor.“ Bei Cassiodor werden 100 Codices angegeben. Man sollte hier dem Leser schon sagen, dass die Codices mehrere Titel erfassten, sonst verwirrt die Zahlenrelation.
- geaendert, Verweis auf's Glossar
Außerdem wird eine merkwürdige Reduktion vorgenommen. Erst wird gesagt, dass die Bibliotheken Cassiodors und Isidors die einzigen seien, deren Bestand bekannt sei. Umkehrschluss: Es gab offenbar noch mehr Bibliotheken, deren Inhalt eben nicht bekannt ist. Jetzt auf einmal sind es die einzigen Bibliotheken überhaupt. Oben schrieb ich über Al-Hakam II., dass er im 10. Jahrhundert 400 000 Bände besaß. Wie kann das sein, wenn nur 100 Codices das 5. Jahrhundert überlebt haben? Und christliche Literatur dürfte da nur wenig vorhanden gewesen sein. Er hatte seine Bücher aus dem Osten und Nordafrika bezogen. Das war natürlich zum Teil muslimische Belletristik. Aber, wenn er sie mit Anmerkungen versehen haben soll, dann muss es sich auch um wissenschaftliche Werke gehandelt haben. Also gab es in Nordafrike und im Orient weitere große Bibliotheken, die vom Büchersturm des 4. jahrhunderts unbehelligt geblieben waren und erst später verloren gingen. Da seine Bibliothek später ebenfalls vernichtet wurde, ist von alldem nichts übrig geblieben - aber nicht auf Grund christlicher Zerstörungswut. Der ganze Abschnitt macht mir erhebliche Bauchschmerzen, und ich sehe schon, dass er uns um die Ohren gehauen wird, schon ween des Anspruchs einer allgemeinen Gesamtaussage im Lemma und dann der inhaltlichen Latein /C.L.A.-Lastigkeit.
- Deinen ersten Einwand kann ich hier nicht ganz nachvollziehen. M.E. ist die Formulierung: "Er hatte die einzige größere Bibliothek des 6. Jahrhunderts, über deren Inhalt etwas bekannt ist." eindeutig in dem Sinne, dass es natuerlich noch weitere Bibliotheken gab (z.B. die genannten Klosterbibliotheken). Dass es danach auch noch Verluste gab, ist klar, gehoeren allerdings nicht mehr eigentlich zum Thema. Deinem zweiten Einwand gebe ich voellig Recht: Ich habe bereits diesen Umstand im Schlussteil deutlich herausgestellt. Mein eigentliches Bedenken richtet sich aber auf den folgenden Satz (dieses Bedenken hatte ich zunaechst zurueckgestellt): "Das Material hätte also über 400 Jahre aushalten müssen. Aber nach 800 haben die vielen antiken Rollen sicher nicht mehr existiert. Aus den Katalogen und der Kopiertätigkeit dieser Zeit können wir dies sicher schließen. Man konnte ab 800 nur noch auf Codices zurückgreifen, die nach 400 geschrieben waren." Das ist eigentlich der entscheidende Schluesselsatz, mit dem die Argumentation steht oder faellt, aber es fehlt die Quellenangabe. Diese Aussage beruht sicherlich auch auf den Ergebnissen des C.L.A. und waere damit eben auch nur fuer den lateinischen Teil der Literatur aussagekraeftig (immerhin). Soll ich den Autor danach fragen? Ein sinnvolles Lemma waere wohl Diskussion um den möglichen Anteil christlicher Gewalt beim Verlust lateinischer Literatur der Spätantike (geht aber auch nicht). Das Lemma ist aber, wie gesagt, probeweise und kann noch verschoben werden.
- „Er [Cassiodior] hatte die einzige größere Bibliothek des 6. Jahrhunderts, über deren Inhalt etwas bekannt ist. Auf Grundlage der Zitierungen verfügte sie etwa über 100 Codices“ und dann:„ Nur von einer einzigen großen Bibliothek wissen wir, dass sie diese Zeit überstanden hat: Die Palastbibliothek von Constantinopel wurde erst 476 mit 120.000 Codices durch ein Feuer zerstört. Die nächste bekannte Bibliothek ist erst wieder 100 Jahre später die von Cassiodor mit etwa 100 Codices“. Jetzt wird aus der einzigen Biblithek, über deren Inhalt man etwas weiß, die einzige Bibliothek, die man überhaupt kennt.
- Deinen ersten Einwand kann ich hier nicht ganz nachvollziehen. M.E. ist die Formulierung: "Er hatte die einzige größere Bibliothek des 6. Jahrhunderts, über deren Inhalt etwas bekannt ist." eindeutig in dem Sinne, dass es natuerlich noch weitere Bibliotheken gab (z.B. die genannten Klosterbibliotheken). Dass es danach auch noch Verluste gab, ist klar, gehoeren allerdings nicht mehr eigentlich zum Thema. Deinem zweiten Einwand gebe ich voellig Recht: Ich habe bereits diesen Umstand im Schlussteil deutlich herausgestellt. Mein eigentliches Bedenken richtet sich aber auf den folgenden Satz (dieses Bedenken hatte ich zunaechst zurueckgestellt): "Das Material hätte also über 400 Jahre aushalten müssen. Aber nach 800 haben die vielen antiken Rollen sicher nicht mehr existiert. Aus den Katalogen und der Kopiertätigkeit dieser Zeit können wir dies sicher schließen. Man konnte ab 800 nur noch auf Codices zurückgreifen, die nach 400 geschrieben waren." Das ist eigentlich der entscheidende Schluesselsatz, mit dem die Argumentation steht oder faellt, aber es fehlt die Quellenangabe. Diese Aussage beruht sicherlich auch auf den Ergebnissen des C.L.A. und waere damit eben auch nur fuer den lateinischen Teil der Literatur aussagekraeftig (immerhin). Soll ich den Autor danach fragen? Ein sinnvolles Lemma waere wohl Diskussion um den möglichen Anteil christlicher Gewalt beim Verlust lateinischer Literatur der Spätantike (geht aber auch nicht). Das Lemma ist aber, wie gesagt, probeweise und kann noch verschoben werden.
- „Die Fortexistenz großer Bibliotheken ist ab ca. 500 nicht mehr belegt. Kleine Klosterbibliotheken hatten vielleicht sogar nur einen Umfang von 20 Büchern“ ist falsch. Die von Al-Hakam II. ist nach 500 und ist belegt.
„Zusammen mit dem Befund des C.L.A., dass seit dem 8. Jh., das wieder heidnische Literatur reproduzierte, die Reproduktion auf den in Pergamentform vorliegenden Textbestand reduziert war, widerspricht das papyrologische Ergebnis zur Verrottungsthese, derzufolge das antike Material bereits im 8. oder 9. Jh. aus natürlichen Ursachen verfallen war.“ Den Schachtelsatz habe ich grammatisch nicht aufschlüsseln können. Wem widersprechen die? Fingalo 17:58, 29. Mai 2007 (CEST)
- Es muss "der" statt "zur" (Verrottungsthese) heissen, und ist dann ein Dativ, kein Genitiv. Macht's so mehr Sinn?
- Ja, jetzt ist's grammatisch richtig, aber inhaltlich falsch, weil die Verrottungsthese hier einer Erhaltungsthese „unter normalen Bedingungen“ (was für die Erhaltung = ideale Bedingungen sind, nämlich durchgängig ohne Unterbrechung trocken über Jahrhunderte, obgleich sich nach dem ganzen Inhalt des Artikels sich niemand mehr drum kümmerte) gegenübergestellt wird, ohne überhaupt die Frage zu stellen, ob die Bedingungen überhaupt irgendwo durchgängig gegeben waren. Ich halte die Erhaltungsbedingungen zur damaligen Zeit für ebenso labil, wie heute bei der Tiefkühlkost vom Erzeuger bis in den Laden. Eine Kühlunterbrechung, und man kann die Ladung auf den Müll werfen. Ich brachte ja bereits den Vergleich zwischen dem Mann von Tollund (einer gut erhaltenen Moorleiche) und den übrigen Leichen, deren Gräber nach 50 Jahren bereits freigegeben werden. Eine Leiche kann also unter bestimmten Besingungen locker 1000 Jahre überdauern. Was ergibt sich daraus für den gegenwärtigen Bestand von Leichen aus dem Jahre 1000? Dass sie gezielt vernichtet sein müssen? Auch der renommierteste Wissenschaftler kann mir nicht jeden Bären aufbinden - aber der Autoritätsgläubigkeit sind offenbar keine Grenzen gesetzt.
- Die um soviel eingerueckten Beitraeg von mir. Rominator 00:07, 30. Mai 2007 (CEST) und Rominator 03:41, 30. Mai 2007 (CEST) + Puh, nicht mehr so ganz viel Einzelkritik, bitte....
- Ich kann's natürlich lassen. Dann kommen später andere. Es sei denn, du verzichtest auf das Review, und es liest keiner.
- Es muss "der" statt "zur" (Verrottungsthese) heissen, und ist dann ein Dativ, kein Genitiv. Macht's so mehr Sinn?
- Dass sich Jahrhundertelang niemand für die Papyri interessiert hätte, wird nirgends behauptet, denn sie wurden ja abgeschrieben. Soweit sie nicht abgeschrieben wurden, ist das nicht mehr erklärungsbedürftig, da es ausreichend im ganzen Artikel erklärt worden ist. Fingalo 04:48, 30. Mai 2007 (CEST)
Neue Ueberschrift
Hallo Fingalo:
Deinem ersten Einwand ist Recht zu geben. Zu Deinem zweiten Einwand: Doch, der Artikel behauptet, dass nach 700 keine antiken Papyri mehr kopiert wurden. Seit dem 8. Jh. interessierte man sich aber wieder fuer die heidnischen Schriften. Wieso hat dann im 8.,9./10. Jh. niemand mehr einen antiken Papyrus kopiert? Ich weiss allerdings nicht genau, auf welcher Datengrundlage diese Annahme basiert bzw. ob man von allen erhaltenen Hss. seit dem 8. Jh. sicher sagen kann, dass sie von einer Pergamentvorlage kopiert wurden ob das nur fuer einen Teil gilt und wie gross dann dieser Teil ist. Ich finde, dass das Hauptproblem des Artikels hierin liegt.
Zu Deinem Einwand oben mit der Bibliothek in Spanien: Der Artikel ist, glaube ich, jetzt hinreichend deutlich darauf eingeengt, dass der im C.L.A. ausgewiesene Buecherverlust sich allein auf den lateinischen Westen Europas beschraenkt: "...und daher ist auch die historische Aussagekraft der quantitativen Untersuchungen weitgehend auf den lateinischen Westen Europas im Frühmittelalter beschränkt." (also ohne Spanien) Ich habe jetzt nochmal ausdruecklich den islamischen Bereich ausgeschlossen. Nach der von der zitierten Textstelle kamen die Buecher aus dem islamischen Raum. Ich werde im Laufe des Sommers einen Artikel schreiben, der die Ueberlieferung der antiken Literatur ingesamt (und ohne "Akzentuierung") beschreibt.
Ansonsten wuerde ich vorschlagen: Die noch ausstehenden Dinge werde ich abarbeiten, und wir unterhalten uns dann hier noch ueber unbedingt notwendige groessere Veraenderungen. Kleinere Dinge, die Dir auffallen (etwa eine Streichung des "jedoch") koenntest Du ja auch selbst im Text vornehmen. Wir koennen anschliessend den Artikel entweder ins Review stellen oder einen weiteren Benutzer um eine weitere Meinung fragen, z.B. Benowar. Ansonsten fuerchte ich, wir verrennen uns im Augenblick etwas. Was schlaegst Du vor? Rominator 06:22, 30. Mai 2007 (CEST)
- „Wieso hat dann im 8.,9./10. Jh. niemand mehr einen antiken Papyrus kopiert?“ Nun, der Artikel legt doch lang und breit dar, dass zu dieser Zeit so gut wie keine Papyri mehr existierten. Der Streit geht doch nur um die Kausalität. Verrottungsthese - Verrottungsthese+Vernichtungsthese - reine Vernichtungsthese.
- Das ist richtig und es ist ja nun auch im Artikel herausgearbeitet. Der Verlust kann teilweise durch die Religionskaempfe und teilweise durch anderweitige Gebaeudeverluste erklaert werden. Rominator 22:46, 30. Mai 2007 (CEST)
- „Der Verlust an antiken Papyri ist nur im lateinischen Raum nachzuweisen. Eindeutige archäologische oder papyrologische Befunde liegen hierzu nicht vor.“ Ist das nicht ein Widerspruch? Wie anders sollte der Nachweis denn geführt worden sein?
