Diskussion:Stammeskonföderation
zuordnung der mongolen und der mandschu zu den loseren konföderationen??
ob die zuordnung der
- Mongolen (vgl. Yuan-Dynastie) 12. Jh. – 17. Jh.
und der
- Mandschu (vgl. Qing-Dynastie) 17. Jh. – 20. Jh.
zu den loseren konföderationen wirklich passt?? war das nicht unter dschingis khan etwa schon recht organisiert und formalisiert, etwa im vergleich zum irokesen-bund? ich würde diese späten entwicklungen eher den föderationen zuordnen. bitte also die derzeitige einordnung begründen. danke. --HilmarHansWerner (Diskussion) 03:38, 16. Jan. 2020 (CET)
- Zu den Mongolen: In Marion Linska, Andrea Handl und Gabriele Rasuly-Paleczek: Einführung in die Ethnologie Zentralasiens, S. 64 steht: "Im Verlauf von zahlreichen Stammeskämpfen konnte sich Temüdschin an die Spitze einer großen turko-mongolischen Föderation stellen. 1206 n.Chr. wurde er auf der Versammlung der turko-mongolischen Stämme (Kurultai) zum Oberhaupt dieser Konföderation gewählt. Er nahm den Titel „Khaqan“ (Oberster Khan, Khan aller Khane) an und trug ab nun den Namen Dschingis Khan. Die gesamte von ihm geeinigte Konföderation nahm daraufhin den Namen Mongolen an."
- Es werden beide Begriffe verwendet, aber Konföderation bezeichnet das Ergebnis LichtStrahlen (Diskussion) 07:26, 18. Jan. 2020 (CET)
Missratener Artikel
Der Artikel ist ziemlich missraten. Er orientiert sich am Sprachgebrauch, der zur Geschichte Zentralasiens verwendet wird. Tatsächlich sind aber Stamm und Stammeskonföderation Begriffe aus der Ethnologie, die etwas grundsätzlich anderes beschreiben als die zentralasiatischen Nomadenreiche. Nach den in der Ethnologie verwendeten Kriterien handelt es sich bei den Nomadenreichen um Herrschaften, die die Schwelle zur Staatlichkeit mindestens erreicht und wohl auch überschritten haben. Sie sind daher im Organisationsgrad ein bis zwei Stufen höher als die Stämme und Stammeskonföderationen angesiedelt. --Hajo-Muc (Diskussion) 23:49, 16. Jan. 2020 (CET)
Ebenso ist der Unterschied zwischen Stammesföderation und -Konföderation offensichtlich an der modernen staatsrechtlichen Terminologie orientiert, die hier völlig fehl am Platz ist. Die Beispiele sind dann an den Bezeichnungen in WP orientiert was zu absurden Gleichsetzungen führt. So ist das eine ziemliche Theoriefindung. --Hajo-Muc (Diskussion) 00:01, 17. Jan. 2020 (CET)
- "...handelt es sich bei den Nomadenreichen um Herrschaften, die die Schwelle zur Staatlichkeit mindestens erreicht und wohl auch überschritten haben. Sie sind daher im Organisationsgrad ein bis zwei Stufen höher als die Stämme und Stammeskonföderationen angesiedelt." - sehe ich ähnlich, ohne spezialist zu sein... also welche "nomadenreiche" müssten dann mindestens in die kategorie "föderation"? (habe mal die mongolen und die mandschu versetzt...) mein einwand allerdings: macht den die höhere integrationsstufe der staatlichkeit die darunter liegende ebene, die 'stammesföderation', verschwinden? maw: ist denn ein staat per se keine stammesföderation mehr? (sogar der moderne, deutsche föderalstaat ist eine föderation aus ländern, die immer noch zum großen teil die stammesnamen tragen...)
- und macht es nicht sinn, zu unterscheiden zwischen loseren, evtl. nur temporären stammes-bünden ohne festes oberhaupt (z.b. irokesenliga mit ihrem grand council der sachems) und darauf wohl folgenden enger organisierten stammes-bünden mit formalisiertem oberhaupt, das, u.u. qua geschriebener verfassung (recht), zu militärischer befehlsgewalt und rechtsprechung befugt ist ('könig')?
- auch scheint mir, dass die entwicklung organisierter staaten unter 'königen' tatsächlich aus den sog. stammesföderationen hervorgeht (die stämme geführt von 'herzögen' = heer-zögen, heerführern, dh instutionalisierten kriegshäuptlingen), v.a. wenn diese verteidungs- oder angriffszwecke haben, wie z.b. das 'deutsche' königreich ab konrad I. bzw. heinrich I. (verteidigung gegen die ungarn) oder z.b. die nomadenreiche (organisierte raubzüge und dann auch übernahme von reichen, s. china). oder nicht? (daraus entsteht ja sogar die 'gleichschaltende' fiktion des feudalismus, dass der könig den stammesführern/herzögen die macht verliehen habe [lehen], während eigentlich und ursprünglich diese ihn wählen...) --HilmarHansWerner (Diskussion) 01:22, 17. Jan. 2020 (CET)
- Nun ja, "missraten" ist ein hartes Urteil. Tatsächlich tauchen diese Begriffe ständig im Zusammenhang mit zentralasiatischen Steppenreichen und -völkern auf und mir scheint es wichtig, dass man dazu eine Definition findet. Und Du hast Recht, Hajo-Muc, andere Bedeutungen fehlen und sollten ergänzt werden. Die fehlende Trennschärfe zwischen den Begriffen sehe ich als Hauptproblem: Stamm - Stammeskonföderation/Stammesföderation - Staatskonföderation/Staatsföderation - und es gibt ja noch das Volk.
- Allen hier dargestellten Gedanken kann ich zustimmen - nun fehlt nur noch eine Quelle, die eine klare Definition liefert. Aber auch dann müsste man in einem Abschnitt erwähnen, wie Historiker diesen Begriff auf die verschiedenen (zentralasiatischen) Stammeskon/föderationen anwenden oder angewendet haben. LichtStrahlen (Diskussion) 06:00, 17. Jan. 2020 (CET)
stammesverband?
wie unterscheidet sich denn inhaltlich dieser begriff von den anderen?? --HilmarHansWerner (Diskussion) 01:15, 17. Jan. 2020 (CET)
- Eine Trennung zwischen den Begriffen Stammeskonföderation, Stämme, Stammesföderation sowie Stammesverband oder Stammesbund ist anscheinend schwer herstellbar - sie werden deshalb auch nicht sehr einheitlich verwendet. Vielleicht findet sich ja ein Experte oder eine Quelle, die klare Definitionen liefert. Was noch nicht heisst, dass diese Begriffe dann auch so verwendet werden - z.B. auch in der WP. LichtStrahlen (Diskussion) 05:43, 17. Jan. 2020 (CET)
- Im renommierten Reimer „Wörterbuch der Völkerkunde“ findet sich nur der Begriff „Stamm“ → „politischer Verband sprachlich und kulturell verwandter Gruppen, die ein gemeinsames > Territorium besiedeln und durch gemeinsame Herkunft verbunden sind. S.e beachten gewisse Rechte und Pflichten (Konfliktregelung, Kompensationszahung) und können sich allenfalls zur Verteidigung des beanspruchten Lebensraumes zusammenschließen. Insofern sind segmentäre Lineage-Gesellschaften wie die > Nuer Paradebeispiele für S.e. Diese in der älteren Ethnologie übliche Konzeption überschätzt jedoch sowohl die soziale Integration und kulturelle Homogenität als auch die territoriale Abgegrenztheit und identitätsstiftende Bedeutung von S. Vielfach sind S.e kulturelle Konstrukte, die keine sozialen Identitäten wiedergeben; kulturelle wie linguistische Grenzen verlaufen fließend. S.e bilden demzufolge keine klar abgegrenzten Einheiten. M. Fried hat betont, daß S.e sich oft erst in einem staatlichen Kontext herausbilden. Der Begriff S. läßt sich aber auch rein deskriptiv verstehen als regionale Bevölkerung von Lokalgruppen, die miteinander über Verwandtschafts- und Heiratsbeziehungen, Tauschbeziehungen, Krieg und Bündnisse verbunden sind (R. Rappaport). – An Stelle von S. wird heute meist der Terminus > Ethnie verwendet, oft allerdings mit ähnlichen Problemen. […] Tirbale > Minderheiten werden gegenwärtig i. d. R. nicht mehr als S.e oder Ethnien, sondern als > indigene Völker bezeichnet.]“ (Definition von Jürg Helbling)
- Auch im Buch „Kleines abc des Nomadismus“ von Annegret Nippa findet sich nur der Suchbegriff „Stamm“. Auszüge → „Im modernen Vorderen Orient wird ein Stamm bei fast allen Nomaden und zahlreichen Sesshaften durch eine lockere Organisation von Menschen gebildet, die sich auf einen gemeinsamen Vorfahren berufen. Ihre Mitgliederzahl schwankt zwischen einigen hundert und einer halben Million Menschen, wobei große Stämme so etwas wie einen durch den Zusammenschluss mehrerer Stämme entstandenen Dachverband darstellen. Jeder Stamm untergliedert sich in Segmente, d.h. in ebenfalls durch Abstammung definierte klinere Gruppierungen mit ählicher Struktur. Ihre politische Bedeutung mag variieren, im sozialen Bereich aber wirken Stämme als unerlässliche Solidaritäts- udn Haftungsverbände für ihre Mitglieder. […] Drei Konstanten lassen sich grundsätzlich festhalten: Stämme sind soziale Organisationen, wirken im politischen Handeln und sind häufig mit bestimmten Territorien verbunden. Innerhalb nomadischer Gemeinschaften liefert der Stamm eine Ordnungsvorstellung, aber kein Ordnungsprinzip. […]“ (Text von Angelika Berlejung, Johann Büssow, Stefan Leder).
