Diskussion:Kanonenfutter
Herrick: Wäre der Begriff "Kanonenfutter" bereits in der Frühen Neuzeit aufgekommen, hätte man ihn wohl wörtlich nehmen müssen. Denn zu dieser Zeit war es üblich, aus den verwesenden Leichen von gefallenen Soldaten Salpeter zu gewinnen, welches für die Herstellung von Schießpulver sehr wichtig war. Auf diese Weise wurden die Kanonen indirekt tatsächlich mit Soldaten gefüttert. Dylac 20:28, 22. Apr 2004 (CEST)
- @Dylac: Ich bin nie davon ausgegangen, dass der Begriff ein Kind der Frühen Neuzeit gewesen ist. Wenn Du jedoch einen Blick auf die Barock-Lyrik etwa eines Andreas Gryphius wendest, siehst Du erstaunliche Parallelen bei der Zuordnung organischer Qualitäten für die Kriegsmaschinerie des Dreißigjährigen Krieges. Begriff und Umstände zeigen jedoch wieder klar die Abgründe der menschlichen Natur. :( --Herrick 09:03, 23. Apr 2004 (CEST)
Andreas Gryphius Tränen des Vaterlandes
Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret! Der frechen Völker Schar, die rasende Posaun Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Karthaun Hat aller Schweiß, und Fleiß, und Vorrat aufgezehret.
Die Türme stehn in Glut, die Kirch' ist umgekehret.
Das Rathaus liegt im Graus, die Starken sind zerhaun,
Die Jungfern sind geschänd't, und wo wir hin nur schaun
Ist Feuer, Pest, und Tod, der Herz und Geist durchfähret.
Hier durch die Schanz und Stadt rinnt allzeit frisches Blut.
Dreimal sind schon sechs Jahr, als unser Ströme Flut
Von Leichen fast verstopft, sich langsam fort gedrungen.
Doch schweig ich noch von dem, was ärger als der Tod,
Was grimmer denn die Pest, und Glut und Hungersnot,
Daß auch der Seelen Schatz so vielen abgezwungen.
1636
- Ja, das Gedicht kenne ich. Ich wollte nur andeuten, das es in früheren Zeiten wörtlich genommenes Kanonenfutter aus Menschen gab - oder zumindest Katapultfutter. Brach in einem Belagerungsheer eine Seuche aus, katapultierte man die Leichen gerne mal in die belagerte Stadt. Auf diese Weise wurde übrigens die große Pestwelle in der Mitte des 14. Jahrhunderts ausgelöst. Dylac 09:10, 23. Apr 2004 (CEST)
- Übrigens wurden teilweise auch Bauern dazu gezwungen, ihre Abgaben in Form von Salpeter zu leisten. Deshalb fand sich Oma Piepenbrink nach ihrem Tod gerne mal in einer Salpetergrube wieder. So wurde die Brücke geschlagen zwischen organischem Material und Kriegsgerät Dylac 09:21, 23. Apr 2004 (CEST)
Sinnlos waren diese Angriffe nur für die unmittelbar Betroffenen- für die politische Führung der SU nicht. Man schwächte damit einerseits den Kriegsgegner, andererseits politisch unzuverlässige ethnische Minderheiten.
Haarsträubend unsinnige Diskussion bisher
Schüchterne Frage am Rande: Wann kam denn der Begriff Kanonenfutter auf, seit wann gibt es ihn überhaupt ? Die Etymologie wäre doch zunächst mal interessant. Was hier bisher im Artikel und auch in der Diskussion an rein spekulativem Zinnober verzapft wurde, zudem in einer größtenteils schauderhaften Schreibe, geht auf keine Kuhhaut. Ich stell mal eine Vermutung in den Raum: M. E. wird der Begriff Kanonenfutter kaum vor dem 1. Weltkrieg verwendet worden sein. Was meint man dazu ? --Oenie 19:23, 18. Jan. 2011 (CET)
- Das ist das Schöne an Belegen: Der Artikel listet bereits Brockhaus 1895 und Pierer 1857 auf. Gemäß Grimms Wörterbuch sollte ergänzt werden: „food for powder“, Heinrich IV. 1. th. 4, 2. – wir sind deutsch zumindest im 19., englisch im 16. Jahrhundert. Wieland übersetzte anscheinend Schlacht-Opfer – Actus Quartus. Scena Secunda liest sich allerdings etwas anders. Sollen mal die Anglisten nach den Übersetzungen schauen. Ergebnisse in wikt:Kanonenfutter, dann im Artikel unter Weblinks. --Linksverdreher 20:35, 18. Jan. 2011 (CET)
- Spickt man mal bei den Englischen - findet sich die Info, dass die vermutlich erste Verwendung des Begriffs François-René de Chateaubriand zuzusprechen sei. Er habe ihn 1814 in einem anti-napoleonischen Pamphlet verwendet, steht dort. Führt also zumindest mal ins frühe 19. Jahrhundert, in die Zeit der ersten wirklich großen "Menschenfresser"-Kriege der Ära Napoleon Bonaparte, wenn man so will. Nachhaltiges Schockerlebnis für die Zeitgenossen. Opfer-Schwerpunkt lag auch schon ziemlich eindeutig beim Militär wie hundert Jahre später in dem klassischen KF-Krieg, dem 1. Weltkrieg. Schon ein Unterschied zu früheren Epochen, z. B. dem 30-jährigen Krieg, als die meisten Opfer, Zivilisten und Soldaten, eigentlich den Begleitumständen, Hunger, Seuchen, Bandenkriminalität usw. zum Opfer fielen. M.E. muß man da ansetzen, was hier bisher über frühere Zeiten, 16. Jh. und so, zu lesen ist, verfehlt doch die Sache, ist nicht der Punkt. --Oenie 20:11, 19. Jan. 2011 (CET)
- Ich fürchte, wir landen bei dem, was man WP:Theoriefindung nennt. Es gibt zwei Aspekte:
- Sprachliche Geschichte der Vokabel. Da hast du an von mir unerwarteter Stelle M. de Chateaubriand gefunden, wortwörtlich ins Deutsche „Kanonen-Fleisch“ und damit schon ein sehr ähnlicher Vorläufer. Hier kommt man TF-frei zurande, indem man die datierbaren und belegten Verwendungen mit Jahreszahl benennt.
- Wann man solche oder vergleichbare Begriffe zuvor für schreckliche Kriege verwendet hatte und welcher Fachausdruck für das belegte Katapultieren von Tierkadavern und Gefangenen in belagerte Festungen gebräuchlich war, wird sehr spekulativ und verlässt den enzyklopädischen Boden.
- Grüße --Linksverdreher 21:20, 20. Jan. 2011 (CET)
- Ich fürchte, wir landen bei dem, was man WP:Theoriefindung nennt. Es gibt zwei Aspekte:
Strafbataillon 999 ?
Abgesehen vom schiefen Begriff (es gab den Verband unter der Bezeichnung gar nicht) passt die Nennung gerade dieser Strafeinheit hier eigentlich gar nicht. Wo und wann wurden denn 999-er Einheiten kanonenfuttermäßig "verheizt" ? Sie waren eine Zeitlang in Afrika, dann eine beträchtliche Zeit v. a. in der Ägais, in Griechenland, auf dem Balkan (der Begriff trifft auf eine große Anzahl x-beliebiger Wehrmachtseinheiten - aber v. a. der sowjetischen Armee - viel eher zu. Die hatten halt nicht so ein knalliges Label wie 999, sondern unauffälligere Nummern) --2001:A61:2B66:7E01:1058:2AEC:F443:DE00 08:28, 12. Jan. 2020 (CET)