Diskussion:Schneeball Erde/Archiv/2008
"Glaziale Diamiktite" ???
Ich habe nach längerer Recherche das Gefühl, dass die amerikanische Literatur keinen Unterschied macht zwischen den Begriffen "Tillit" und "Diamiktit". Es wird oft sogar von "Glazialen Diamiktiten" gesprochen, was ja grundsätzlich Quatsch ist, da ja wie schon in früheren Diskussionen angesprochen Diamiktite ein Überbegriff für viele sich in der Genese unterscheidende Gesteine ist. Auch werden oftmals Dinge geschrieben wie: Es wurden glaziale Sedimente in Form von Diamiktiten gefunden, ebenso Quatsch (übrigens auch in diesem Wikipedia-Artikel: "...mit eindeutig auf Vergletscherungsvorgänge zurückgehenden Gesteinen wie Diamiktiten..."). Auch wenn explizit Tillite genannt werden, kommt man da so langsam ins Zweifeln..
Es wurde in dem Zusammenhang auch von Evans et.al. im Jahre 2000 ein Bild der globalen Verteilung glazialer Sedimente veröffentlicht (zu finden auf www.snowballearth.org -> Overview). Kann man dem Glauben schenken? Welche gefundenen Sedimente sind denn nun tatsächtlich glazialen Ursprungs, der australische Fund der Elatina Formation soll ja mehrfach in Form von wissenschaftlichen Untersuchungen verifiziert worden sein..
Grüße, Micha (nicht signierter Beitrag von 85.176.109.59 (Diskussion) 14:23, 11. Apr. 2008)Jo 16:49, 11. Apr. 2008 (CEST)
- Hi Micha, das mag für viele Texte zutreffen, dass da nicht richtig unterschieden wird. Allerdings sind die ersten beiden Beispiele im Gegensatz zu Deiner Auffassung durchaus ok: ein glazialer Diamiktit ist eben ein Tillit, denn Diamiktit beschreibt nur die Zusammensetzung, schließt aber nicht aus, dass das entsprechende Gestein glazigener Herkunft ist. Auch glazigene Sedimente in der Form von Diamiktiten sind demnach in Ordnung. Falsch ist allerdings das Textfragment aus dem Artikel, hier muss es Tillit heißen. Ich habe das verbessert und die Tillite noch dazugeschrieben, jetzt ist es richtig (ob der Satz allerdings noch lesbar ist ...)
- Zu dem Thema habe ich oben schon mal eine Leseempfehlung gegeben, da stehen ein paar Infos und eine (vielleicht etwas sehr negative) Einschätzung der Hypothese. In dem dort angeführten Aufsatz werden die einzelnen Vorkommen diskutiert, die Autoren kommen zum Schluss, dass meistens keine glazigenen Sedimente vorliegen. Die aktuelle Diskussion zum Thema ist recht gut zu verfolgen bei http://www.snowballearth.org (die Beiträge unter der Überschrift News), und viele der Quellen finden sich als pdf unter http://www.snowballearth.org/people.html.
- Eine eindeutige Antwort auf Deine Frage nach der wahren Natur der von Evans et.al. angeführten Vorkommen ist schwierig, da muss noch einiges an Forschungsarbeit geleistet werden. Nach meinem Eindruck aus der Lektüre verschiedener Quellen dazu ist es einigermaßen anerkannt, dass es meersspiegelnahe glazigene Sedimente in niedrigeren Breite zumindest in Australien(?) und China gibt. Andererseits sind wohl auch die Verfechter der gefrorenen Erde angesichts einiger Gegenargumente etwas von ihrem Standpunkt abgerückt. Insgesamt gibt es immer noch Anlass zu ernsten Zweifeln an den Interpretationen, und deutlich mehr Forschung ist nötig, um eine Entscheidung zu treffen.
- Der Artikel Schneeball Erde steht immer noch auf meiner todo-Liste, ebenso wie Diamiktit. Ich habe erstmal den englischen Artikel Diamictite aufgebohrt, der deutsche folgt noch. Das Ganze ist allerdings schwierig darzustellen, weil eine zusammenfassende Darstellung noch nicht in den Lehrbüchern steht, deswegen dauert das wohl noch einige Zeit. --Jo 16:49, 11. Apr. 2008 (CEST)
- Ok das hab ich wohl grammatikalisch falsch interpretiert.. dennoch steht in den Texten zu diesem Thema sehr oft einfach nur Diamiktit, als würde dieses Wort alleine schon den glazialen Ursprung zeigen. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die amerikanische Wissenschaft geht tatsächtlich mehr oder weniger schlampig mit diesen Begriffen um und setzt Diamiktit gleich mit Tillit oder aber es bestehen noch beträchtliche Unsicherheiten was einige der Fundorte dieses Gesteins angeht. Schaut man sich beispielsweise die Bilder der Seite snowballearth.org an, so wechseln sich die Begriffe diamictite und tillite ständig ab.