- Ansonsten bin ich mit dem Vorgehen einverstanden. Als einzige größere Veränderung mahne ich nur die entscheidende Kürzung des Schlussabsatzes an. Er ist keine Zusammenfassung, sondern eine Nacherzählung. Fingalo 12:06, 30. Mai 2007 (CEST)
Nur eine kurze Zwischenmeldung: Rominator hatte mich gebeten, in wenigen Sätzen etwas zum Verhältnis von Glaube und naturwissen. Wissen im FrühMA zu schreiben. Das ist nun nicht gerade mein Fachgebiet, aber ich habe mich bemüht, ein paar Sätze (mit starker Fokussierung auf das Frankrenreich [aus wohl nachvollziehbaren Gründen, Irland etwa ist ein Sonderfall]) zu verfassen. Ist alles sehr provisorisch, ihr könnt das gerne auseinandernehmen. -- Benowar 11:56, 30. Mai 2007 (CEST)
- sehr schön. Wenn ich Ende Juni wieder zu Hause bin, werde ich den Simek mal zur Hand nehmen (Kosmologie im Mittelalter oder so ähnlich) und ich glaube, ich habe auch noch was über Medizingeschichte. Und Irland ein Sonderfall? Beda saß in England. Die Osterfestberechnung bedingte auf jeden Fall die Befassung mit der Astronomie. Aber irgendwo habe ich zu Hause ein Buch, in welchem steht, wie das Bildungsgut nach Irland kam. Alfred der Große ließ die Historiae adversum Paganos von Orosius übersetzen, kein rein philosophisches Werk, sondern sie enthielt eine Weltbeschreibung, die er von Ottar um den Nordseeraum ergänzen ließ. Wie gesagt, ich sitze hier leider arg auf dem Trockenen. Fingalo 12:20, 30. Mai 2007 (CEST)
- Ich meinte die Zeit nach Isidor und nach Beda, danach wurden nämlich bis in die Karolingerzeit keine größeren ähnlichen Kompendien mehr verfasst. Maurus ist dann von überragender Bedeutung, aber ich habe mich nach Rominators Wünschen erstmal auf die Naturwissenschaften bezogen, da wird es dann schwierig, wichtige Impulse zur Astronomie und Mathematik kamen dann aus dem arabischen Spanien im späten 10. Jahrhundert. Aber wie gesagt: ich wollte das nun nicht auswälzen, Goetz bietet auch zu Irland etc. weiterführende Lit. --Benowar 12:43, 30. Mai 2007 (CEST)
Gruss allseits: Die Belege zu christlichen Einstellungen gegenueber Spielen habe ich ergaenzt. Da Benowar dankenswerter Weise den Rest des Abschnittes ueberarbeitet hat, sollten die Punkte von weiter oben abgearbeitet sein. Den Schlussteil werde ich auch noch deutlich kuerzen, da ja mittlerweile auch alle Aspekte bereits in der eigentlichen Argumentation eingefuegt sind, wobei der Artikel nicht mit dem Abschnitt "Endzeiterwartungen" enden sollte. Der Beitrag von Fingalo zur Astronomie waere dankenswert. Ansonsten kann ja auch noch einiges in den von mir noch zu schreibenden Gesamtartikel zur Ueberlieferungsgeschichte.
In dem Kleinstfachbereich Papyrologie kann ich mir gut vorstellen, dass die Untersuchungen zum Thema veraltert sind. Insofern glaube ich nicht, dass man von Theoriefindung sprechen kann, denn die Darstellung beruht auf den Untersuchungen der massgeblichen Philologen sowie den Ergebnissen des massgeblichen Kataloges, der einschliesslich des Bildmaterials aufuehrlich dokumentiert ist. Auch die historische Einbindung finde ich nun, nach den zahlreichen Ueberarbeitungen, hinreichend differenziert und kritisch. Dass immer noch einiges nachgearbeitet werden kann oder muss, ist klar. Ich finde daher, dass der Ueberarbeitungsbaustein nicht mehr gerechtfertigt erscheint, da die Qualitaet und fachrelevante Fundierung sicherlich deutlich hoeer liegt als beim durchschnittlichen Wikipedia-Artikel. Rominator 22:36, 30. Mai 2007 (CEST)
P.S.: Der Schlussteil ist jetzt um ca. 50% gekuerzt. Einige Saetze sind weiter oben in den Text verschoben worden. Rominator 01:37, 31. Mai 2007 (CEST)
- O.K., ich denke auch, dass der Überarbeitungsbaustein weg kann. Mit der Wissenschaft müsst ihr Euch bis zum 21. 6. gedulden. Vielleicht denkt ihr mit dran und gebt mir eine Erinnerung auf meine Seite. Ich bin nämlich hauptsächlich mit den Wikingern zu gange. Inzwischen könnt ihr euch Gedanken über ein geeigneteres Lemma machen. Fingalo 02:23, 31. Mai 2007 (CEST)
- Den Ueberarbeitungsbaustein habe ich jetzt rausgenommen. Wenn Du auf Deine Buecher zur Astronomie wieder Zugriff hast, koennen wir uns ja auch noch ueberlegen, den Abschnitt zur Weltkugel des Cassiodor in den Artikel wiedereinzubauen - hinreichend differenziert. Die Lemmafrage gestaltet sich schwierig. Mir faellt echt nichts anderes ein, was sich 1) fuer ein lexikalisches Lemma eignete 2) besser geeignet waere. Die Religionskaempfe sind natuerlich im Artikel prominent, aber wie soll man das im Lemma ausdruecken? Eine Einengung auf den lateinischen Westen waere auch nicht richtig, denn der Artikel bezieht sich auch oft auf den Osten. Im Hinblick auf die zeitliche Einordnung erscheint mir die Spaetantike am sinnvollsten, auch wenn sich Teile des Artikels bis zum Fruehmittelalter erstrecken. Als Thema erscheint mir ebenfalls "Bucherverlust(e)" oder "Textverlust" am sinnvollsten. "Verlust antiker Papyri" eignet sich auch schlecht als Lemma. Gibt es Vorschlaege? Rominator 02:59, 31. Mai 2007 (CEST)
Ich wuerde ausserdem noch vorschlagen, diesen Abschnitt der urpsruenglichen Version, die bereits von mir ueberarbeitet ist, wieder einzufuegen, im Abchnitt zur religioesen Gewalt (vgl. auch die Anmerkungen):
In Anlehnung an Humboldts "Kosmos" schrieb der Physiker Carl Sagan 1980 ein gleichnamiges und ebenso einflussreiches Buch über den Menschen und seinen Bezug zum All.<ref>"Cosmos" wurde zum meistgedruckten englischsprachigen Sachbuch.</ref> Sagan sah in dem Ende der klassischen Antike um 400 "eine schmerzliche Einbuße für die Menschheit."<ref>Konkret der Zerstörung der Bibliothek von Alexandria und dem Tod Hypatias (deutsche Übersetzung: "Unser Kosmos", München 1982. Er war ein Vertreter der säkularen-naturwissenschaftlichen Weltanschauung</ref> In seiner Kritik am spätantiken Christentum präsentiert Sagan eine Interpretation, die auf die Ergebnisse eines Forschungsprogramms am nationalen Gesundheitsamt der USA zurückgeht.<ref>Der wissenschaftliche Leiter dieses Programms hatte die Ergebnisse 1976 publiziert. Die Vereinigung unabhängiger Nuklearwaffen-Wissenschaftler wurde darauf aufmerksam und veröfftentlichte es in ihrem in Fachkreisen sehr berühmten Journal. (James W. Prescott: Body Pleasure and the Origins of Violence, in: The Bulletin of The Atomic Scientists, November 1975, S. 10-20). Sagan, der, was wenig bekannt ist, auch mit Nuklearwaffen beruflich zu tun hatte, wurde dadurch darauf aufmerksam. Er präsentiert es in seinem Buch nicht nur im Kontext mit dem gewaltsamen Ende der Antike sondern auch mit der Gefahr eines erneuten Untergangs der modernen Kultur durch einen Atomkrieg.</ref> Dieses Programm brachte im anthropologischem Vergleich die Anwendung von Gewalt in den Zusammenhang sexueller Enthalsamkeit.<ref>Es verwertete statistische Analysen der anthropologischen Daten von 400 Kulturen. Meist aus dem 19. und 20. Jh., aber auch aus der Antike. Dazu Erkenntnise der experimentellen Gehirnforschung an Menschen und Primaten, der Kriminologie und Gerichtsmedizin. Der wissenschaftliche Leiter des Programms, James W. Prescott, kam zu dem Ergebnis, dass eine Neigung zur Gewalt direkt mit funktionalen Gehirnstrukturen verbunden ist. Die Ausbildung dieser Strukturen wird durch Erlebnisse in der Kindheit bestimmt und kann danach nur noch begrenzt beeinflusst werden. Offenbar benötigt das menschliche Gehirn in den ersten Monaten und Jahren eine hinreichende Stimulation über die Haut. Geschieht dies nicht, so kann nur noch die Möglichkeit zu früher sexueller Aktivität eine Fehlbildung verhindern. Tritt diese Fehlbildung aber auf, so wird sie durch Erziehung von Generation zu Generation weiter tradiert. Bei betroffenen Gruppen und Einzelpersonen zeigt sich eine deutlich grössere Neigung zur Religiosiät. Auch zur Aktzeptanz von Gewaltmaßnahmen und der Verdammung sexuellen Genusses. Das Keuschheitsgebot des spätantiken Christentum könnte die gleichen Folgen gehabt haben. Die sexuellen Beschränkungen im Christentum sollten dem Erwachsenen die Möglichkeit geben, ein freiwilliges Opfer vor Gott zu erbringen.</ref>
Rominator 05:25, 31. Mai 2007 (CEST)
Man sollte vielleicht auch noch mal die Gliederung ueberdenken, z.B. wirkt der Abschnitt "Endzeiterwartungeb" sehr isoliert. Ueberhaupt wirkt durch die Ueberarbeitung der gesamte Schlussabschnitt deplaziert, man sollte eine Verschiebung ueberlegen. Rominator 05:53, 31. Mai 2007 (CEST)
Ich habe die Gliederung jetzt umgestellt. Diesen Abschnitt koennte man vielleicht wierderherstellrn:
Durch die Konkordatslehrstühlen ergab sich vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine gewisse Rechristianisierung der deutschen Geschichtsforschung. Eine ähnliche Entwicklung zeigte sich auch in den angelsächsischen Ländern.<ref>Während in Deutschland der anti-katholische Kulturkampf eine wesentliche Rolle spielte, waren es in den USA und Großbritannien eher marxistisch oder linksintellektuell geprägte Strömungen. Wie deren materialistisch geprägte Sicht des Mittelalters in den letzten Jahrzehnten mit Hilfe der katholischen Kirche revidiert wurde, beschrieb anschaulich der bedeutende US-Mediävist Norman Cantor in seinem Buch „Inventing the Middle Ages“ (1991).</ref> Durch den damit einhergehenden Konsens einer friedlichen Koexistenz der Weltanschauungen ergab sich für die Überlieferungsgeschichte eine etwas prekäre Lage. Eine Darstellung der entscheidenden spätantiken Phase müsste Dinge erwähnen, die die Christianisierung Europas in einem etwas akzentuierten Licht erscheinen lässt.<ref>Das Schicksal der Hypathia wurde seit Voltaire im 18. Jh. als Kampfargument säkularer Strömungen gegen die katholische Kirche vorgebracht. (Dzielska, Maria: Hypatia of Alexandria, London 1995. p. 2ff)</ref>
Wobei ich mir hierbei etwas unsicherer bin.
Rominator 06:32, 31. Mai 2007 (CEST)
Vlelleicht ist als Lemma Verlust antiker Papyri gar nicht schlecht.
