Diskussion:Friedrich Förner
Wäre schön, wenn jemand noch direkte Web-Belege einarbeiten würde.
Liebe Grüße Martha 12:29, 30. Okt. 2011 (CET)
etliche Digitalisate eingearbeitet Verbum (Diskussion) 17:52, 21. Jul. 2014 (CEST)
Warnhinweis
Nach einer wesentlich ergebnislosen QS ist der Artikel in dieser Fassung (10. Dezember 2011; 14:05) nach wie vor eine wörtliche Kopie aus der ADB. --Enzian44 00:48, 11. Dez. 2011 (CET)
- Entscheidendes hat sich nicht geändert, nur die Liste seiner Schriften ist umfangreicher geworden. Und er wird jetzt als Täter der Hexenverfolgung kategorisiert. --Enzian44 (Diskussion) 23:18, 17. Feb. 2016 (CET)
Familiärer Kontext des Täters
Der Artikel läßt alle wesentlichen Zusammenhänge im Dunkeln, kann nichts zum familiären und sozialen Kontext des Täters mitteilen und bleibt seltsam stumm bei der Bewertung der umfassenden Verbrechen dieses Serienmörders. Auch eine Betrachtung von möglichen juristischen, psychologischen und theologischen Bewertungen des Menschenschlächters fehlt. --92.74.105.199 20:47, 6. Jan. 2018 (CET)
Geburtsdatum
Es fehlt jede Quelle. "Um 1570" oder "in 1568" (so bei Bradford Smith) sind verfügbare Zuschreibungen, ein genaues Datum ist nirgends zu finden.--Mautpreller (Diskussion) 22:19, 28. Jun. 2020 (CEST)
- Das ist schon mal geklärt. Genauer geht es ohnehin nicht, da keine Akten, Matrikeln oder Ähnliches erhalten sind. Lothar Bauer ist selbst auf Schätzungen angewiesen.--Mautpreller (Diskussion) 13:47, 30. Jun. 2020 (CEST)
Exorzismus, Gegenreformation
Ich habe einen Satz gelöscht: "Aus Aufzeichnungen aus dem Jahr 1622 ergibt sich, dass Friedrich Förner auch einen Exorzismus an Kunigunde Kretzin anordnete, die aber vor der Ausführung des Exorzismus in der so genannten „Büttelstube“ verstarb." An sich könnte eine solche Information schon weiterführend sein, wenn sie auch im Verhältnis zu Förners Hexenverfolgung nicht sehr bedeutend ist. Immerhin besteht ja ein inhaltlicher Zusammenhang.
Bloß: Was sind das für "Aufzeichnungen aus dem Jahr 1622"? Wer hat sie ausgewertet? Es fehlt eine auch nur einigermaßen zuverlässige Quelle. Keines der unter Literatur oder in den Einzelnachweisen angeführten Werke enthält einen Text dieses Inhalts. Ohne jeglichen Beleg kann das hier nicht stehen bleiben.
Ferner: Förner war nicht nur Hexenverfolger, sondern auch ein glühender Verfechter der Gegenreformation, wie man der Einleitung entnehmen kann. Das ist fraglos richtig, leider erfährt man aber im Artikel nichts darüber. Es wäre sehr relevant. Bradford Smith vertritt in seinem Aufsatz die nicht fernliegende These, dass beide Aktivitäten eng zusammengehören; für Förner waren Luther, Calvin und ihre Anhänger nicht besser als magi (Hexer) und gehörten zusammen mit den "Hexen" zum erbittert zu bekämpfenden Teufelswerk. Übrigens sprechen bereits die Titel der Schriften dafür.
Ich würde gern dazu einiges nachtragen, ohne Anspruch, hier fachkundig zu sein.
Übrigens stimmt schon mit den äußeren Daten des Lebensgangs einiges nicht, auch wenn es in der ADB so steht. Förner hat offenbar zunächst in Würzburg Philosophie studiert und ist dann nach Rom gegangen, wo er auch die Priesterweihe empfing. Er hat dann "auf der Rückreise" Station in Perugia gemacht, wo er seinen Dr. theol. erwarb. (Undsoweiter, siehe Weiß 2000).--Mautpreller (Diskussion) 17:29, 29. Jun. 2020 (CEST)
- Ganz lustig ist das Ergebnis der Google-Suche: Irgendwer hat diesen Satz in die Welt gesetzt und seither wird der offenbar munter wortwörtlich abgeschrieben … Fragt sich nur wer das als erster ins Internet gespült hat (evtl. kathpedia: dort steht es seit Februar 2012 – natürlich ohne Quellenangabe). --Henriette (Diskussion) 18:53, 29. Jun. 2020 (CEST)
- In Kathpedia stammt der Satz von Benutzer:MrsSagady, einem One-purpose-Account mit wenigen Edits ausschließlich zu Förner im Februar/März 2012. Gleichzeitg mit dem Satz stellte er am 18. Februar 2012 ([1]) in die Literaturliste des Kathpedia-Artikels: Friedrich Förner (Autor), Burghard Schmanck (Übersetzer), Magie – Krankheit der Seele, 7 Predigten – lateinisch und deutsch, 202 Seiten, Nordhausen 2011. Vielleicht ist da etwas zu finden. In der Artikel-Disku dort zeigt MrsSagady einen durchaus methodenkritischen Ansatz (http://www.kathpedia.com/index.php?title=Diskussion:Friedrich_F%C3%B6rner)--Der wahre Jakob (Diskussion) 19:56, 29. Jun. 2020 (CEST)
- Hier ist er vom Oktober 2011 (älteste Artikelfassung), ebenso wie das Geburtsdatum 14. März (damals allerdings noch 1560). Ich hab das von mir in die Litliste aufgenommene biografische Werk von Lothar Bauer bestellt, vielleicht lösen sich da einige Rätsel. Das exakte Geburtsdatum halte ich für Schwindel, das hat sonst niemand, aber vielleicht hat Bauer da was gefunden, der hat offensichtlich auch in Weismain recherchiert. Es kann auch durchaus sein, dass diese Exorzismusgeschichte der Wahrheit entspricht, aber ohne Beleg mag ich sie nicht stehen lassen. Übrigens ist "die Seele der Gegenreformation" offenbar aus dem BBKL abgepinnt, vielleicht auch noch anderes, während der Großteil des Texts aus der ADB stammt.--Mautpreller (Diskussion) 20:12, 29. Jun. 2020 (CEST)
- Ich hatte, als ich den Artikel las, die prächtige barocke Martinskirche am Grünen Markt vor Augen, und so wars auch verlinkt. Doch es stimmt gar nicht. Das heutige St. Martin, früher Jesuitenkirche, stand zu Förners Zeiten noch nicht mal, dort muss eine alte Karmeliterkirche gestanden haben. Es war die "Untere Pfarre" St. Martin am Maxplatz, die mit der Weihbischofswürde verbunden war, wo Förner seine Hexenpredigten gehalten haben muss und wo auch sein Grabstein gewesen sein muss. Sie existiert schon über 200 Jahre nicht mehr.--Mautpreller (Diskussion) 21:21, 29. Jun. 2020 (CEST)
- Jetzt hab ich es gefunden! Der Name der Dame war im Artikel falsch bzw. abweichend von den Quellen geschrieben: Sie wird mit Kunigundt Kretzin in den Akten geführt. Mit diesem Namen findet man sie bei Gehm. Den Beleg muß man sich allerdings ein bisschen zusammenbasteln (das Buch dürfte die Tage ankommen, dann haben wir es genauer!)
- Erst suchen mit dem Namen und dann mit Büttelstube – das ergibt die ersten Zeilen der Seite 106.
- Information stimmt also! Nur der Name war falsch (in einer ganz alten Version des Artikels aber noch korrekt; erst mit diesem – sicher gut gemeinten Edit wurden ungewollt die Spuren verwischt ;)) --Henriette (Diskussion) 22:44, 29. Jun. 2020 (CEST)
- Na prima, dann kann es wieder rein, am besten nachdem Gehms Buch da ist. Das gibt ja auch etwas Kontext: Wenn ich das Snippet richtig verstehe, war sie vom Centgericht verurteilt (wohl wegen Hexerei?), der "Kanzler", der daran beteiligt war, könnte Georg Haan gewesen sein (oder auch nicht). "Stranguliert und verbrannt" - ist das wohl das Urteil? Oder was mag damit gemeint sein? Jedenfalls hat "Weihbischof und Förner" (?) einen Exorzismus angeordnet. Die "Aufzeichnungen" sollten dann die Prozessakten gewesen sein.--Mautpreller (Diskussion) 10:06, 30. Jun. 2020 (CEST)
- In Kathpedia stammt der Satz von Benutzer:MrsSagady, einem One-purpose-Account mit wenigen Edits ausschließlich zu Förner im Februar/März 2012. Gleichzeitg mit dem Satz stellte er am 18. Februar 2012 ([1]) in die Literaturliste des Kathpedia-Artikels: Friedrich Förner (Autor), Burghard Schmanck (Übersetzer), Magie – Krankheit der Seele, 7 Predigten – lateinisch und deutsch, 202 Seiten, Nordhausen 2011. Vielleicht ist da etwas zu finden. In der Artikel-Disku dort zeigt MrsSagady einen durchaus methodenkritischen Ansatz (http://www.kathpedia.com/index.php?title=Diskussion:Friedrich_F%C3%B6rner)--Der wahre Jakob (Diskussion) 19:56, 29. Jun. 2020 (CEST)
Selbst der über die Maßen wohlwollende, weil streng katholisch-parteiliche Biograf Lothar Bauer gibt zu, dass Förner sehr empfänglich für "übersinnliche Erscheinungen" war und einem "Hexenwahn" verfallen war. So zitiert er aus Förners Schrift Nova ex Bambergensi episcopatu (Neues aus dem Bamberger Bistum) einen ausführlichen Selbstbericht Förners über einen von ihm angeblich erfolgreich vorgenommenen Exorzismus auf der Festung Rosenberg in Kronach. Er habe einen Dämon ausgetrieben, der dort bereits sechs Menschen getötet habe, freilich keinen Katholiken, sondern bloß Lutheraner und Calvinisten (nullum tamen catholicum, sed lutheranos et calvinistas). Das passt natürlich genau. "Lediglich der verschiedenartige Ausgang – hier erfolgreicher Exorzismus, dort Folterung und Verbrennung der "Hexen" – unterscheidet dieses Dokument von zahllosen in den Folterkammern der Hexengefängnisse erpreßen Geständnissen" (Bauer, S. 456).--Mautpreller (Diskussion) 14:14, 30. Jun. 2020 (CEST)
Das hab ich jetzt nachgelesen. An dem ursprünglichen Formulierung stimmte zunächst nicht, dass die "Kretzin" "vor dem Exorzismus" verstorben sei; sie starb vor der Ausführung des Urteils des Centgerichts, das auf Strangulierung und Verbrennen lautete. Quelle ist das "Malefizprotokollbuch 1622". Es ist der letzte Fall der "zweiten Welle", und zwar in Kronach.--Mautpreller (Diskussion) 20:50, 19. Jul. 2020 (CEST)
Förner
Hierher verlegt von Seite Benutzer Diskussion:Der wahre Jakob#Förner.
