Diskussion:Offene Arbeit (Kindergarten)

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Schon die Einleitung weist darauf hin, daß offene Arbeit ein Synonym für offenen Unterricht ist. -- Juegoe 14:06, 27. Feb 2006 (CET)

Der Artikel ist eher eine Wortschöpfung, die sich an die Schulpädagogik anlehnt. Schon die Einleitung besagt dieses. Die Literaturangaben legen nahe, daß es offene Arbeit erst seit 1993 gibt? So würde ich den Artikel zur Löschung vorschlagen.-- Juegoe 17:29, 3. Mär 2006 (CET)

Ich habe diesen Artikel geschrieben und mir ist schleierhaft warum "juegeo" eine Löschung beabsichtigt. Sog. "offene Arbeit" in Kindertagesstätten beinhaltet ein pädagogische Konzept das es seit rund 30 Jahren in bundesdeutschen Kindergärten gibt. Es gibt eine Fülle an Literatur zu diesem Thema. Es gibt mittlerweile eine eigene, berufsbegleitenden Fortbildung und eine Empfehlung für diese Art der Arbeit durch das Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP) in München. Also, worum geht`s hier eigentlich? Mit freundlichen Grüßen Hans-Joachim Rohnke

Nein, der Beitrag ist vollkommen richtig. Danke für die Mühe, die sie sich gemacht haben. Ich bin seit langem Erzieherin und ich kann den Artikel nur für richtig erklären. Gruss Renate


Einwandbehandlung:

Im Oktober 2007 (siehe entsprechende Version!) sind einige Ergänzungen/Einwände im Artikel vorgenommen/vorgetragen worden. Sie bedürfen aus meiner Sicht der Korrektur bzw. der Kommentierung. Sie suggerieren dem Leser dass "einige Punkte der Offenen Arbeit...in der Erziehungswissenschaft kritisch diskutiert und erforscht" werden. Hierzu lässt sich bereits folgendes kritisch anmerken:

a.) Nach meiner Kenntnis gibt es keine Forschung und schon gar keine Forschungsergebnisse zu dem pädagogischen Konzept der offenen Arbeit! Insofern gibt es auch keine Befunde, auf die sich etwa die wissenschaftliche Forschung redlicherweise beziehen könnte. Ich bedauere dies sehr! Ich bin sehr sicher, dass die wissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse die Vorzüge der offenen Arbeit klar zutage bringen würden.

b.) Was es hingegen gibt: eine Fülle von Meinungen, Alltagstheorien, Behauptungen und aus dem originären Forschungszusammenhang herausgerissene Teilaussagen und wissenschaftlich unzulässig vorgenommene Verallgemeinerungen. Hinzu kommen vielfach Vermutungen und Spekulationen an denen sich jeder beteiligen kann - bar jeder dafür qualifizierenden Ausbildung oder sonstigen Fachlichkeit. Schade! Viele andere Professionen verbitten es sich, wenn sie derart vom Chor der Laien in die Mangel genommen werden.

c.) Ich fordere daher die AutorInnen dieser Behauptung auf, diese Äußerung zurückzunehmen, bzw. Belege dafür zu erbringen:

1. In welchen bundesrepublikanischen Einrichtungen das Konzept der offenen Arbeit von welchen Wissenschaftlern erforscht wurde.

2. Anzugeben mit welchen Fragestellungen und wissenschaftlichen Methoden dort geforscht wurde und zu welchen Aussagen die Forschungsergebnisse berechtigen.

3. Insgesamt Belege und tragfähige Beweise für diese und die im folgenden zitierten Behauptungen vorzulegen.


1. Stichwort: Das Kind "braucht nicht von den Erzieherinnen stimuliert, motiviert und angespornt werden"

Das Konzept der offenen Arbeit ist in hohem Maße auf kommunikative Austauschprozesse ausgerichtet. Kinder werden in ihrer jeweiligen Befindlichkeit wahr- und ernstgenommen. Sie können Vertrauen in sich und in ihre ErzieherInnen entwickeln, wenn sie von diesen geachtet und wertgeschätzt werden. Und zwar auch dann, wenn ihre Bedürfnisse und Interessen nicht mit den Erwartungen der Erzieherin übereinstimmen. Ein Kind will nicht permanent durch Aktivitäten zeigen müssen, dass es augenscheinlich lernwillig und interessiert ist. Gerade Zurückhaltung, Kontemplation und ruhige Beobachtung können für das Kind erheblich größere Bedeutung haben als vordergründig der Erzieherin zuliebe gezeigter Aktionismus.