- Als interessierter Beobachter, der dem Artikel möglichst viele Leser wünscht, bin ich für die Beibehaltung des derzeitigen Lemmas, das dem Horizont unserer Zeitgenossen (noch) deutlich näher stehen dürfte als die erwogene Alternative. Um eventuelle Bedenken hinsichtlich fachlicher Korrektheit auszuräumen, könnte vielleicht über einen erläuterternden Zusatz in der Einleitung nachgedacht werden. -- Barnos -- 07:34, 31. Mai 2007 (CEST)
- Ich bin, wie Barnos, ebenfalls dafür, das Lemma beizubehalten. Mit Sagan bin ich alles andere als glücklich, da mir das ehrlich gesagt viel zu eklektisch ist, da auch moderne Forschungen das so sicherlich nicht abdecken; wenn, dann müsste man nochmal einen Forschungsbeitrag machen (mit den Darstellungen von Liebeschuetz, Averil und Alan Cameron, Peter Brown, Krause, Demandt, Hartwin Brandt, Kettenhofen, Peter Heather, James Howard-Johnston etc.), das kann hier aber m. E. nicht Sinn der Sache sein. Bei Sagan sah in dem Ende der klassischen Antike um 400 "eine schmerzliche Einbuße für die Menschheit muss ich irgendwie an Seecks Methodik denken (bei allem Respekt für seine Leistungen, insbesondere bei der Informationsfülle seines Werks Geschichte des Untergangs der antiken Welt) – und dann läuft es mir doch kalt den Rücken runter... --Benowar 10:33, 31. Mai 2007 (CEST)
Das Problem liegt weniger im Lemma selbst als vielmehr in seiner Blockadewirkung. Wenn einer nun einen Artikel über die Bücherverluste der byzantinischen Welt schreiben will oder über die Verluste der arabisch tradierten antiken Literatur, der hat dann ein Problem mit seinem Lemma. Das gilt schlechthin für alle Lemmata, die ein Thema abdecken, dann aber nur einen Aspekt abhandeln. Traditionell pflegt man den Teilaspekt durch einen Klammerzusatz im Lemma zu berücksichtigen, z.B. (lateinisch) oder (Westrom). Fingalo 11:14, 31. Mai 2007 (CEST)
- Vielleicht wäre es gar nicht falsch abzuwarten, ob dieses Problem sich tatsächlich ergibt. Denn Spezialartikel der genannten Art könnten ja durchaus als spezielle Lemmata konzipiert werden. Umgekehrt könnte aber das vorliegende Lemma das Interesse u.U. vielleicht sogar wecken, solche Artikel spezielleren Zuschnitts zu erarbeiten, wer weiß? -- Barnos -- 17:02, 31. Mai 2007 (CEST)
Die Verrottungsthese
- Meiner Ansicht nach ist das Thema des "Buecherverlusts" durchaus passend eingeengt durch "Spaetantike". Der Osten des Reiches ist auch behandelt (quantitativ etwa durch die Auswertung der Papyrusfunde in Oxyrhynchos, die meisten literarischen Belege sind aus dem Osten). Ich glaube eigentlich nicht, dass im Laufe der naechsten 300 Jahre jemand einen Artikel ueber Bücherverluste in der Spätantike (byzantinisches Reich) schreiben wird, der mehr Informationen bieten wuerde als dieser Artikel. Bis dahin koennte der Artikel verrottet sein bzw. es koennte eine Umschreibung stattgefunden haben auf edlere (wenngleich nicht laenger haltbare) Server. Fuer den Buecherverlust in der arabischen Ueberlieferung muesste sowieso ein ganz anderes Lemma gewaehlt werden. (Spaetantike schliesst die arabische Ueberlierferung aus, denn erstere endete mit der Expansion von letzteren - spaetestens). Der zeitliche Schwerpunkt des Artikels liegt im spaeten 4. bis fruehen 6. Jh., teilweise geht er ins Fruehmittelalter ueber, aber der Schwerpunkt ist m.E. korrekt und auch noch einigermassen griffig umschrieben. Wenn der Artikel noch weiter gereift ist und Fingalo seinen Beitrag zur Astronomie eingebracht hat, koennte man auch an eine Lesenswertwahl denken, denn sonst wuerde - auch noch bei diesem Lemma - die Rezeption dieses in Analogie zur Rezension zu Sauer "mit missionarischem Eifer geschriebenen", aber "wichtigen" und "wertvollen" Artikels in etwa der eines heidnischen Ritualbuchs im 7. Jh. entsprechen (sog. Giftschrankartikel). Hat der Artikel m.E. nicht verdient. Ebenfalls koennte an Redirects von thematisch zentraleren Artikeln gedacht werden. Rominator 21:26, 31. Mai 2007 (CEST)
Ich habe den Artikel nun noch etwas weiter bearbeitet und erstmal ins Review gestellt. Er kann ja`dort erstmal ruhen, bis weitere Meinungen eingehen. Rominator 03:07, 1. Jun. 2007 (CEST)
- Ich halte die Argumentation zur zeitlichen und örtlichen Begrenzung für zu kurz gegriffen. Die Spätantike ist kein geschlossenes System. Was mich stört ist das Changieren zwischen Material und Inhalt. Einmal wird von den Autoren gesprochen (Inhalt), ein anderes mal von den Papyri (Material). Zulässig ist es, die Papyri des lateinischen Mittelmeerraumes zu behandeln. Da ist jede Begrenzum zeitlich und örtlich möglich. Wenn ich aber von den Autoren rede, dann kann ich die „undichten“ Stellen Nordafrika und Spanien nicht weglassen. Wenn es nach 800 noch 400 000 Bände (überwiegend, aber nicht ausschließlich muslimischen Inhalts) in Spanien vorhanden waren, die dann im Zuge innermuslimischer Streitigkeiten vernichtet wurden, dann kann ich nicht von einer weitgehenden Vernichtung heidnischer Autoren durch Christen im 5. Jh. und 6. Jh. reden, sondern nur von den Papyri innerhalb des Zugriffsraumes lateinischer Christen. Da kann ich auch nicht damit rechtfertigen, dass ich über Nordafrika und Spanien nichts ausführen will. Denn die Verbreitung von Autoren richtet sich nicht nach diesen Grenzen. Fingalo 00:34, 2. Jun. 2007 (CEST)
- Ich glaube, die begriffliche Trennung zwischen Material und Inhalt ist mittlerweile - von Fall zu Fall - hinreichend klar getrennt. Ebenso wie Barnos halte ich den Begriff "Buecher" fuer moderner und ansprechender als "Papyri", der nur dann gebraucht ist, wenn es sehr technisch wird. Auch in Bezug auf die quantitativen Vergleiche ist jetzt der Unterschied m.E. klar genug herausgearbeitet, sonst muesstest Du deutlich machen, an welchen Stellen das nicht der Fall ist. Ich gebe zu, dass die Frage mit der Muslimisierung Spaniens als die mit Abstand neurotischste von allen Fragen aus meinem Examen in Erinnerung geblieben ist (die zweite war die nach der Genealogie des Thyestes, die dritte nach italienischsprachigen Rezensionen zu Symes Caesarbuch - aber diese werden im Unterschied zur ersten auch allgemein als Todesfragen akzeptiert). Das Material stammt aber offenbar von der Teileroberung des Byzantinischen Reiches im 7. Jh. und gelangte dann mit der islamischen Expansion zunaechst nach Nordafrika und dann nach Spanien. Spanien (und Nordafrika) sind nur insoweit von der Betrachtung ausgeschlossen, als sie noch nicht muslimisch waren. Der Hinweis mit der genannten Bibliothek spraeche dann eher fuer ein Ueberlieferung der Literatur in Ostrom als im Nordafrika oder Spanien der Spaetantike. Ich schlage vor, dass wir diesen Aspekt der islamischen Ueberlieferung zumindest im Anriss (soweit er auch fuer die Beurteilung der Spaetantike relevant ist) noch in den Artikel einfuegen. Also, ich kann das irgendwann in den naechsten Tagen machen, muss dazu allerdings aus den genannten Gruenden zunaechst in die Literatur schauen. Rominator 02:11, 2. Jun. 2007 (CEST)
Getrennt ist es schon, nur die Argumentation nicht. Wenn nur vom lateinischen Mittelmeerraum in der Spätantike die Rede sein soll, dann ist der Satz „Eine Abschätzung des antiken Bestandes an Titeln und Büchern ist nur indirekt über die Bibliotheksgeschichte möglich.“ nicht auf Papyri, sondern auf Autoren bezogen. Dann müssen aber auch Überlieferungsstränge außerhalb des betrachteten Raumes berücksichtigt werden. Auchder Satz „Die Anzahl der überlieferten antiken Texte (ohne Funde) wurde bisher noch nicht genau bestimmt. Die Größenordnung dürfte bei etwa 3000 liegen, 1000 davon in Latein.“ „Texte“ sind nicht Material, sondern Inhalt. Auch der folgende Text bezieht sich keineswegs auf das Papyrus-Material. Das Kapitel „Der Bücherverlust“ befasst sich wieder mit dem Material, den Rollen, den Papyri. Das folgende Kapitel „Forschung“ beginnt mit dem material und endet mit den (zitierten) Inhalten. „Neuere papyrologische und paläographische Ergebnisse“ befasst sich wieder mit dem Material. Im folgenden Kapitel „Auswahlkriterien bei der Überlieferung“ wird aus dem Vorangegangenen plötzlich auf den Inhalt geschlossen. Ganz deutlich wird das im folgenden Kapitel: „Wie bereits erwähnt waren die antiken Bücher ab 800 sicher nicht mehr vorhanden. Es gibt Hinweise, dass sie bereits ab 500 weitgehend verloren waren. Haas[41] verweist auf einen konkreten Fall von Wissensverlust in der Spätantike, bezogen auf Bücher“.
Wohlgemerkt, ich kritisiere das nicht. Denn das lässt sich gar nicht vermeiden. Nur zwei Dinge: 1. Es ist bei jedem Wechsel des Gegenstandes genau zu prüfen, ob ob sich das eine wirklich aus dem anderen ergibt, und 2. ist dann die Beschränkung auf einen bestimmten Raum und eine bestimmte Zeit unzulässig. Wenn im 9. Jh. Texte verfasst werden, die auf verlorenen Büchern beruhen müssen, oder wenn in Spanien nach der Zeit Bücher vorhanden sind, die erst später vernichtet worden sein müssen, dann kann ich nicht die fast vollständige Vernichtung im Zeitraum von 350 - 400 behaupten. Denn, was in dieser Zeit vernichtet wurde, kann nirgends mehr aufbewahrt oder zur Grundlage von Texten gemacht werden. Insofern sind auch karolingische oder irische Befunde aus späterer Zeit von Bedeutung. Fingalo 13:12, 2. Jun. 2007 (CEST)
- Ok, das ist alles recht kompliziert, aber ich bin die von Dir genannten Abschnitte noch einmal sorgfaeltig durchgegangen und habe einige wichtige Bemerkungen ergaenzt, welche die Zahlenspiele relativieren koennten. Dies betraf vor allem Deinen zweiten Einwand. Ansonsten ist wirklich so, dass die Bereiche Material und Inhalt gar nicht sauber getrennt werden koenne, da dann die Unsicherheitsfaktoren zu gross werden. Aus meiner Sicht stellen sich jetzt die saemtlichen Einzelabschaetzung als berechtigt und korrekt im Hinblick auf die Aussagekraeftigkeit dar. Einzelnes:
- "Eine Abschätzung des antiken Bestandes an Titeln und Büchern ist nur indirekt über die Bibliotheksgeschichte möglich". Meint hier, wie durchgaengig bei der Bezeichnung Titel bzw. Buecher, die Exemplare (einschliesslich Multiplikatoren). Die Aussage bezieht sich auf das, was in der Antike (besonders der Kaiserzeit) an Exemplaren vorhanden war (innerhalb des Roemischen Reiches). Insofern spielen spaetere Ueberlieferungsstraenge hier nicht rein.
- „Wie bereits erwähnt waren die antiken Bücher ab 800 sicher nicht mehr vorhanden. Es gibt Hinweise, dass sie bereits ab 500 weitgehend verloren waren. Haas[41] verweist auf einen konkreten Fall von Wissensverlust in der Spätantike, bezogen auf Bücher“. Abgesehehn von einer gewissen Suggestivitaet ist es sachlich richtig. Das Wissen um Hieroglyphen ging verloren, aufgrund der vermutlichen Ursache, dass entsprechende Buecher verloren waren. Die Suggestivitaet der Aussage liegt auch teilweise daran, dass der Abschnitt teilweise eine spaetere Ergaenzung aus dem Director's Cut darstellt.
- Den Beitrag zum islamischen Anteil an der Ueberlieferung - sofern er fuer die Spaetantike relevant ist - schreibe ich im Laufe der naechsten Woche. Rominator 00:43, 4. Jun. 2007 (CEST)
Nun ist der Text weitestgehend vertretbar geworden. Denn nun ist die spezifische und gezielte antiheidnische Papyrus-Vernichtung verschwunden. Das hätte nämlich ein Vergleich zwischen heidnischen und christlichen Papyri herausgefordert, der zum Ergebnis gekommen wöre, dass die christlichen Texte genauso verschwunden sind. Von den Paulusbriefen gibt es nur noch Papyruskrümel. Und die waren ja so ziemlich über alle Gemeinden verteilt. Die Gemeinden hatten sicher christliche Privatbibliotheken, deren Bestände ebenfalls verschwunden sind. Die Stemmata im Nestle-Aland für das Neue Testament weisen ja viele Bibelfassungen auf, die nicht mehr erhalten sind, deren Existenz aus den Abschriften aber sicher erschlossen werden kann.
Die quantitative Reduktion des Textbestandes ist nun auch nicht mehr mit der qualitativen Reduktion gleichgesetzt. Das mit den Hieroglyphen ist ein gutes Beispiel, wo tatsächlich ein Wissensverlust eingetreten ist, aber an der Randständigkeit des Themas auch bezeichnend. Immerhin werden jetzt auch größere Privatbibliotheken zugelassen. Bei ihnen aber den Verlust auch auf die Zeit zwischen 350-400 anzusetzen ist kühn. Da Beda sicher nicht ein von Cassiodor oder Isidor gestohlenes Buch benutzt haben wird, muss es weitere Bibliotheken gegeben haben, meinetwegen von spleenigen reichen Kaufleuten, die zu keiner weiteren Buchproduktion geführt haben und die daher nur aus späteren Zitaten, die sonst nirgends überliefert sind, erschlossen werden können. Bezeichnend ist aber, dass es sich um Werke handelt, die tatsächlich überliefert wurden, nur nicht in der zitierten Fassung. Das lässt den Schluss zu, dass auch diese unbekannten Bibliotheken, die das 5. jh. überlebt haben, den gleichen Autorenkanon pflegten, wie Isidor und Cassiodor, nur andere Handschriften abgeschrieben haben. Wenn mehrere Büchersammler ungefähr den gleichen Autorenkanon gesammelt haben, lässt das den weiteren Schluss zu, dass es sich bei diesen Autoren um die wichtigen handelte und der Rest eben Schrott war, den zu kopieren sich nicht lohnte.