Hallo Wahrer Jakob, ich versuche grad den Artikel zu Friedrich Förner zu korrigieren und zu erweitern, da vieles (oft aus der ADB abgeschrieben) einfach nicht stimmt und man außerdem die Zusammenhänge nicht versteht. Da kann ich mich auf die biografischen Texte von Lothar Bauer stützen. Ich bin aber noch nicht besonders weit. Interessant finde ich, dass es offenbar zwischen 1607 und 1612 sehr heftige Auseinandersetzungen um das Weihbischofsamt gab, die Wellen in ganz Süddeutschland und bis Rom schlugen (zunächst war Johann Schöner benannt und geweiht worden und Förner scheint es insbesondere im Verein mit dem neuen Bischof Aschhausen gelungen zu sein, ihn auszuschalten und selbst Weihbischof zu werden, allerdings erst 1612). Leider fehlen mir da einige Hintergrundkenntnisse, zB was es in diesem Zusammenhang bedeutete, dass Bamberg ein exemtes Bistum war. Auch über das tridentinische Konzil und die Gegenreformation weiß ich weit weniger, als ich gern wüsste, denn diese Fragen scheinen hier im Zentrum gestanden zu haben. Kennst Du Dich mit diesen Geschichten aus?--Mautpreller (Diskussion) 11:58, 4. Jul. 2020 (CEST)
- Hallo, @Mautpreller! Bei diesen Feinheiten und lokalen Abläufen muss ich leider passen, ich habe da auch nur allgemeine Kenntnisse. Ein Weihbischof ist ja ein Diözesanbischof eines nur noch als titulus/Bischofssitz, aber physisch nicht mehr existierenden Bistums - daher nur "Titularbischof" -, der jetzt einer Diözese als episcopus auxiliaris beigestellt wird. Er wird wie ein Diözesanbischof vom Papst auf den Titel des ehemaligen Bistums ernannt und dann, falls noch nicht geweiht, von einem Bischof geweiht. Zwischen Ernennung und Weihe=Dienstantritt liegen heute meist ein paar Wochen. Was es bei Förner bedeutet, dass er 1600 Weihbischof in Bamberg "wurde" und (erst) 1612 zum Bischof von Hebron ernannt und dann bald geweiht wurde, weiß ich nicht. (Woher stammt die Zahl 1600? Ist sie valide?) Was den Papst zu der Ernennung gerade dieses Mannes für diesen Posten motiviert hat, kann ganz unterschiedlich sein, auch Ränkespiel mag eine Rolle spielen, dem Papst einen bestimmten Namen zuzuspielen usw. Viel Erfolg bei der Recherche!--Der wahre Jakob (Diskussion) 17:24, 4. Jul. 2020 (CEST)
- Danke! Nee, die Jahreszahlen sind falsch, das kann man schon bei Lothar Bauer und dreißig Jahre später nochmal bei Weiß nachlesen. Er ist 1612 zum Weihbischof und zum Titularbischof von Hebron geweiht worden. Nicht vorher. Das will ich noch ändern. Als kurze Allgemeininfo: Unter (Fürst-)Bischof Gebsattel machte Johann Schöner Karriere. Er war Generalvikar Gebsattels und dieser nominierte ihn 1607 auch als Weihbischof (als Nachfolger von Johann Ertlin). Das führte zu einem erbitterten Streit zwischen Schöner und Förner, der so ziemlich mit allen Mitteln ausgetragen wurde (incl. Denunziationen in Rom und sonstwo); das war zugleich auch der Streit zwischen den religiös Toleranten (bzw. "Reformgegnern", je nach Standpunkt: Gebsattel und Schöner) und den Rekatholisiereren und "Reformern": Förner u.a.). Mit dem Tod Gebsattels 1609 wurde Aschhausen Fürstbischof und die Rekatholisierer-Partei (die in diesem Fall zugleich die Hexenjägerpartei war) bekam Oberwasser. Aschhausen machte umgehend Förner zu seinem Generalvikar; um Schöner als Weihbischof loszuwerden, bedurfte es aber längerer Auseinandersetzungen bis 1612.
- Was ich mich gefragt habe: Bei jedem Schritt dieser Streitereien war Rom einbezogen und ich hab mich gefragt, ob das vielleicht damit zu tun hatte, dass das Bistum Bamberg direkt Rom unterstellt war ("exemt"), oder ob das immer so war. Und ich hab mich gefragt, was denn an diesen "Reformen" der Gegenreformation dran war. Klar ist, dass Aschhausen und Förner auf Rekatholisierung setzten, gern auch mit Gewalt. Aber es scheint ja auch um innere Reformen der kath. Kirche gegangen zu sein? Darüber weiß ich ganz wenig.--Mautpreller (Diskussion) 19:20, 4. Jul. 2020 (CEST)
Ich hab jetzt versucht, zumindest diese Weihbischofsgeschichte in drei Absätzen darzustellen. Lothar Bauer tut das sehr akribisch und umfänglich auf ca. 70 Seiten, ist allerdings ganz entschieden Partei für die Rekatholisierung und Förner. Meinst Du, man kann es in dieser Fassung verstehen? Es fehlt natürlich noch eine Menge.--Mautpreller (Diskussion) 19:02, 5. Jul. 2020 (CEST)
- Eigentlich müsste man noch einiges erklären, aber das passt nicht wirklich in eine Biografie Förners, sondern gehört eher zu Johann Philipp von Gebsattel (und evtl. zu Johann Schöner). Der war eher der Renaissance als der Gegenreformation zugeneigt und hielt gar nichts davon, lutherische Pastoren und Lehrer auszuschalten oder auszuweisen, politische Bündnisse der katholischen Territorien zu betreiben oder einen schärferen Umgang mit Sexualmoral und Geld in Klöstern und Stiften durchzusetzen. Er ließ den ersten Bauteil der Neuen Residenz in Bamberg errichten, soll im Konkubinat gelebt haben und fünffacher Vater gewesen sein und hatte nicht einmal die Priesterweihe (und wollte sie auch nicht, weil dabei unangenehme Sachen hätten zum Vorschein kommen können). Das war wohl mit "schändlichem Lebenswandel und Lahmheit im Glauben" gemeint, etwas, was mir nicht unsympathisch ist, anders als Lothar Bauer. Aber ich kann mir nicht recht vorstellen, wie man solche Erklärungen hier unterbringen kann.--Mautpreller (Diskussion) 21:38, 5. Jul. 2020 (CEST)
- @Mautpreller: Ich will mir das morgen vormittag mal näher ansehen.--Der wahre Jakob (Diskussion) 22:16, 5. Jul. 2020 (CEST)
- Das wär toll. Der Artikel ist aber bloß bis zur Bischofsweihe gediehen, der Rest sind Altlasten, da muss noch was passieren.--Mautpreller (Diskussion) 23:48, 5. Jul. 2020 (CEST)
- Ohne dass ich die Literatur kenne, erscheint mir das jetzt schlüssig. Ein paar kleinere Sachen hatte ich angefangen zu ändern, aber es gab einen BK mit dir, und ich gehe heute abend noch mal ran und setze vorher das In-use-Signal. Ein Titularbistum wird nie direkt auf einen Amtsnachfolger weitergegeben, vor allem wenn der auf den Titel Geweihte weiter als Bischof amtiert. Es hängt an der Person. Nach dem Tod eines Titularbischofs ruht der Titel zunächst, bis später bei einem neuen Bischof irgendwo anders auf der Welt wieder "Bedarf" an einem freien Titel besteht. - Die Gebsattel-Lebensumstände gehören tatsächlich nicht in diesen Artikel hier, wie würden da eher verwirren. - Als Weihbischof "loswerden" ist etwas flapsig, mir ist aber noch nichts Besseres eingefallen. Und ob man von "Bestätigung" eines Amtes in Rom sprechen kann, erscheint mir fraglich: Örtlich können Vorschläge gemacht werden, die der Heilige Stuhl akzeptieren kann oder nicht, einen Bischof ernennnen tut aber rechtsgültig einzig der Papst und keinesfalls der, der ihn gern hätte. Frohes Schaffen!--Der wahre Jakob (Diskussion) 10:57, 6. Jul. 2020 (CEST)
- Danke! Zu Deinen Punkten: Das Titularbistum Athyra hatten die Bamberger Weihbischöfe seit 1474 inne (wie Du sagst, ruhte es zwischendrin immer ein paar Monate). Da Schöner die Bischofswürde behielt (zunächst hatte Aschhausen eine Absetzung verlangt), entstand, wie Du so schön sagst, "Bedarf" an einem neuen Bistum (Titularbistum Hebron). Zur "Bestätigung", da hab ich tatsächlich nicht voll durchgeblickt. Es ist von "confirmatio" die Rede, offenbar gab es da aber ein komplexes Verfahren. Das Domkapitel im Einvernehmen mit dem Diözesanbischof (oder einem Weihbischof, falls der Diözesanbischof gestorben war) benannte einen Bischof(skandidaten), dann musste ein hochoffizieller "Informativprocess" mit Zeugenaussagen abgehalten werden (darum geht es bei Bauer endlos). Das Protokoll wurde nach Rom geschickt und der Papst bzw. die Kurie konnte das akzeptieren oder verweigern. Die zahlreichen Romreisen scheinen auch dem Zweck gedient zu haben, dieses Verfahren zu fördern oder zu behindern, jedenfalls zu beeinflussen. Über die Natur des Informativprozesses habe ich auf die Schnelle nichts Brauchbares gefunden, deswegen habe ich das erstmal rausgelassen. Es ist aber eigentlich noch aus einem anderen Grund für die Biografie interessant: Die Zeugenaussagen sind offenbar oft die einzigen vorliegenden Quellen für die frühe Biografie der Bischöfe. So gründet sich die Vermutung, dass Förner 1568 geboren ist, auf die Zeugenaussage des Abts von Kloster Langheim. Auch dass sein Vater evangelisch war und "vor Förners Geburt" konvertierte, scheint hauptsächlich da belegt - wobei ich nicht ganz sicher bin, ob die Zeitangabe nicht dem geschuldet war, dass Förner einen katholischen Vater vorweisen wollte. Übrigens war auch Schöners Vater Lutheraner gewesen (in Neustadt an der Aisch).--Mautpreller (Diskussion) 11:28, 6. Jul. 2020 (CEST)
- In der Hoffnung, nicht zu nerven: "… daß die Prozeßakten, die Schöners Eignung zum Weihbischofsamt gezeigt hätten, von Prag aus sofort nach Rom weitergeleitet würden. … Den Vortrag der Sache im Konsistorium übernahm Kardinal Ottavio Paravicini … Am 28. Juli 1608 war es dann so weit: auf Paravicinis zusammenfassende Darlegung über Schöners Würdigkeit und Eignung hin bestätigte Papst Paul V. die Nominierung Schöners … Auf den Tag der päpstlichen Bestätigung hin sind die obligatorischen Bullen für den neuen Suffragan ausgestellt, kraft deren er seine bischöflichen und weihbischöflichen Rechte ausüben konnte" (Bauer, S. 391). Und: "Nach Zerstreuung aller Bedenken bestätigte Papst Paul V. noch im selben Konsistorium (am 3. September 1612, M.) die Nominierung Friedrich Förners zum Weihbischof von Bamberg und ernannte ihn zum Bischof von Hebron in partibus infidelium" (ebd., S. 441).--Mautpreller (Diskussion) 12:05, 6. Jul. 2020 (CEST)
- Ja, es gibt wohl ein Nominierungsverfahren, um die Eignung eines Bischofskandidaten zu prüfen. Heute spielt da der Nuntius meines Wissens eine große Rolle, der recherchiert und nach Rom berichtet. Das Wahlrecht ist (auch heute) höchst unterschiedlich geregelt, je nach den geltenden Rechten des örtlichen Domkapitels und ggf. Regelungen in Konkordaten. Es wäre interessant zu erfahren, welche lateinische Vokabel in den Quellen für die "Bestätigung" steht. Der entscheidende Rechtsakt ist meines Wissens in jedem Fall die Unterzeichnung der entsprechenden päpstlichen Bulle - ob immer durch den Papst persönlich, weiß ich nicht. Dem geht Ernennung oder Wahl durch partikulär berechtigete Gremien voraus. Was in Bamberg im 16./17. Jahrhundert zutraf, weiß ich nicht.