- Vielleicht kann das ja zur Erhellung der Thematik beitragen. Gruß --Fährtenleser (Diskussion) 09:08, 17. Jan. 2020 (CET)
- danke, Fährtenleser, für die zitate, von denen, wenn ich recht sehe, aber nur das 2. direkt was zum thema beiträgt (mir fehlt übrigens bei der definition von "stamm" der bezug auf sprache bzw. dialekt; dagegen kommt mir der bezug auf "territorium" übertrieben vor, denn stämme, wie jeder klippschüler weiß, wandern auch gerne ["völkerwanderungszeit"]; auch fehlt brauchtum und religion als einigendes element...). "große Stämme" als "Zusammenschluss mehrerer (offensichtlich kleinerer) Stämme" werden da als "Dachverband" bezeichnet. ich schlage, um hier etwas mehr struktur und plausibilität reinzubringen, die im folgenden abschnitt formulierten änderungen vor.
- ansonsten: könntest du bitte die nippa zitierfähig zitieren, damit man diese quelle einbauen kann? danke. --HilmarHansWerner (Diskussion) 06:04, 21. Jan. 2020 (CET)
- Gern: Annegret Nippa (Hrsg.): Kleines abc des Nomadismus. Publikation zur Ausstellung „Brisante Begegnungen. Nomaden in einer sesshaften Welt“, Museum für Völkerkunde Hamburg, Hamburg 2011. S. 200–201. --Fährtenleser (Diskussion) 19:42, 21. Jan. 2020 (CET)
lemmaänderung: Stammeskonföderation > Stammesverband?
um hier etwas mehr struktur und plausibilität reinzubringen, schlage ich die oben genannte änderungen des lemmas vor, und in verbindung damit folgende umformulierung der einleitung:
"Stämme bilden unter bestimmten historischen Umständen Stammesverbände bzw. Stammesbünde. Diese lassen sich unterscheiden in: Stammeskonföderation: ein lockerer Zusammenschluss eigenständiger Stämme; und: Stammesföderation: ein engerer Zusammenschluss (zur Abgrenzung zwischen den Begriffen siehe auch Konföderation und Föderalismus). Stammesverbände können also lose, temporäre Zweckbündnisse sein, aber auch bis zur Bildung eines dauerhaften Staates führen (vgl. auch Segmentäre Gesellschaft versus Staat).
In der Geschichte vieler Völker spielen Stammesbünde eine oft mythische Rolle, beispielsweise die Zwölf Stämme Israels. Typischerweise kamen Zusammenschlüsse von Stämmen bei nomadischen Reitervölkern vor. So schlossen sich die Reitervölker in Zentralasien über Jahrhunderte hinweg immer wieder in Stammesföderationen zusammen. Heute bestehen solche Zusammenschlüsse insbesondere bei den Arabern und den Kurden. Noch Landschaften und Länder des Föderalstaates Deutschland tragen zum Teil die Namen germanischer Stämme (Bayern, Sachsen, Hessen, Franken, Friesen) bzw. sind auf Stämmen basiert (z.B. Baden-Württemberg = Schwaben), aus deren Zusammenschluss das Staatsgebilde historisch entstand."
weiter unten sollte man als paradebeispiel eines segmentären stammeszusammenschlusses das kriegsbündnis der griechen gegen troja einflechten, mit dem temporären 'kriegshäuptling' agamemnon, musterbeispiel: die myrmidonen des achill; vgl. den abschnitt "Antike Gesellschaft" im artikel Stamm (Gesellschaftswissenschaften).
übrigens bei der gelegenheit: kann mir dummy jemand beibringen, wie man in der wiki links auf unterabschnitte von artikeln kodiert?--HilmarHansWerner (Diskussion) 06:04, 21. Jan. 2020 (CET)
- gegen eine solche änderung spricht allerdings, dass es in einschlägigen enthnologischen lexika (panoff/perrin: taschen-Wörterbuch der Ethnologie, reimer; van der heyden: indianerlexikon) artikel mit dem lemma "stammeskonföderation" bzw. "Konföderation" (mit verweis von "Stamm"; gemeint: "politischer Zusammenschluß mehrerer Stämme") gibt; ethnologen betonen an stammesföderationen das Lose: (artikel "Stammesgesellschaft" im hirschberg) "Lokalgruppen bleiben politisch autonom und schließen sich allenfalls zu Ritualzwecken oder zur Verteidigung ... zu kurzlebigen Bündnissen (!) zusammen"; ähnlich panoff/perrin: "Ein Stamm ... kann sich vorübergehend oder dauernd (! aha, trotzdem... h.h.w.) mit anderen Stämmen zu militärischen oder religiösen Zwecken zu einer Konföderation zusammenschließen. Solche Konföderationen besitzen fast niemals (! o.k., dann aber doch gelegentlich... deswegen unwichtig?) ein zentralisiertes System politischer oder rechtlicher Autorität. (vielleicht eben doch auf dem sprung zu einer höheren integrationsstufe... h.h.w.)" nun, dem widerspricht der stammesrat der irokesenliga und die bräuche der bronzezeitlichen griechen, die einen zentralen, befehlshabenden kriegskönig ernennen, der allerdings nicht allgewaltig ist (agamemnon vs. achill). und schließlich sollte man über den tellerrand der ethnologie in die frühe deutsche geschichte blicken: stämme schließen sich da unter einem könig zusammen, nach feudalem recht, woraus das HRR wurde - aus dem die stämme keineswegs verschwanden, bis heute nicht, wie das "Wörterbuch der deutschen Volkskunde", kröner, betont...
- das wort stammesföderation ist in ethnologischen (!) lexika nicht (leicht?) zu finden. bei google wird man allerdings massenhaft fündig: z.b. "Die Stammesföderation der Turk war in einzelne Unterstämme (alttürkisch bodun) gegliedert." (> Turkvölker – Wikipedia); "Rouran (chinesisch 柔然, Pinyin Róurán, auch teilweise abschätzig 蠕蠕, Ruǎnruǎn/Rúrú, Juan-juan/Ju-ju ‚ringelndes Gewürm') war die Bezeichnung einer spätantiken Stammesföderation, deren Steppenreich...", "AYTB - Europäische Yörük Türkmenische Stammesföderation.", "...bot genau die allumfassende Legitimation, deren Herrscher bedurften, die vom Führer (!) einer Stammesföderation zum Kaiser (!) eines Reichs aufgestiegen (!)..." (Kleine Geschichte Chinas: Reclams Ländergeschichten), "tungusisch-dagurischen Stammesföderation des 17.Jh.s", "gab es, solange man sich erinnern kann, nur den Adat-Rat der Stammesföderation, den Proatin Mego Pak, als Gericht." (Orang Abung: Volkstum Süd-Sumatras im Wandel), "Schammar-Stammesföderation" (https://www.fr.de/www.fr.de › Politik Mächtig | Politik - Frankfurter Rundschau), "paschtunischen Stammesföderation der Ghilzai", "in Innerarabien eine bedeutende Stammesföderation gründeten", "war Montenegro ... kein Staat im eigentlichen Sinne, sondern eine Stammesföderation", "war Montenegro bis zum Fürstbischof Njegos und dem Fürsten Danilo, kein Staat im eigentlichen Sinne, sondern eine Stammesföderation", "Nach dem Treffen einer Stammesföderation auf dem Sinai sollen sich 30 Beduinenstämme bereit erklärt haben", ... usw., usw. nun, wir werden also zumindest die beiden wörter "konföderation" und "föderation" nicht los, und die herausforderung sollte sein, die sachlichen unterschiede herauszuarbeiten, falls vorhanden... und das scheint doch deutlich... (und da hat man uns doch im rahmen der diskussion um den Stamm-artikel versucht weiszumachen, dass heute überhaupt niemand mehr von "Stamm" redet, zumindest niemand ernstzunehmendes...)
- vielleicht könnte man sagen: ethnologen haben mehr die losen, "segmentären" frühformen von stammesverbänden, die stammeskonföderationen, im blick; historiker, politologen und journalisten eher die späteren, festeren, formaleren stammesverbände, die stammesföderationen...?
- nach reiflicher überlegung fände ich trotzdem gut, ein übergreifendes lemma zu finden, und das wäre "Stammesverband", oder...? --HilmarHansWerner (Diskussion) 08:30, 22. Jan. 2020 (CET)
Nochmals zur Problematik
Die Problematik mit diesem Artikel und anderen aus diesem Bereich liegt darin, dass es einen spezifisch begrifflichen und einen unspezifischen Gebrauch dieser Vokabel gibt. Bei der Beschreibung der zentralasiatischen Nomadenreiche spricht man oft von Stammeskonföderationen, um diese gegen die Organisationsformen von Staaten mit sesshafter Bevölkerung abzugrenzen. Das hat aber von der Sache so gut wie nichts zu tun mit dem ethnologischen Begriff des Stamms und dem davon abgeleiteten Begriff der Stammeskonföderation. Zu „Stamm“ habe ich Definitionen und Ausführungen gefunden in:
- Bettina Beer und Hans Fischer: Ethnologie. Einführung und Überblick. 8. Auflage. Reimer, Berlin 2013, ISBN 978-3-496-02844-4.
- Hans Peter Hahn: Ethnologie. Eine Einführung. 1. Auflage. Suhrkamp, Berlin 2013, ISBN 978-3-518-29685-1.
- Dieter Haller und Bernd Rodekohr: dtv-Atlas Ethnologie. 2. Auflage. dtv - Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2010, ISBN 3-423-03259-6.
- Walter Hirschberg und Wolfgang Müller (Hrsg.): Wörterbuch der Völkerkunde. [mit 1250 Stichwörtern]. 2. Auflage. Reimer, Berlin 2005, ISBN 3-496-02650-2.
- Wilhelm Mühlmann: Rassen, Ethnien, Kulturen. Moderne Ethnologie. Luchterhand, Neuwied, Berlin 1964.
- Michel Panoff et al. (Hrsg.): Taschenwörterbuch der Ethnologie. Begriffe und Definitionen zur Einführung. 2. Auflage. Reimer, Berlin 1982, ISBN 3-496-00163-1,
zu Stammeskonföderation nur in einem Werk einen Verweis auf Stamm.