- Eine weitere Unklarheit ergibt sich da bei mir noch bei der Sache mit den Dropstones. Meine bisherige Vorstellung davon war, dass es sich dabei definitiv um ein glaziales Sediment handelt. Ist dies der Fall, könnte man einen Großteil der Sedimente an den Fundorte als glazial verifizieren, da, soweit meine Recherche, diese Dropstones an nahezu allen Fundorten auftreten.
- Naja, ich werde mir jetzt erstmal deine kritische Quelle durchlesen.. ein insgesamt doch ziemlich intressantes, wenn auch wackliges Thema; am Mittwoch werde ich ein Referat dazu halten, man darf gespannt auf die dortige Diskussion sein! (Der vorstehende, nicht signierte Beitrag stammt von 85.176.109.59 (Diskussion • Beiträge) Regiomontanus (Diskussion) 19:13, 11. Apr. 2008 (CEST))
- Nicht die amerikanische Wissenschaft geht damit schlampig um, es sind immer einzelne Wissenschaftler. Die korrekte Definition von Diamiktit ist im englischsprachigen Raum wesentlich präsenter als etwa im deutschsprachigen Raum, wo der Begriff selbst oft noch unbekannt ist. Der Gebrauch des Wortes ist in vielen Artikeln wohl eher eine Verlegenheitslösung, weil man es nicht genau weiß. Kann man die glazigene Herkunft der fraglichen Sedimente nicht beweisen, dann ist der Gebrauch des Begriffs Diamiktit angebracht, er schließt eine solche Herkunft allerdings nicht aus. Da wird die implizite Interpretation als glazigen in Kauf genommen, ansonsten wäre das Thema ja nicht mehr so sexy. Das Thema rührt schließlich in seiner populärwissenschaftlichen Darstellung an die Fantasie der Leser (und der Wissenschaftler): „Wenige Ideen fesseln die Phantasie mehr als die Vorstellung einer vollständig im Eis erstarrten Erde, wenn selbst die Tropen unter Eismassen verschwinden und alles Leben zum Erliegen kommt.“ (Eyles & Januszczak 2004)
- Bei der ganzen Diskussion über das Thema darf man auch nicht vergessen, dass Paul F. Hoffman, der rührigste Hauptvertreter der Hypothese, anscheinend ein begnadeter Darsteller ist. Die Diskussion ist schon nicht leicht zu verstehen, und seine Art, den wissenschaftlichen Diskurs zu führen, verschleiert vieles. Er ist recht etabliert in der Szene und mischt zum Beispiel beim IGCP-Projekt 512, Neoproterozoic Ice Ages, führend mit. In dem Zusammenhang noch ein Lesetipp für eine ganz gute Zusammenfassung der Hypothese: What is the snowball Earth hypothesis?, 2005 Annual Report of IGCP Project No. 512, Appendix 3: Educational materials developed by E. Arnaud
- Auch für Dropstones gibt es alternative Erklärungen, schau mal in den englischen Artikel Dropstone. --Jo 12:47, 12. Apr. 2008 (CEST)
- Dieses Zitat von Eyles & Januszczak ist so wunderbar beschreibend für diese ganze Theorie, dass ich es sogleich auf die Startseite meiner PowerPoint packen werde (Wobei die Übersetzung nicht ganz richtig ist, eher: "Wenige Vorstellungen fesseln die Phantasie des Menschen mehr als das Alptraumszenario einer vollständig im Eis erstarrten Erde, auf der alles Leben durch die extreme Kälte ausgelöscht wird."). Letztendlich ist auch aus meiner anfänglichen Faszination eine etwas ernüchternde Skepsis geworden..
- Man überlegt sich ja fast schon, ob im Proterozoikum überhaupt eine Eiszeit stattgefunden hat, aber zuviele seriöse Quellen geben diese zwei Vereisungsphasen als bewiesen an. Nach meinem aktuellen Stand ist also bewiesen: Rodinia und dessen Zerfall (im Rahmen von grob 1,3-0,65 Mrd a), die Existenz der Gowganda- und der Neoproterozoischen Vereisung (natürlich mit der elementaren Frage über derer globalen Verbreitung), diverse, mit den Eiszeiten übereinstimmende, Werte über CO2- und O2-Veränderung im Präkambrium (nach Kasting, natürlich große Ungenauigkeit). Der Rest ist und bleibt wohl vorerst schwammig. Und was Paule Hoffman angeht: Der wäre mal besser Schriftsteller geworden, der Roman hätte wohl ohne Probleme über lange Zeit die Bestsellerlisten beherrscht...(nicht signierter Beitrag von 85.176.110.13 (Diskussion) 14:58, 12. Apr. 2008)Jo 15:55, 12. Apr. 2008 (CEST)
- Du hast natürlich recht, das Zitat muss so übersetzt werden. Ich hatte es schon für eine Erweiterung des Artikels umgeschrieben (geplanter neuer Absatz: Popularität der Hypothese) und nicht mehr auf's Original geschaut.