- Ohne dass ich die Literatur kenne, erscheint mir das jetzt schlüssig. Ein paar kleinere Sachen hatte ich angefangen zu ändern, aber es gab einen BK mit dir, und ich gehe heute abend noch mal ran und setze vorher das In-use-Signal. Ein Titularbistum wird nie direkt auf einen Amtsnachfolger weitergegeben, vor allem wenn der auf den Titel Geweihte weiter als Bischof amtiert. Es hängt an der Person. Nach dem Tod eines Titularbischofs ruht der Titel zunächst, bis später bei einem neuen Bischof irgendwo anders auf der Welt wieder "Bedarf" an einem freien Titel besteht. - Die Gebsattel-Lebensumstände gehören tatsächlich nicht in diesen Artikel hier, wie würden da eher verwirren. - Als Weihbischof "loswerden" ist etwas flapsig, mir ist aber noch nichts Besseres eingefallen. Und ob man von "Bestätigung" eines Amtes in Rom sprechen kann, erscheint mir fraglich: Örtlich können Vorschläge gemacht werden, die der Heilige Stuhl akzeptieren kann oder nicht, einen Bischof ernennnen tut aber rechtsgültig einzig der Papst und keinesfalls der, der ihn gern hätte. Frohes Schaffen!--Der wahre Jakob (Diskussion) 10:57, 6. Jul. 2020 (CEST)
- Das wär toll. Der Artikel ist aber bloß bis zur Bischofsweihe gediehen, der Rest sind Altlasten, da muss noch was passieren.--Mautpreller (Diskussion) 23:48, 5. Jul. 2020 (CEST)
- @Mautpreller: Ich will mir das morgen vormittag mal näher ansehen.--Der wahre Jakob (Diskussion) 22:16, 5. Jul. 2020 (CEST)
- Im Kirchenrecht von 1983 heißt es:
- Can. 377 - § 1. Episcopos libere Summus Pontifex nominat, aut legitime electos confirmat.
- "377 § 1. Der Papst ernennt die Bischöfe frei oder bestätigt die rechtmäßig Gewählten."
- Im CIC von 1917:
- Can 329 §2. Eos [scil. episcopos] libere nominat Romanus Pontifex.
- §3. Si cui collegio concessum sit ius eligendi Episcopum, servetur praescriptum can. 321.
- Im Kirchenrecht von 1983 heißt es:
- Da wird "libere nominat" mit "ernennt frei" übersetzt und "confirmat legitime electos" mit "bestätigt".--Der wahre Jakob (Diskussion) 20:49, 6. Jul. 2020 (CEST)
- Vielen Dank auf jeden Fall. Ich guck nochmal nach den lateinischen Vokabeln, Bauer schreibt sie nicht immer dazu. Irgendwo hatte ich aber "confirmatio" gelesen, muss nochmal nachlesen. - Nicht ganz zufrieden bin ich mit dem "Gebsattel wünschte Schöner". Das war schon mehr als bloß Wünschen, er schlug ihn der Kurie offiziell vor (bzw. ließ ihn vorschlagen durch das Domkapitel). "Nominieren" benutzt nicht nur Bauer, sondern auch zB Dieter J. Weiß. Es ist gelegentlich auch von "dem Elekten" die Rede, d.h. wohl dem zwar gewählten, aber (noch) nicht vom Papst ernannten Bischof, der damit, wenn ich es recht verstehe, eben noch kein Bischof war, sondern nur ein vom "collegium", das das "ius eligendi Episcopum" zugestanden bekommen hatte, gewählter Kandidat. - Der Nuntius hatte auch mit diesem "Informativprozess" zu tun (er schickte einen Beauftragten nach Bamberg). Der Nuntius selber hielt sich in Prag auf (deswegen wurden die Prozessakten aus Prag nach Rom geschickt). --Mautpreller (Diskussion) 21:36, 6. Jul. 2020 (CEST)
- Da wird "libere nominat" mit "ernennt frei" übersetzt und "confirmat legitime electos" mit "bestätigt".--Der wahre Jakob (Diskussion) 20:49, 6. Jul. 2020 (CEST)
PS: Ich hab bei Weiß was gefunden. Das Domkapitel hatte in Bamberg das Recht, den Bischof zu wählen. "Der vom Domkapitel gewählte Bischof benötigt zur Ausübung der Jurisdiktionsgewalt über die Diözese die Konfirmation des Papstes. … Unmittelbar im Anschluß an die Wahl senden das Bamberger Domkapitel das Wahlinstrument und der Elekt seine Wahlanzeige nach Rom, was binnen dreier Monate zu erfolgen hat. … Meist der Kardinalprotektor der deutschen Nation trägt die Bitte um Konfirmation des Elekten im Konsistorium vor, worauf Papst und Kardinäle ihre Entscheidung treffen. Als Entscheidungsgrundlage dient ein Informativprozeß, der aus der Befragung von Zeugen über die Person und den Charakter des Elekten und über den Zustand seiner Diözese besteht. Seit dem Erlaß der päpstlichen Konstitution Onus apostolicae Papst Gregors XIV vom 15. Mai 1591 ist die Konfirmation eines gewählten Bischofs von der vorigen Durchführung eines solchen Verfahrens abhängig, das entweder in Rom selbst meist durch einen Kardinal oder außerhalb durch apostolische Beauftragte vorgenommen werden muß. … Die Wahl des Domkapitels kann aus kirchenrechtlichen Bedenken durch den Papst annulliert werden." (Weiß: Das exemte Bistum Bamberg, S. 29-32) --Mautpreller (Diskussion) 23:48, 6. Jul. 2020 (CEST)
- Das ist doch genau das, was hier gebraucht wird, vielen Dank! Es gab ein partikulares Wahlrecht, die Wahl wurde vom Papst bestätigt (legitime electos confirmat heißt das im heute geltenden Kirchenrecht), so dass Förner rechtskräftig zum Bischof geweiht werden konnte. Der Artikel ist gut und in Ordnung. Ich neige dazu, diese Diskussion auf die Artzikel-Disku zu übertragen. LG --Der wahre Jakob (Diskussion) 12:08, 7. Jul. 2020 (CEST)
- Ja klar, das ist sinnvoll. Vielen Dank nochmal.--Mautpreller (Diskussion) 14:13, 7. Jul. 2020 (CEST)
Exorzismus-Traktat
Ein kleines Rätsel: Über Friedrich Förners Exorzismus auf der Festung Rosenberg in Kronach gibt es drei Berichte.
Am längsten bekannt ist der zeitlich letzte. Förner beschreibt diesen Vorgang in lateinischer Sprache in seiner Panoplia armaturae dei ("Rüstkammer der Waffen Gottes"), seinem berüchtigten Hexenpredigtbuch, 1625 gedruckt, auf S. 212-213. Mein Latein langt nicht ganz und ich hab keinen Nerv, mich ernsthaft mit dem Wörterbuch dranzumachen, aber mehr oder weniger klar ist: Ein böser Geist ist auf der Festung nacheinander in sechs Männer gefahren und hat sie getötet, zuletzt einen blasphemierenden Calvinisten. Der dreimal ausgesprochene Name Jesu hat ihn verscheucht, unter Flammenerscheinung und Erdbeben. Dies, so Förner in einer Marginalie, ereignete sich im Jahre 1600. Soweit ich sehe, führt er es hier nicht als eigene Tat ein.--Mautpreller (Diskussion) 22:06, 7. Jul. 2020 (CEST)
Lothar Bauer hat beim Stöbern in den vatikanischen Archiven dort einen undatierten lateinischen Bericht Förners gefunden: Nova ex bambergensi episcopatu (Neues aus dem Bamberger Bistum). Er datiert den Bericht, vor allem aber die geschilderten Ereignisse auf die Jahre 1609-1612, denn hier schildert er seinen eigenen Anteil am Exorzismus im Auftrage eines ungenannten bischöflichen Herrn. Bauer glaubt nicht, dass es sich da um Gebsattel handeln kann, es müsse Aschhausen sein (also nach 1609). Da er nicht als Bischof unterzeichnet hat, was er ab 1612 stets tat, sollte 1612 der terminus post quem non sein. Der Bericht ist viel detailreicher als die kurze Anekdote in den Hexenpredigten, identisch sind aber die wesentlichen Stücke: der Dämon, die sechs Männer, der Calvinist, die Flammenerscheinung (nach Bauer 1965). Walter Brandmüller wiederum glaubt, dass dieser Bericht gefälscht ist (natürlich von dem bösen Schöner, der ja gerade in dieser Zeit in heftigstem Streit mit Förner lag und dem alles zuzutrauen sei). Er passe nicht zu Förners gelehrtem Stil; Brandmüller weist auch auf die zeitliche Inkonsistenz zu Förners Zeitangabe in den Hexenpredigten hin (Walter Brandmüller: Exorzismus auf der Festung Rosenberg, in: Konrad Ackerman et al. (Hg.): Bayern vom Stamm zum Staat. Festschrift für Andreas Kraus zum 80. Geburtstag, 2002; Vorsicht: ich hab nur Snippets eingesehen).