Eine Stammesgesellschaft ist nach all diesen Werken durch eine segmentäre Ordnung gekennzeichnet, ohne oder mit nur schwach ausgeprägter Zentralgewalt, während die zentralasiatischen so bezeichneten Stammeskonföderationen, die oft auch hierher verlinken, in hohem Maße hierarchisch gegliedert sind und Herrscher mit ausgeprägter Herrschaftsgewalt aufweisen. Sie beruhen nicht auf einem Zusammenschluss von Stämmen, sondern auf deren Unterwerfung bis hin zum Aufbrechen und der Auflösung von Stämmen.
Ebenso ist es Unsinn, zwischen Stammesföderation und -Konföderation zu unterscheiden. Beides bedeutet dasselbe. Die staatsrechtlichen Begriffe sind gänzlich unangebracht, weil Stämme qua Definition keine rechtliche Ordnung aufweisen. Recht bedeutet Begrenzung der Macht und Durchsetzung von Prinzipien notfalls auch gegen Traditionen und den Willen einer Mehrheit im Sinne eines übergeordneten Ziels. Und es bedeutet ggf. auch die gewaltsame Durchsetzung eines Rechtsspruchs.
Zusammengefasst: Es wäre weise gewesen, erst die Spezialliteratur heranzuziehen und danach diesen Honigtopf nicht anzulegen. --Hajo-Muc (Diskussion) 01:38, 22. Jan. 2020 (CET)
- Das wollte ich auch mit den beiden zitierten Fundstellen aus der Litaratur verdeutlichen. Hajo-Muc fügt dem jetzt noch einige weitere hinzu und es wird immer klarer: Stammeskonföderationen, -verbünde, -bünde oder wie auch immer sind nur nebensächliche, sprachliche Hilfskonstrukte, die eigentlich im Artikel Stamm (Gesellschaftswissenschaften) ausreichend aufgehoben wären. Alles andere ist doch schon recht weitgehend TF --Fährtenleser (Diskussion) 06:23, 22. Jan. 2020 (CET)
- Gegenfrage an Hajo-Muc und Fährtenleser: Wer sagt denn eigentlich, dass dieser Artikel hier den Gebrauch der zur Rede stehenden Wörter und Begriffe nur in der Ethnologie behandeln soll...? Das Wort und somit auch der Begriff taucht eben auch in anderen Wissenschaften auf, z.b. Geschichtswissenschaft, Politologie, Soziologie, Rechtsgeschichte und nicht zuletzt der tagespresse und so weiter... und ganz offensichtlich gibt es im Laufe der Geschichte unterschiedliche Formen von StammesVerbänden, die sich im Grad der Verbindlichkeit und der Formalisierung unterscheiden, bis hin zum Föderalstaat (s. Deutschland, ein Königreich am Anfang der "deutschen" Geschichte, und heute eine Demokratie... davor, zur römischen zeit, ein ganz, ganz loser stammesverband...)? Natürlich könnte man den Artikel hier auch im Artikel "Stamm" unterbringen, aber was tut das zur Sache? Scheint mir eine bloße Formalität... und noch zwei Punkte: bitte einen Beleg oder ein konkretes Beispiel für die Behauptung, dass im zentralasiatischen StammesVerbänden der Zusammenschluss durch Unterwerfung zustande kam (und wenn schon...; ändert nichts an der sache...)? Und dann die Bemerkung, dass Stämme auch noch außerhalb der sogenannten "Stammesgesellschaften" - die von manchen, ganz bösen Ethnologen als Entwicklungsstufe gesehen wird - eine Rolle spielen; so z.b. im frühen deutschen Königreich... oder nicht? weiter s. den hinzugefügten abschnitt unter lemmaänderungsvorschlag... --HilmarHansWerner (Diskussion) 06:50, 22. Jan. 2020 (CET)
- In der Ethnologie ist der Begriff Stamm herausgearbeitet und hinreichend konturiert (es sei einmal dahingestellt inwieweit das dahinter stehende theoretische Konstrukt schon jetzt und auch in Zukunft tragfähig ist). Ich lasse hier mal die Begriffe Stamm (Botanik), Stamm (Genealogie) und dergleichen weg, weil es hier nicht weiterhilft. Im übrigen ist das Wort in seiner Bedeutung und mehr noch in den unterschwellig damit transportierten Vorstellung sehr stark kontextabhängig und sollte daher allenfalls im Kontext behandelt werden. Ein Beispiel für UOrganisation durch Unterwerfung/Unterordnung in Zentralasien. Nun allbekannt ist das Reich Dschingis Khans. --Hajo-Muc (Diskussion) 01:21, 23. Jan. 2020 (CET)
- ok, Hajo-Muc, dass in der ethnologie "der Begriff Stamm herausgearbeitet und hinreichend konturiert" ist, aber dennoch deiner meinung nach zweifelhaft ist, "inwieweit das dahinter stehende theoretische Konstrukt schon jetzt und auch in Zukunft tragfähig ist" (mich würden deine gründe interessieren...!), ist das ein grund, warum der artikel hier sich ausschließlich um stammesverbände, -konföderationen, -föderationen - wie immer - aus der sicht der (!?) ethnologie befassen soll...? es gibt für dieses deiner meinung nach so heikle wort "stamm" eine recht schlichte, wie ich finde, kulturgeschichtlich sehr brauchbare, minimalistische definition: "Ein Stamm setzt sich aus Gruppen geringerer Größenordnung zusammen, wie z.B. Clans..." (Panoff/Perrin). es ist interessant zu fragen, ab wann sich in der menschheitsgeschichte clans zu höheren einheiten zusammenschließen, und ab wann diese wiederum zu noch höheren, nämlich zu stammesverbänden... oder sieht der skeptische ethnologe solche fragen nicht gern? (weil es "evolution" nicht geben darf?)
- zu dschingis khan heißt es auf wiki (sehr interessant): "Die Mongolen ... setzten sich aus nomadischen Hirtenstämmen (manche meinen ja, dass heutzutage niemand ernstzunehmendes mehr von stämmen redet...) der Steppe sowie Jägern und Fischern der Waldgebiete zusammen und waren in zahlreiche kleinere Gruppierungen (?) zersplittert. Das Weidegebiet war (und ist bis heute) Gemeineigentum, Besitzrechte an Grund und Boden waren unbekannt. Trotzdem bestand aufgrund der ungleichen Verteilung des Viehbesitzes eine frühfeudale Ordnung innerhalb der einzelnen Stämme. Stammesübergreifend wurden die Führer für Kriegs-, Raub- und Jagdzüge um 1200 noch von den Stammesfürsten auf einer Kurultai frei gewählt, aber es bildete sich in den Einigungskämpfen jener Zeit eine Militäraristokratie heraus, die im Laufe der Entwicklung der mongolischen Kriegführung sehr viel Macht erlangte und deren Führungspositionen unter Dschingis Khan schließlich erblich wurden. ... Temüdschin wusste, dass man in der Steppe nur überleben kann, wenn man mächtige Verbündete hat. Durch geschickte Diplomatie gelang es ihm, seine Gegner nach und nach für sich zu gewinnen oder auszuschalten. 1190 vereinte er so (friedlich offensichtlich) die mongolischen Sippen (auf einmal nicht mehr "Stämme"...?), welche danach unter seiner Führung begannen, die benachbarten Steppenvölker zu unterwerfen. ..." wir haben hier den typischen schritt von segmentären stammesgesellschaften mit etablierten stammeshäuptlingen ("chiefdom" bei sahlins), die man in der deutschen geschichtsschreibung herzöge (heer-zöge) nennt (der ausdruck "häuptling" wird da nicht verwendet, denn 'wir' haben doch keine "häuptlinge" wie die "wilden"...), hin zu einem formalisierten, stabilen königtum (höhere integrationsebene), und zwar durch eine stammesföderation vs. die lose konföderation davor; ein wunderschönes beispiel dafür, dass die inhaltliche unterscheidung, die dieser artikel vornimmt (nicht von mir), durchaus sinn macht, oder? (interessant übrigens auch, dass dieser neu geschaffene könig dann, mit gewalt und diplomatie, mehrere königreiche zu einem kaiser(!)-reich vereint! auch das eine anderswo, z.b. in deutschland [HRR], beobachtbare entwicklung...) ansonsten haben wir hier ein reichlich unklares durcheinander von wörtern/begriffen: kleinere gruppierungen, stamm, sippe, volk... mehr klarheit bzw. trennschärfe wäre wünschenswert, wozu artikel wie dieser beitragen sollten, oder nicht...? --HilmarHansWerner (Diskussion) 07:04, 23. Jan. 2020 (CET)
übrigens sollte man ein eklatantes beispiel für eine enge stammesföderation vor lauter 'präsenz' nicht übersehen: der zusammenschluss der arabischen stämme unter mohammed und das daraus folgende expansionistische, zentral organisierte, muslimische reich mit seiner führungselite...
interessant ist übrigens, um die kulturelle entwicklung in den blick zu bekommen, sich den artikel "Segmentäre Gesellschaft" im "Wörterbuch der Ethnologie" (hg.: bernhard streck) zu gemüte zu führen, wo, v.a. am bsp. der nuer, jener zustand der evolution besprochen wird, in dem der "Stamm" "die größte politische Einheit" bildet, und dies auch nur in konfliktsituationen... aber, wie man sieht (wenn man will), bleibt es im "prozess der zivilisation" nicht bei dieser integrationsstufe... stammesverbände - von konföderationen zu föderationen - scheinen eine wichtige übergangsstufe von "chiefdoms" (service) zu "state" darzustellen, die von der ethnologie, scheint es, bisher vernachlässigt wurden - und sollten deshalb keineswegs weiter mit fleiß ignoriert oder minimiert werden... --HilmarHansWerner (Diskussion) 23:38, 23. Jan. 2020 (CET)
Andersherum...
