Diskussion:Erdmann Neumeister
Lieber Herr Riedel, wie finden Sie es jetzt? Besser? Die Bibliographie der von Ihnen erwähnten neuen Dissertation reflektiert wohl am besten den Stand der jetzigen Forschung. Sie fehlt noch. Inzwischen habe ich schon mal selbst damit angefangen. --Dunnhaupt 03:46, 15. Jul 2006 (CEST)
Antisemitismus-Verdacht
Die Erwähnung, dass Neumeister Martin Luthers antisemitische Thesen übernommen habe, ist von einer IP schonmal zurückgesetzt worden, mit der Begründung: "Für so eine schwerwiegende Anschuldigung wie Antisemitismus, die das Lebens-Werk eines Menschen zerstören kann, muss man unbedingt Belege aus Neumeisters Schriften anführen. Der Hinweis auf eine Behauptung eines anderen (wie in der bisherigen Fußnote) kann nicht genügen." Ich muss sagen, dass ich diesen Gedanken so ähnlich auch hatte. Die angeführten Belege sind mehr als mager: Da haben wir einen Blog-Beitrag mit der pauschalen Aussage "Such sentiments were echoed by the more strident theologians of Bach’s time. One was the Hamburg pastor and poet Erdmann Neumeister" ohne Nennung konkreter Zitatstellen oder wissenschaftlicher Quellen. Dann ein Beitrag im Deutschlandfunk, der nur wenig konkreter wird: ein Verweis auf nicht näher benannte Lexikonartikel, über die ein Bibelwissenschaftler befindet, sie klängen "fast schon antisemitisch" - das schreit eigentlich schon nach der Notwendigkeit, die betreffenden Artikel genauer zu benennen und zu zitieren. Und in dem bei Anke Költsch [1] zitierten Brief an Cyprian geht es darum, dass sich Neumeister gegen eine Anweisung des Hamburger Senats wehrt, dass Angelegenheiten die Juden betreffend ausschließlich von der weltlichen Obrigkeit zu behandeln seien. Wie Neumeisters Haltung zu den Juden konkret war, ist aus diesem Brief ohne weiteren Kontext nicht herauszulesen. - Die Schwierigkeit besteht natürlich auch darin, dass es bis heute keine Biographie oder umfassende Gesamtdarstellung zu Neumeisters Leben und Werk gibt. Erstaunlich bei einem so bedeutenden Mann, der als der eigentliche Erfinder und poetologische Vordenker der deutschen Kirchenkantate gelten muss (der von Philipp Spitta postulierte und in der Bach-Literatur unkritisch rezipierte "ältere Kantaten-Typ" ist ein theoretisches Konstrukt, den es als eigene Form nie gegeben hat, wie Poetzsch-Seban in ihrer Dissertation herausgearbeitet hat). --FordPrefect42 (Diskussion) 22:01, 13. Aug. 2022 (CEST)
- Im Brief heißt es: "Aber wenn wir sonst wider derJuden Bosheit und Frechheit ... predigen, so brenntdie Elbe." Da geht es nicht nur um "Angelegenheiten" und um Zuständigkeiten - hier kommt eine Haltung zum Ausdruck. Im übrigen wäre eine antisemitische Einstellung im gesamten Umfeld und der Zeit keineswegs überraschend, siehe Luther, siehe Bach. Das war Mainstream. --Ruth Becker (Diskussion) 13:36, 14. Aug. 2022 (CEST)
- Ja und Nein. Der aktuelle Auslöser des Briefs war die Senatsanweisung, der sich Neumeister widersetzen wollte. Klar kommt in dem Satz die Richtung zum Ausdruck, in die er predigen wollte, aber es ist überhaupt kein Kontext dazu bekannt - also etwa, ob es konkrete auslösende Ereignisse zu der Zeit gab, oder ob ohne jeglichen Anlass gegen die Juden gepredigt werden sollte. Das macht es schwer, diese Briefstelle einzuordnen, und vor pauschalisierenden Verurteilungen bei einer so schweren Anschuldigung sollte man sich IMHO in der Tat hüten. Dass diese Geisteshaltung dem Zeitgeist entsprach ist unbenommen, wobei bei Luther streng genommen von Antijudaismus gesprochen werden muss, ein (pseudonaturwissenschaftlich verbrämter) Antisemitismus kam erst deutlich später auf. Und bei Bach wird die Einschätzung - nach einem Hype um die Johannes-Passion in den 2010er Jahren - in der Fachliteratur heute schon wieder deutlich differenzierter gesehen, zumal von Bach selbst keinerlei judenfeindliche Äusserungen nachzuweisen sind. Hier machst du es dir mit deiner Argumentation glaube ich etwas zu leicht. --FordPrefect42 (Diskussion) 13:37, 15. Aug. 2022 (CEST)