Kinder denken nach, überlegen, verarbeiten Sinneseindrücke und ziehen sich gelegentlich zurück. Sie müssen ihre Bedürfnisse und Interessen erkennen, Eindrücke und Erlebnisse sortieren und situativ passende Ausdrucksformen finden dürfen. Diese Verarbeitungsprozesse sind nach neuesten Informationen - z. B. der Neurobiologen Prof. Dr. M. Spitzer, Prof. Dr. W. Singer und Prof. Dr. G. Hüther und der Kindheitsforscher Prof. Dr. Gerd Schäfer und Prof. Dr. Wilkening - für eine gesunde Entwicklung dringend erforderlich und sollten nicht behindert werden. Dafür brauchen sie immer mal wieder Zeit und geduldige und sie nicht bedrängende oder gar beschämende ErzieherInnen. Das Kind wird sich bei einem solchem einfühlsamen Verständnis, um so vertrauensvoller an die PädagogInnen wenden und neue Initiativen starten. Selbstverständlich werden sich dann PädagogInnen ermunternd, annerkennend, interessiert und erforderlichenfalls unterstützend einbringen. Entscheidend ist der Respekt vor der kindlichen Persönlichkeit und die (Be-)Achtung kindlich gewählter Ausdrucksformen. Und darin ist das handelnde aktive Tun des Kindes eben nur ein Verhaltensmuster. Beobachten, Wahrnehmen und Denken ist ebenfalls eine energiereiche Aktivität.

Ansonsten gibt es in der einschlägig zitierten Literatur eine Fülle von Hinweisen, wie zum Beispiel im Rahmen von Projektarbeit die Kinder und ihre begeisterungsfähigen ErzieherInnen gemeinsam entwickelte Forschungsfragen verfolgen und in dialogischen Verfahren ihr beiderseitiges Wissen mehren.

2. Stichwort: "Offene Arbeit im Kindergarten eignet sich besonders für starke und sicher gebundene Kinder"

Auch diese Behauptung ist nicht stichhaltig und vielfach durch Praxisberichte und -erfahrungen wiederlegt. Genau das Gegenteil ist der Fall. Die Eingewöhnungs- oder Bezugserzieherin hat in der offenen Arbeit besonders viel Zeit für das neue Kind. Da sie nicht ständig damit beschäftigt ist Angebote und Programme für die Kinder durchzuführen oder zu organisieren, hat sie mehr Zeit für die Zuwendung zu einzelnen Kindern. Das Kind kann bei ihr bleiben so lange es dies möchte. Wo immer dies möglich ist werden zeitversetzte Aufnahmen genutzt, um den Kindern einen möglichst reibungslosen Übergang in die Kindertagesstätte zu ermöglichen. Wer schon einmal erlebt hat wie, in früheren Zeiten, in konventionell arbeitenden Kindergärten teilweise 10-15 Kinder gleichzeitig "eingewöhnt" wurden, kann leicht nach vollziehen in welcher Eingewöhnungsvariante tatsächlich "Stärke" und "Sicherheit" von Seiten der Kinder gefragt war! Im übrigen werden in vielen mir bekannten Einrichtungen die neuen Kinder z. B. nach dem Konzept des Berliner Eingewöhungsmodells in die Kindertagesstätte eingeführt. Somit existieren genügend Überlegungen und Vorkehrungen, um sanfte Übergänge - gerade auch für eher schüchterne Kinder - zu ermöglichen.

3. Stichwort: "Die einseitige Bindung an eine Bezugsperson soll schnell abgelegt werden"

Wie bereits oben dargestellt, geht es um die Entwicklung tragfähiger Bindungen und Beziehungen. Keine Beziehung "soll schnell abgelegt werden". Das Kind hat die Chance und Möglichkeit sich neben seiner Bindungsperson weitere Beziehungen zu schaffen, wenn es dies wünscht. Die Zeitpunkte hierfür setzt das Kind, es wird von niemandem diesbezüglich unter Druck gesetzt.