... wird der Begriff "Stammeskonföderation" in historischen Werken verwendet und genau diese Verwendung wird in dem Artikel schwerpunktmäßig behandelt. Wenn es - in ethnologischen Zusammenhängen - eine andere Verwendung gibt, kann diese selbstverständlich ergänzt werden. Aber die tatsächlichen Verwendungen des Begriffes durch Historiker als "...nebensächliche, sprachliche Hilfskonstrukte, die eigentlich im Artikel Stamm (Gesellschaftswissenschaften) ausreichend aufgehoben wären" zu bezeichnen, müsste man ebenfalls als TF bezeichnen. LichtStrahlen (Diskussion) 22:36, 23. Jan. 2020 (CET)
- hallo, LichtStrahlen: beispiele/zitate/quellen wären gut... (s. auch meine aus-dem-ärmel-beiträge im abschnitt hiervor... übrigens würde ich nicht von TF sprechen, sondern von TV = "Theorie-Verhinderung"...) ;-) --HilmarHansWerner (Diskussion) 23:39, 23. Jan. 2020 (CET)
- Quellen zur Nutzung des Begriffs: (1) "Bezüglich der Ethnonyme vermerkt GOLDEN: Der politisch dominante Stamm oder Klan gab oft seinen Namen der tribalen Union oder Konföderation die er schuf. Wenn dieses politische Gebilde zusammenbracht, kam der Name des neuen, dominanten Klans oder Stammes in den Vordergrund oder die alten Klannamen tauchten wieder auf." - Marion Linska, Andrea Handl und Gabriele Rasuly-Paleczek: Einführung in die Ethnologie Zentralasiens. In diesem Papier wird der Begriff sehr häufig verwendet. (2) "Eine dritte Ebene... Politische Verbände (Konföderationen) schließen Gruppen zusammen" (S. 106), "Die usbekische Konföderation" (S. 274) und "die neue Konföderation der Kasachen" (S. 276) - Jürgen Paul: Zentralasien. S. Fischer, Frankfurt am Main 2012 (Neue Fischer Weltgeschichte, Band 10) LichtStrahlen (Diskussion) 07:51, 25. Jan. 2020 (CET)
- Hallo, HilmarHansWerner: (1) Deinen Vorschlägen ( " ...oben genannten änderungen des lemmas...") kann ich zustimmen. (2) "...wiki links auf unterabschnitte von artikeln": Lemma + # + Unterabschnitt Stammeskonföderation#Entstehung LichtStrahlen (Diskussion) 08:02, 25. Jan. 2020 (CET)
- danke, LichtStrahlen, dann werde ich demnächst mal zur tat schreiten... (wenn Hajo-Muc oder sonst wer nicht gravierendes einwendet...) deine quellen versuche ich dann einzubauen ("zusammenbracht" soll wohl "zusammenbrach" heißen, oder?); allerdings dürfte's dem ethnologen grausen, wenn er die austauschbare verwendung von "Klan oder Stamm" sieht... [vgl. das zitat oben: "minimalistische definition" von stamm...] wer sind denn diese "Marion Linska, Andrea Handl und Gabriele Rasuly-Paleczek"? habe die wissenschaftliche 'reputation', oder sind das vielleicht nur studenten?) danke ansonsten für den formalen klippschul-unterricht... ;-) --HilmarHansWerner (Diskussion) 08:31, 25. Jan. 2020 (CET)
Man soll hier nicht herumstümpern und Theoriefindungen betreiben. Tatsache ist, dass hier mit unzureichenden Quellenbelegen gearbeitet wird,. Wo Benjamin Golden zitiert werden soll, möge das bitte anhand des Originalwerks geschehen, wie das wissenschaftlicher Usus ist. Es ist Unfug, eine Begrifflichkeit aus einem wissenschaftlichen Text nach Art einer Wörtersuche herausdestillieren zu wollen. Man müsste in diesen Text eine Thematisierung dessen auffinden. Was ein absolutes Unding und waschechte Theoriefindung wäre, ist die Google-Suche. Linska besitzt übrigens einen Magistergrad und Rasuly-Paleczek ist Assistenzprofessorin an der Universität Wien. Ein Skriptum, darum handelt es sich, ist ein vorlesungsbegleitendes Schriftstück, das sowohl den Inhalt dieser Vorlesung beinhaltet (und damit den Studenten die Arbeit des Mitschreibens entbehrlich macht oder erleichtert), als auch Hinweise zum weiteren Studium enthält.
Man könnte durchaus einen Artikel zur Reichs- Herrschaft- oder Staatenbildung der zentralasiatischen Nomaden schreiben, nur wird man den nicht an dem Begriff einer Stammeskonföderation oder Föderation (die Bedeutungen sind so gut wie ununterscheidbar, hauptsächlich deshalb, weil es sich, wie bei Stamm oder Clan meist nur um Übersetzungen oder Wiedergaben originaler Wörter handelt), festmachen können. Im Alttürkischen werden dafür beispielsweise die Vokabeln uluš (Reich, Land) bzw. el/il (Reich, Land, Herrschaft, Stamm; Bedeutungen nach Annemarie von Gabain: Alttürkische Grammatik. 3. Auflage. Otto Harrassowitz, Wiesbaden 1974, ISBN 3-447-01514-4, Glossar) verwendet, deren exakte Bedeutung Gegenstand philologischer Erörterungen sind und die sich heute sowohl im Türkischen (ulus in der Bedeutung Nation und Staat und il in der Bedeutung Provinz) als auch im Mongolischen (im Landesnamen Монгол Улс/Mongol Uls Mongolischer Staat) wiederfinden. Was das im Kontext genau bedeutet, ist dann im entsprechenden Lemma erörtern, so die Kenntnisse vorhanden oder überhaupt verfügbar sind. Zum Thema sind bespielsweise erschienen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Aktualität): Elçin Kürşat-Ahlers: Zur frühen Staatenbildung von Steppenvölkern. Über die Sozio- und Psychogenese der eurasischen Nomadenreiche am Beispiel der Hsiung-Nu und Göktürken mit einem Exkurs über die Skythen. Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-07761-X oder Jan Bemmann (Hrsg.): Complexity of Interaction along the Eurasian Steppe Zone in the First Millennium CE. Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie, Bonn 2015, ISBN 978-3-936490-14-7.
Noch zwei Anmerkungen: Soweit ich die ethnologische Literatur eingesehen habe liegen die Chiefdoms im Organisationsgrad zwischen der Stammesgesellschaft, die vom Fehlen einer dauerhaften Herrschaft gekennzeichnet ist, und dem Staat. Und die großen Reichsgründer, Mohammed wie Dschingis Khan verdankten ihren Aufstieg nicht Einem Zusammenschluss von Stämmen, sondern deren freiwilliger wie unfreiwilliger Unterwerfung. Ein Beispiel hierfür ist das bereits angeführte Montenegro: Hier führte der Aufstieg des Fürstbischofs von Cetinje duzu, dass die bestehenden national (albanisch-serbisch) wie konfessionell (orthodox-muslimisch) gemischten tribalen Verbände aufbrachen und zerfielen. --Hajo-Muc (Diskussion) 04:13, 26. Jan. 2020 (CET)
- Hallo, HilmarHansWerner - solche Diskussionen mögen zäh sein, jetzt weiß ich aber, was eine Klippschule ist. Der Artikel über Klippschulen ist ein dankbares Studienobjekt: Keine Referenzen, ohne Bezug zu ethnologischen Quellen - und bringt trotzdem einen Kenntnisgewinn. Ich befürchte, solange Du, Hajo-Muc, konstruktive Vorschläge als "Herumstümpern und Theoriefindung" bezeichnest, werden wir hier nicht recht weiterkommen. Du magst mit "unzureichenden Quellenbelegen" recht haben - aber es sind Quellen. Bessere, wenn gefunden, können gerne ergänzt werden. Bei mir steht kein Golden; dagegen ist das Papier von Marion Linska, Andrea Handl und Gabriele Rasuly-Paleczek verfügbar, reputabel und beschäftigt sich genau mit diesem Thema.
- Wikipedia stellt in jedem Artikel meiner Meinung nach (mMn) den aktuellen Stand der beteiligten Autoren dar. Dieser Stand kann jederzeit (durch Quellen, Präzisierungen, Ausformulierungen) vervollständigt werden. Die von HilmarHansWerner geplanten Änderungen sind mMn sinnvoll und bringen den Artikel voran, die von Hajo-Muc benannten Ungenauigkeiten aus ethnologischer Sicht sollen mMn eingebaut werden. Wenn danach weitere Quellen eine Weiterentwicklung des Artikels erlauben, soll dies gerne geschehen.LichtStrahlen (Diskussion) 07:29, 9. Feb. 2020 (CET)
- Wikipedia soll das gesicherte Wissen allgemein, nicht nur eines Autors darstellen. Es sind gewissen Voraussetzungen zu erfüllen, Überlegungen anzustellen und Recherchen zu erbringen. Es gibt Bibliotheken, die Literatur verfügbar machen, die man nicht besitzt. Es ist in jeden Falle fahrlässig, aufgrund von Belegen, die den Zielbegriff vielleicht erwähnen, aber nicht behandeln, einen Artikel zu erstellen. Es geht auch nicht darum, Text zu produzieren, sondern zutreffende Informationen verfügbar zu machen. Auch die von LichtStrahlen benutzte Literatur enthält eine Bibliographiebereich, in dem weiterführende Literatur zu Spezialthemen, und um ein solches handelt es sich hier, erschlossen werden. Gerade im Bereich der zentralasiatischen Ethnologie sind etliche Dinge auch im Fluss, wo auch, so nach flüchtiger Durchsicht mein Eindruck, dass aufgrund von Forschungen aus ganz anderen Erdteilen und aufgrund nicht empirischer, sondern ideologisch-theoretischer Erwägungen ethnologisch-politische Begrifflichkeiten konstruiert werden. Es geht auch nicht an, mit Verweis auf die ja bestehende Verbesserungsmöglichkeit, auf Halbwissen gestützte Artikelarbeit zu leisten. Ein Artikel muss von Anfang an „sitzen“. --Hajo-Muc (Diskussion) 16:02, 9. Feb. 2020 (CET)
@Hajo-Muc:zunächst mal, werter hajo-muc, meinen respekt für deine gründliche auseinandersetzung mit der sekundärliteratur! und dann die frage: was würdest du denn nun konkret vorschlagen? den von dir so genannten "honigtopf" einfach streichen und das thema auf einen abschnitt in Stamm(Gesellschaftswissenschaften) beschränken? damit wäre ich und zumindest wohl LichtStrahlen nicht einverstanden. ich denke, man sollte wie üblich verfahren: im stamm-artikel einen knappen abschnitt samt verweis auf einen "hauptartikel" - diesen hier.