Was Bauer nicht erwähnt und wohl auch Brandmüller nicht, wohl aber Bradford Smith: Es gibt auch noch eine deutschsprachige Flugschrift, gedruckt bei Angermayer in Ingolstadt (wo auch zuvor schon ein Traktat von Förner erschienen war) im Jahr 1602: http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10224963-9 . Nach einem anonymen Bericht über einen "unerhörten" Vorfall in Edam/Holland und einem ebenso anonymen "baderbornensischen Sendtschreiben" folgt ein "Sendtschreiben" des "Ehrwürdigen Hochgelerten Herrn Friderich Forner der H. Schrifft Doctorn und Canonic. bei Sanct Stephan in Bamberg" über den Kronacher Exorzismus, mit allen Details, die Bauer nennt, darüber hinaus mit einer genauen Datierung, nämlich auf den "Augustmonat im Jahr 1601", "auß dem Latein ins Teutsch gebracht".
Und nun? Was ist wann passiert? Welcher Text ist wie zu datieren? --Mautpreller (Diskussion) 22:46, 7. Jul. 2020 (CEST)
- Oi. Das ist echt interessant! Ich fang mal hinten an: Bei der Flugschrift (Du wirst sie gelesen haben) fällt mir zweierlei auf: 1. Die quasi Zuschreibung an/zu Förner haben wir nur auf dem Titelblatt; 2. der Bericht (bzw. die offenbar Übersetzung des Sendschreibens – Förner, wenn er denn wirklich der Autor war, wird das selbstverständlich in Latein verfasst haben) ist in der „Ich“-Form verfasst (der Text beginnt mit Ich wolt daß ichs weitleufftig genugsam möcht erklären / mit allerhand …).
- Klar ist, warum dieser Text als Flugschrift herausgegeben wurde: Ist eine ungewöhnliche und spooky Geschichte. Die Flugschriften berichten gern von sowas – die waren sozusagen die Yellow Press der frühen Neuzeit ;) Je merkwürdiger, blutrünstiger oder sonstwie sensationeller (Blut-, Fisch-, Steinregen! Flüsse aus Blut, Mißgeburten; streitende Heere am Himmel und andere unerhörte Himmelsereignisse!), desto besser – und besser verkäuflich.
- Jetzt sagst Du, daß Förner später (nämlich in seinem Buch von 1625) auch darüber spricht, es aber nicht als eigene Tat schildert. Hm … Halte ich für plausibel: Förner kann ja problemlos zwischen 1600 und 1602 (<-- Datierung der Flugschrift, an der ich erstmal nicht zweifele; obwohl es eine interessante Frage ist, ob und ggf. wie viele Flugschriften bewusst falsch datiert wurden … ;) dieses Sendschreiben verfasst haben: Als Bericht mehr oder weniger vom Hörensagen – wäre nicht ungewöhnlich.
- Daß der Drucker das als sozusagen Augenzeugenbericht (Ich wolt …) ausgibt, hat m. M. n. wenig Gewicht: Wer weiß, ob Förner davon wusste, daß er hier die Hauptperson einer spannenden Geistergeschichte abgab. Zudem kann man den Flugschriften nie glauben, wenn sie (Augen-)Zeugen aufführen: Das wurde nur gemacht, um das Geschilderte plausibler erscheinen zu lassen (eine frühe Form von und Mixtur aus fake news und urban legend, wenn Du so willst).
- Ungewöhnlich erscheint mir nur der Bericht aus den vatikanischen Archiven. So ungewöhnlich, daß ich eben den Artikel von Brandmüller über subito bestellt habe. Sobald ich den habe, schick ich Dir eine Kopie! --Henriette (Diskussion) 00:25, 8. Jul. 2020 (CEST)
- Danke! Nur noch ein paar kleine Anmerkungen: Die Flugschrift gibt es (an der Uni Regensburg) auch ohne das Titelblatt, mithin ohne Hinweis auf "Friderich Forner", sonst m.E. identisch, von den Bibliothekaren wohl deshalb Förner zugeschrieben: http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb11111751-6 . Angermayer hat in den Vorjahren seine theologischen Pamphlete gegen einen lutherischen Theologen gedruckt und im Folgejahr seine lateinische Abhandlung über die "Übel der Trunksucht und die Heilmittel dagegen". Bauer ist Förner ausgesprochen wohlgesonnnen, vor allem wegen seines äußerst energischen Einsatzes für die Gegenreformation, während Schöner für ihn (und auch die spätere Hausgeschichtsschreibung des Bistums) der "villain" ist. Es gibt eine erstaunliche Anzahl an Dokumenten, die er zitiert, und dabei glaubt er Förner fast aufs Wort. Diesen Bericht, den er im Vatikan gefunden hat, bringt er hauptsächlich deshalb an, um Förners unleugbare Verwicklung in die Hexenverfolgung zu erklären; er habe halt eine Neigung zum "Übersinnlichen" gehabt und das auch geglaubt. Seine Datierung kann man natürlich anzweifeln. Schließlich: Brandmüller ist nicht irgendwer, sondern ein ausgesprochen konservativer Kardinal, allerdings auch Professor für neuere und mittelalterliche Kirchengeschichte gewesen. Ich bin sehr gespannt auf seinen Artikel.--Mautpreller (Diskussion) 10:12, 8. Jul. 2020 (CEST)
- Die Flugschrift und der Bericht in der Panoplia haben übrigens diverse Abweichungen, aber auch sehr auffallende Übereinstimmungen. Zu den letzteren zählt zum Beispiel, dass der Calvinist durch ein "sehr enges Fensterlein hinauß geführet" wurde ("per angustissimum fenestrae foramen extractus esset" in der Panoplia), dass der Dämon in einer "Fewerflammende Kugel" auftrat („in igneo globo“), dass der Soldat, "welcher damalß die Schiltwach … hielt" ("qui in excubiis stabat"), derjenige war, der das gesehen und den Namen Jesu gerufen hat, und einiges mehr. Der wichtigste Unterschied ist, dass die "Nachgeschichte", dass nämlich das Ich der Flugschrift im Auftrag des Bischofs später einen Exorzismus veranstaltet hat, in der Hexenpredigt fehlt, die auf den "nomen Iesu" als Heilmittel gegen Hexerei und Dämonen abstellt. Die beiden Berichte können wohl kaum unabhängig voneinander sein. Nicht zugänglich ist der lateinische Bericht, den Bauer aufgefunden hat, da lassen sich nur Schlüsse aus seinem Referat ziehen, doch dürfte ein solcher Bericht die Quelle der Flugschrift gewesen sein (insbesondere wegen der Bemerkung, dass keiner auf der Festung Schaden nahm "außgenommen Lutheraner und Calvinisten", und "keiner under den Altrechtglaubigen umbkommen" ist). Das passt nahtlos zu Bauers Zitat: "nullum tamen catholicum, sed lutheranos et calvinistas".--Mautpreller (Diskussion) 11:09, 9. Jul. 2020 (CEST)
Ich freue mich, daß, nach meinen kritischen Hinweisen auf dieser Seite von 2011 und 2016, dieser Artikel nun ein ganz anderes Format bekommeen hat. Weniger positiv finde ich die konfessionelle Qualifizierung von Historikern in den Diskussionen, kann aber dennoch gut damit leben. Ich frage mich, ob diese Thematik (Exorzismus) auch in den Ad-limina-Berichten, die Lothar Bauer ja ebenfalls ediert hat, behandelt wird. Die konfessionelle Problematik in der Situation des Hochstifts wird ja z.B. in der Relatio status, die Gebsattel 1609 nach Rom geschickt hat, eingehend dargestellt (L. Bauer: Die Kurie und Johann Philipp von Gebsattel, Bischof von Bamberg (1608/1609), in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 40, 1960, S. 89–115, die Edition beginnt auf S. 112). Johann Philipp von Gebsattel ist ein erbärmlicher Artikel, der dringend einer Kur bedürfte … Den Bamberger Bischöfen wird ja auch vorgeworfen, sie hätten zu viele Lutheraner unter ihren Beratern, so jedenfalls der Konvertit Caspar Schoppe (ein vergleichsweise recht anständiger Artikel), und die zahlreiche Präsenz von Protestanten im Bistum war ja notorisch. 1995 mußte ich mich in einem anderen Zusammenhang mit Religion und Kultur in Bamberg und Franken beschäftigen, daher kenne ich das (ist aber in italienischer Sprache erschienen). --Enzian44 (Diskussion) 05:37, 15. Jul. 2020 (CEST)
- Danke, auch für den Nachtrag bei den Briefen. Was die "konfessionelle Qualifizierung von Historikern in den Diskussionen" angeht (die übrigens nicht im Artikel steht), das kann sich m.E. nur auf Walter Brandmüller beziehen, dessen Text mir dank Henriette mittlerweile vorliegt. Nun ist es freilich so, dass die Rezeption von Person und Wirken Förners sehr stark konfessionell, nämlich katholisch geprägt ist. WBIS verfügt über eine Vielzahl von relativ frühen biografischen Darstellungen, die fast durchgängig, mit wenigen Ausnahmen, Förners entschiedenen Einsatz für die Gegenreformation feiern (und die Hexengeschichten meist eher weglassen). Im 19. Jahrhundert wurde man da ein wenig vorsichtiger (siehe das Zitat von Leitschuh). Lothar Bauers sehr detailreiche Arbeit über die Weihbischöfe Förner und Schöner gibt, wenn auch mit einigen Relativierungen, eine ziemlich klare Bewertung: Hier ist Schöner der Bremser und Neider und Anhänger des korrupten Gebsattel-Regimes, Förner der verdienstvolle Betreiber der katholischen Reform ohne persönliche Ambitionen - Bauer räumt aber wie schon seine Vorgänger im 19. Jh. ein, dass in den Hexenfragen Förner nun gerade kein beispielhaftes Verhalten gezeigt hat. Brandmüllers kurzer Text schließt sich dieser m.E. nicht anders als parteilich, tw. apologetisch zu nennenden Sicht recht umstandslos an, gibt aber einige interessante Hinweise (und vor allem den vollen lateinischen Text jenes Berichts Nova ex Bambergensi episcopatu, was sehr nützlich ist). Es ist nicht einfach, dieser Rezeption gerecht zu werden: Sie hat viele neue Erkenntnisse gebracht, aber mir scheint es wenig zielführend, die Bewertungen zu übernehmen, und manche Interpretationen scheinen mir doch sehr deutlich von diesen Bewertungen gesteuert. Als Beispiel etwa die Bemerkung Brandmüllers, dass Schöner einen "geradezu pathologischen Haß" gegen Förner hegte, der ihn "mit dem ganzen Gebsattelkreis verband" (was Bauers Schrift nicht mal voll austrägt). Deswegen gibt es auch noch keinen Rezeptionsteil, weil ich mir überlegen will, wie man das vernünftig darstellt. Die Ad-limina-Berichte hab ich nicht gelesen, kann mir die Edition mal anschauen. Brandmüller kennt und zitiert sie, freilich nur als Exempel dafür, dass das Latein des "Berichts" sehr viel dürftiger war als etwa das des Ad-limina-Berichts. Vermutlich wird das Exorzismusthema dort daher nicht angesprochen.
