Diskussion:Leich
Wortform
Laut Rechtschreib-Duden ist der Plural aber Leiche. Was ist denn nun historisch korrekt? - Besonders apart die Referenz im Artikel Ulrich von Winterstetten, mit der Schreibweise Leichs im Artikeltext, aber zweimal Leiche im Literaturverzeichnis ... --Wolfgang Nuss 14:22, 1. Aug 2005 (CEST)
- Sprachhistorisch und in der philologischen Tradition, d.h. der Germanistik bis vor ein paar Jahrzehnten, verankert ist der Plural Leiche. Aber weil diese Form alle Unkundigen so in die Irre führt (man denke an Ausdrücke wie: die Leiche Ulrichs von Winterstetten ;-), ist die neuere Germanistik eigentlich fast einhellig dazu übergegangen, den künstlichen Plural Leichs zu bilden und zu gebrauchen. Insofern ist es eine Stil-Entscheidung, welche Form man benutzt. Ich finde Leichs auch nicht besonders schön. --Sigune 23:27, 2. Aug 2005 (CEST)
- Herzlichen Dank für die Aufklärung! Ich war mir sicher, auf dich ist Verlass ;-) Dann sollte man aber vielleicht die Pluralform Leiche wenigstens als Nebenform auch im Artikel anführen, damit die Diskrepanz zu Duden und anderen Nachschlagewerken nicht zu größeren Verwirrungen führt? --Wolfgang Nuss 00:34, 3. Aug 2005 (CEST)
- Ja klar. Gute Idee. Machst du das? --Sigune 02:43, 3. Aug 2005 (CEST)
- Es ist grober Unfug, zu behaupten, daß in der neueren "eigentlich fast einhellig dazu übergegangen" worden sei, den Plural "Leichs" zu bilden - das stimmt höchstens für sehr dämliche oder sehr schlampige Germanisten, die es ja gibt. Ein Mißverständnis von "Leiche" ist im angeführten Beispiel nur möglich, wenn ein Prädikat fehlt, also praktisch nur in Überschriften. Im Normalfall wird es immer heißen "Die Leiche Ulrichs... sind" etc., und damit ist eine Verwechslung mit dem Singular "Leiche" ausgeschlossen. Und selbst bei einer Überschrift wird der weitere inhaltliche Kontext mit Sicherheit selbst grenzdebile Leser zum richtigen Verständnis von "Leiche" führen. Ginge man dazu über, allgemein jegliches Mißverständnis von isolierten Wörtern auszuschließen, indem man etwa neue Pluralformen erfindet... nun gut, dann ist man bei wipedisiertem Deutsch.--141.91.129.4 18:55, 3. Apr. 2013 (CEST)
- Ich hatte gehofft, daß ohne mein Zutun jemand den Unsinn beseitigt, der heute in der Germanistik übliche Plural laute "Leichs". Nun habe ich selber in den Artikel eingegriffen, und bevor jemand die entsprechenden Änderungen rückgängig macht, möge er doch bitte wenigstens fünf ernstzunehmende germanistische Publikationen (bitte keine auf irgendeine Weise der Weltöffentlichkeit präsentierte Proseminararbeiten) bibliographisch sauber nachweisen, in denen der, wie mir scheint, bei Wikipedia erfundene Plural "Leichs" verwendet wird. Damit wäre noch lange nicht die oben gemachte Behauptung gedeckt, die "neuere Germanistik sei fast einhellig" zu diesem unter gestandenen Germanisten lediglich ein müdes Lächeln hervorrufenden Plural "übergegangen". Aber es wäre wenigstens belegt, daß überhaupt eine aus Fachkreisen stammende Publikation diesen Plural verwendet. Ich halte das für so gut wie ausgeschlossen. Im Rechtschreib-Duden (den ich zwar nicht grundsätzlich als mit Unfehlbarkeit gesegnet ansehe), erwähnt nach wie vor von irgendwelchen Unkundigen erfundenen Plural "Leichs" nicht einmal als Nebenform. Das sollte doch ein wenig zu denken geben, zumal praktisch die gesamte Duden-Redaktion aus gelernten Germanisten besteht. Wie paßt das mit dem behaupteten fast einhelligen Übergang zu "Leichs" zusammen? Das oben von Sigune vorgetragene Argument, es würden durch den Plural "Leiche" die Unkundigen in die Irre geführt werden, weswegen eben ein solcher "Übergang" vorgenommen worden sei, klingt zwar plausibel, ist aber frei erfunden. Und man möge doch ein bißchen den gesunden Menschenverstand einschalten: mit dem ma. Genre des Leichs befaßt sich normalerweise kein Unkundiger, und selbst ein Unkundiger wird ganz schnell merken, daß es eben offenbar zwei Wörter völlig verschiedener Bedeutung gibt, bei denen halt der Nominativ Singular des einen mit dem Nominativ Plural des anderen übereinstimmt. Da jedoch die Sachzusammenhänge, in denen diese Wörter vorkommen, Welten auseinanderliegen, strebt die Wahrscheinlichkeit, daß dadurch jemand in die Irre geführt und das geistige mit einem körperlichen Gebilde verwechselt, doch wohl gen Null. Im allgemeinen sind Germanisten intelligent genug, dies zu begreifen, und werden daher kaum auf die Idee kommen, sich Pluralformen auszudenken, mit denen sie sich bei Kollegen lächerlich machen. Das haben sie vor 100 und vor 50 Jahren nicht getan, und das tun sie immer noch nicht. Aber, wie gesagt: Ich bitte um Belege für die gegenteilige Behauptung. (nicht signierter Beitrag von 141.91.129.9 (Diskussion) 17:39, 29. Nov. 2016 (CET))
- Sigune ist schon seit längerem nur noch sporadisch in der Wikipedia tätig, was schade ist, weil sie im Real Life wirklich als akademische Mediävistin tätig ist. Ich bin seit meinem Studium in diesem Bereich nicht mehr zugange, aber ich versuche doch mal eine Antwort an Sigunes Stelle. Der Nachweis, dass die Pluralform eine gewisse Verbreitung in der Mediävistik hat, ist schnell angetreten, denn schon Google Books liefert eine ganze Reihe relevanter Nachweise:
- Karl Stackmann, Karl Bertau (Hg.): Frauenlob (Heinrich von Meissen): Leichs, Sangsprüche, Lieder. 2 Bände, (= Abh. d. Akad. d. Wiss. in Göttingen, Philol.-hist. Kl. III, 119–120) Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1981, ISBN 3-525-82504-8.