noch allgemein: dein hehres ideal, dass ein artikel von anfang an "sitzen" muss, in allen ehren... nur: ist das realistisch? hier arbeiten 'beschränkte' menschen. nicht jeder hat die bezahlte lebenszeit, sich tagelang in bibliotheken zu begeben. wenn so einer, vielleicht aus einer allzu beschränkten perspektive, auf der basis der literatur, die ihm zugänglich ist, etwas fragwürdiges oder gar falsches schreibt, dann kann mensch ihn ja über die disku-seiten korrigieren, um dann nötigenfalls den artikel zu ändern... das scheint mir ein grundprinzip der wiki, oder?
auch geht es in einer enzyklopädie nicht nur darum, begriffe und begriffsgebräuche aus dem wissenschaftskontext zu klären, sondern auch solche aus anderen bereichen: journalismus, populärwissenschaftliche literatur, ja sogar alltagsgebrauch. dies allerdings mit quellen belegt (dh nicht essayistisch oder innovative "theoriefindung"). s. z.b. Ethnie.
schließlich ist es wohl auch aufgabe einer enzyklopädie, überblick zu schaffen, das heißt jenseits beschränkter spezialistendiskurse auf bestimmte themen zu schauen. und dabei ist wohl auf ein gewisses maß an selberdenken und selberstrukturieren nicht zu verzichten, oder?
nun zur sache: mir scheint die unterscheidung zwischen "loseren konföderationen" und "engeren, formaleren föderationen" - die nicht aus der luft, sondern aus verschiedenen diskursen gegriffen ist - durchaus sinnvoll! denn offensichtlich sind dies formen auf dem weg zum sog.n "staat". grob kann man den weg zu immer größerer, gesellschaftlicher komplexität vielleicht so skizzieren: band/kleingruppe > lineage > clan > stamm (mit sicher diversen auslegungen: von enger zu weiter, von dorfgemeinschaft zu 'volksgemeinschaft', modern vielleicht 'ethnie' [ein problematischer waber-begriff...])/segmentäre gesellschaft > häuptlingstum > stammeskonföderation > stammesföderation > staat. gerade der weg dschingis khans ist dafür ein schönes beispiel: heiratspolitisch wurden da zunächst bestimme lineages zusammengeschlossen, dann per verhandlung eine freiwilliger stammesverband hergestellt, dann andere "ethien" (stammesverbände?) unterworfen/vernichtet, dann ein staat gegründet mit formalisiertem recht, exekutiver, zentraler staatsgewalt und einer armee, die das stammesprinzip bewusst abschafft, um eine formalisierte meritokratie zu installieren... in diesem sinne würde mich nach wie vor interessieren, wieso du bei diesem thema immer lediglich auf unterwerfung und gewalt hinaus willst? weder mohammed noch dschingis khan konnten aus persönlicher machtfülle, als isoliertes individuum eine macht schaffen, die dann (!) in der lage war, andere eher weniger freiwillig als mehr zum beitritt zu bewegen... das bahnbrechende an mohammeds innovation - die vorhandene tendenzen aufgriff - war, dass er über den vorislamischen zustand der segmentären stammeskoexistenz hinausging, dass er wegging von clan-privilegien hin zu 'gleichheit', dass er die menschen zu einem schlagkräftigen gebilde zusammenschloss.
was zu den motiven für stammesverbände führt, die sicher zweierlei sind: verteidigungsbündnis - etwa im fall der germanen (gegen hunnen, mongolen, ungarn...) -, oder angriffs- bzw. beute-bündnis - etwa bei den mongolen.
wie auch immer: die sachliche unterscheidung macht sinn und sollte daher m.e. thematisiert werden - unter nennung der quellen und der diversen diskurse, in denen sie vorkommt, wohl auch mit einer gewissen 'synthese-leistung', also einem überblick (nicht nur ethnologisch die welt sehen, sondern vielleicht auch 'historisch' usw...)
was sagst du also nun? --HilmarHansWerner (Diskussion) 18:37, 10. Feb. 2020 (CET)
- @LichtStrahlen:: leider muss ich sagen, dass ich aktiv (zumindest auf längere sicht) auf der deutschen wikipedia nichts mehr unternehmen werde (dieses hier noch als kleine ausnahme und aus respekt gegenüber den diskutanten hier). es gibt hier einen stalker, der's auf mich abgesehen hat, rabiat dinge löscht, die ich beitrage, querbeet (warum hier noch nicht, ist mir ein rätsel); gewisse admins decken ihn dabei, wenn ich das als vandalismus melde, und strafen mich statt dessen ab. ergo: es hat keinen zweck bzw. ich habe keine lust mehr... sorry! also vielleicht übernimmst du an dieser stelle? danke. --HilmarHansWerner (Diskussion) 18:50, 10. Feb. 2020 (CET)
- @HilmarHansWerner:: Schade, ich habe tatsächlich die Hoffnung, dass wir hier zu einer Einigung kommen können. Das mit dem stalker ist superblöd, wenn Du Unterstützung brauchst - ich werde auch meine Kontaktdaten demnächst auf Vordermann bringen. Vielleicht ist eine Pause auch nicht schlecht und Du gewinnst wieder die Freude an WP! Bis hoffentlich bald wieder!! LichtStrahlen (Diskussion) 22:41, 10. Feb. 2020 (CET)
- "Hoffnung, dass wir hier zu einer Einigung kommen können..." - mal sehen, was Hajo-Muc sagt... wie auch immer, werter LichtStrahlen, man soll die hoffnung nicht sterben lassen... und wenn es nicht zu sehr ausufert, bleibe ich hier dran...--HilmarHansWerner (Diskussion) 23:25, 10. Feb. 2020 (CET)
- Ich erinnere nachdrücklich (u. a.) an WP:Belege und WP:KTF. In der angegebenen Literatur findet sich weder eine Definition, noch ein näheres Eingehen auf einen derartigen Begriff. Zu Dschingis Khan: Sein Aufstieg war von fortwährenden Kämpfen, von (Kriegs-)Bündnissen, Verrat und Intrigen gekennzeichnet. Da war nichts friedliches. Der genannte Kurultai war keine Wahl-, sondern eine Akklamations- und Unterwerfungsveranstaltung. --Hajo-Muc (Diskussion) 11:51, 11. Feb. 2020 (CET)
@Hajo-Muc hallo! "Ich erinnere nachdrücklich (u. a.) an..." - klingt wie ein mahnbescheid vom finanzamt... ;-) aber auf meine kern-frage ("was würdest du denn nun konkret vorschlagen?") antwortest du allerdings nicht... soll der artikel also in der vorgeschlagenen art geändert werden, oder was soll - unter berücksichtigung von WP:Belege und WP:KTF - unterbleiben? dann sprichst du von "einem derartigen Begriff"; ich dachte, es geht um die diffizile unterscheidung konföderation vs. föderation. oder möchtest du generell bestreiten, dass das phänomen "stammesverband" und "stammesverbände" in der wissenschaftlichen literatur erwähnt und diskutiert wird?? (ich habe oben doch sogar einschlägige [ethnologische] lexikon-artikel erwähnt...)
dass es in der einschlägigen sach- und fachliteratur, inkl. fremdsprachiger wiki-artikel, vom gebrauch der wörter "konföderation" und "föderation" in kontext stamm nur so wimmelt, kann man leicht ergoogeln (s. "tribal confederation", "tribal federation"). leider werden die wörter oft hoffnungslos durcheinander verwendet, sodass die begriffe dahinter unscharf werden, verschwimmen... (das gleiche gilt leider für die oft undifferenziert, ja austauschbar verwendeten wörter: familie, band, lineage, clan, stamm, ethnie, volk... - obwohl es eigentlich einigermaßen trennscharfe definitionen gibt! am schlimmsten der begriff ethnie, mit dem man fast alles in einen topf werfen kann... - nur ja nichts präzise unterscheiden - und dann abstrakt vergleichen...) umso mehr ein desiderat, hier enzyklopädisch so viel klarheit, wie möglich zu schaffen, indem definitionen zusammengetragen - und dann möglichst zusammenfassend, mit hervorhebung von unterschieden und widersprüchen, dargestellt werden! (eine enzyklopädie ist imho nicht nur abschreiben von dem, was anderwo schon geschrieben wurde, sondern auch eine 'bilanzierung', ein überblick... die grenzen zur TF sind da leider fließend...)
ich empfehle dir - vielleicht sogar zur detaillierten lektüre - ein paar funde, die deutlich machen, dass man sich durchaus mit dem unterschied "tribal confederation" vs. "tribal federation" befassen sollte, u.a. weil es sich, wie gesagt, offensichtlich zugleich um einen struktur-historischen phasen-unterschied handelt...