- Die "konfessionelle Situation im Hochstift" (und sogar im Domkapitel) scheint allerdings verwirrend gewesen zu sein, Schoppes Bemerkung ist in der Sache sicher nicht völlig verkehrt. Ich kann mir aber nicht recht vorstellen, wie man dies in einem biografischen Artikel zu Förner darstellen könnte. Was hältst Du denn von der Beschreibung von Förners Aktivitäten im Artikel (bis zu den Hexen, die fehlen noch)? Trifft die Darstellung einigermaßen oder hab ich da irgendwo danebengegriffen?
- Wolfgang Behringer hat Förner (wie Martin Delrio) dem Typus des "Zelanten" zugeordnet, im Unterschied zu den "Politikern" oder Pragmatikern". Das klingt für mich recht überzeugend, wenn ich mir seine Aktivitäten angucke. Er war außerdem gelehrter Bürger und kein Adliger wie seine Diözesanbischöfe oder die Domkapitulare. Ich möchte den Artikel nicht auf das populäre Hexenthema einengen, aber ich finde dort eben eine andere Rezeption dieser Figur als in der vom Katholizismus und speziell dem Tridentinum geprägten Literatur.--Mautpreller (Diskussion) 10:50, 15. Jul. 2020 (CEST)
- Ich finde den Artikel sehr gelungen und in der Darstellung ausgewogen, etwas was bei den vielen Artikeln über italienische Kardinäle auch jener Zeit, die hier ständig eingestellt werden, meist völlig fehlt. Natürlich sind Ad-limina-Berichte Selbstdarstellung, gelegentlich wird in Rom aber doch nachgebohrt. Nuntiaturberichte vom Kaiserhof, die hier auch in Frage kämen, sind nur für 1603–1606 veröffentlicht worden. Die Kölner Nuntiatur, für die wir veröffentlichte Berichte aus diesen Jahren haben, war ja für Bamberg nicht zuständig, aber wohl für Würzburg. In einem Artikel über Gebsattel könnte man auf die konfessionellen Verhältnisse in seiner Zeit vielleicht eingehen, Bauers Aufsatz im QFIAB ist ja über perspectivia.net zugänglich und enthält auch den Bericht von Schoppe und die Anklageliste. --Enzian44 (Diskussion) 14:27, 15. Jul. 2020 (CEST)
- Danke, das höre ich natürlich gern. Ob ich was über Gebsattel schreiben will, weiß ich noch nicht, aber es stimmt natürlich, dass mit "seinem" Artikel rein gar nichts anzufangen ist. Eher würde ich gern einen Artikel Informativprozess anlegen, muss aber noch geeignete Literatur suchen (offenbar war ein solches Verfahren ja nicht nur die Grundlage für die Ernennung von Bischöfen, sondern auch für die Entscheidung über eine Heiligsprechung). Deine Literaturhinweise schaue ich mir an, sobald ichs schaffe.
- Vielleicht nochmal kurz zu den Anredeformen: Der Bericht Nova ex Bambergensi episcopatu beginnt mit den Worten: Quod tuae Reverentiae scribere non habeo nisi quemdam casum mirabilem …, was m.E. bedeutet: Ehrwürden habe ich nichts zu schreiben außer einem wundersamen Fall … Das klingt mir eigentlich eher nach einem Brief an einen Bekannten, dem Förner regelmäßig schrieb, und weniger nach einem offiziellen Brief an das päpstliche Sekretariat. Infrage kämen dafür etwa Bernardino Luzzi oder auch Filippo Rinaldi, die Rektoren des Collegium Germanicum, denn mit diesen beiden stand Förner gemäß Bauer ausweislich der dortigen Briefregister in regelmäßigem Briefwechsel (seine Briefe sind jedoch verloren). Für mein Gefühl könnte das, was Du zur Anrede sagtest, dazu passen. Die Unterschrift lautet: Fredericus Fernerus Theologiae Doctor. Da es sich um eine Abschrift handelt, können auch Abschreibefehler enthalten sein.--Mautpreller (Diskussion) 17:02, 15. Jul. 2020 (CEST)
- In den von Dir zitierten Stellen sind sicher keine Abschreibefehler enthalten und daß der Empfänger einer seiner regelmäßigen Korrespondenten war, scheint mir sehr wahrscheinlich. Was den Informativprozeß bei Heiligsprechungen angeht, würde ich mit der Publikation der Akten für die Kanonisation des Nikolaus von Tolentino anfangen, da habe ich was in Bamberg stehen, kann also erst nachsehen, wenn ich wieder zurück bin. Für den Informativprozeß bei Bischöfen läßt sich auch manches finden, etwa hier, Beitrag Jürgensmeier oder hier. --Enzian44 (Diskussion) 17:48, 15. Jul. 2020 (CEST)
- Nachtrag: noch etwas Literatur für Heiligsprechungsprozesse und für Bischöfe und andere kuriale Funktionäre. --Enzian44 (Diskussion) 17:55, 15. Jul. 2020 (CEST)
- Ich finde den Artikel sehr gelungen und in der Darstellung ausgewogen, etwas was bei den vielen Artikeln über italienische Kardinäle auch jener Zeit, die hier ständig eingestellt werden, meist völlig fehlt. Natürlich sind Ad-limina-Berichte Selbstdarstellung, gelegentlich wird in Rom aber doch nachgebohrt. Nuntiaturberichte vom Kaiserhof, die hier auch in Frage kämen, sind nur für 1603–1606 veröffentlicht worden. Die Kölner Nuntiatur, für die wir veröffentlichte Berichte aus diesen Jahren haben, war ja für Bamberg nicht zuständig, aber wohl für Würzburg. In einem Artikel über Gebsattel könnte man auf die konfessionellen Verhältnisse in seiner Zeit vielleicht eingehen, Bauers Aufsatz im QFIAB ist ja über perspectivia.net zugänglich und enthält auch den Bericht von Schoppe und die Anklageliste. --Enzian44 (Diskussion) 14:27, 15. Jul. 2020 (CEST)
Hexenfrage
Ich bin nicht sicher, ob diese Darstellung nicht zu kleinteilig ist. Meine Idee beim Schreiben war es, die Rolle Förners möglichst fassbar darzustellen, jenseits allgemeiner Urteile, von denen es insbesondere in der Literatur zur Hexenverfolgung sehr viele gibt. Vielleicht geht das aber zu sehr ins Detail, besonders bei der Faustgeschichte. Andererseits finde ich die Verbindung zum Fauststoff als Germanist hochinteressant.--Mautpreller (Diskussion) 19:16, 18. Jul. 2020 (CEST)
- Finde ich a) gut zu lesen und b) nicht kleinteilig; auch "zu kleinteilig" nicht! Wenn der Mann in der Sekundärliteratur mit Zuschreibungen wie „grimmer Hexenverdammer“ oder „böser Geist der Verfolgung“ versehen wird, dann ist es angemessen und angebracht diese Zuschreibungen/Beschreibungen auch in die (damalige) Realität einzubetten.
- Eine Anmerkung zum Text: Im zweiten Absatz heißt es:
- „Er wird dafür gepriesen, dass er in Ellwangen und Eichstätt den teuflischen Götzenwahn rücksichtslos mit Stumpf und Stiel ausgerottet habe und dieses Werk noch heute fortsetze. Zugleich diente die Widmung dazu, dem Fürstbischof Förners Bruder Johann ans Herz zu legen, der an der Universität Ingolstadt Theologie lehrte.”
- Sagst Du mit dem zweiten Satz, daß Friedrich seinen Bruder (namens Johann) dem Fürstbischof Johann Christoph von Westerstetten „ans Herz legen“ – also wohl empfehlen – wollte? (Ich hab den Satz 5mal lesen müssen bis ich auf diese Interpretation gekommen bin, weil ich die 4mal vorher das Gefühl hatte, daß ein Wort in diesem Satz fehlt ;)) Ganz blöde Frage: Warum sollte/könnte die Widmung dem Bruder Johann mehr nützen als dem Autor Friedrich? (Ich wette, daß die Sekundärliteratur das auch nicht so genau weiß, oder? :)
- Fauststoff: Ist zwar ganz, ganz leicht im Bereich des Berichtens mit Hilfe von "Anekdoten" (was ich(!) nicht so gern hab; andererseits hier eine Tatsache ist und nicht nur hübsch erfundene Geschichte … insofern passt mein "Anekdote" nicht gut), aber auf der anderen Seite ein anschauliches Beispiel ist wie die Predigten zu Konsequenzen im RL führten.
- Bemerkenswert find ich daran, daß garantiert lese- und schreibunkundige Menschen wie der Junge und die Magd im Jahr 1627, die den damals zwar nicht taufrischen, aber relativ sicher auch noch nicht überall und durchgreifend im mündlichen Erzählgut „des Volkes“ (auch wenn das als „Volksbuch“ publiziert wurde) angekommenen Stoff nicht aus eigener Anschauung oder Lektüre kennen konnten, über die mündliche Vermittlung in einer Predigt damit in Berührung kamen – und dieses Wissen dann in fataler Weise reproduzierten. Also bitte so behalten, weil in der Tat hochinteressant! --Henriette (Diskussion) 22:21, 18. Jul. 2020 (CEST)
- Zum Kollegen Johann Förner: Das schreibt Ruland und auch die ADB. Es ist eigentlich recht einfach: In der Epistula dedicatoria wird Westerstetten, wie in einer Widmung üblich, mit Lob überschüttet, wobei sein radikales Vorgehen in der Hexenfrage ausdrücklich gewürdigt wird. Gegen Ende kommt dann, mit den üblichen Bescheidenheitstopoi, Förner selbst ins Spiel und gleich geht es ausdrücklich um seinen Bruder, der dort sonst eigentlich nichts zu suchen hätte: "Daß ich aber beschlossen habe, dieses mein nächtliches Werklein, wie auch immer es beschaffen, unter dem glanzvollen Namen und der Herrschaft Eurer hochwürdigsten und durchlauchtigsten Hoheit ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen, dazu haben, wie ich hoffe, wohlgeeignete Gründe mich bewogen. Ich übergehe die einzigartige Gunst, mit der er sowohl mich, den Unwürdigen und Unverdienten, schon seit langem, als auch meinen Bruder, Johannes Förner, Doktor der Theologie und Professor zu Ingolstadt, zu begleiten und zu fördern geruht" (Übersetzung nach Schmanck). Es ist unverkennbar, dass Förner seinen Bruder hier absichtlich ins Spiel bringt. Er dankt W. für dessen Förderung - warum? weil er sich mehr davon erhofft, diese naheliegende Deutung stammt aber nicht von mir, das lesen die ADB und Ruland so. Kann man sicher einfacher ausdrücken, die Schwerverständlichkeit ist wahrscheinlich meinem Bemühen um Kürze geschuldet.