Ich habe die im Review genannten beiden Bücher mal über die Fernleihe bestellt. Bei einer Lieferzeit von 4 Wochen werden sie hoffentlich bald nach meiner Heimkehr bei meiner Landesbibliothek vorliegen. Dann schaue ich mal, was sich daraus noch ergeben mag. Jetzt bereite ich mich auf die Rundreise vor und werde bis zum 21. 6. wohl kaum noch Gelegenheit haben, hier mitzumischen. Fingalo 10:59, 4. Jun. 2007 (CEST)
- Im Prinzip gebe ich Dir in allem Recht. Nur: die Historien des Sallust sowie die Medea des Ovid (neben vielem anderen) waren kein Schrott, ebenso nicht die verlorenen Buecher des Tacitus! Augustinus hatte auf Sallust noch Zugriff. Deshalb besitzt der Auswahlprozess durchaus auch eine gewisse Zufaelligkeit. Einiges Erstklassige ist verloren, einiges Zweiklassige wurde dagegen erhalten. Das Drittklassige duerfte aus dem genannten Grund verloren sein. Wissen um Hieroglyphen war damals kein Spezialwissen wie heute. Bei den fruehchristlichen Texten waere auch die Situation des Christentums vor Konstantin zu bedenken. Grosse christliche Bibliotheken sind kaum denkbar. Tatsache ist, dass die (orthodoxe) christliche Literatur des 4. und 5. Jh., auch solche von grotesker Qualitaet (wie wertvoll ist der Text des Pseudo-Chrysostomos ueber die Menstruation - abgesehen von einigen Lachern fuer den des Griechischen Maechtigen?) erhalten geblieben ist. Rominator 21:32, 4. Jun. 2007 (CEST)
Ein schönes Stück Projektarbeit
Von dem nun erreichten Stand der Überarbeitung und von der Art des Zustandekommens bin ich äußerst positiv beeindruckt. Die skrupulöse Prüfung und fachliche Diskussion des Artikel-Ausgangsbestands haben in der Umsetzung zu einem für mich (als in den einschlägigen Forschungsfragen Unbeschlagenen, aber an der Materie stark Interessierten) ungemein schätzenswerten Resultat geführt, das auch bei den künftigen Lesern – trotz aller angesprochenen offenen Fragen - sicher als Wissensbereicherung wahrgenommen wird.
Der Dank für die unternommenen Anstrengungen gebührt neben den für die Überarbeitung Verantwortlichen auch dem Initiator und Erstbearbeiter des Artikels, der damit ein bei vielen mehr oder minder heimliches Desiderat beherzt angepackt hat. Was an Kritik fürderhin auch kommen mag, kann in der Ruhe derer abgewartet und ggf. eingearbeitet werden (meine nachfolgenden Kleinstnachbesserungen bitte in diesem Sinne kritisch sichten und ggf. verwerfen), die verdienstvollerweise ein Fundament auf erkennbar schwierigem Grund gelegt haben. Mit frohem Gruß ob dieses schönen Fundstücks im Projekt -- Barnos -- 07:41, 1. Jun. 2007 (CEST)
Lemma ?
Ohne mich durch dreißig Bildschirme Diskussion gekämpft zu haben: das ursprüngliche Lemma von Bibhistor hieß "Überlieferungsgeschichte..." - das scheint mir gängiger. Kann man wirklich von Büchern sprechen? Auch oben ist vom Verlust von Papyri die Rede - das wäre wohl passender. Der Terminus muss ja auch in der Fachdiskussion verbreitet sein. Plehn 22:39, 19. Jun. 2007 (CEST)
- Hallo Plehn, der Terminus Buch/Buecher ist in der Fachliteratur gaengig, im Glossar, das dem Artikel anhaengt, wird darauf etwa hingewiesen. Zur Lektuere des Artikels reichen uebrigens die ersten 15 Bildschirmseiten, da der Rest aus dem Glossar und den Referenzen besteht. Das Lemma wurde oben ausfuehrlich diskutiert. Die urspruengliche Wahl "Ueberlieferungsgeschichte der antiken Literatur" ist nicht aufrechtzuerhalten, da der Artikel sich auf die Spaetantike bzw. die sog. "Dunklen Jahrhunderte" beschraenkt (der Schwerpunkt ist aber Spaetantike, Fruehmittelalter waere sachlich falsch). Die "Ueberlieferungsgeschichte" beschreibt der Artikel auch nicht, sondern tatsaechlich in der Hauptsache den Verlust. Gegen "Verlust antiker Papyri" spricht das folgenden 1) Wer - ausser einem Papyrologen - moechte sich diesen Artikel durchlesen? (vgl. oben, Stellungnahme von Barnos) 2) Korrekt waer's auch nicht, da in geringerem Umfang auch Pergamentcodices betroffen waren. Buch ist als in der Forschungsliteratur gaengiger Oberbegriff fuer beides vermutlich alternativlos. Rominator 00:28, 20. Jun. 2007 (CEST)
Danke für die Erläuterung! - ich meinte wirklich nur die lange Diskussion, die ich nicht gelesen habe. Ansonsten: offenbar ein hervorragender Artikel. Bei Gelegenheit streiche ich diese Disk wieder, da die Anfrage ja auf meiner Unkenntnis beruhte. Plehn 08:57, 21. Jun. 2007 (CEST)
weitere Arbeiten am Artikel
Hallo Fingalo, willkommen zurueck aus dem Urlaub. Leider muss ich gleich etwas Kritik an Deinen Ergaenzungen ueben. Wir sollten naemlich darauf sehen, dass der Artikel durch seine mehreren Berabeiter nicht seinen roten Faden verliert bzw. auch zu lang wird. Ich gehe mal im Einzelnen die Ergaenzungen durch, die mir diskutabel erschienen:
- "In Spanien sorgte der Einfall der Alanen, Sueben und Vandalen nach 409 für einen abrupten Abbrauch der literarischen Produktion, die bis dahin reichlich geflossen war. Als eine der wenigen Schriften aus dieser Zeit ist eine Chronik des Bischofs Idacius (427-468) aus Aqua Iulia (Vaches, Portugal) bekannt. Erst 587, als König Rekkared vom arianischen zum katholischen Glauben übertrat, blühte das literarische Leben bis Ende des 7. Jahrhunderts neu, während es in den übrigen Gebieten des römischen Reiches dahinsiechte.<ref>Brunhölzl S. 67.</ref>"
Ich frage mich, wieso dieser Abschnitt zu den "papyrologischen Ergebnissen" gehoert. Der Artikel argumentiert nicht mit literarischer Produktion, sondern literarischer Ueberlieferung. Ausserdem wurden die gesamten geographischen Beschreibungen in den CLA-Artikel ausgelagert. Gut, der bindet seine quantitative Darstellung nicht in die Geschichte ein, dafuer ist er aber im Gegensatz zur gedruckten Forschug in Rahmen seiner Fragestellung vollstaendig. Wenn man diese geographisch-historische Einbindung auch noch vornehmen will, muesste sie vollstaendig sein und nicht nur Spanien heraussuchen. Die Verbindung zum naechsten Abschnitt wird ausserdem dadurch zerstoert. Mann koennte evtl. den Abschnitt zu Isidor verschieben, sollte allerdings kuerzen.
- "Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass die meisten wissenschaftlichen Produktionen bereits Kompendien waren, bei denen es weniger um die Bewältigung von wissenschaftlichen Fragestellungen ging, als vielmehr um die Kombination aller in einem bestimmten Zusammenhang als autoritativ geltendende Autoren ging, wobei nicht selten Plato, Pythagoras und andere vermengt wurden, da die Autoren selbst aus Handbüchern schöpften, die den ursprünglichen Quellen keineswegs nahestanden.<ref>Stahl S. 52.</ref> Die Handbuchproduktion übertraf bald jede Art von literarischer Tätigkeit.<ref>Englisch S. 28.</ref>
Wie bitte? Ich verstehe das ueberhaupt nicht. Es geht in dem Abschnitt um Varro und seine thematische Gewichtung. Du sprichst dann von den "meisten wissenschaftlichen Produktionen" Was ist damit gemeint, und vor allem von welcher Zeit sprechen wir hier? Was haben diese mit Varro zu tun? Der Artikel hat dadurch Qualitaet, das er in dem von ihn jeweils angesprochenen Bereichen die massgeblichen Autoritaeten zitiert sind. Die Buecher, die hier genannt sind, beschaeftigen sich aber mit roem. Naturwissenschaft (Sciene ist nicht Wissenschaft an sich, sondern ausschl. Naturwissenschaft) bzw. mit den artes liberales im Fruehmittelalter (!). Was schreiben die ueber Varro? Hier sollte, genau wie sonst auch, wenn eine Kommentierung der varronischen Auswahl erwuenscht ist, eine oder meherere massgebliche Darstellungen zu Varro ausgewertet werden (etwa Wissowa) und nicht "Stahl S. 52" (der ueber irgendwas ganz anderes schreibt). Der Abschnitt muss da raus.
- "Beim Übergang von der griechischen wissenschaftlichen Betätigung auf die römische Kultur stagnierte der Erkenntnisfortschritt durch die Vielzahl von „fertiges Wissen“ unkritisch zusammenstellenden Enzyklopädien, in denen die vorangegangenen Autoritäten einen alles weitere Forschen verhindernden Stellenwert erhielten.<ref>Englisch S. 28.</ref> Für richtungsweisend wird dabei Poseidonios gehalten.<ref>Stahl S. 46 ff.</ref> Bereits in vorchristlicher Zeit ging im weströmischen Einflussbereich das Interesse an Naturwissenschaft zurück. Die Bildungsschicht hob das Ideal der Stoa hervor, die die Humanität als Bildungstypus schuf und die Gleichsetzung von Griechentum und Menschentum propagierte. Die stoische Philosophie verstärkte die reservierte Haltung der Römer gegenüber den Naturwissenschaften. Sie wurde nur noch in Kompendien gepflegt."
Hier steht nochmal so ziemlich das gleiche wie zu Varro. Es macht hier jedenfalls mehr Sinn, wobei der Aspekt eigentlich auch gar nicht zum Thema gehoert. Ich vermute, Du wolltest die im urspruenglichen Artikeltext stehende These, dass durch die Christen "Wissen" verloren gegangen sei, durch Hinweis auf dir roem. Zeit relativieren. Da diese These aber jetzt ohnehin raus ist, versteht der Leser das nicht mehr so. Man muesste ausserdem erklaeren, was "Wissenschaft" in dem Zusammenhang heisst.
Was mir konkret an diesem Abschnitt problematisch erscheint ist die Aussage zur Stoa. Abgesehen davon, dass dies wenig mit dem Thema "Bildung in den Dunklen Jh." zu tun hat, ist diese Aussage nicht unbedingt einleuchtend und monokausal (Seneca hatte wohl nichts gegen Naturwissenschaften). Sie bedarf also eines Beleges, und zwar auf eine grundlegende Studie, die dieses Thema behandelt. Es liegt aber derzeit ueberhaupt kein Beleg vor. Ausserdem muesste sie zeitlich eingeschraenkt werden (hohe Kaiserzeit), denn in der gegenwaertigen Form ist die Aussage falsch. Ich wuerde sie lieber ganz weglassen.
Man sollte ohnehin die beiden Abschnitte zusammenführen, entweder im Teil zur Bildung oder bei den Auswahlkriterien (aber dann nicht unter Varro), und auf die Kernaussagen kuerzen, da es sich nur um die Vorgeschichte handelt. Bibhistor hatte auch mir gegenueber gesagt, dass er noch einen Teil zur Wissenschaftsgeschichte beitragen wird, und in diesem Fall muesste man an eine Zusammenlegung der Passagen ueberlegen. Bis dahin kann ein zusammengelegter Abschnitt stehen bleiben.
- Eine andere Erklärung wäre die von dem Neuplatoniker Iamblichos (um 250-330) erzeugte „Ägyptomanie“, die alle nicht von platonischen Aussagen abzuleitende Probleme auf uralte Weisheiten der Chaldäer, Ägypter und Assyrer zurückführte.<ref>Jamblichus: De mysteriis Aegyptorum.</ref> Unter diesen Gesichtspunkten war kein Raum für philologische Fragestellungen, so dass Herapollons Werk ganz im Geiste dieser Zeit liegt und keinen Rückschluss auf seine Bibliothek zulässt.