Daniel J. Elazar: "Dealing with Fundamental Regime Change: The Biblical Paradigm of the Transition from Tribal Federation to Federal Monarchy Under David" > [1]
Jérémie Schiettecatte: Sabeans > [2]: "Sabeans (Gr. Σαβαῖοι, Lat. Sabaei): were a people who settled in the central lowlands of Yemen, originating from Saba’ (Sabaic: S¹bʾ), a tribal confederation which evolved into the Sabean kingdom in the early first millennium BCE. ... The growing influence of the highland peoples in the Sabean tribal federation, mainly the tribes of Hāshid and Bakīl, marked the beginning of a Sabean renaissance in the second to third centuries CE."
allerdings gibt es auch autoren aus der kulturrelativistischen ecke, die solches verneinen, z.b. der folgende:
Bat-Ochir Bold: Mongolian Nomadic Society > [3] s. 82 ff: "The tribal federation
The term aimag is often encountered in sources such as the SHM (secret history of the mongols, hhw) and the 'Collection of Histories'. In our opinion this word is connected with the transformation of the social structure of nomadic society. However ... The existence of a tribe or of an aimag in nomadism has no direct connection with the ordered transition of tribal organisation into tribal federation in the path towards class-organised society, as has frequently occured in history. Several ... investigations, which have methodologically followed a linear development model ... have attempted to show that the emergence of the aimag was a transition from primitive society or tribal organisation to the next developement stage. ..."
warum?
"... the notion of state is not unequivocal ... Therefore it should be accepted that the problem of the development of political conditions in Mongolia, just as in pre-Mongolian nomad empires, cannot be investigted from the standpoint of the emergence and development of a state in a general, theoretical sense, but rather as a 'nomad phnomenon'...
The aimag was an extended form of a tribe or a transitional form to a tribal federation. We are of the opinion that tribes were spontaneously formed by close kinship relations, while tribal federations were formed more or less 'compulsorily'. ... A large aimag can be described as tribal federations that represented a considerable step towards political unity."
der autor ist zudem offensichtlich marxist. er scheint deine herangehensweise zu teilen... (federation compulsorily...) ich frage mich allerdings, warum man dann nicht den begriff staat (kontextbezogen) entsprechend (klar) definiert...?! es gibt aber menschen, die bestimmte zusammenhänge nicht sehen wollen (!), und sich daher weigern, definitionen auf einem entsprechenden abstraktionsniveau zuzulassen... (im falle des autors hier, ist der staatsbegriff ein klar marxistischer und folglich sehr 'spezieller', der vielleicht tatsächlich nicht angewendet werden kann...) jede kultur soll für sich stehen, unvergleichlich. eine klasse von äpfeln gibt es nicht, nur einzelne äpfel. und wenn es nur individuen gibt, dann gibt es auch keine entwicklung, etwa von homo habilis zu homo sapiens, denn das sind beides 'klassen', also supekte 'konstrukte'...
inhaltlich-stofflich ist der text durchaus interessant: er beschreibt die entwicklung des khurildai von einem organ mehr oder weniger 'demokratischen' charakters (segmentäre gesellschaft! hhw) zu einer immer stärker monarchisch-diktatorischen instanz. sodann die umorganisation der armee, die formalisierung durch gesetze... manches ist widersprüchlich: auch die beschreibung der "tribal federation" - zumindest zunächst - als eher losen verband, also eher der def. von konföderation entsprechend; später dann aber die formalisierung...
ich schließe mich dem autor übrigens insoweit an, als die innernomadische entwicklung alleine evolutionstheoretisch nur von eingeschränkter relevanz ist. interessant ist das zusammenwirken mit sesshaften bauern, friedlich (austausch, handel) und kriegerisch, woraus 'hochkulturelle' 'staaten' entstehen oder wesentlich beeinflusst werden können, so auch bei den mongolen.
sodann: Johann Heiss: Migrations and Federations: The Origins of the Tribal Federation of Khawlān According to al-Hamdānī > [4]
generell zur unterscheidung konföderation vs. föderation empfehle ich die britannica > [5]; im abschnitt "subnational political systems" werden auch die "tribal communities" behandelt. hier besonders interessant: "The Swiss constitution of 1848, as modified in 1874, converted into the modern federal state a confederation originally formed in the 13th century by the three forest cantons of Uri, Schwyz, and Unterwalden."
sodann lege ich auch noch eine eingehende auseinandersetzung mit folgenden phänomenen nahe:
- frühphase der ägyptischen geschichte: staatenbildung durch zusammenschluss kriegerischer nomadenstämme mit sesshaften bauern
- frühphase der azteken als nomaden: offensichtlich eine stammes-föderation, später auch eine mit anderen stämmen bzw. stammesföderationen
- irokesen-liga: interessant der en.wiki-artikel > [6] - in charakteristischer weise gehen die wörter federation und confederation durcheinander. von der sache her ist der konstitutionelle "council" der "fifty sachems" mit dem 'präsidenten', dem "tadodaho", mindestens auf der schwelle der beiden definitionen, wo nicht mehr auf der föderationsseite...übrigens soll ja die konstitution der amerikanischen föderation nach dem modell der irokesen konstruiert worden sein...
- die Iron Confederacy [7] der cree und der assiniboine...
- die blackfoot-konföderation auch > Blackfoot Confederacy
- interessant, aber kontrovers, ist auch die bronzezeit vietnams, die sog. hong bang dynastie, die im englischen wiki-artikel als "tribal state", anderswo als "tribal federation", und ziemlich 'historisch' dargestellt wird, während sie im deutschen artikel als eher mythologisch erscheint; wahrscheinlich wohl idt eine weitgehend propagandistische rückprojektion aus feudaler zeit... der englische artikel beschreibt den vorstaatlichen zustand so: "Prior to the beginning of the Hồng Bàng period, the land was settled by autonomous villages. Vietnamese pre-dynastic society was anarchic and did not have any management mechanism. They lived together in groups as tribes." - nennt den "tribal state" dann aber auch "feudal": "He (Lộc Tục, 2879 BC) consolidated the other tribes and succeeded in grouping all the vassal states (or [?? hhw] autonomous communities) within his territory into a unified nation [? hhw]. ... Lộc Tục inaugurated the earliest monarchical regime as well as the first ruling family by heirdom in Vietnam's history. ... This was a very primitive form of a sovereign state with the Hùng king on top and under him a court consisted of advisors – the lạc hầu.[18] The country was composed of fifteen bộ "regions", each ruled by a lạc tướng;[18] usually the lạc tướng was a member of the Hùng kings' family. Bộ comprised the agricultural hamlets and villages based on a matriarchal clan relationship and headed by a bộ chính, usually a male tribal elder (wie bei den irokesen! hhw)." jedenfalls ein sog.r "hydraulischer staat" (darcy ribeiro), deren erste formen meist aber schon ins chalkolithikum fallen. interessant auch der vergleich mit der segmentären organisation der bronzezeitlichen griechen, die für kriegszwecke bekanntlich konföderationen bildeten: trojanischer krieg (paradebsp.: der stamm der myrmidonen des achill gegen die rel. schwache befehlsgewalt des kriegskönigs agamemnon).
frieden, gemeinsame bauten (z.b. bewässerung), verteidigung, aber auch angriff und kontrolle oder herrschaft sind hier klar die motive...
folgende gegenüberstellung von confederation und federation - als 'staatsrechtliche' parallele zur 'tribalen welt' - ist auch interessant: hervorspringendste unterscheidung: "voluntary - not voluntary" (ich würde sagen: not very binding vs. binding) > [8]; aber auch da wird betont, dass die begriffe fälschlich oft austauschbar verwendet werden.
sodann nochmal zu dschingis khan: ich habe keinen kurultai "genannt". ich habe die bündnis- und unterwerfungstaktik von dk samt ihrer zeitlichen abfolge geschildert... der kurultai ist relativ spät... vielleicht nochmal die biographie dk's anschauen? > > Uniting_the_Mongol_confederations stichwort: Toghrul. zur relativierung des gewalt- und unterwerfungs-charakters der herrschaft des khans besonders interessant der satz: "In his rule and his conquest of rival tribes, Temüjin broke with Mongol tradition in a few crucial ways. He delegated authority based on merit and loyalty, rather than family ties.[32] As an incentive for absolute obedience and the Yassa code of law, Temüjin promised civilians and soldiers wealth from future war spoils. When he defeated rival tribes, he did not drive away their soldiers and abandon their civilians. Instead, he took the conquered tribe under his protection and integrated its members into his own tribe. He would even have his mother adopt orphans from the conquered tribe, bringing them into his family. These political innovations inspired great loyalty among the conquered people, making Temüjin stronger with each victory." (auch sich den moslems zu unterwerfen, hatte seine attraktive seite... freiwilligkeit - druck - zwang --- nicht leicht zu unterscheiden...) übrigens, wenn es mehr spaß machen soll, hier für nebenher ein sehr guter doku: [9] .
abschließend: ich kann mir nicht vorstellen, dass du wirklich glaubst, dass mohammed und dschingis khan, kraft alleinigen beschlusses und der gnade "allahs" oder "des großen, blauen himmels" millionen von menschen ihrem willen unterworfen hätten... oder dass hitler ohne die freiwillige kooperation eines leider allzu großen teils der deutschen und anderer nationen denkbar wäre... es muss da immer im kern einen freiwilligen zusammenschluss potenter gruppen geben, ehe mit gewalt andere unterworfen werden können... denke ich...