- Zu Faust: Ich wollte ein Beispiel für Förners Hexenpredigtstil. Dieses hier bietet sich an, weil die Literatur es erwähnt. Ich hab diese Suggestionsgeschichte absichtlich vorsichtig formuliert. Die Historia von D. Johann Fausten kann den Leuten ja sehr wohl bekannt gewesen sein, und dass der 14-j. Hans Morhaubt erst durch Förner auf die Idee gekommen ist, muss keineswegs so sein. Als die Predigt gehalten wurde, war er vermutlich (!) erst neun. Aber es gibt eben viele Wege, wie eine Geschichte und deren Deutung Beine bekommen kann. Zum Beispiel können die Hexenkommissare sie gekannt haben.--Mautpreller (Diskussion) 11:55, 19. Jul. 2020 (CEST)
- PS: Hans Morhaubt war sicher nicht lese- und schreibunkundig. Er war der Sohn des Bürgermeisters (siehe Christina Morhaubt) und besuchte die Jesuitenschule. Bei der Magd wird sich das sicherlich anders verhalten.--Mautpreller (Diskussion) 12:04, 19. Jul. 2020 (CEST)
- Ah, ok!! Ich war nur dem umseitigen Text gefolgt:
- „ … im Juni 1627 in dem Geständnis eines der Hexerei beschuldigten Vierzehnjährigen eine bedeutende Rolle spielte: Auch dieser gab an, er habe das Faustbuch gelesen und sich dem Teufel verschrieben … Sie [= Gehm] vermutet hier einen Zusammenhang, etwa im Sinn einer Suggestion, zumal die Magd, die unter der Folter die Aussagen des Jungen bestätigt hatte, dieses Geständnis später mit dem Hinweis widerrief, sie habe die Anregungen zu ihrer Aussage fünf Jahre zuvor bei einer Predigt Förners in St. Martin erhalten.”
- Ich hatte daraus geschlossen, daß die Vermittlung so verlief: Förners Predigt --> gehört von Magd --> erzählt es dem Vierzehnjährigen (oder dem Kind, denn wir wissen ja nicht wann das war). Was ich allerdings überlesen hatte (my bad!) ist das: „ … dieser gab an, er habe das Faustbuch gelesen” – also vllt. doch Kenntnis aus "erster Hand" …
- Was mir hier wichtig erscheint (aber nicht so sein muß! evtl bin ich auf dem Holzweg :): Literatur oder die dort berichteten Ereignisse finden ihren Weg zu Menschen, die diese nicht aus "erster Hand" hatten (aka: Buch selbst gelesen) und werden dann gewissermaßen im Verhör/Prozess "produktiv gemacht". Das so eine Vermittlung auch über die Hexenkommissare oder Richter stattgefunden haben kann, scheint mir nachvollziehbar und realistisch. Wir wir sehen: Interessantes Beispiel; sollte also drinbleiben :) --Henriette (Diskussion) 12:29, 19. Jul. 2020 (CEST)
- Ich bin mir etwas unsicher. Was ich geschrieben habe, ist sehr "argumentierend" (wenn auch gedeckt durch Gehms Diss). Vielleicht sollte man doch mehr vom Ergebnis her schreiben, das würde auch besser in den eher nüchternen Stil eines WP-Artikels passen. Etwa in dem Sinn: Britta Gehm vertritt die Auffassung, dass diese Predigten suggestiv auf die Aussagen in Hexenprozessen gewirkt haben könnten. Sie nennt ein Beispiel dafür (usw.). Der Punkt ist einfach: Förner mag der "böse Geist" der Hexenprozesse gewesen sein, aber direkt hatte er mit diesen wenig zu tun, auch wenn dies gern so dargestellt wird. Sicher aber war er wirkungsvoller Propagandist. Das ginge auch ohne das (indirekte) Zitat. Und ein bisschen was hatte er auch damit zu tun. Er erhielt zB auch, vor allem 1630, Bittbriefe von Angehörigen der Opfer, ebenso wie Fuchs von Dornheim selbst. Der Fürstbischof hat das auch so gesehen. Er schrieb 1628 an Adam Contzen, Förner habe bei der Ausrottung des Verbrechens der Magie bislang ein großes und ausgezeichnetes Werk geleistet (Bauer, S. 457). Die Belege sind also da, fragt sich nur, wie man das aufzieht. Gerade tendiere ich eher dazu, das weniger "argumentierend" und mehr von den Schlussfolgerungen her zu fassen.--Mautpreller (Diskussion) 12:51, 19. Jul. 2020 (CEST)
- Das Problem bei der Art, wie es jetzt im Artikel steht, ist einfach, dass man eigentlich noch viel mehr Kontext bräuchte. Das gehört aber nicht hierher, weil es von der Bio ablenken würde. Der Prozess gegen Hans Morhaubt war nämlich lt. Gehm sehr wichtig für die Entwicklung der Hexenverfolgung in Bamberg. Die Aussagen des Vierzehnjährigen gingen dahin, dass er das Buch gelesen habe und es ihm von den Präzeptoren der Schule weggenommen worden sei. Um es wiederzubekommen, habe er sich dem Teufel verschrieben (der in Gestalt der Magd auftrat und ihn zudem zum Geschlechtsverkehr verführte). Vor allem aber sei er dann mit siner Mutter auf einer Gabel zu einer Versammlung auf dem Dachboden des fürstbischöflichen Sekretärs Georg Eder geflogen, wo er die Hexentaufe erhalten habe. Bei dieser Versammlung sei eine große Zahl hochgestellter Personen anwesend gewesen, die er namentlich benannte. Diese Aussage wurde in den folgenden Prozessen gegen diese Personen immer und immer wieder verwendet. (Der Geistliche, in dessen Degradationsprozess Förner eine so entscheidende Rolle spielte, war Eders Sohn, der Vikar Johann Georg Eder.) Das führt aber alles viel zu weit. Deswegen neige ich grad dazu, diese Details stark zu reduzieren und das Ganze eher zusammenfassend vom Ergebnis her zu formulieren.--Mautpreller (Diskussion) 13:21, 19. Jul. 2020 (CEST)
- PS: Hans Morhaubt war sicher nicht lese- und schreibunkundig. Er war der Sohn des Bürgermeisters (siehe Christina Morhaubt) und besuchte die Jesuitenschule. Bei der Magd wird sich das sicherlich anders verhalten.--Mautpreller (Diskussion) 12:04, 19. Jul. 2020 (CEST)
- (BK, den letzten Kommentar noch nicht berücksichtigt) Du sagst: „Der Punkt ist einfach: Förner mag der "böse Geist" der Hexenprozesse gewesen sein, aber direkt hatte er mit diesen wenig zu tun, auch wenn dies gern so dargestellt wird. Sicher aber war er wirkungsvoller Propagandist.” – tatsächlich ist das ja gar nicht so "einfach" ;)
- Sagen wir mal Du schreibst – wie Du es formulierst – „ … mehr vom Ergebnis her”; das wäre ja sowas wie "böser Geist der Verfolgungen" und ähnlich uncharmante Zuschreibungen. Als interessierter, aber wenig über die Frühe Neuzeit informierter Leser interessiert mich wie genau ich mir so einen "bösen Geist" vorstellen muß. Hat der Briefe an seinen Boss und alle seine Berufsgenossen geschrieben und die indoktriniert? Hat er sich jeden Tag auf den Markplatz gestellt und 5 Mitbürger „besagt”? Ist er selber losgezogen und hat vermeintliche Hexenpersonen höchstpersönlich verhaften und im Drutenhaus einsperren lassen? Hat er die Fackeln an den Scheiterhaufen gehalten? (Sorry, ich übertreibe bewusst!) Da wäre vieles denkbar. Sein Einfluß kann natürlich unmittelbar/konkret (siehe Drutenhaus, Exorzismus) gewesen sein, aber eben auch gewissermaßen "mittelbar" – wie wir am Faustbeispiel sehen.