4. Stichwort: "Die Gefahren der Aufsichtspflichtverletzung"

Diese Behauptung unterstellt, dass in konventionellen Konzepten die Aufsichtspflicht quasi zwischen den Bediensteten aufgeteilt und damit handhabbarer ist (etwa auf 25 Kinder und auf einen Raum beschränkt). Will die Autorin damit ernsthaft behaupten, das beispielsweise die im Hofdienst eingeteilte Erzieherin X der Igelgruppe dem Kind Y die Unterstützung verweigert hat weil es ja zuständigkeitshalber zur "Hamstergruppe" gehört? Absurd!

Auch hier zeigt sich in der Wirklichkeit genau das Gegenteil. In der Praxis der offenen Arbeit kommen i.d.R. (Funktions-)räume zum Einsatz die über die Anzahl der üblicherweise vorgehaltenen Gruppenräume hinausgehen. Das heißt, dass die Gesamtzahl der Kinder sich über eine größere Menge an Räumen verteilt und somit die von den ErieherInnen in den einzelnen Bereichen zu "beaufsichtigenden" Kinder verringert. Es herrscht nicht mehr das Prinzip "meine Kinder" "deine Kinder", sondern "unsere Kinder". Also auch hier bitte Entspannung!

5. Stichwort: "Verblassen der Erzieherin als feste Bezugsperson"

Richtig ist, ein Kind sucht sich Kontakte und Beziehungen die für seine Entwicklung und seine Erfahrungsmöglichkeiten förderlich sind. Wenn das Kind X das "Pech" hat eine "blasse" oder langweilige Erzieherin zu haben, dann ist es nicht überraschend, dass es sich ggf. nach weiteren Personen umschaut. Wenn die Kollegin Y tolle Kuchen backt und schön Gitarre spielen kann dann fühlt sich das Kind eben auch dorthin gezogen. Die "blasse" Erzieherin muß jetzt nicht beleidigt sein, sie kann ja mal überlegen, woran dies möglicherweise liegt...

6. Stichwort: "Die Nichtberücksichtigung der Bindungstheorie"

Diese Behauptung ist schlichter Unsinn und entbehrt jeder Feldkenntnis, siehe auch Pkt. 2 und 3. Auch ein Blick in die Literaturliste ist hier aufschlussreich.

7. Stichwort: "Auflösung der Gruppenräume..."

Räume erhalten in der offenen Arbeit einen eigenen Charakter mit deutlichem Profil und Wiedererkennungswert. Damit kommen sie den unterschiedlichen menschlichen Nutzungsinteressen entgegen. Auch in ihrem häuslichem Umfeld sind die Kinder Funktionsräume gewöhnt und erkennen die Zweckmäßigkeit der Trennung von Küche und Schlafzimmer sowie von Wohnzimmer und Hobbywerkstatt an. Es macht für die Kinder einen riesen Unterschied, ob sie kleinteilige Ecken und Nischen mit begrenztem Spielmaterial vorfinden oder eben großzügig und reichhaltig ausgestattete Bauräume, Ateliers, Bewegungsräume, etc. Allein die Bewegungs- und Aktionsfläche nimmt für das Kind in einem durchschnittlichem Kindergarten um das 3-4 fache zu. Genauso wie die potentiellen Kontakt- und Kommunikationsmöglichkeiten.

8. Stichwort: "Vollversammlungen...den Diskurs wagen... wird von vielen Vertreter(n)Innen aus der Erziehungswissenschaft als Überforderung angesehen"

Auch hier möchte der Leser gerne Belege, Quellen und Forschungsergebnisse genannt bekommen. All dies unterbleibt! Die Instrumente der Demokratieförderung und frühzeitige Heranführung an partizipatorische, d.h. auf Teilhabe gerichtete Verfahren haben zum Ziel, die Kinder schon möglichst früh in kindgemäßen Formen an für sie wichtige Verantwortlichkeiten ihres kleinen Gemeinwesens heranzuführen. Natürlich müssen hier die Variablen Themenspektrum, Zeit, Versammmlungsgröße, Häufigkeiten, TeilnehmerInnen sorgfältig abgewogen und geprüft werden. Die Beteiligungsinstrumente sollen Erfolg haben und nicht abschrecken! Nach meiner Erfahrung gibt es hier keine Patentrezepte, sondern unterschiedliche Berichte über die Anwendung der Variablen. Auch hier könnte daher Forschung erneut einen wichtigen Beitrag liefern. Rechtlich sind ErzieherInnen sogar gesetzlich durch das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) § 8 zur Beachtung von Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen aufgefordert! (HaRo, 28.10.07)