nun schönen gruß und viel spaß mit der materie! --HilmarHansWerner (Diskussion) 22:00, 11. Feb. 2020 (CET)
- Konföderation wird als Übersetzung u. a. von englisch confederation verwendet, was in der Terminologie der Staatslehre mit dem deutschen Begriff Staatenbund korrespondiert, wie auch Föderation sich im Englischen als federation wiederfindet und in der Staatslehre dem deutschen Begriff Bundesstaat entspricht (der im Englischen im übrigen auch mit federal state) wiedergegeben wird. Dazu kommen allerdings auch noch Organisationen wie die Federation of Young European Greens, die Konföderation Irland, die Föderation Bosnien und Herzegowina, die Föderation Arabischer Republiken, die Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland die Konföderation der Revolutionären Arbeitergewerkschaften der Türkei, die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen oder die diversen Adelsvereinigungen in Polen-Litauen. Ein besonderer Bedeutungsgehalt der Vokabeln Föderation oder Konföderation, geschweige denn die Aussage, eine Föderation weise eine größere Geschlossenheit/Festigkeit/Verbindung auf, ist außerhalb des modernen staatsrechtlichen Kontexts nicht festzustellen. Es handelt sich um simple Namen, die eine Gesamtheit kleinerer Entitäten andeuten, ohne wirklichen Bedeutungskern. Was Mohammed und Dschingis Khan, aber auch Cäsar und Augustus oder Napoleon, in geringerem Maß auch Hitler betrifft, handelte es sich um gerissene und machtgierige Politiker und Manipulateure, die eine vorhandene Struktur mit Geschick, Gewalt, Regelbruch und Propaganda ausnutzten, bis sie schließlich auch die Strukturen, denen sie ihren Aufstieg verdankten korrumpieren, abschaffen, verändern und durch neue ersetzen konnten. Der Steppenraum war bereits zu Zeiten Dschingis Khans keine „Stammesgesellschaft“ mehr (wenn es eine solche überhaupt jemals gegeben haben sollte), sondern eine sozial bereits differenzierte, geschichtete Gesellschaft von hoher Komplexität. --Hajo-Muc (Diskussion) 04:42, 12. Feb. 2020 (CET)
hallo Hajo-Muc! du schreibst: "Ein besonderer Bedeutungsgehalt der Vokabeln Föderation oder Konföderation, geschweige denn die Aussage, eine Föderation weise eine größere Geschlossenheit/Festigkeit/Verbindung auf, ist außerhalb des modernen staatsrechtlichen Kontexts nicht festzustellen." nachdem ich nun einige texte zum thema angeschaut habe (auch auf französisch, italienisch und spanisch), stimme ich dir zu: es wird im kontext tribaler gesellschaften nicht sauber zwischen konföderation und föderation unterschieden; vielmehr hat man den eindruck, dass die wörter meistens willkürlich austauschbar, also synonym verwendet werden.
ausreißer haben da wohl eher privat-charakter, wie die folgende sehr spezielle, aber sauber definierte, absolut sinnige unterscheidung: "Dans la région des Hautes-Terres, la situation est assez différente. Le terme sha’ab, « tribu », n’y a pas une acception unique : il est employé pour nommer aussi bien la petite communauté qui exploite un terroir que la réunion d’un certain nombre de ces petites communautés (ce que nous appellerons une fédération tribale) ou enfin un ensemble de fédérations tribales (ou confédération)." [10] (wo nötig, übersetze ich gerne.)
allerdings wird von kennern der materie deutlich von der sache her zwischen kleineren, loseren, informellen verbänden und größeren, festeren, formalisierten unterschieden, parallel also zu konföderation und föderation. hierzu empfehle ich, auch für @Fährtenleser, LichtStrahlen:, die lekture des in auszügen folgenden exzellenten artikels, exzellent, auch wenn teilweise kritikwürdig (die typischen, kulturrelativistischen denkfehler [hier nicht das hauptthema]):
Richard Tapper: CONFEDERATIONS, TRIBAL; in: http://www.iranicaonline.org/articles/confederations-tribal ; visum 2020-02-13
'A discussion of tribal confederations in the Iranian world must begin with recognition that there is a problem in defining the terms “tribe” and “confederation.” The concept of tribe is notoriously inexact... groups defined by a wide range of different criteria have been referred to as “tribes.” ... There is little agreement among scholars on the levels at which to apply the term “tribe” or “confederation.” Definition is not aided by indigenous terminology, which includes a variety of terms ... that have multiple meanings, many of them used interchangeably and without precision ... Major cultural-linguistic groupings (conventionally termed “ethnic groups,” “peoples,” or “nationalities”) ... cannot be termed “tribes,” if only on grounds of scale, complexity, and lack of unity; ... Some ... have been termed “tribes,” even though the only criterion is the existence of central leadership (?? hhw). Yet other scholars, not wishing to take such extreme positions, have located tribes at a lower level of political structure, referring to larger groups (whatever their apparent basis) as “confederations.” ... Such groups ("tribe" hhw) usually (but still not always) combine territorial and political unity under a chief with an ideology of common descent....
Many writers on tribal societies in the Iranian world posit a single, ideal type of tribe or a tribal (pastoral-nomadic) mode of production and attribute variations and the emergence of confederations and central leadership to a series of differentiating factors, commonly grouped into internal (e.g., culture, demography, ecology, economy) and external (e.g., the role of the state and neighboring tribes and the proximity of frontiers, cities, and trade routes). There is little agreement, however, on which features are essential to the tribe or the tribal mode of production. Some argue that certain (if not all) tribes are intrinsically centralized, but most point to the importance of external factors, particularly the history and nature of relations with states and other tribes. For some, tribes are naturally egalitarian, and all central authority, indeed the very existence of tribal groups as defined cultural or political units, is an imposition by or a reaction to outside forces. For others, the potential for centralization exists as a tendency, which may be activated or suppressed by an external power (see, e.g., Beck; Digard; Garthwaite; Helfgott; Irons; Loeffler; Tapper, 1983).
Historically, tribal groups in the Iranian world have shown evidence of processes of both evolutionary and cyclical or alternating change. Political evolution in scale and complexity—from tribe to chiefdom and confederation, involving the unification of disparate groups, centralization of authority, and stratification— has occurred again and again, in instances ranging from the major confederations like the Baḵtīārī, Ḵamsa, Qašqāʾī, and Dorrānī to local chiefdoms like the Yāraḥmadzay Baluch. The reverse process is seen in Kurdistan, however, with the dissolution of the emirates in the 19th century and their consequent “devolution” or “retribalization” into more diffuse organizations and simpler groups... ... Xavier de Planhol (pp. 229-33) sees the period from the 18th century to the present as the heyday of such large composite nomad confederations as the Qašqāʾī, Baḵtīārī, and Ḵamsa and argues that they emerged in conditions of maximum grazing density of the pastures, extended migrations, and close contacts with nontribal villagers and that they represented the final evolutionary stage before settlement. This view does not, however, account for the facts that numerous tribal groups that lived in such conditions did not form confederations; that others did not live in such conditions and yet became settled; and that geographic location and national and international politics were major factors in the rise of the three confederations mentioned. ...
It seems likely ... that larger political groupings like confederations—and indeed tribes—are the products of external relations, notably with centralized states. The most important internal factor is the nature of rights to land for farming or grazing or accumulation of wealth, whether these rights are individualized or communal at some level; this factor is in turn the basis for the formation and nature of communities at determinate levels of tribal society, as well as for rivalries and factionalism among them, all of which counter any shared ideology and inhibit unity in the face of an outside threat.
Basic nomadic communities are of two ...: the egalitarian pastoral community of some twenty to fifty families, in daily contact, usually based on patrilineal descent, and led by an elder ("tribes" im sinne von e. service? hhw), and the permanent union of several such groups in a larger community of a few hundred families. The larger community is highly endogamous, maintains notions of common origins, jealously guards its pastures, and in many instances is led by a hereditary chief ("chiefdoms" im sinne von e. service? hhw). Indigenous terms for these larger communities are numerous; perhaps the most common are ṭāʾefa and tīra, both terms implying a group that is itself part or a section of a yet larger grouping. Wider unions of tribal communities are formed at various levels and in various conditions; although the common indigenous terms for such unions (e.g., īl or ʿašīra) are not precise, it is helpful to differentiate among them by using the terms “tribal cluster,” “alliance,” “chiefdom,” and “confederation.”
Thus, in conditions of insecurity and disorder or when threatened by a predatory government, several tribal communities—a thousand or more families—form a cluster around a chief who has demonstrated his ability to offer protection and security. While the larger communities are remarkably stable and long-lasting groups, regardless of leadership, the composition, unity, and continuity of clusters depend on the success of the cluster chief in ensuring both security and access to resources for dependent groups in the cluster (for Šāhsevan clusters around 1900, see Tapper, 1318/1986). A successful chief may institutionalize his dominance over the cluster, turning the cluster into a chiefdom, a territorially bounded collectivity with coordinated and dynastic leadership but with little elaboration of government or stratification of society; examples include the major component groups of the Qašqāʾī and the Baḵtīārī.
The term “confederation,” that is, loosely, a union of tribal groups for political purposes, might be used for such a chiefdom but perhaps is better reserved for unions at a higher level still, with more elaborate government and stratification. Chiefs (ḵān, īl-ḵānī, īl-begī/elbeği) of confederations (and, on a smaller scale, chiefs at lower levels: kalāntar, kadḵodā, beg) maintain retinues (ʿamala) of armed henchmen ..., servants, and other employees; the relatives of the chiefs and sometimes the subchiefly families form a distinct stratum (ḵavānīn, begzāda/beğzadä).
Although the term “confederation” has also been used to designate an alliance without central leadership (e.g., the Yamut [Yomut] Turkmen), such an uncentralized alliance is better termed a “coalition.” The unions conventionally termed “confederations” sometimes share an ideology of common descent (as with the Baḵtīārī or the Dorrānī), but most are heterogeneous in composition, unified under a leader...
In the absence of effective superior authority, relations among autonomous political units within a region often take on a familiar chessboard pattern: Neighboring chiefs (often closely related) compete for control of pastures, village land, and trade routes and maintain relations of hostility on their borders while allying themselves (often by marriage) with their neighbors’ neighbors in order to prosecute the consequent feuds against intervening mutual enemies; a larger pattern of two coalitions or blocs throughout or even beyond the region is often formed.