- Helmut de Boor: Die deutsche Literatur im späten Mittelalter. Band 1: 1250-1350. C.H.Beck, 1997, ISBN 3406403786, S. 309 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Horst Brunner: Konrad von Würzburg. In: Burghart Wachinger (Hrsg.): Deutschsprachige Literatur des Mittelalters: Studienauswahl aus dem 'Verfasserlexikon', Bände 1-10. de Gruyter, 2000, ISBN 3110823071, Sp. 407 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Christina Kreibich: Der mittelhochdeutsche Minneleich: ein Beitrag zu seiner Inhaltsanalyse. Königshausen & Neumann, 2000, ISBN 3826018389, S. 11 u.ö. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Sabine Rolle: Mittelhochdeutsches Lesebuch. de Gruyter, 2005, ISBN 3-11-017772-2, S. XXIX (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Art. Kolmarer Liederhandschrift In: Killy Literaturlexikon Band 6. Walter de Gruyter, 2009, ISBN 9783110213942, S. 609 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Burghart Wachinger: Von der Jenaer zur Weimarer Liederhandschrift. In: ders.: Lieder und Liederbücher: Gesammelte Aufsätze zur mittelhochdeutschen Lyrik. de Gruyter, 2011, ISBN 9783110233476, S. 218 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Thomas Bein (Hrsg.): Walther von der Vogelweide: Leich, Lieder, Sangsprüche. de Gruyter, 2013, ISBN 9783110295580, S. LXXXII etc. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Ich weiß nicht, wann und durch wen diese Pluralform aufgebracht wurde. Die kleine und durchaus zufällige Literaturauswahl zeigt aber, dass sie sehr wohl von den Koryphäen des Fachs und in allgemein akzeptierten Fachlexika verwendet wird. Die Wortform ist auch belegt lange bevor es diesen Wikipedia-Artikel (2004) gab. Der Verdacht, die Wortform sei eine Erfindung der Wikipedia, ist also völlig absurd. --FordPrefect42 (Diskussion) 23:27, 29. Nov. 2016 (CET)
- Sigune ist schon seit längerem nur noch sporadisch in der Wikipedia tätig, was schade ist, weil sie im Real Life wirklich als akademische Mediävistin tätig ist. Ich bin seit meinem Studium in diesem Bereich nicht mehr zugange, aber ich versuche doch mal eine Antwort an Sigunes Stelle. Der Nachweis, dass die Pluralform eine gewisse Verbreitung in der Mediävistik hat, ist schnell angetreten, denn schon Google Books liefert eine ganze Reihe relevanter Nachweise:
- Danke für die mich wirklich überraschende Aufklärung. Meine gar nicht ganz kleine mediävistische Fach"bibliothek" stammt
- aus den Jahren vor 2000, und mein altergermanistisches Studium habe ich um 1980 beendet. Da habe ich wohl tatsächlich eine neuere Entwicklung nicht mitbekommen (was mich eigentlich nicht überraschen kann, denn ich befasse mich nur noch sehr sporadisch mit altgermanistischen Gegenständen). Zu meinen Eingriffen in den Wortlaut des Artikels hat mich veranlaßt, daß immerhin auch in den neuesten Bänden der NDB in den einschlägigen Artikeln (z. B. der von Ralf-Henning Steinmetz über den Tannhäuser)ausschließlich die althergebrachte Pluralform "Leiche" verwendet wird.