- Abseits des ganzen Theaters solte man nicht vergessen, dass trotzdem eine ernsthafte wissenschaftliche Debatte über dieses Thema im Gange ist, also direkt abtun kann man die Hypothese nicht. Es ist nur zu früh, so weit reichende Schlüsse aus so wenigen und kontroversen Daten zu ziehen, wie das von den Verfechtern der Hypothese getan wird. Viele der grundlegenden Behauptungen fußen auf überholten Schlussfolgerungen und lassen neuere Untersuchungsmethoden außer acht. Nur wenige der Gesteinsfolgen, die als Beweis angeführt wurden, sind etwa mittels Fazieanalyse untersucht worden. Diese würde eine Einordnung der fraglichen Gesteine in ihren Sedimentationsraum erlauben, und besser begründete Aussagen zur Frage der Eiszeiten erlauben. --Jo 15:55, 12. Apr. 2008 (CEST) P.S. Bitte signiere Deine Beiträge doch mit vier Tilden (so: ~~~~), sonst weiß keiner, wer das geschrieben hat oder wann.
- Archivierung dieses Abschnittes wurde gewünscht von: Minotauros 14:53, 3. Jun. 2011 (CEST)
...prinzipiell ...
Verstanden - also WIRKLICH verstanden habe ich den Beitrag erst, nachdem ich den dankenswerterweise hinzugefügten Link [1] gelesen hatte.
Das verweist auf ein grundsätzliches Problem. Ich bin weit überdurchschnittlich gebildet. Ich spreche Latein, lese Altgriechisch, bin recht regelmäßiger Leser des SPEKTRUMS der Wissenschaft, bin freier Autor, auch und vor allem in (natur-)wissenschaftlichen Bereichen und (Nachhilfe-)Lehrer in Mathematik und Physik.
Wenn so einer einen Wiki-Beitrag kaum oder nicht versteht - wer dann soll ihn verstehen?
Mir scheint, dass aus der Angst heraus, nicht ernst genommen zu werden, die WIKI mehr und mehr zu einem reinen Fachlexikon verkommt, das am Ende nur noch diejenigen wirklich verstehen, die Fachleute dieses Gebiets sind.
Das ist mir nicht nur beim "Schneeball Erde" aufgefallen, sondern bei inzwischen ziemlich vielen Themen.
Natürlich weiß ich, dass es sehr schwierig ist, die Balance zu halten zwischen Populär- und Fachwissenschaftlichkeit. Dennoch sollte die Redaktion der WIKI stärker als bisher darauf achten. Vielleicht hülfe diese Regel:
Was die Redakteure der WIKI selbst nicht verstehen, ist auch nicht wiki-tauglich.
gceschmidt@web.de(nicht signierter Beitrag von Gceschmidt (Diskussion | Beiträge) 02:32, 22. Sep. 2008)--Jo 09:36, 22. Sep. 2008 (CEST)
- Erstmal Entschuldigung, dass ich Deinen Beitrag nachsigniert habe, man weiss sonst nicht, von wann der ist, und ob Du als Benutzer hier ansprechbar bist. Dann zu Deiner Kritik:
- Generell solltest Du das vielleicht etwas genauer ausdrücken, was Du nicht verstanden hast. Darüber hinaus ist Dein letzter Satz ein bisschen schräg, denn die Diskussion hier auf der Seite zeigt, dass eine ganze Reihe Leute (Redakteure der WIKI) durchaus verstehen, wovon die Rede ist. Außerdem gibt es „die Redakteure der WIKI“ nicht, sondern nur Leute wie Du und ich, die hier ihr Wissen einbringen.
- Verstehe das bitte nicht falsch, ich will Dich nicht abwatschen. Denn gerade Dein Beitrag zeigt ein großes Problem auf – das Du als Fachautor sicher kennst –: wenn man hier über Fachthemen schreibt, muss man die Balance halten zwischen Verständlichkeit (Oma-tauglich, siehe WP:OMA) und Korrektheit. Gerade bei dem vorliegenden Thema wird viel Unsinn geschrieben, und deshalb ist der Artikel so speziell und ausführlich. Was möglicherweise fehlt, ist eine einfache, verständliche Zusammenfassung am Anfang des Artikels. Da könntest Du als Autor vielleicht einspringen, denn das ist nicht jedem gegeben, und solche Leute werden hier dringend gebraucht. Also, ran an den Speck! Gruß, --Jo 09:36, 22. Sep. 2008 (CEST)
- Archivierung dieses Abschnittes wurde gewünscht von: Minotauros 14:53, 3. Jun. 2011 (CEST)