Abgesehen davon, dass Du keine Belege nennst, wage ich die Aussage zu bezweifeln. E.J. Watts, City and School in Late Antique Athens and Alexandria (Berkeley 2006) 79-110 weist nach, dass der Einfluss der Iamblichus-Schueler auf Athen begrenzt war, ebenso dass die Bibliothek von Alexandria zum fraglichen Zeitpunkt zerstoert sei (was den Verlust eher erklaerte). Wenn man sich in der Spaetantike staerker fuer Aegypten interessierte, kann ich nicht nachvollziehen, wieso man dann Hieroglyphen als nicht wichtig ansah. Deine Schlussfolgerung ist unbelegt. Entweder Du nennst eine Studie, die diesen Zusammenhang ausfuehrlich und anders, als es die von mir genannten aktuellen und ausfuehrlichen Schriften es tun, behandelt oder die Belegstellen im Text von Iamblichus, woraus sich auf eine Geringschaetzung philologischen Arbeitens schliessen laesst; ansonsten muss der Abschnitt raus, da er unbelegt und zweifelhalft ist.
- Eine weitere Relativierung ergibt sich auch aus dem Befund, dass selbst Werke, die nach dem großen Textverlust verfasst worden sind, in größerem Umfang verloren sind. Boëtius hatte zu allen vier Fächern des Quadriviums Lehrbücher verfasst, von denen nur die Institutio arithmetica und die Institutio musica erhalten sind. Auch ein Teil seiner Aristoteles-Übersetzungen ging später verloren.<ref>Brunhölzl S. 25 f.</ref> Auch die Prunkreden des Cassiodor, deren Sammlung er 536 abgeschlossen hatte, war zunächst vollständig verloren. Im 18. Jahrhundert fanden sich einige Bruchstücke einer zeitgenössischen Abschrift zweier Reden.<ref>Brunhölzl S. 28.</ref> Das gleiche gilt für Cassiodors Gotengeschichte in 12 Büchern, die nur in den Kompilationen des Jordanes erhalten sind,<ref>Brunhölzl S. 29.</ref> den Codex de grammatica. Sogar das Registrum Gregorii, eine Sammlung der Briefe Papst Gregors des Großen, die dieser jährlich in einem Papyruscodex vereinigen ließ, ist im Original nicht erhalten, sondern nur in Auszügen, deren umfangreichster von Papst Hadrian I. angefertigt und Karl dem Großen überreicht worden ist.<ref>Brunhölzl S. 51.</ref> Auch König Chilperich I. von Neustrien hatte sich literarisch betätigt. Aber außer seinem Hymnus auf den heiligen Medardus von Soissons ist von seinem Schaffen nichts erhalten.<ref>Brunhölzl S. 117.</ref>
Das ist auch aus mehreren Gruenden schief. Wieso relativiert die Tatsache, dass auch nach 500 noch einzelne Texte verloren gingen, das was vorher im Text steht (und vor allem was genau?) Dieser Umstand ist bereits in der Einleitung erwaehnt und der Artikel sollte wirklich nicht damit enden. Der "grosse Textverlust" ist nun auch im Artikel nicht explizit fuer einen Zeitpunkt vor Boehtius angesetzt. Bei Boethius ist auch die Frage, inwiefern seine Verurteilung mit dem Textverlust zu tun hatte (er war im Grunde ein dissidenter Christ, in der Zeit fast schon ein Heide). Die extrem reduzierte Buchproduktion ist bereits genannt worden und dieses Bild wird eher bestaetigt. Der Satz mit dem Koenig von Neustrien gehoert in den Abschnitt zur Bildung. Ich schau mir das nochmal an und ueberlege, was damit zu machen ist. Man muss einzelne Abschnitt wohl zusammenfuegen und woanders einordnen. Gruss Rominator 02:13, 23. Jun. 2007 (CEST)
- Das Problem, das ich mit dem Artikel in seiner bisherigen Fassung habe, ist, dass es in seiner Ursachenbeschreibung immer noch zu sehr christentumsfixiert ist. Meine Einschübe sollten dies relativieren.
- Auch wenn nicht mehr explizit behauptet wird, ein wissenschaftsfeindliches Christentum habe den Bildungsverfall verursacht, sollte doch - wenn von Bildungsverfall überhaupt die Rede sein soll, doch irgendetwas über den Grund dafür stehen.
- Die Zerstörung von Papyri durch christliche Fanatiker hat mir immer noch zu großes Gewicht. Dem Argument des Religionskampfes wird immerhin sogar ein eigener Abschnitt gewidmet, obwohl ich den Zusammenhang mit den Bücherverlusten nicht erkennen kann. Wenn die Papyri Gregors des Großen und viele andere Werke aus späterer Zeit auch untergegangen sind, obgleich die genannten Ursachen des Papyrusverlustes bei ihm sicher nicht vorliegen, entzieht dieser Umstand für mich der Argumentation entscheidenden Boden.
- Das andere Problem ist, wo ich denn die entscheidenden Korrekturen unterbringen sollte. Ich habe den Artikel durchgelesen und meine neuen Lesefrüchte dort angebracht, wo sie dem bisherigen Text am nächsten kamen. Wenn Du eine bessere Verortung findest, dann stelle die Texte um.
- Meine Ausführungen zur Stoa habe ich inzwischen belegt. Deine Ausführungen zu Watts und Jamblichus widersprechen meinen Thesen nicht. Denn ich habe nur gesagt, dass in Athen zur Zeit der Schließung der Neuplatonismus Bildungsgegenstand war, nicht aber Jamblichus. Der kommt erst ins Spiel, wenn aus dem Fehlen linguistischer Ausführungen in einem Buch über die mystischen Bedeutungen von Hieroglyphen geschlossen wird, der Autor habe selbst keine entsprechende Literatur mehr gehabt, statt auf die näherliegende Folgerung zu kommen, dass der Autor wahrscheinlich Jamblichusfan war, der sich mit solchen Niederungen nicht mehr beschäftigen wollte. Der relativierende Zusatz „wahrscheinlich“ verdeckt nicht die zielgerichtete Theoriefindung über die Ursache des Fehlens linguistischer Ausführungen. Entweder man lässt den ganzen Passus weg oder man stellt auch die Alternative konkret dar.
- Es wird nicht gesagt, dass die Stoa etwas gegen die Naturwissenschaften gehabt habe (die Handbuchproduktion belegt das Gegenteil), sondern, dass sie ein Fortschreiten verhinderte, indem sie enzyklopädisch sich auf das Sammeln des Bekannten unter Berufung auf die Autoritäten beschränkte. Cato d. Ä. hatte noch mit seinem Libri ad filium und De agri cultura neue Themen in die Enzyclopädik eingeführt. Mit ihm endete dies Themenerweiterung auch. Anstelle eines sich stetig vergrößernden Wissensvorrates auf der Grundlage einer die Realität zu erläutern versuchenden Theorie findet sich entweder der Typ einer exakten, aber intellektuell unbeweglichen Beobachtung oder die Ablehnung allen Wissens, das keine praktische Bedeutung besaß. (Singer, From magic to science. S. 4.; Englisch S. 28 f.) Die literarische Bildung dominierte gegenüber den Naturwissenschaften. Reservierte Haltung ist keine Ablehnung. Mir ist im Augenblick auch nicht präsent, welche neuen Gedanken zu diesem Thema von Seneca entwickelt worden sind.
- Was Varro anbetrifft: Es geht nicht um seine Enzyklopädie, sondern um die zu seiner Zeit verfassten Werke, die ihm zur Verfügung standen. Fingalo 08:53, 23. Jun. 2007 (CEST)
- Zusatz: Ich habe ja von Anfang an das Changieren zwischen quantitativem Ansatz und inhaltlichen Schlussfolgerungen nicht gutgeheißen. Das klingt schon in der Einleitung an, wenn vor der Vorstellung der quantitativen Betrachtung angekündigt wird, die „Überlieferungsgeschichte der gesamten heute verfügbaren antiken Literatur zu skizzieren“. Dieses Vorhaben kann unmöglich mit rein quantitativen Mitteln erreicht werden. Das kulminierte dann in dem Streit darüber, ob Isidor an die flache Erde glaubte. Das hat ja nichts mit dem quantitativen Verlust von Papyri zu tun, es sei denn man schließt aus dem quantitativen Verlust auch auf einen inhaltlichen Verlust. Dieser Schluss ist aber unzulässig. Es wurde zwar versucht, das über die Hieroglyphen-Episode zu belegen, aber der Beleg ist für mich reine Vermutung (Theoriefindung). Die Unzulässigkeit dieses Schlusses wird bei mir immer deutlicher, je mehr ich bei Englisch nachlesen kann, dass die Buchkroduktion keine neuen Erkenntnisse erbrachte, sondern nur bekanntes zum zweiten, dritten und vierten Mal aufbrühte. Unter diesen Umständen liegt meine frühere Vermutung, dass (außerhalb der Geschichtsschreibung) gar kein Wissensverlust eingetreten ist, sondern das verlorene Schriftgut zum allergrößten Teil Schrott enthielt, immer näher. Nun hatte ich während meines Urlaubs ja angeboten, den naturwissenschaftlichen Wissensstand des Frühmittelalters, der ja aus der Spätantike herübergerettet sein muss, darzustellen. Wohl ist mir dabei nicht. Denn damit begebe ich mich gegen meine Überzeugung doch auf das Feld des qualitativen Verlustes. Ich sähe es lieber, diese ganze Problematik auszulagern in einen Artikel über die Wissenschaft im Frühmittelalter.
- Jedenfalls wende ich mich mit Händen und Füßen dagegen, dass aus quantitativen Befunden Schlüsse auf die Qualität gezogen werden und dabei ein Bildungsverlust (Stichwort Analphabetismus) eingeflochten wird, der seine Wurzeln lange vor dem Zeitraum des Bücherverlustes hatte und dem im Rahmen dieses Artikels gar nicht ordnungsgemäß und differenziert nachgegangen werden kann. Wenn ich den (unbelegten!) Satz lese: „Aus dem 16. und 17. Jahrhundert zurückrechnend kommt man (wer? Der oder die Autoren?) für den Beginn des Spätmittelalters (um 1250) auf einen Alphabetisierungsgrad in Kontinentaleuropa von etwa 1 %.“ sträuben sich bei mir die Haare. Noch ein bisschen weiter zurück, dann gab es niemanden mehr, der lesen konnte, abgesehen davon, was Verhältnisse des Spätmittelalters hier zu suchen haben. Diese im Artikel verstreuten Hochrechnungen geben keinerlei Rechenschaft über die Methodik und die Grundannahmen ab. Aber die Ergebnisse werden als Fakten verkauft.
- Für mich ist der Artikel noch weit davon entfernt, ein runder und stringent am Thema ausgerichteter Text zu sein. Fingalo 13:55, 23. Jun. 2007 (CEST)
Stellungnahme
Bevor ich diese schreibe, hielt ich eine ausgedehnte Bergtour in dem idyllischen Teil der Rochy Mountains fuer vorteilhaft, und bin mir dennoch keineswegs sicher, ob ich die richtigen Worte finde, um meinen Standpunkt auszudruecken. Ich bin mir auch nicht genau sicher, was meine Aufgabe im Rahmen des Artikels ist, und sehe daher Gespraechsbedarf. Ich wuerde es fuer eine gute Idee halten, den Artikel fuer eine Lesenswert- und ggf. Exzellenzwahl vorzuschlagen, da er dadurch rezipiert werden wuerde, was im gegenwaertigen Zustand kaum zu erwarten ist. Ich habe Interesse daran, die Verteidigung und evtl. Ueberarbeitung des Artikels in diesem Rahmen sowie gegenueber externen Interessierten zu uebernehmen. Ob dies erfolgreich waere, kann ich nicht prognostizieren, aber bis jetzt habe ich alle Artikel, an denen ich beteiligt war, durch dieses Verfahren bringen koennen, und die Reaktionen im Review waren ueberwiegend positiv.
Ich glaube auch nicht, dass es ohne Grund ist, dass man fuer wissenschaftliches Schreiben in der Alten Geschichte wie in jedem anderen Fachbereich durch ein langjaehriges Studium und in der Regel die epochenspezifische Dissertation ausgebildet wird. Es gibt auch nur eine sehr begrenzte Zahl deutschsprachiger Personen, die aktiv ueber die Relgionskaempfe forschen, und nicht jeder ist auch philologisch ausgebildet... Aus diesem Grund bilde ich mir ein, das Thema einigermassen beurteilen zu koennen, bin aber keineswegs beleidigt, wenn dies in der Wikipedia auch anders gesehen wird, zumal mir aufgrund dieser Vorbildung manchmal eine zu voraussetzungsreiche Artikelgestalung geraten mag. Ich wuerde mir allerdings auch nicht bei einem speziellen Thema etwa der Neuzeit zutrauen, den Artikel massgeblich gestalten zu koennen (obwohl ich das studiert habe) und wenn ich einen juristischen Spezialartikel bearbeiten wuerde, braechte ich nur Dilettantisches zustande.