Ich habe das Quellen-Bapperl eingefügt, evtl. kann jemand die Punkte unter Bildung, Erziehung und Betreuung in der Offenen Arbeit belegen.--Dem Zwickelbert sei Frau 09:56, 4. Nov. 2011 (CET)

Reaktionen aus der Praxis

1. Ich bin Erzieherin und arbeite seit mehr als sechs Jahren in einem Kindergarten der sich der offenen Arbeit geöffnet hat. Mich erstaunen die Aussagen der Verfasserin und auch ich frage mich, woher diese Annahmen kommen. Als Praktikerin der offenen Arbeit ist es mir ein Rätsel woher diese Theorien stammen. Wo und wer behauptet, dass Bindungen und Beziehungen schnell "abgelegt" werden sollen. Oder soll das in der Umkehrung heissen, Bindung ist nur möglich wenn sich 25 Kinder in einem Raum mit der Erzieherin befinden? Und können sie mir erklären, warum eine Verletzung der Aufsichtspflicht naheliegt. Ich dachte doch tatsächlich, dass wir in der gesamten Kindergartenlandschaft über diese Diskussion hinausgewachsen sind. In den allermeisten, auch nicht offenen Kindergärten gibt es Räume, in denen vertretbare kleine Gruppen ohne pausenlose Beobachtung verweilen dürfen. Und noch etwas, ganz besonders den nicht starken und nicht sicher gebundenen Kindern kommt die offene Arbeit entgegen. Und das kann ich täglich sehen. Und die, die schon stark sind, dürfen es sowieso weiter bleiben. Untersuchungen dazu wären wirklich angebracht Ich bin sehr glücklich offen arbeiten zu dürfen, weil ich in diesem Rahmen mehr Zeit habe, das Kind in seiner Individualität zu begleiten, ohne ihm ständig etwas überstülpen zu müssen. Ich hoffe sehr, dass öffentliche Behauptungen, wie die der Autorin uns nicht wieder um Jahre zurückwerfen. Die Eltern sind seit Pisa sowieso schon verunsichert genug und haben es verdient, sachkundig bedient zu werden. Ich bin guter Hoffnung, dass der Artikel überarbeitet wird und dann auch wieder Fachliches zu lesen ist. (kwk 31.10.07)

2. Ich bin ebenfalls Erzieherin und leite seit 9 Jahren eine mittlerweile siebenzügige Kindertageseinrichtung, die im Laufe von drei Jahren ihre pädagogische Arbeit zur „offenen Arbeit“ umgestellt hat. Im Sommer 2006 waren wir mit unserer Umstellung soweit fertig. Im Vorfeld haben mein Team und ich uns ausgiebig mit dieser und auch anderen Formen des Arbeitens am Kind auseinander gesetzt, um den Rheinland-Pfälzischen Bildungs- und Erziehungsempfehlungen möglichst gerecht werden zu können. Mit Freude sehe ich, dass bei Wikipedia die offene Arbeit kontrovers diskutiert wird und möchte gerne meine Sichtweise dazu schildern. Meine Stellungnahme zu den Thesen, dass diese Arbeitsform nur gut für sicher gebundene, starke Kinder ist und ausserdem einen Verlust der Kita als Ort der Geborgenheit darstellt, lautet wie folgt: Ein besonders wichtiger Punkt war uns die Erhaltung einer festen Bezugsperson für unsere Kinder. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass sie sich diese nun selbst aussuchen können. Schließlich ist sich nicht jeder gleich zugeneigt, Erzieherinnen wie Kinder sind unterschiedliche Persönlichkeiten, manche harmonieren eben besonders gut! Eine Evaluation mit dem Team, den Kindern und den Eltern hat bestätigt, dass sich die Kinder durchaus wohl, sicher und geborgen fühlen und sehr gut wissen, bei wem sie sich Hilfe bei Problemen, Zuwendung, Anregungen..... holen können, wenn sie dies möchten. Wir laden Eltern auch herzlich dazu ein, ihr Kind in die Kita zu begleiten (angelehnt an das sogenannte Berliner Modell). Sie nehmen auch gerne daran teil. Unserer Arbeit liegt ein Menschenbild zu Grunde, dass von Respekt geprägt ist. Respekt gegenüber Familien und ihren Lebenslagen, uns selbst und natürlich am wichtigsten, auch gegenüber den uns anvertrauten Kindern. Dabei haben wir Vertrauen in die Fähigkeit, dass Kinder Akteure ihrer eigenen Entwicklung sind. Klar brauchen sie dabei unsere Unterstützung und Begleitung. Wir schaffen die Voraussetzungen für kindliches Lernen z. B. durch:

• die Raumgestaltung: die durch die Funktionsräume wesentlich anregender gestaltet werden kann (man bedenke z. B. die Herstellung eines riesengroßen Gips-Pappmaschees, dass nun mal Platz benötigt und Zeit zum Herstellen und Trocknen, bei uns stört das niemand!