- Mir fehlt die Zeit, der Frage nachzugehen, ob inzwischen der von Sigune mit Recht als "künstlich" apostrophierte Plural "Leichs" selbst in der Germanistik tatsächlich als vorherrschend anzusehen ist. Gesehen habe ich immerhin, daß zwar in der Tat Thomas Bein in seinem Walther-Artikel an von Ihnen angegebener Stelle "Leichs" verwendet (wobei für mich eine gewisse Ironie darin liegt, daß Walther ja nur einen Leich verfaßt hat, man dort also eher nicht nach einer Belegstelle suchen würde), im gleichen Nachschlagewerk und im gleichen Erscheinungsjahr verwendet Mathias Herweg aber im Tannhäuser-Artikel den Plural "Minneleiche". Im von Jens Haustein verfaßten Sachartikel "Leich" des "Reallexikons der deutschen Literaturwissenschaft" steht tatsächlich auch "Leichs" und wird so manches über die Etymologie usw. gesagt, aber kein Wort über die gegenwärtig offenbar konkurrierenden Pluralformen verloren (was ich gerade an dieser relativ prominenten Stelle für einen Mangel halte).
- Ich konzediere also unumwunden, daß womöglich Sigunes Beschreibung des Sachstandes, man sei "eigentlich fast einhellig" zu "Leichs" übergegangen, trotz meines Hinweises auf die Artikel in der NDB und des anderen von mir angeführten Beleges wohl zutreffen mag. (Daß sie diesen neuen Plural "nicht besonders schön" findet, ist mir natürlich sympathisch.)
- Es bleibt jedoch anzumerken, daß die quasi-amtliche Dudenrechtschreibung nach wie vor ausschließlich den Plural "Leiche" zuläßt und somit z. B. Deutschlehrer (wenn sie sich überhaupt noch um Rechtschreibfehler kümmern) eigentlich "Leichs" zumindest anstreichen müßten. Und ich hatte gedacht, daß "der Duden" bei "Wikipedia" in orthographischen Fragen höchste Autorität sei (was er gerade für mich nicht ist). Insofern stellt sich mir die Frage, ob man - wenn schon über die Pluralform etwas gesagt wird - das Problem einfach so wegwischen darf, indem man die gegenwärtig vom Duden geforderte als "historisch" bezeichnet. (Nun bin ich alles andere als ein "Wikipedianer", insofern mag es mir auch egal sein, wie damit umgegangen wird.) - Ach so, noch leise angemerkt: Im gegebenen Fall hat sich mein Verdacht, die Wortform sei durch "Wikipedia" verbreitet worden, offensichtlich als falsch erwiesen; als Hypothese ist er aber gewiß nicht so ganz absurd gewesen, angesichts dessen, was in zahllosen Wikipedia-Artikeln auch jahrelang unkorrigiert an Hanebüchenem steht und dann - vor allem wohl bei jüngeren Menschen - sich als Scheinwissen verbreitet. (nicht signierter Beitrag von 141.91.129.6 (Diskussion) 15:53, 12. Dez. 2016 (CET))
- Nun, es ist ja völlig legitim und auch wichtig nachzuhaken, wo bestimmte Informationen herkommen und ob sie korrekt sind. Solange man sich von den Fakten dann auch tatsächlich überzeugen lässt. Muss mal überlegen, ob sich die Belege irgendwie sinnvoll in den Artikel selber einfügen lassen. Der Duden ist übrigens schon seit 1996 nicht mehr maßgebend für die korrekte Rechtschreibung (siehe Duden#21. Auflage (Reformduden, 1996)). Grüße --FordPrefect42 (Diskussion) 21:33, 12. Dez. 2016 (CET)
- Ich möchte aus meiner Warte noch beisteuern, daß es wohl tatsächlich etwas übertrieben war zu behaupten, man sei "eigentlich fast einhellig" zu "Leichs" übergegangen. Es gibt durchaus aktive jüngere Mediävisten, die (wieder oder immer noch) 'Leiche' sagen und schreiben. Ich und meine Arbeitsgruppe gehören auch dazu. --Sigune (Diskussion) 16:20, 29. Jan. 2019 (CET)
Quellen
Gibt es zu diesem Artikel vielleicht irgendwelche Referenzen, Literatur- und Quellenangaben? Weiß irgendjemand, woher die Infos stammen? Ich würde das gerne nachlesen. --LeVampyre 20:52, 13. Jan. 2008 (CET)
Ich schreibe gerade meine Abschlussarbeit über den Kreuzleich Heinrichs von Rugge. Habe gerade einige kleinere Korrekturen am Artikel vorgenommen und kann sie gerne belegen, sobald ich die Arbeit abgegeben und mehr Zeit habe. Grüße Buontoad (Diskussion) 01:29, 26. Nov. 2013 (CET)
Beispieltexte
Ein Beispiel eines Leichs wäre wünschenswert. Für Nichtgermanisten (wie mich) würde das das Thema etwas anschaulicher machen. Urheberrechtlich dürfte das ja keine Probleme machen ;-)) . -- Benutzer:Eden75 20.09, 19. Jan 2008
- Guter Hinweis. Habe als Anfang mal den Marienleich Walthers von der Vogelweide verlinkt. Weitere Beispiele wären schön. --FordPrefect42 01:32, 20. Jan. 2008 (CET)