Aus meiner Sicht ist die Darstellung im quantitativen Teil von vorzueglicher Qualitaet, die man so schlicht in der Sekundaerliteratur nicht finden wird. Die Schlussfolgerung, dass der Buecherverlust um 500 bereits eingetreten war, steht uebrigens auch im zumindest aktuellen Neuen Pauly, und zwar auf Grundlage eben der Buchbestaende von Cassiodor und Isidor. Das in diesem Teil zugrunde gelegte Material und die zitierten Autoritaeten: Mynors, Lehmann, Kaster - die bedeutendsten lebenden oder bereits verstorbenen Philologen - ist vorbildlich und nicht verbesserungsfaehig (die formale Gestaltung ausdruecklich ausgenommen). Auch auf Nachfrage konnte mir Bibhistor eine mir wichtig erscheinende Referenzierung in ebenso vorbildlicher Weise (mit Detailkenntnis uber die Hintergruende einzelner Publikationen) benennen. Es stellt sich mir daher so dar, dass Bibhistor, da der Bereich der Payrologie weltweit extrem klein ist, entsprechendes Expertenwissen hat, das eben auch weltweit nur sehr wenige in dieser Form besitzen duerften.
Aufgrund dieser vorbildlichen Referenzierungen erscheint mir der derzeitige Zusatz zu Varro eine Textverstuemmelung, die koerperlich weh tut. Das ganze ist voellig unpraezise - als ausgebildelter Philologe kann ich mir die Zusammenhaenge nicht erklaeren und ich bezweifle sie auch - und fuer die Referenzierung finde ich kaum Worte. Die von Dir angegebene Publikation zur Stoa ist obskur und veraltet und der ganze Abschnitt pauschalisierend, durch die mangelnde zeitliche Beschraenkung auch sachlich falsch. Zu den Hieroglyphen habe ich bereits die aktuellste und massgebliche Studie genannt, die auf Basis des vollstaendigen Materials nachweist, dass Iamblichus in Alexandria keinen besonderen Einfluss hatte. Haas weist nach, dass es bei dem Autor auch keine Hinweise mehr auf die lautsprachliche Funktion von Hierog. gibt, nicht nur kein Interesse daran. Die Schrift von Iamblichus ist m.W. auch gar nicht erhalten. Diese unzutreffende Spekulation als bessere Erklaerung fuer die mangelnde Kenntnis anzusehen, als die nachgewiesene Tatsache, dass die grosse Bibliothek von Alexandria ca. 100 Jahre zuvor von Christen zerstoert wurde, erscheint mir grober Unfug, der nicht belegt ist. Der Schlussabschnitt ist schlicht trivial, wem nicht mehr praesent ist, welche Schriften des Boethius genau verloren gegangen sind, kann dies im hierzu vorgesehenen Artikel tun. Es ist ebenso trivial, dass auch nach 500 noch einzelne Texte verloren gingen und wird auch so dargestellt.
Aus diesem Grund - und ich entschuldige mich fuer die Polemik - stellen sich mir deine Ergaenzungen in der Summe als unbrauchbar dar, wobei man einzelne Informationen im Artikel verschieben kann. Ich kann aber nur einen Text unterstuetzen und auch bearbeiten, den ich persoenlich fuer qualitaetsvoll halte. Es ist mir in diesen Wahlen schon oft passiert, dass gerade externe Zusaetze auf Kritik stiessen. Was ich auch nicht machen kann ist, jedes kleinste Argument bildschirmkilometerweise durchzukauen, denn dafuer fehlt mir die Zeit und es ist ein schlicht nicht zu bewaeltigende Aufgabe.
Ich habe definitiv nicht vor, einen Text zu gestalten, der mit den Verstuemmelungen von Frauen mit lackierten Fingernaegeln in der Taliban endet, sondern ich moechte auf Grundlage des hier zur Verfuegung gestellten Materials einen hinreichend kritischen und differenzierten Beitrag gestalten, welcher sich nach meinem Urteil in jeder Form verteidigen liesse, aber der die urspruengliche Argumentation nicht verliert, sondern diese nur eingeschraenkt wird, wo sie nicht nachweisbar ist. Das schliesst auch mit ein, dass ich etwa aus strukturellen Gruenden einige Einzelaspekte, die von verschiedener Seite eingebracht wurden, noch nachbearbeiten muss - etwa erscheint mir der Gedankensprung von den freien Kuensten im MA zu Pornographie in der Ant. etwas abprubt. - Ich brauche dafuer aber freie Hand und moechte nicht jede Aenderung kommentieren.
Ich sehe es so, dass es jedem frei steht, Artikel in der Wikipedia zu berabeiten. Ich weiss ebenfalls nicht genau, was Deine Vorstellungen zur Artikelgestaltung sind, aber ich kann keinen Artikel unterstuetzen, der durch unpassende Einzelbeispiele, ekklektisch eingeworfene Einzelaspekte oder Saetze einer Darstellung von zweifelhafter thematischer Relevanz erweitert ist und dabei unpraezise, unbelegt und manchmal falsch ist, denn das ist kein wissenschaftliches Arbeiten, sondern nur Aufblaehen eines ohnehin lang geratenen Artikels. Wenn es erwuenscht ist, so zu verfahren, so steht es mir fern, einen Editwar zu beginnen. Ich habe in diesen Artikel bereits viel Arbeit investiert und ich halte ihn fuer genial, aber unvollkommen. Deswegen haenge ich an dem Artikel und wuerde ihn ungern fallen lassen. Aber man wird es verstehen, dass ich in dem eben erwaehnten Fall jede artikelbezogene Projektarbeit von meiner Seite aus einstellen muesste. Die Gestaltung dieses Artikels ist bereits jetzt eine Buerde. Meine Vorstellungen und Bedingungen zu dem von mir geplanten Vorgehen bezueglich des Artikels habe ich genannt. Ich bitte darum, die Beantwortung, so wie ich es getan habe, in Ruhe erfolgen zu lassen. Rominator 05:38, 24. Jun. 2007 (CEST)
- Vorweg: Ich hänge an meinen Zusätzen nicht. Es sind Vorschläge, die genausogut wieder gelöscht werden können, ohne dass ich dadurch irgendwie emotional berührt werden würde. Und ein bisschen Polemik halte ich locker aus :-).
- Aber ich vermisse bei Deinen Ausführungen ein Eingehen auf die von mir angesprochene Kernproblematik: Der Schluss von quantitativem Verlust auf den inhaltlichen Verlust, den ich nach wie vor für unzulässig halte, wie ich an den Formulierungen in der Einleitung darzulegen versucht habe und der im Vorschlag endete, über die Kenntnisse im Frühmittelalter einen eigenen Artikel zu verfassen. Ich würde dies auch in einer Kandidatur vorbringen.
- Auch die unbelegten und methodisch nicht transparent gemachten Hochrechnungen hast Du ausgespart. Auch hier scheint mir ein entscheidender Gesprächsbedarf vorzuliegen. Was „neuere“ versus „veraltete“ Literatur anbetrifft: Was die reinen Fakten anbetrifft, ist die neuere immer besser als die ältere. Ist klar. Was aber die Deutung von Fakten anbetrifft, hat sie keinen besonderen Vorrang. Denn natürlich muss ein Autor eine neue Perspektive vorlegen, sonst könnte er das Schreiben seines Buches ja auch lassen. Und aus einem vorliegenden Text, der ein betimmtes Thema nicht behandelt, zu schließen, dass ihm die entsprechende Literatur nicht mehr vorlag, ist eine Deutung, und zwar eine gewagte. Von einem „Nachweis“ kann da keine Rede sein. Da kann der Deuter noch so renommiert sein: Deutung bleibt Deutung und ist in aller Regel morgen Schnee von gestern. Das zu Haas und seinen Hierogl. Und ich frage nochmal: Wo steht, dass Iamblichus Einfluss auf Alexandrien gehabt haben soll? Meinen berichtigenden Hinweis hast Du einfach übergangen.
- Bevor diese grundsätzlichen Fragen nicht geklärt sind, werde ich keine weiteren Veränderungen mehr vornehmen und überlasse Dir das Feld. Aber Du sollst wissen, dass ich - falls keine Änderungen in den von mir aufgeworfenen Grundsatzfragen erfolgt sind - im Falle einer Kandidatur die Kritikpunkte der Hochrechnungen und der Schlussfolgerung aus quantitativ zu qualitativ vorbringen werde. Fingalo 09:10, 24. Jun. 2007 (CEST)
- Hallo Fingalo, schoen, dass Du meine Polemik als solche verstehst und auch wahrnimmst :-). Der inhaltliche Verlust ist mit >90% hinreichend klar und mit Verweis auf die massgebliche Literatur beziffert. Damit sich die aus Deiner bisherigen Lektuere darstellende Schrott-Vermutung bis zur Lesenswertwahl in Wohlgefallen aufloest, empfehle ich das 10. Buch der Institutio des Quintilian statt Deiner gegenwaertigen Lektuere. Es gibt kein anderes Buch, das ueber diesen Gegenstand mehr die Augen oeffnet. (der Reich-Ranicki der Antike beschreibt das, was heute erhalten ist, als Schrott. Das meiste, was er rezensiert, ist nicht erhalten - und es handelt sich nicht um Geschichtsschreibung. Aber vertagen wir diese Diskussion auf die KLA. Die Meinungspluralitaet wird dem Artikel hoffentlich gut tun.
- Deinen Einwand zu Horapollon habe ich immer noch nicht verstanden. Ich habe geschrieben, dass die Schriften des Iamblichus auf dessen Standort Alexandria wenig Einfluss hatten und dass die grosse Bibliothek von Alexandria - die groesste der Antike - ca. 100 Jahre zuvor von Christen zerstoert wurde. Wenn man ein Buch ueber Hieroglyphen schreibt, ohne auch nur im Nebensatz zu erwaehnen, dass man Hieroglyphen auch lesen kann, hat das wenig mit einer thematischen Erweiterung zu tun. Ansonsten ist der Abschnitt deutlich als Forschungsmeinung gekennzeichnet, das ist bei Deiner Ergaenzung nicht der Fall gewesen. Rominator 20:19, 24. Jun. 2007 (CEST)
Wenn ich ein Buch über norwegische Literatur schreibe, erwähne ich auch nicht in einem Nebensatz, dass ich norwegisch lesen kann. Außerdem geht der Artikeltext ohne nähere Begründung davon aus, dass Herapollon in diesem Punkt auf die Bibliothek von Alexandria angewiesen war und keinerlei eigene Bücher (oder Zugang zu Büchern des Asclepiades, seines Kreises oder der Osiris-Priester) zu dieser Frage hatte. Das Argumentum e silentio ist prinzipiell unseriös, auf keinen Fall ein Beweis. Quintilian lebte im 1. Jahrhundert. Wir behandeln das 5. Jahrhundert. In der Zwischenzeit sollen ja Millionen Bücher nach der „Hochrechnung“ hinzugekommen sein. Und der Vergleich Quintilians mit Reich-Ranicki scheint mir - wenn er zutrifft - ungeeignet zu sein. Ich würde Reich-Ranicki nicht über den Weg trauen, wenn er über den Wert oder Unwert wissenschaftlicher Literatur Urteile fällen wollte. Und Quintilian war Rhetoriklehrer. Sollte er z.B. Euklid zum Schrott gezählt haben, dann nehme ich ihm ohne weiteres ab, dass die Texte nicht den Anforderungen einer geschliffenen Formulierung nach seinen Maßstäben gerecht wurde. Zum Thema „Wissen über die Welt“ besagt das nichts. Und wenn er irgendwelche verlorenen Prunkreden gelobt haben sollte, besagt das auch nichts zu unserem Thema. Aber ich bestreite nicht, dass unter den verlorenen Texten hochqualifizierte Lyrik gewesen sein mag. Der Begriff „Schrott“ bezieht sich auf die wissenschaftliche Literatur, die Kompendien usw., denn es geht ja um den Wissensverlust. Aber ich werde ihn mir ansehen. Und was die Stoa nun zur Erweiterung der Theorien über die Welterfassung, also die Naturwissenschaft, beigetragen hat, darauf warte ich auch noch. Und ich warte auch noch darauf, welches Wissen denn hätte verloren gehen sollen (außer Geschichte), da alles, was man mit damaligen technischen Mitteln erfahren konnte, ja überliefert ist. Du musstest ja schon zu den Hieroglyphen greifen, ein wirklich randständiges Thema, um wenigstens ein kleines Bisschen Verlust, gestützt auf einen mehr als fragwürdigen Beweis, vorführen zu können. Fingalo 08:43, 25. Jun. 2007 (CEST)
- Das Beispiel zu Horapollon ist aus der Literatur zitiert und als solches ausgewiesen. Da es ein sehr aktuelles Beispiel ist, sollte es erhalten bleiben. Der kritische Leser kann sich seine eigenen Gedanken dazu machen, die notwendige Distanz ist da. Die Argumentation stuetzt sich aber auf die genannten Bibliotheken, wie es die massgebliche Sekundaerliteratur auch tut. Der Wissensverlust ist an keiner Stelle des Artikels mehr behauptet. Ansonsten muesstest Du die Stelle nennen. Dass es auch einen gewissen Wissensverlust (weniger in den ohnehin unterentwickelten "Naturwissenschaften", aber in den Ingenieurwissenschaften) gab, wird niemand auf der Welt leugnen. Die Stoa fuehrt einfach vom Thema ab. Rominator 09:46, 25. Jun. 2007 (CEST)
Zusatz: (Bearbeitungskonflikt) Ich habe jetzt mal die letzte Fassung gelesen. Damit kann ich im Großen und Ganzen leben. Eingie Anmerkungen:
Bei den „Auswahlkriterien bei der Überlieferung“ wird die christliche Gegnerschaft zur Bühnentechnik angeführt, dann aber Martial erwähnt, der sie beschrieben habe, was bedeutet, dass er doch überliefert wurde, wie unter Martial nachzulesen ist. Irgendwie schießt diese Bemerkung den Ausführungen in den Rücken.