- Salopp gesprochen: In der Predigt setzt er den Menschen die Flausen über die Hexen in den Kopf und dort, in den Köpfen der Menschen beginnen diese Informationen zu gären und rumoren. In den Köpfen formt sich das wohlmöglich zu wilden und wirren Ideen (von der Wetterhexe bis zum Geschlechtsverkehr mit dem Teufel); und genau diese Ideen kommen dann bei Verhören (und unter der Folter) wieder zum Vorschein. Was ich damit sagen will: Die quasi "moderne Volkserzählung" von den sadistischen Pfaffen die diese wilden und wirren Ideen in die Menschen "hinein gefoltert" haben, stimmt in dieser Plattheit nicht; und ich halte es für wichtig das zu erwähnen. Man mußte den Menschen nicht alles vorsoufflieren, die konnten nämlich aus einem Wissensschatz schöpfen, der sich aus selbst ersonnenen Phantasien über mündliche Erzählungen bis zur Vermittlung "gelehrten Wissens" von der Kanzel speiste. (Ich sollte dazu sagen, daß meine Sicht in Teilen von Carlo Ginzburgs Büchern, vor allem dem über den Bauern Menocchio, geprägt und beeinflusst ist!) --Henriette (Diskussion) 13:51, 19. Jul. 2020 (CEST)
- Und nach Lektüre deines zweiten Kommentars: Ja, ich sehe dein Problem und deine Bedenken! Man merkt doch recht schnell, daß man problemlos nicht nur ins Kaninchenloch springen, sondern auch den ganzen Kaninchenbau in allen seinen Verzweigungen erkunden kann (und eigentlich auch möchte). Insofern: Wenn es eine relativ straffe Biographie werden soll (immer eine gute Sache!), dann ist so ein Beispiel etwas Overhead, weil es viel zu viele Fragen aufwirft, die ein streng biographischer Artikel gar nicht mehr in sinnvoller und ggf. auch gebotener Kürze beantworten kann. Am Ende soll es ein biographischer Artikel zur Person werden – nicht ein Sittengemälde. --Henriette (Diskussion) 14:07, 19. Jul. 2020 (CEST)
- Henriette, Du beschreibst meine Motive ganz gut. Ja, Förner gilt als der eigentliche Drahtzieher der Hexenprozesse im Hintergrund (Behringer hat das später noch viel unmittelbarer so formuliert). Das kann schon sein, aber was ist eigentlich gesichert? Gesichert ist, dass Förner Anwalt einer radikalen Hexenverfolgung war und dies mündlich und schriftlich vielfach kundgetan hat. Insbesondere sein Hexenpredigtenbuch ist beredter Beweis dafür. Es gibt ein paar Hinweise darauf, dass es bei dieser "ideologischen" Tätigkeit nicht geblieben ist. Man kann sich das aber nicht so vorstellen, dass Förner das alles "angeleiert" hat. Die Herren, die die Hexenprozesse durchgeführt haben, waren keine Befehlsempfänger Förners, der den "geistlichen" Arm der Herrschaft repräsentierte, sie gehörten zum weltlichen Arm derselben Herrschaft. Und wenn man so liest: Die Berichte, dass aus der Bevölkerung ein Vorgehen gegen die Hexen gefordert wurde, sind sicher nicht bloß verlogene Rechtfertigung. Schwarze Magie war für viele Leute Realität. Den Hexen wurde zB vorgeworfen, auf magischem Wege die Ernte vernichtet zu haben. Und es konnte auch durchaus sein, dass Leute sich selbst als Magier profilierten. Das dürfte allerdings nichts daran ändern, dass Förner mit seinen rhetorischen Fähigkeiten (und der Rechtfertigung von der Kanzel herab) suggestive Wirkungen erzielt hat, dies ist jedenfalls Gehms gar nicht abwegige These. Ich versuche mal gleich eine zweite Fassung, dann kann man nochmal überlegen.--Mautpreller (Diskussion) 14:35, 19. Jul. 2020 (CEST)
- Und nach Lektüre deines zweiten Kommentars: Ja, ich sehe dein Problem und deine Bedenken! Man merkt doch recht schnell, daß man problemlos nicht nur ins Kaninchenloch springen, sondern auch den ganzen Kaninchenbau in allen seinen Verzweigungen erkunden kann (und eigentlich auch möchte). Insofern: Wenn es eine relativ straffe Biographie werden soll (immer eine gute Sache!), dann ist so ein Beispiel etwas Overhead, weil es viel zu viele Fragen aufwirft, die ein streng biographischer Artikel gar nicht mehr in sinnvoller und ggf. auch gebotener Kürze beantworten kann. Am Ende soll es ein biographischer Artikel zur Person werden – nicht ein Sittengemälde. --Henriette (Diskussion) 14:07, 19. Jul. 2020 (CEST)
Jeden Tag des Jahres
Merkwürdigkeiten: "Friedrich Förner verfasste in den 1620er Jahren eine Sammlung mit Hexenpredigten für jeden Tag des Jahres …" (Voltmer/Irsigler: Die europäischen Hexenverfolgungen der Frühen Neuzeit - Vorurteile, Faktoren und Bilanzen). Wolfgang Behringer, Hexen und Hexenprozesse in Deutschland: "verfaßte Anfang der 1620er Jahre eine Predigtsammlung, die für jede Woche des Jahres eine Hexenpredigt vorsah". Was ist gemeint? Sicher die Panoplia armaturae dei, die genau 35 Hexenpredigten enthielt. Das reichte natürlich nicht für jeden Tag des Jahres und nicht mal jeden Sonntag des Kirchenjahrs. Aber, und daher kommt das wohl: Die Panoplia enthielt einen Index applicationis für die Sonn- und Feiertage im Kirchenjahr, d.h. sie war durchaus zur Weiterverwendung gedacht. Das waren allerdings nicht alle Sonn- und Feiertage und natürlich erst recht nicht alle Tage des Jahres, sondern etwa der 3. und 4. Adventssonntag, das Fest der Unschuldigen Kinder (besonders passend), der 6., 7., 13, 14., 19. usw. Sonntag nach Trinitatis usw. usw.--Mautpreller (Diskussion) 20:36, 25. Jul. 2020 (CEST)
- Gute Frage! Was war denn der Job eines Weihbischofs? Ich würde vermuten, daß der sich nicht wortwörtlich jeden Tag für eine Predigt auf die Kanzel gestellt hat, sondern nur an "besonderen Tagen" – also sowas wie den Adventssonntagen, Weihnachten, Ostern etc. Für "gewöhnliche Tage" im Jahr (also denen ohne weiteren biblischen Kontext oder gewissermaßen "Anschlussfähigkeit") gab es doch sicher einen Pfarrer, der den Gottesdienst leitete? (Oder wie ist das bei den Lutherischen? Ich bin katholisch :)) --Henriette (Diskussion) 20:58, 25. Jul. 2020 (CEST)
- Bei den Evangelischen gibts keinen Weihbischof (ich war evangelisch). Soweit ich mittlerweile gelesen habe, war der Kernjob eines Weihbischofs vor allem, Weihen vorzunehmen (Kirchen zu konsekrieren, Priester zu weihen usw.), das darf nämlich keiner machen, der die Bischofsweihe nicht hat. Das war ein Grund dafür, warum der Gegenspieler Schöner schließlich doch zum Bischof geweiht wurde, es gab nämlich sonst keinen, der zu sowas berechtigt gewesen wäre (Gebsattel war nicht mal Priester). In der Vakanz nach Förners Tod mussten die Bamberger immer in den Nachbarbistümern anklopfen, wenn sie was oder wen geweiht haben wollten und der Diözesanbischof nicht da war oder keine Zeit hatte. - Aber zugleich war der Weihbischof in diesem Fall Pfarrer von St. Martin und ich denke, er wird dort normalerweise auch gepredigt und die Sakramente gereicht haben, wenn er nicht verhindert war. Es gab sicher Priester, die ihn vertreten konnten, und das war sicher öfter nötig, wenn er wieder mal unterwegs war. Normal dürfte er aber am Sonntag Gottesdienst in seiner Pfarrei gehalten haben. - Das ist aber eigentlich gar nicht das, was ich meinte. Förners Hexenpredigten sind zunächst mal die Konzepte für Predigten, die er wohl hauptsächlich 1621/22 gehalten hat. Vielleicht hat er da zur Veröffentlichung auch noch ein paar neue hinzugefügt, vielleicht waren manche auch schon älter, das ist nicht ganz klar. Aber in der "Front Matter" (ums mal modern auszudrücken) gibt es eben, neben "Abstracts" der Predigten und einem Stichwortverzeichnis, auch Vorschläge, wie man diese Predigten auf das Kirchenjahr verteilen könnte. Das war also eine Sammlung, die keineswegs bloß auf Dokumentation zielte, sondern auch auf praktische Anwendung. So nach dem Motto: Wenn Du eine Predigt halten willst, kann ich Dir nach den Losungen und dem Heiligenkalender aus dieser Sammlung folgende vorschlagen (usw.). beispielsweise am 4. Advent könnten, je nach Wahl des Bibelzitats, passend sein Passagen aus den Predigten 1, 12 und 17. Ich bin kein Experte, aber so lese ich diesen Index applicationis, und das erscheint mir auch nicht abwegig. Wenn man jede Woche eine neue Predigt halten muss, ist man froh um Ideen, was man diesmal nun wieder erzählen könnte.--Mautpreller (Diskussion) 21:26, 25. Jul. 2020 (CEST)
- Args … klar: Es ging ja gegen die Reformierten. Sorry!! Mir kommt es so vor, als hätten Voltmer/Irsigler und Behringer vereinfachend formuliert … "jeden Tag des Jahres" vs. "jede Woche des Jahres" klingt beides recht dramatisch. Studien zum Gebrauchskontext und zum Zielpublikum solcher Predigtsammlungen würden hier ggf. helfen. Da kennt sich Kollege Jakob ganz gewiss besser aus, als ich! --Henriette (Diskussion) 22:25, 25. Jul. 2020 (CEST)
- Mautpreller hat das richtig gesehen: Bestimmte Amtshandlungen (Firmung, Priesterweihe, Kirch- und Altarweihe) können nur von einem Bischof vorgenommen werden, so dass vor allem größere Bistümer Weihbischöfe oder Auxiliarbischöfe haben, die dem Diözesanbischof solche Amtshandlungen abnehmen können. Die haben dann daneben üblicherweise auch andere Funktionen, etwa in der Diözesanleitung, als Bischofsvikare oder, wie hier, wohl gelegentlich auch als Pfarrer.
- Die Predigt hatte bis zum II. Vatikanum in der heiligen Messe keinen besonderen Stellenwert und konnte auch ausfallen, sogar sonntags. Tägliche Predigten kamen nur ausnahmeweise vor, in religiösen Wochen, bei Wallfahrten o.dgl. Ab etwa dem 15. Jahrhundert wurde der Predigt als Kommunikationsform besondere Aufmerksamkeit geschenkt, in der Gegenreformation wurde sie als Mittel des Glaubenskampfes eingesetzt, herausgefordert durch deutsch predigende Protestanten. Dafür in Frage kam die Christenlehre als sonntägliche katechetische Veranstaltung vormittags vor der heiligen Messe oder auch nachmttags. Buchdruck wurde möglich und von herausragenden Predigern (wie wohl auch Förner) zur Verbreitung ihrer Predigten genutzt. Wenn ich das richtig sehe, waren das aber keine eigentlich "liturgisch-gottesdienstlichen" Entwicklungen, sondern eher seelsorgliche oder kontroverstheologische. Die Predigt "für alle Tage" oder "für jede Woche" lese ich deshalb nicht als liturgische Anweisung, sondern als Werbefloskel für eine solche Veröffentlichung, um dem Leser und Nutzer (dem Prediger in seiner "Predigtnot") das Predigen niederschwellig nahezubringen. (Nur mal so eine Idee von mir.)