• Anregendes Material: das reicht von selbst gesammeltem Naturmaterial am Waldtag über jederzeit frei zugängliches Montessorimaterial bis hin zu von den Kindern ausgewählten Büchern beim monatlichen Büchereibesuch.

• Projektarbeit und wiederkehrende Angebote, Teilnahme am Stadtgeschehen... (Teilnahme freiwillig!)

• Beobachtungen: die uns informelle Bildungsprozesse aufzeigen, die ständig und überall in der Kita zu finden sind. Sie zeigen uns, wo die Fähigkeiten und Interessen des einzelnen Kindes liegen, zu denen wir gezielt unsere Beiträge leisten können, das Kind zu unterstützen. Das kann individuell bleiben oder in gemeinsamen Interessengruppen zum Projekt werden. Den sog. Defizitblick nutzen wir nicht. Lediglich die Frage, wodurch wir das Kind in seinen Fähigkeiten stärken können

• Partizipation: Regeln z. B. werden gemeinsam erstellt und Sinn, Ziel und Zweck erarbeitet. Wir helfen uns gegenseitig dabei, diese auch einzuhalten. Kinder wie Erwachsene

Ein weiterer Schwerpunkt in unserer Arbeit ist das Stärken der Resilienz unserer Kinder. Die Resilienzforschung befasst sich mit der Frage, welche Faktoren und Umwelteinflüsse dazu beitragen, ein Kind vor dauerhaften Schädigungen durch negative Ereignisse zu schützen. Dabei erwies sich, dass ein positives Selbstkonzept, Fähigkeit zur Selbstregulation, ein Gefühl von Selbstwirksamkeit, Fähigkeiten zur Bewältigung von Konflikten, Kreativität, Entscheidungsfähigkeiten, Wille und Fähigkeit Verantwortung zu übernehmen, Kenntnisse verschiedener Kulturen und Engagement, sowie Eigenmotivation als entscheidende Basiskompetenzen gelten. Wir glauben, dass wir mit offener Arbeit die bestmöglichen Rahmenbedingungen schaffen, um Kindern zu ermöglichen, diese Basiskompetenzen zu erwerben. Wir entwickeln ein Evaluationsverfahren, dass anhand festgelegter Indikatoren Erfolge oder Nichterfolge aufzeigen kann. Denn auch das gehört zum "Offen sein": wahrnehmen, was die Kinder tatsächlich brauchen und die Bedingungen dementsprechend gemeinsam mit den Kindern und für die Kinder, immer wieder neu anpassen (SWE, 08.11.07).

Behauptungen werden leider nicht begründet!

Leider wimmelt es in diesem Artikel von Behauptungen, die nicht begründet werden. Ein Beispiel: "Insbesondere die in jüngster Zeit vorgelegten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Hirnforschung haben dem Konzept der offenen Arbeit in Aktivkindergärten erheblichen Auftrieb gebracht. Sie zeigen, dass hier erfahrene PraktikerInnen ein Arbeitsmodell auf den Weg gebracht haben das große Chancen für eine zukunftsorientierte Elementarpädagogik in sich birgt."

Hier wäre auszuführen 1.) Welche Erkenntnisse der Hirnforschung befürworten die "Offene Arbeit"? 2.) Gibt es Hinweise, dass die Erkenntnisse aus der Hirnforschung ein offenes Konzept eher nahelegen als andere Konzepte (wie z.B. den Situationsansatz mit festen Gruppen / teiloffene Konzepte)?