Nachdem der Wissensverlust über die Natur nun aus dem Text verschwunden ist, nimmt sich die isolierte Hieroglyphenepisode etwas zusammenhanglos aus. Die Bildung wird erst unter dem Stichwort "Bildung in den Dunklen Jahrhunderten" erörtert. Und dessen Zusammenhang mit den Papyrusverlusten davor ist nicht erkennbar. Der Verlust, um den es nach dem Lemma geht, trat im 5. Jh. ein. Was der Alphabetisierungsgrad um 1250 zu dieser Frage beiträgt, ist unerfindlich. Das gilt auch für Bonifatius usw. Unter diesen Umständen kann man eigentlich auch auf den Neuplatonismus verzichten, oder allenfalls als Motiv für die christlichen Aktionen (Konkurrenzreligion) am Rande erwähnen. Möglicherweise waren auch die „Zauberbücher“ in Wirklichkeit neuplatonische Schriften.
Auch die weitschweifigen Ausführungen zum Zusammenhang zwischen Gewaltbereitschaft und Gehirnstruktur usw. scheinen mir hier deplaziert, zumal gerade die Hirnforschung inzwischen jedes Jahr eine neue Sau durchs Dorf treibt.
Die Vandalen- und Alaneneinfälle in Spanien sollen angeblich nicht hierhergehören, weil Spanien nicht zum Betrachtungsraum gehöre. Dann frage ich mich, wieso ausgiebig auf einen Bischof von Sevilla rekurriert wird. Aber sei's drum: Nachdem der inhaltliche Aspekt weitestgehend verschwunden ist (oder nur noch Motiv für Vernichtungsaktionen innerhalb des Betrachtungsraumes darstellt), kann man auf inhaltliche Überlieferungsstränge in Randgebieten des Reiches eigentlich verzichten. Fingalo 10:00, 25. Jun. 2007 (CEST)
Zweiter Zusatz: Was ich vergessen habe zu erwähnen: Du hat mit der Umgestaltung des Textes (die ich Phasenweise Stück für Stück verfolgt habe), hervorragende Arbeit geleistet. Hut ab! Fingalo 10:06, 25. Jun. 2007 (CEST)
Zunaechst danke fuer das Lob.
- Martial: Ich muss es vielleicht leicht umformulieren, wenn es missverstaendlich ist. Martial beschreibt nicht die Technik an sich, sondern etwa bestimmte Dressurtricks und spektakulaere Hinrichtungen. Er versetzt den Leser dabei bewusst in eine Illusion, und es ist manchmal nicht klar, was bei ihm real ist. Es gibt jedenfalls keinen einzigen Hinweis auf technische Erklaerungen (fuer die nur archaeologische Befunde Aufschluss zulassen, die etwa in dem sehr bekannten Aufsatz von Coleman diskutiert sind). Das Buch zu den Spielen ist im Zusammenhang mit den uebrigen Epigrammen ueberliefert. Da Martial heute wie damals Schulautor ist, wurde das Werk ueberliefert (die Sprache ist relativ einfach, die Gedichte sehr kurz, perfekt um daraus Dichtung zu lernen).
- Zu dem Neuplatonismus werde ich ein paar Saetze schreiben (kann mir auch vorstellen, dass die kryptische Stelle bei Chrys. hierauf anspielt), da das Thema schon sehr relevant ist. Es sollte herausgestellt werden, dass es sich um eine monotheistische Philosophie handelt, die deshalb sowohl in Konkurrenz als auch im Dialog zu den Chr. stand. Sie war ausserdem das letzte Ueberbleibsel der heidn. Philosophie, ihre Popularitaet geht aber bereits auf vorchristliche Zeit zurueck. Manche sagen, der Neuplatonismus habe eher das Christentum gefoerdert als umgekehrt.
- Bei dieser quantitativen Angabe zur Alphabetisierung muss ich dann Bibhistor nach einem Beleg fragen. Grundsaetzlich sind quantitative Ansaetze in der Alten Geschichte akzeptiert (z.B. Krause, Alfoeldi; im englischsprachigen Raum besonders beliebt), wobei es immer eine deutlichen Unsicherheitsfaktor gibt. Da es aus dem 6. und 7. Jh. kaum historische Ueberlieferung gibt, kann man Aussagen ueber diesen Zeitraum nur durch entsprechende Rueckprojektionen, wie die Briefe des Bonifatius, machen. Die uebrige Literatur kocht da ja auch nur mit Wasser.
- Den Abschnitt zu Horapollon kann ich vielleicht in den Bildungsabschnitt verschieben, der sicherlich relevant ist (das Argument ist ja, dass sich Buecher - und Bildungsverlust gegenseitig bedingen - wenn die Literatur nicht mehr oeffentlich zugaenglich ist, ist auch die Chance zur Bildung genommen und diese beschraenkt sich auf Eliten, Herrscher und Theologen). Es liegt hier ein Grenzfall vor, da die Argumentation darauf abhebt, dass ein entsprechendes Buch in Alexandria um 500 nicht mehr erhaeltlich war. Dass es sich nicht um einen "Beweis" handelt, sondern um eine durch die Sekundarliteratur abgedeckte Deutung, ist klar. Ich ueberlege es mir, wie zu verfahren ist.
- Dieses anthropologische Projekt ist jetzt nur noch in einem Satz erwaehnt. Da die Fussnote einige interessante Zusatzinformationen bietet, moechte ich ungern den Satz ganz streichen, zumal der Zusammenhang zwischen sexueller Enthaltsamkeit und Gewalt mir durchaus plausibel erscheint. Der kritische Leser wird auch hier die noetige Vorsicht walten lassen. Ein spekulativer Zusammenhang ist nirgends behauptet.
- Spanien gehoert natuerlich zum Betrachtungszeitraum (ausser das muslimische Spanien ab dem 8. Jh.). Die Artikel Ende der Antike sowie Spätantike, auf die hier mehrfach verlinkt ist, beschreiben sehr schoen die einzelnen Invasionen und den Untergang der antiken Kultur in den einzelnen Regionen. Die Handschriftenbewegungen selbst sind im Zusatzartikel CLA vollstaendig beschrieben. Wenn man Spanien ausfuehrlich diskutiert, muss man es auch fuer alle uebrigen Regionen tun. Dies waere aber eine unnoetige Doppelung zu den bereits existierenden Artikeln, die den Artikel mind. 10 Bildschirmseiten mehr einbrigen wuerde. Rominator 20:48, 25. Jun. 2007 (CEST)
- Die 4 1/2 Zeilen, die du oben auf den Neuplatonismus verwendet hast, reichen inhaltlich und der Menge nach durchaus aus, um das hier Relevante anzuführen: Heidnisch sind sowohl Euklid als auch Plotin. Um die antiheidnische Stoßrichtung zu markieren, genügt es, auf die Religionskonkurrenz hinzuweisen. Man hat ja Aristoteles durchaus akzeptiert und überliefert, wenn auch mit großen Bauchschmerzen, weil er lehrte, dass die Welt seit Ewigkeit bestanden habe, was ja gegen den Schöpfungsglauben verstößt.
- Was den Bildungsstrang angeht, so scheint mir das ein gangbarer Weg zu sein, eine Verknüpfung mit dem Bücherverlust herzustellen, die bislang nicht klar wird. Bei meiner letzten Lektüre heute morgen fiel mir auf, dass plötzlich ein Dunkles Zeitalter der Bildungslosigkeit aus dem Hut kam, ohne dass klar wurde, was das mit dem Lemma zu tun haben sollte. Aber Deine Überlegung, dass der quantitative Textverlust auch zum Rückgang der Lesetätigkeit führen musste, so dass dadurch ein Verlust an elementaren Fertigkeiten zur Aneignung von Bildung eintrat, verknüpft diese beiden Gesichtspunkte durch eine Consecutio. Dann verschiebt sich aber auch der Bildungsapekt (richtigerweise) von der Frage, was man im Frühmittelalter wissen konnte (Oberschicht - wie stellte sich Isidor die Erde vor?) zu der Frage, welche Bildung die Bevölkerung besaß (niedere Kleriker, Bauern, Alphabetisierung usw.). Da passt dann auch Bonifatius wieder. Denn - wie du ja richtig darlegst - es gab ja eine dünne Schicht klassischer Bildung weiterhin. Über deren Kenntnisse zu spekulieren hat keinen Zusammenhang mit den Bücherverlusten, denn die hatten ja Bücher. Darüber wäre ein eigener Artikel über die „Kenntnisse im Frühmittelalter“ der richtige Ort. Und die Frage, ob die Bücherverluste durch Desinteresse der Bevölkerung an der klassischen Bildung verursacht wurde, oder das Desinteresse durch das Verschwinden der Bücher, ist die Frage nach Henne und Ei. Da würde ich nicht viel Gehirnschmalz verspekulieren. Plausibel ist, dass beides in einer kausalen Gemengelage nebeneinander eintrat. Fingalo 21:17, 25. Jun. 2007 (CEST)
- Diese Punkte sind jetzt auch noch ergaenzt, die Argumentation von Haas ist in den Teil zur Bildung verschoben. Sie ist in dem Verlustteil auch deutlich weniger relevant als die genannten Beispiele. Der Artikel uebt dadurch seine Faszination aus, dass er zum Weiterdenken anregt (die Summe der Ueberlegungen von Bibhistor ist ja, dass der Buecherverlust zum Zivilisationsbruch im 6. und 7. Jh. - denn ein solcher lag vielerorts vor - entscheidend mitbeigetragen hat, da dem ueberwiegenden Teil der freien Bevoelkerung die Bildung entzogen wurde - diese Schlussfolgerung wird aber niemals explizit gezogen...), gleichzeitig beschreibt er aber eigentlich nur, was damals vorgefallen ist, aus unterschiedlicher Perspektive. Man kann aber auf keinen Fall von Theoriefindung sprechen, da die quantitativen Ergebnisse auf Expertenwissen beruhen, das durch die Referenzierungen und auch durch das sonst wohl unpublizierte, aber autoritative Bildmaterial hinreichend dokumentiert ist. Die letzte Veroeffentlichung zum Thema im Neuen Pauly stellt im Bereich der Spaetantike die Zusammenhaenge sehr aehnlich dar, ist aber viel weniger ausfuehrlich. Die Darstellung ist also einfach aktueller als die sehr selten ueberarbeiteten Druckdarstellungen der Papyrololgie. Der historische Teil ist jetzt auch hinreichend kritisch und differenziert, und es werden keine unbewiesenen Schlussfolgerunen gezogen. Ich muss auch nochmal formal druebergehen, denke aber, dass der Artikel auch im eigentlichen Sinne "lesenswert" ist und werde ihn dann auch wohl demnaechst zur Wahl stellen. Rominator 00:23, 26. Jun. 2007 (CEST)
Bei der Gelegenheit überlege nochmal kritisch, ob der letzte Satz der Einleitung noch gerechtfertigt ist. Er ist ja ein Überbleibsel aus Biblhistors antichristlicher Akzentuierung. Jetzt ist das nur noch ein Punkt unter vielen, so dass eine gesonderte Hervorhebung des Aspektes der Religionskämpfe in der Einleitung eigentlich nicht mehr gerechtfertigt erscheint. Wenn man den Artikel von Anfang an so verfasst hätte, wie er jetzt aussieht, hätte man diesen Einleitungssatz sicherlich nicht so formuliert.
Und: Gott der Herr möge Dir Deinen Glauben an das Expertenwissen erhalten. Bei mir müssen auch Experten bar bezahlen und haben keinen Kredit; d.h. sie müssen über Grundlagen und Methodik ihrer Schlussfolgerungen Rechenschaft ablegen.
