Diskussion:Karl Ridderbusch
Den Artikel hat wohl ein glühender Ridderbusch-Verehrer geschrieben. Sich für Ridderbuschs Gesangskunst zu begeistern, ist ja auch völlig legitim: Sicher war er der beste deutsche Bass seiner Zeit. Man sollte aber doch aufpassen, dass die Lobhudelei nicht in Nonsens ausartet: Dass seine Stimme "ganze zwei Oktaven" umfasste, ist nichts Ungewöhnliches, sondern bei Bässen sind Stimmumfänge von über zwei Oktaven die Regel und die Voraussetzung für eine Karriere im diesem Stimmfach (typischer Bass-Umfang in Verdi-Opern: E-fis'; Mozarts Osmin: D-f'; Strauss' Ochs: C-fis'; Wagners Hagen: F-g'). Allerdings hat Ridderbusch seit Mitte der 70er Jahre stimmlich rapide abgebaut. Er hat sehr häufig den Hans Sachs gesungen - eine enorm strapaziöse und wegen der hohen Tessitura für einen reinen Bass doch recht heikle Partie. Damit hat er sich wohl doch übernommen.
Was hat ihn motiviert, einen solchen leichtsinnigen Raubbau an der eigenen Stimme zu betreiben? Wagners Hans Sachs als Heros des deutschen Meistertums scheint ihm besonders am Herzen gelegen haben. Um Ridderbusch ranken sich zahlreiche Gerüchte, denen zufolge er ziemlich unverblümt eine rechtslastige Gesinnung vertreten haben soll. War das nur Verleumdung, oder ist etwas dran? Diese Gerüchte sind nicht erst nach seinem Tod aufgekommen, sondern ich kenne sie seit Jahrzehnten, und es wäre schon nicht uninteressant, etwas über den Hintergrund herauszufinden.
Dieses Thema berührt nicht Ridderbuschs künstlerischen Rang - ebenso wie die NSDAP-Mitgliedschaft von Herbert von Karajan oder Karl Böhm kein geeignetes Kriterium zur Beurteilung ihrer musikalischen Leistungen ist. Bei Ridderbusch scheint es mir allerdings schon sinnvoll, sich um Aufklärung zu bemühen: Denn immerhin hat ja wohl Georg Solti - dessen Familie größtenteils in Auschwitz umgekommen ist - Ridderbusch die Zusammenarbeit aufgekündigt. Dem soll ein Interview zugrunde gelegen haben, in dem Ridderbusch sich als stolzer Sammler von allerhand Wehrmachtsplunder präsentiert hatte - angeblich alles nur so zum Zeitvertreib. Hätte Solti leichtfertig und grundlos auf einen so exzellenten Sänger verzichtet? Und in Bayreuth wurde Ridderbusch gefeuert, weil er massiv gegen die Ring-Inszenierung von Chéreau, in der er 1976/77 den Hagen sang, agitierte (wobei man nicht vergessen darf, dass es im Bayreuther Publikum damals Leute gab, die meinten, Chéreau gehöre vergast).
Es kursierte das Gerücht, Ridderbusch habe Besuchern in seinem Haus stolz einen Swimmingpool mit Hakenkreuz-Mosaik auf dem Boden gezeigt. Sicher ist das Unsinn. So verrückt dürfte der biedere Ridderbusch nicht gewesen sein, und wenn das wahr wäre, dann wäre es irgendwie an die Öffentlichkeit gelangt: Irgendjemand muss ihm den Pool ja gebaut haben, es wären also zwangsläufig Außenstehende involviert gewesen, sodass eine Geheimhaltung kaum möglich gewesen wäre. Ich meine, derartige Behauptungen sind sicher ins Reich der Fabel zu verweisen. Aber es ist andererseits sicher auch nicht plausibel, dass das alles einfach nur grundlos aus der Luft gegriffene Verleumdung gewesen sei.
Plausibel scheint mir eher, dass Ridderbusch, der wohl dem Alkohol recht zugetan war - und damit seine Gesundheit ruiniert hat -, in besoffenem Zustand einiges geäußert haben dürfte, was diesen Gerüchten Auftrieb gab. Wir wissen, dass selbst der populäre und, vorsichtig ausgedrückt, trinkfreudige Schauspieler und Entertainer Harald Juhnke, der sicher nicht als rechtslastig einzuschätzen ist, in Israel für einen Skandal sorgte. Bei Ridderbusch, der so gerne den Hans Sachs und vaterländische Balladen von Loewe sang, dürfte so manches herausgerutscht sein, was offensichtlich oft für Verstimmungen sorgte und ihn auch der Bayreuther Festspielleitung untragbar erscheinen ließ. Vermutlich war Ridderbusch kein gefährlicher Nazi, sondern einfach ein naiver Nationalkonservativer, der arglos an die gute altdeutsche Meistersingerwelt glaubte. Aber er muss seinem Umfeld damit schon recht penetrant aufgefallen sein.
Das ist heute natürlich schwer zu recherchieren, da damals noch kein Internet den Tratsch konservierte. Aber vielleicht findet jemand heraus, um was für ein Interview es sich handelte, das Solti zum Bruch mit Ridderbusch veranlasste?
Um 1990 erfuhr ich von einem angehenden Sänger, der sich als Bassist natürlich besonders für Bässe interessierte, das Gerücht, Ridderbusch trete, nachdem er sich die Stimme ruiniert hat, nur noch mit deutschen Volksliedern bei NPD-Veranstaltungen auf. Dafür gibt es keinerlei Beweis. Was es aber gibt, ist das hier:
http://www.zeitreisen-verlag.de/Hermann-Loens-Karl-Ridderbusch.html
- ein Hörbuch von Ridderbusch mit Liedern und Texten von Hermann Löns, das im eindeutig rechten Zeitreisen-Verlag erschienen ist und u.a. vom Vertrieb der NPD-Zeitung "Deutsche Stimme" angeboten wird. Ich weiß nicht, was für Texte Ridderbusch da aufgenommen hat, aber Hermann Löns war nicht bloß der harmlose Jägermeister und Naturfreund, als der er vorwiegend bekannt ist, sondern ein eingefleischter Nationalist und Rassist, der trotz schwacher Gesundheit 1914 unbedingt in den Krieg gegen den Erbfeind Frankreich ziehen wollte und daselbst fiel.
Diese Veröffentlichung eines rechten Verlages - die sicher nicht gegen Ridderbuschs Willen erfolgte - ist jedenfalls eindeutig Teil des öffentlichen Wirkens von Karl Ridderbusch. Deshalb kann seine rechts-nationale Schlagseite nicht einfach als irrelevante Privatangelegenheit abgetan werden, sondern ein Hinweis darauf sollte in den Artikel aufgenomen werden. -- 149.225.92.126 20:47, 26. Jun. 2011 (CEST)