- Der Index applicationis nimmt offenbar Bezug auf die bindend vorgeschriebene Leseordnung der Bibeltexte in der heiligen Messe an den einzelnen Tagen/Sonntagen im Kirchenjahr und ist eine Auswahlhilfe für den Prediger. So etwas gibt es heute z.B. bei Kirchenliedern als Verzeichnisse, welche Lieder für welchen Anlass besonders geeignet sind.--Der wahre Jakob (Diskussion) 15:38, 26. Jul. 2020 (CEST)
- Danke, das sind gute Hinweise. Förner hat auch in seinen Visitationsberichten, die ja auch und vor allem Tätigkeitsnachweise waren, immer besonders die Firmungen erwähnt, die er vorgenommen hat (und laut den Berichten waren das sehr viele, kein Wunder bei der komplizierten konfessionellen Lage und seinem starken Interesse an Rekatholisierung). Es spielte bei den Wahl- und Bestätigungsprozessen auch eine große Rolle, dass man jemanden brauchte, der solche Handlungen vornehmen darf. - Auch das zu den Predigten finde ich sehr überzeugend. Es ging in Förners Sammlungen doch sehr stark um Kontroverstheologie, also gerade um die Unterschiede zwischen der katholischen Lehre und den "häretischen" Lehren von Luther und Calvin. - Ich weiß nicht, ob es damals schon eine verbindliche Leseordnung gab und wie diese aussah. Aber das muss im Wesentlichen stimmen. Denn der Index heißt vollständig Index applicationis concionum ad Evangelia, de tempore et sanctis, also etwa: Register für die Anwendung der Predigten auf die Evangelien (Evangeliumslesungen), nach Zeitpunkt und Heiligen(kalender). Da kommt dann zum jeweiligen Sonn- oder Feiertag meist eine Bibelstelle und dann die Predigten oder Kapitel von Predigten, die dafür geeignet sind. "Auswahlhilfe" dürfte es treffen. Dabei wurden keineswegs alle Sonn- und Feiertage, Kirchenfeste etc. berücksichtigt (es gibt große Lücken), sondern nur die, wo es Förners Ansicht nach "passen" sollte.--Mautpreller (Diskussion) 16:05, 26. Jul. 2020 (CEST)
- Ja, die Firmungen sind bis heute das "Hauptgeschäft" der Weihbischöfe, wenn auch nicht mehr so ausgeprägt wie zu volkskirchlichen Zeiten mit Massen von Firmlingen in den einzelnen Pfarrgemeinden. Leseordnungen in dieser oder jener Form gibt es schon lange. In Förners Zeiten, also nach dem Tridentinischen Konzil, war die Liturgie bis ins 20. Jahrhundert sehr stark normiert und formalisiert. "De tempore et sanctis" ist eine geläufige Formulierung in liturgischen Büchern, siehe dazu Proprium (Liturgie)#Römisch-katholische Kirche.--Der wahre Jakob (Diskussion) 16:37, 26. Jul. 2020 (CEST)
- Danke, das sind gute Hinweise. Förner hat auch in seinen Visitationsberichten, die ja auch und vor allem Tätigkeitsnachweise waren, immer besonders die Firmungen erwähnt, die er vorgenommen hat (und laut den Berichten waren das sehr viele, kein Wunder bei der komplizierten konfessionellen Lage und seinem starken Interesse an Rekatholisierung). Es spielte bei den Wahl- und Bestätigungsprozessen auch eine große Rolle, dass man jemanden brauchte, der solche Handlungen vornehmen darf. - Auch das zu den Predigten finde ich sehr überzeugend. Es ging in Förners Sammlungen doch sehr stark um Kontroverstheologie, also gerade um die Unterschiede zwischen der katholischen Lehre und den "häretischen" Lehren von Luther und Calvin. - Ich weiß nicht, ob es damals schon eine verbindliche Leseordnung gab und wie diese aussah. Aber das muss im Wesentlichen stimmen. Denn der Index heißt vollständig Index applicationis concionum ad Evangelia, de tempore et sanctis, also etwa: Register für die Anwendung der Predigten auf die Evangelien (Evangeliumslesungen), nach Zeitpunkt und Heiligen(kalender). Da kommt dann zum jeweiligen Sonn- oder Feiertag meist eine Bibelstelle und dann die Predigten oder Kapitel von Predigten, die dafür geeignet sind. "Auswahlhilfe" dürfte es treffen. Dabei wurden keineswegs alle Sonn- und Feiertage, Kirchenfeste etc. berücksichtigt (es gibt große Lücken), sondern nur die, wo es Förners Ansicht nach "passen" sollte.--Mautpreller (Diskussion) 16:05, 26. Jul. 2020 (CEST)
- Args … klar: Es ging ja gegen die Reformierten. Sorry!! Mir kommt es so vor, als hätten Voltmer/Irsigler und Behringer vereinfachend formuliert … "jeden Tag des Jahres" vs. "jede Woche des Jahres" klingt beides recht dramatisch. Studien zum Gebrauchskontext und zum Zielpublikum solcher Predigtsammlungen würden hier ggf. helfen. Da kennt sich Kollege Jakob ganz gewiss besser aus, als ich! --Henriette (Diskussion) 22:25, 25. Jul. 2020 (CEST)
Drudenhaus
Hat Förner die Anregung zum Bau des Bamberger Drudenhauses gegeben? Das ist weniger leicht zu beantworten, als es scheint. Als Beleg wird gewöhnlich Lothar Bauers Biografie angegeben. Das ist an sich ein sehr seriöser Beleg, die weitaus beste Quelle zum Leben Förners. Bauer hat eine riesige Menge an Quellen verarbeitet und gibt diese auch sorgfältig und kunstgerecht an. Gerade an dieser Stelle fehlt allerdings bei ihm ein Quellenbeleg. Friedrich Leitschuh, auf den er sich bei der Beschreibung des Drudenhauses stützt, erwähnt diese Rolle Förners nicht. Auch sonst wird nirgends ein Dokument genannt, auf das sich diese Darstellung stützen könnte.
Die Angabe ist aber tatsächlich schon älter. Sie stammt, soweit ich sehe, ursprünglich aus der 3. Auflage der Geschichte der Hexenprozesse von 1911. Die 1. Auflage (mit Wilhelm Gottlieb Soldan als einzigem Autor) erwähnt dies ebenso wenig wie die 2. Auflage (von Heinrich Heppe bearbeitet). Erst in der 3. Auflage (von Max Bauer (Publizist) bearbeitet) erscheint erstmals das "Hexenhaus" (unter Berufung auf Leitschuh) und dabei auch die quellenlose Angabe, Förner sei für die Errichtung des Hexenhauses verantwortlich. Nun erscheint dieses Werk nicht in Lothar Bauers Bibliografie, wohl aber Friedrich Merzbachers Aufsatz von 1951 in der Zeitschrift für Rechtsgeschichte. Dieser wiederholt Max Bauers Aussage und beruft sich dabei eben auf dieses Werk. Meine Vermutung ist, dass Merzbacher Lothar Bauers Quelle ist. Hier gibt es aber naheliegenderweise ein paar Fragen: Max Bauers Ergänzungen zur Geschichte der Hexenprozesse genießen nicht den besten Ruf, unter anderem wegen des Mangels an Belegen. Es ist auch nicht ohne weiteres klar, wo so etwas geschrieben stehen könnte. Das ist nicht unmöglich, aber angesichts der Funktionen Förners auch nicht unbedingt zu erwarten.
Fragt sich, wie man damit umgeht. Ich sehe zwei Möglichkeiten: Entweder man verzichtet auf diese Angabe (die auch nicht entscheidend für die Rolle Förners in der Hexenverfolgung ist), weil man Zweifel hat. Oder man wählt die Möglichkeit, die ich bislang gewählt habe: vorsichtige Nennung ("soll die Anregung gegeben haben") unter Angabe des Belegs. Ich bin mir nicht ganz schlüssig, weil ich mich eigentlich gern auf wirklich Gesichertes beschränken möchte.--Mautpreller (Diskussion) 13:24, 29. Jul. 2020 (CEST)
- Dank Dr Lol habe ich den Text T. B. (= Tilman Breuer): Abgegangenes Malefizhaus (Hexengefängnis) aus Tilman Breuer/Reinhard Gutbier: Stadt Bamberg – Innere Inselstadt, 1. Halbband (= Die Kunstdenkmäler von Bayern – Stadt Bamberg; 5), Oldenbourg, München 1990, S. 244–246 erhalten. Der gibt einen schönen bibliografischen Überblick. Leider hilft er bei der Frage, ob Förner die Anregung zum Bau des Drudenhauses gegeben hat, nicht weiter. Er nennt als Beleg für diese Vermutung („Wahrscheinlich ging die Idee … von Friedrich Förner aus“) lediglich Lothar Bauers Biografie (siehe oben). Man muss also wohl konstatieren, dass diese ursprünglich von Max Bauer 1911 veröffentlichte Vermutung der Ursprung aller einschlägigen Aussagen ist. Quellenbelege werden nirgends angeführt. Natürlich ist es möglich, dass diese Vermutung stimmt, aber über den Status einer unbelegten Vermutung hinaus lässt sich wohl kaum etwas Definitives sagen.--Mautpreller (Diskussion) 12:03, 30. Okt. 2020 (CET)
Lutherische Konvertiten?
Rainald Becker diskutiert in seinem Aufsatz Vom Bauernsohn zum Reichsprälaten? Karrieren in der Reichskirche des 17. und 18. Jahrhunderts (in: Röckelein/Schiersner (Hg.): Weltliche Herrschaft in geistlicher Hand. Die Gemania sacra im 17. und 18, Jahrhundert) eine m.E. auch für diesen Artikel relevante Frage, nämlich nach den Aufstiegswegen nichtadeliger Männer in der Kirche im Deutschen Reich. Während die meisten geistlichen Fürsten aus dem (ritterschaftlichen) Adel kamen, galt das für das "weihbischöfliche Segment" nicht ohne weiteres. Die Bürgerlichen konnten oft auf einen Bildungsvorsprung bauen (Germanicum!). Was mich allerdings verwirrt: "In Bamberg waren es Johannes Schöner und Friedrich Förner, Konvertiten aus dem lutherischen Stadtbürgertum des Markgraftums Brandenburg-Kulmbach, die zur ersten Germanikergeneration im Bischofsrang zählten. Lange vor den ritteradligen Bamberger Fürstbischöfen hatten sie sich auf das Experiment eingelassen ... am Collegio Romano zu studieren" (S. 59). Ob Förner und Schöner "Konvertiten aus dem lutherischen Stadtbürgertum" waren, erscheint mir sehr zweifelhaft. Ihre Eltern (zumindest Väter) waren Lutheraner (gewesen?), aber waren sie selbst Konvertiten? Vor allem aber: Neustadt/Aisch (Schöner) gehörte sicher zum Markgraftum Brandenburg-Kulmbach, aber Weismain (Förner)? Das hatte zwar Stadtrecht, war aber doch wohl seit jeher bambergisches Gebiet, oder? --Mautpreller (Diskussion) 16:53, 4. Aug. 2020 (CEST)