<Joke on>: Österreichische Militärakademie. Unterricht über den Satz des Pythagoras. Er wird vorgestellt, dann der Lehrer: "In Preußen pflegt man so etwas zu beweisen, bei uns gilt Ehrenwort." <Joke off> Ich gehöre eher zur preußischen Fraktion :-)) Fingalo 09:44, 26. Jun. 2007 (CEST)
Links auf den Artikel
By the way: bei aller Hochklassigkeit des Textes: es gibt entschieden zu wenig Links auf dieses Lemma. Grüße Plehn 20:05, 24. Jun. 2007 (CEST)
- Als hochinteressierter Zaungast meine ich: Der Artikel hat eine ausgiebige Werdens- und Konsolidierungsphase durchlaufen (der Materie wegen wohl durchlaufen müssen), die eben erst zum vorläufigen Abschluss kommt. Da war die Verlinkung bis dato sicher nicht vorrangig; das dürfte sich noch ändern. Auch ich denke, dass ein so spannendes Thema langfristig in guter Vernetzung angeboten werden sollte. -- Barnos -- 22:38, 24. Jun. 2007 (CEST)
- Ich habe jetzt mal ein paar Redirects von zentraleren Artikeln aus angelegt. Was ich nicht verstehe ist, warum der Artikel in den vorgesehenen Kategorien nicht auftaucht oder falsch eingeordnet ist. Rominator 23:24, 24. Jun. 2007 (CEST)
die Links haben sich verbessert - das mit den Kats verstehe ich nicht, ist doch zu sehen. Plehn 17:12, 27. Jun. 2007 (CEST)
Gewalt und sexuelle Enthaltsamkeit
Forschungsprogramm hin oder her. Das sind ja tolle Zusammenhänge! Klar, unsere Klöster und die katholische Priesterschaft ist ja ein Hort der Gewalt, und zu bestimmten Zeiten versammeln sie sich nach Art der Shaolin vermummt in Kreuzberg und zünden Autos an. Und der WK II ging wahrscheinlich vom Berg Athos aus, einem wahren Piratennest. Und da im Umkehrschluss die sexuelle Betätigung offenbar friedlich stimmt, wurden die Massenvergewaltigungen nach militärischen Siegen wohl von bis dahin enthaltsamen Soldaten mit dem Ziel durchgeführt, sie wieder zu friedlichen Bürgern werden zu lassen. So was kann nur im angelsächsischen Raum als Expertenwissen verkauft werden. Im rückständigen Alteuropa sucht man immer noch vergeblich nach den organischen Zusammenhängen der Gewaltbereitschaft.
In der Antike waren ja nur die blutrünstigen syrischen und ägyptischen Eremiten und Säulensteher enthaltsam. In der lateinischen Kirche wurde der Zölibat zwar früh gefordert, aber erst im Hochmittelalter durchgesetzt (für Bischöfe früher). Der Mob, dem ja die Heidenverfolgung zugeschrieben wird, lebte ganz sicher nicht enthaltsam.
„Die sexuellen Beschränkungen im Christentum sollten dem Erwachsenen die Möglichkeit geben, ein freiwilliges Opfer vor Gott zu erbringen.“ Wo stammt denn das her? Ich habe schon viele Begründungen gelesen, aber diese noch nicht. Und welche Beschränkungen sollten das sein? Der Priesterzölibat ist die einzige mir bekannte Beschränkung im sexuellen Vollzug. Einehe und Scheidungs- und Unzuchtverbot sind ja nicht Beschränkung der Betätigung als solcher, sondern nur von Modalitäten. Im übrigen ist die Sexualfeindlichkeit keine christliche Erfindung. Lies mal das Stichwort „Ehe I; A. Nichtchristlich“ im Reallexikon für Antike und Christentum Bd. IV S. 651 ff. Fingalo 08:15, 27. Jun. 2007 (CEST)
- Übrigens: Denk bitte daran, die Fn. 64 (Chrysostomus) noch zu übersetzen. Fingalo 08:38, 27. Jun. 2007 (CEST)
Mein Zwischenbeitrag:
- Ich habe jetzt mal eine laengere Kuerzung an diesen Einzeldarstellungen unternommen. Die wissenschaftsgeschichtlichen Ausfuehrungen sind allerdings ganz interessant, und es waere schade, sie zu streichen. Ich glaub das Zeugs ja auch nicht, und es spielt fuer die Argumentation ueberhaupt keine Rolle. Aber in publizistischer Sicht hat es "popular appeal". Wer liest denn das althistorische Zeug heute noch, wenn es nicht auch um "Sex and Crime" geht. Though maybe, I am quite spoiled from my surrounding. Rominator 08:46, 27. Jun. 2007 (CEST)
Na ja, Sex und Crime in Ehren - aber das ist nun doch eine etwas alberne Passage.
Weitere Belege
(Bearbeitungskonflikt) Übrigens ein Schmankerl zur eventuellen Verwendung:
„῾Ο δὲ βασιλεὺς ᾿Άρειον μὲν ὑπερορίῳ φυγῇ ἐζημίωσε· καὶ τοῖς πανταχῇ ἐπισκόποις καὶ λαοῖς νομοθετῶν ἔγραψεν ἀσεβεῖς ἡγεῖσθαι αὐτόν τε καὶ τοὺς αυτοῦ ὁμόφρονας καὶ πυρὶ παραδιδόναι, εἴ τι αὐτῶν εὑρίσκοιτο σύγγραμμα, ὥστε μήτε αὐτοῦ μήτε τοῦ δόγματος, οὖ εἰσηγήσατο, ὑπόμνημα φέρεςθαι. εἰ δέ τις φωραθείη κρύπτων καὶ μὴ παραχρῆμα καταμηνύσας ἐμπρήσῃ, θάνατον εἶναι τὴν ζεμίαν καὶ τιμορίαν εἰς κεφαλήν.“
„Der Kaiser [Konstantin] bestrafte Arius mit Verbannung, auch schrieb er an die Bischöfe und Gemeinden im ganzen Reich, wobei er in Gesetzesform vorschrieb, ihn und seine Gesinnungsfreunde für gottlos zu halten und ihre etwa aufgefundenen Schriften dem Feuer zu übergeben, damit weder von ihm noch von der durch ihn eingeführten Lehre eine Erinnerung übrig bleibe. Falls jemand überführt würde, der eine solche Schrift verstecke und nicht nach sofortiger Anzeige verbrenne, solle darauf die Todesstrafe stehen.“
- Hier hat Sozomenos aus dem Werk des Sokrates aus Konstantinopel geschöpft, der die Urkunde überliefert hat, die auf das Jahr 333 angesetzt wird. Fingalo 10:39, 27. Jun. 2007 (CEST)
Gehört nicht hierhin, aber ich hätte eine Zwischenfrage. Nach Beantwortung kann der Beitrag auch meinetwegen wieder gelöscht werden. Frage: Ist Anthony Grafton, Megan Williams: Christianity and the Transformation of the Book: Origen, Eusebius, and the Library of Caesarea, Cambridge/MA 2006, aufnahmefähig? Bin durch die aktuelle BMCR Besprechung darauf aufmerksam geworden. --Benowar 10:28, 27. Jun. 2007 (CEST)
- Ich kenne das nicht. Fingalo 10:39, 27. Jun. 2007 (CEST)
Nach Lektüre: Prinzipiell ja, aber was soll mit dem Buch belegt werden? Fingalo 11:11, 27. Jun. 2007 (CEST)
- Nicht als Beleg, es ging mir eher um die allgemeine Lit in Bezug auf die christliche Tradierung antiken Wissens. Muss aber wie gesagt auch nicht sein, daher auch die Anfrage. --Benowar 11:17, 27. Jun. 2007 (CEST)
Daüber steht nun nichts bemerkenswertes in der Besprechung. Fingalo 11:22, 27. Jun. 2007 (CEST)
Sozomenos schreibt auch, wie zu dieser Zeit (wohl Ende des 4. Jh.) mit Heidnischem umgegangen wurde:
- „Von jetzt an konnte, wer wollte, die bisher unzugänglichen und nur den Priestern bekannten Räume betreten, und von den Kultstatuen wurden die aus wertvollen Materialien bestehenden von den anderen Sachen, was noch brauchbar erschien im Feuer geschieden; sie gingen in den Staatsschatz ein. Die künsdtlerischen Bronzefiguren wurden aus allen Gegenden zur Ausschmückung in die nach dem Kaiser benannte Stadt geschafft, und so stehen noch heute öffentlich in den Straße, im Hippodrom und im Palast die Statuen des in Pytho (Delphi) weissagenden Apollo, die Musen von Helikon, die delphischen Dreifüße und der berühmte Pan, den der Spartaner Pausanias und die griechischen Städte nach dem Perserkrieg gestiftet hatten. Die Tempel wurden teils der Türen, teils der Dächer beraubt, ander verfielen auch von selbst durch Vernachlässigung und gingen zugrunde.“ (Kirchengeschichte 2, 5, 2-5.) Fingalo 11:22, 27. Jun. 2007 (CEST)
Hallo allseits, zu den Tempelzerstoerungen ist m.E. schon das wichtigste gelistet. Die Verfolgung von haeretischen Schriften waere wohl noch erwaehnenswert. Aufschlussreich erscheint mir hier, dass das System durch "Anzeigen" funktionierte. Es ist sonst schwer nachvollziehbar, wie ein Befehl zur Vernichtung von Buechern haette durchgefuehrt werden koennen. Aber bei einer mehrheitlich christlichen Nachbarschaft wollte niemand mehr ein solches Buch besitzen, da die Gefahr einer Denunziation gross gewesen sein duerfte. Ammian schreibt ja auch, dass die Besitzer ihre Bibliotheken aus Furcht verbrannt haetten. Kann jemand im Pauly nachschlagen, welche Belegstellen es fuer die Vernichtung der Schriften des Porphyrios gibt? Rominator 20:24, 27. Jun. 2007 (CEST)
- Im NP steht unter Porphyrios dazu nichts. Im Suppl. 1 steht unter Papyri:
- PTura III, 281, 16-22; 6. Jh. n. Chr.; Didymos, In Eccl. 9,10cd (mit Frgm. aus Porph. Contra Christianos)
- PTura VII, 280, 22-28; 6./7. Jh.; Didymos In Iob 10,13 (Mit Frgm. aus Contra Christianos)
- PTura V, 308, 11-14; 6./7. Jh. n. Chr.; Didymos In Ps. 43,2 (Mit Frgm. aus Contra Christianos)
- Rom. Casa madre dei patri Maristi (ohne Inv. Nr.); 8./9. Jh.; Frgm aus einer latein. Übersetzung der Eisagoge.
Fingalo 22:40, 27. Jun. 2007 (CEST)
Ich schau mir demnaechst mal an, ob ich die Belegstelle finde. Ich habe leider ueberwiegend nur Spezialliteratur verfuegbar, keine Nachschlagewerke. Rominator 22:44, 27. Jun. 2007 (CEST)
- Bei dem Bild "Handschriftenproduktion nach Inhalt" bin ich aus den Linien und Säulen nicht schlau geworden. Da sollte eine bessere Erklärung her. Fingalo 10:44, 28. Jun. 2007 (CEST)
- Das gleiche gilt für das erste Bild über die Libreries. Da ist z.B. Lepzig 2x aufgeführt, im 16. und im 18. Jh. Im 16. Jh. ist's ein Punkt, im 18. Jh. eine ansteigende Linie, die einen Knick nach oben aufweist, der mit (fire) kommentiert wird. Rätselhaft. Fingalo 10:51, 28. Jun. 2007 (CEST)
- Ich schau mir gerade die Tabelle mit dem Inhalt an, die ist extrem kompliziert, rot ist klassische Literatur, blau weltliche Literatur (wohl Wissenschaft), grau Theologie. Es gibt Angaben bezogen auf 25-Jahr-Zeitraeume, die grafisch durch Linien dargestellt sind, und Angaben fuer das Jh., die als Bloecke dargestellt sind. Bei den Linien-Angaben ist die klassische Literatur um ein vielfaches vergroessert dargestellt, da sie sonst verschwindend gering waere. Rominator 21:42, 28. Jun. 2007 (CEST)
- Ich habe jetzt dazu eine Erklaerung eingefuegt. Bei der anderen Tabelle ist es so: Das erste Leipzig ist die Unibib., das zweite die Stadtbib. Fire bezieht sich auf die Bib. in Harvard, wo anscheinend nach einem Feuer der Bestand aufgestockt wurde. Das kann man allerdings schlecht alles in Erklaerung aufnehmen, es geht aber aus der Legende hervor. Rominator 21:56, 28. Jun. 2007 (CEST)
Man kann ja die Erklärungen zu dem Bild dem Bild selbst beifügen, so dass man sie erst erhält, wenn man das Bild anklickt. Da ist dann Platz genug. Die Bilder haben sogar eigene Diskussionsseiten, auf die man unter dem Bild verweisen kann. Aber ein Bild, das Informationen wiedergibt, die nicht zu entschlüsseln sind, ist nur bedingt nützlich. Fingalo 10:35, 29. Jun. 2007 (CEST)
- Ich habe eine entsprechende Beschreibung der Abbildungen auf der Bildseite eingefuegt. Wer das Bild genau studieren will, muss diese ohnehin anklicken. Rominator 22:35, 29. Jun. 2007 (CEST)