Zur Begründung meiner Kritik: obwohl pädagogische Ansätze, die eine offene Arbeit nahe legen, schon eine längere Geschichte haben (man denke an die Montessori-Pädagogik), finden diese Ideen erst jetzt eine weite Verbreitung in der Kindergartenlandschaft. Hier ist auffällig, dass die Forschung zu diesem Konzept noch in den Kinderschuhen steckt (anders übrigens als die Forschung zum Situationsansatz, von dem sich die offene Arbeit viele Anregungen holte). Es gibt einige wenige Evaluationen zur Einführung des Konzepts, z.B. Befragungen von Leiterinnen (als Beispiel siehe die unten genannte Publikation von Janine Linßer). Hier besteht bisher eine Gefahr, dass die Evaluation zur Selbstlegitimation genutzt wird. Jedenfalls beziehen sich die Studien auf einen kurzen Zeitraum und sind auch eng an die Personen gebunden, die diese Konzepte vertreten. Ansonsten aber ist dieses Konzept in der Fachliteratur sehr schlecht abgebildet - verglichen mit anderen Konzepten gibt es noch wenig Literatur (für das offene Lernen im Schulalter gibt es immerhin noch die Arbeiten von Pädagogen wie Falko Peschel oder Hans Brügelmann).

Problematisch ist zudem eine gewisse Unsicherheit, ja Vagheit, die oft mit der theoretischen Umsetzung der Offenen Arbeit verbunden ist. Janine Linßer (eine der offenen Arbeit wohlgesonnene Autorin) schreibt in ihrer Publikation „Bildung in der Praxis Offener Kinder- und Jugendarbeit – Qualitative Interviews mit Leitungskräften“ (erschienen im Verlag für Sozialwissenschaften 2011/ erneut eine eng an die Leiter*innensicht gebundene Perspektive): "Vor allem bezüglich der konkreten Umsetzung von Bildung in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, konnten bei in der Praxis Tätigen Unsicherheiten ausgemacht werden. Meines Erachtens besteht eine Notwendigkeit dahingehend, dass der Umgang mit Bildung in der Praxis professionalisiert und qualifiziert wird, indem diese ein gemeinsames Verständnis von Bildung in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit formuliert und dieses auch nach Außen transportiert..“ (Linßner S. 82)

Derartige Unsicherheiten und auch die geringen Erfahrungen stehen leider in einem Missverhältnis zur Euphorie, mit der dieses Konzept teils beworben wird (häufig übrigens von Pädagogen, die sich mit ihrer Vortragstätigkeit selbständig gemacht haben). Und dabei scheinen wichtige Fragen noch nicht beantwortet: 1.) Wie wirkt sich das offene Konzept z.B. auf Kinder aus, die besonders von festen Strukturen profitieren (man denke an Kinder mit Aufmerksamkeitsstörungen, die Probleme mit dem Selbstmanagement haben)? 2.) Lassen sich auch schüchterne und veränstigte Kinder fördern, oder würden hier Gruppen (z.B. teiloffene Gruppen) nicht eher für einen sicheren Rahmen sorgen? 3.) Sind alle Kindergärten für das offene Konzept geeignet, oder bieten sich nicht kleinere Kindergärten eher an als größere Kindergärten? 4.) Wie ist mit der Vermischung der Altersgruppen umzugehen (Kinder bis 3 Jahre bedürfen eines anderen Spielmaterials als Kinder über 3 Jahre) ... usw. Viele Fragen ließen sich noch anschließen.

Auch ich habe vor Kurzem eine Veranstaltung besucht, bei der auf "Ergebnisse aus der Hirnforschung" verwiesen wurde. Leider wurde auch dort nur die Behauptung aufgestellt, ohne dass dies begründet wurde. Da hier aber kaum Pauschalisierungen hilfreich sind, wäre ein vorsichtigeres Formulieren aus meiner Sicht angebracht (denn es gibt auch gegenteilige Befunde, und Kinder können z.B. von einer festen Tagesstruktur bzw. von Regelmäßigkeiten profitieren, die durch das offene Konzept tendenziell aufgeweicht werden).

Richtig ist, dass man den Wert der Selbständigkeit und der Partizipation von Kindern in der Pädagogik erkannt hat. Ob aber das "Offene Konzept" der beste Weg ist, dies zu gewährleisten, dieser Nachweis steht - auch aufgrund des geringen empirischen Materials zu diesem Konzept - noch aus.

Das bedeutet nicht, die "offene Arbeit" von vorne herein abzuwerten. Wünschenswert wäre aber eine Darstellung, die mögliche Vor- und Nachteile dieses Konzepts besser abwägt. Und wenn Behauptungen (wie mit der Gehirnforschung) aufgestellt werden, sollten diese auch besser begründet oder es sollte wenigstens auf Quellen verwiesen werden.