... The ability to unite usually rests on the hope for material gain and the absence of material cause for conflict as much as, if not more than, any tribal notions of common descent or religious or other ideology of unity.'
was Tapper hier unterscheidet als "coalition" und "confederation" sollte besser, parallel zu der modernen unterscheidung "confederation" und "federation", als "tribal confederation" und "tribal federation" unterschieden werden. auf die sachliche unterscheidung und auf diese begrifflich-terminologische parallele kann in der wiki natürlich nur hingewiesen werden; alles andere wäre (leider) TF... (in wirklich guten, gedruckten enzyklopädien sind fachleute am werke, die sich durchaus eigene perspektiven, einschätzungen und theorie-vorschläge erlauben! s. 'is better termed a “coalition.”', Tapper) eine änderung der einleitung des artikels sollte auf den herrschenden, unpräzisen wortgebrauch hinweisen, aber auch auf die moderne, staatsrechtliche terminologie und die sachliche unterscheidung verschiedener 'level' der sozialen integration von stämmen. (da ich nun "stamm" sage, muss ich doch Tappers kritik des begriffs kritisieren: ja, er wird nicht einheitlich gebraucht, oft auch von einzelnen autoren unpräzise. allerdings ist es dann unlauter, doch von der sache zu reden, denn die sache wird immer nur von einem begriff definiert/konstituiert, den der jeweilige autor im kopf hat - auch wenn er nicht sauber, ausdrücklich davon spricht, andere aber kritisiert...) leider haben wir ja wohl bisher noch keinen autor gefunden, der ausdrücklich die unterscheidung "stammeskonföderation" und "stammesföderation" thematisiert und definiert, oder...?
nun zu deiner sicht auf die 'großen führer' der weltgeschichte: mir ist dies zu sehr die "great-men-make-history"-geschichtsschreibung, obwohl ich, was du sagst, nicht ganz von der hand weise...; ich finde eine perspektive fruchtbarer, die auf strukturelle bedingungen abhebt, die für den erfolg der einzelpersonen auf der bühne der geschichte ursächlich sind. aber das führt hier zu weit... allerdings 'ein wort' zum folgenden satz: "Der Steppenraum war bereits zu Zeiten Dschingis Khans keine „Stammesgesellschaft“ mehr (wenn es eine solche überhaupt jemals gegeben haben sollte), sondern eine sozial bereits differenzierte, geschichtete Gesellschaft von hoher Komplexität." erstens liegt dem ein spezieller (eigener?) begriff von stammesgesellschaft zu grunde (nicht differenziert, nicht geschichtet); zweitens unterstellst du, dass stämme als soziale einheiten auf 'höheren' integrationsebenen aufhören, keine rolle mehr spielen, verschwinden... beides bedarf wohl einer korrektur: s. wörterbuch der ethnologie, hg.: bernhard streck: "In ... (Fortes & Evans-Pritchard: African Political Systems, hhw) werden zwei Grundtypen afrikanischer Stammesgesellschaften dargestellt: die ohne Zentralinstanzen ("akephale Gesellschaften"[markierung im original hhw]) und die mit staatlicher Organisation." es folgt übrigens eine sehr materialhaltige definition von stamm. also selbst auf der stufe (früher) "staat" spielen die stämme noch eine wichtige rolle (s. oben das bsp. vietnam, die hung-könige); und schichtung ist auf der stufe "häuptlingstum", parallel zu größeren, festeren stammesföderationen (!), durchaus schon vorhanden. vergleiche die parallelen ordnungen von service und fried:
Service:
Hordengesellschaft (25 bis etwa 100 Mitglieder, selten mehr)
Stammesgesellschaft (bis etwa 5.000 Mitglieder)
Häuptlingstum (bis etwa 20.000 Mitglieder)
Staat (unbegrenzte Mitglieder)
Fried:
gleichrangig → rangstufig → geschichtet → staatlich. (s. Elman Service)
ansonsten beschreibt Tapper ja sehr schön die mechanismen und motive der bildung von stammesföderationen à la mongolen... (wie gesagt: vergleich azteken usw. ...)
gerne hätte ich jetzt die zeit weiterzulesen (habe ich aber nicht): ich bin sicher, man könnte verschiedene integrationsstufen von 'stammesgesellschaften' (definiert als gesellschaft, in denen die organisation in stämmen eine essentielle rolle spielt), früheren und späteren, von akephal bis frühstaatlich finden! auf der schwelle zum staat z.b. steht sehr sicher schon die irokesenliga mit ihrer ausgefeilten 'parlamentarischen verfassung' (zur rekapitulation ein guter youtube-video > [11]). selbst für die "segmentäre gesellschaft" der archaischen griechen wird solches nicht geschildert! und wieviel informeller mag das 'palaver' gewesen sein, das (nordamerikanische plains- und prairie-indianer-)stämme abgehalten haben, wenn sie sich zu temporären kriegs- oder jagd-bündnissen zusammengefunden haben...
zum schluss: falls du die bösen evolutionistischen autoren kennst, die Bat-Ochir Bold kritisiert, aber nicht zitiert, ja namentlich verschweigt (wissenschaftlich unsauber), wäre ich für hinweis dankbar!
schöne grüße und spaß bei der gedanklichen bewegung! ;-)
PS: ein wunderschönes beispiel für eine stammeskonföderation, und zwar eine relativ 'späte', auch mit hoch entwickelter sozialer differenzierung, ist die konföderation der muisca > [12]; ich würde da eher von "föderation" reden... mich würde interessieren, wie man sinnvoll ohne die suspekten begriffe stamm und stammesgesellschaft ein solches phänomen beschreiben kann - und woher die skepsis, angesichts solcher fälle? --HilmarHansWerner (Diskussion) 21:04, 13. Feb. 2020 (CET)
- Jürgen Paul verweist im Band Zentralasien der Neuen Fischer Weltgeschichte auf David Sneath, der in seinem Werk: The Headless State. Aristocratic Orders, Kinship Society, & Misrepresentations of Nomadic Inner Asia. Columbia University Press, New York 2007, ISBN 978-0-231-14054-6, heftige Kritik an der hergebrachten Literatur und ihren Konzepten von Stamm (tribe), Clan, Häuptlingen (chief) übt und recht überzeugend darlegt, dass es sich wohl im wesentlichen um eine koloniale Attitüde gegenüber den „Wilden“ handelt, geboren aus einem kulturellen europäischen Überlegenheitsgefühl seit dem 18. Jahrhundert. Alles musste, ungeachtet der originalen Bezeichnungen, nun „tribe“ oder „Chief“ sein, damit niemand nur auch in Versuchung kommen könnte, den Herrscher der Barotse, in vorkolonialer Zeit durchaus noch „König“ genannt, mit dem Oberhaupt des Vereinigten Königreichs zu verwechseln oder, horribile dictu, protokollarisch auf dieselbe Stufe zu stellen. Das gehe soweit, dass sogar bei der Übersetzung von Quellen die evolutionistische Terminologie übergestülpt werde und die Aussage der Quellen zur Unkenntlichkeit verfälscht werde. Als Beispiele nennt er den Bericht eines päpstlichen Gesandten, der für europäische wie mongolische Würdenträger die Bezeichnung dux verwendet, was bei den Europäern dann als Herzog, bei den Mongolen aber in der Übersetzung als Häuptling wiedergegeben wird. Ob irgen (Volk, Untertanen), ulus (Gemeinwesen, Reich, Besitztum, Apanage) oder aimag (Division, Abteilung), alles werde mit Stamm übersetzt. Er vertritt die Ansicht die Steppengesellschaft sei nicht in durch Abstammung verbundene Stämme gegliedert gewesen, sondern die Aristokratie habe Wert darauf gelegt, nicht von gleicher Abstammung wie ihre Untergebenen zu sein. Die einzige Konföderation, die dieser Autor so benennt, die aber nicht eine Stammeskonföderation sei („... not the "tribal" confederation of Morgan, but a joint project of rulership by powerful aristocrats ...“, S. 183), sei das aus dem mongolisch-oiratischen Bündnis von 1640 hervorgegangene Gemeinwesen, das zwar Staat (törö) genannt worden sei, über viele Attribute der Staatlichkeit verfügt habe, so auch über gemeinsame Gesetze, nicht aber über eine zentrale Regierungsinstanz und zwar über eine Ausdehnung von der Wolga bis in die Mandschurei, nicht aber über ein zusammenhängendes Territorium. Moderne Fach-Spezialisten (genannt werden, S. 64, [Peter] Golden, [Nicola] di Cosmo und [Svat] Soucek) würden den Begriff Stamm eher aus bloßer Konvention, ohne den tradionellen Inhalt oder implizit oder explizit mit eigenem Inhalt verwenden. Ideengeschichtlich lässt sich zum Thema sicherlich etwas schreiben, nur steht das überhaupt nicht im Artikel; dieser Artikel wäre dann aber als Linkziel so gut wie ungeeignet, weil die Bedeutung des Links nicht im Linkziel zu finden wäre, sondern im Linkursprung geklärt werden müsste. --Hajo-Muc (Diskussion) 03:57, 14. Feb. 2020 (CET)
danke, werter Hajo-Muc, für deine detaillierte darlegung des sichtweise von david sneath! sie folgt einem bekannten muster: die ideologen der kolonialzeit haben abschätzig von "stämmen" geredet, und ein evolutionsmodell konstruiert, das ihnen erlaubte, die 'Anderen' als 'Primitive' zu unterjochen... ok. wohl wahr. aber nun daraus zu schließen, man dürfe nicht mehr über das phänomen 'stamm' und nicht über 'evolution' reden, ja man müsse sogar die wörter aus dem sprachgebrauch bannen, hieße das kind mit dem bade ausschütten! auch wenn der stamm-begriff falsch gebraucht wird, also zu propagandistischen zwecken auf gesellschaften angewendet wird, die nicht in diese kategorie passen, ist dies kein grund, den begriff mit einem denk-tabu zu belegen! (möglicherweise passt ja der begriff "stamm" wirklich in keiner weise auf die zentralasiatischen gesellschaften... [wäre über eine kurze darlegung der unpassenden sozialstruktur dankbar {wie gesagt: stamm und hierarchie schließen sich nicht aus!}! wie kann gezeigt werden, dass das 'denken' und fühlen in stammes-kategorien keine rolle mehr spielt?] aber erfasst man, wenn man den stammesbegriff ausschließt, ein möglicherweise komplexes übergangsphänomen richtig? droht da nicht simplifizierung?)
der kern des stamm-begriffs ist, eine gesellschaftliche formation zu erfassen, die sich deutlich von anderen unterscheidet, und mit einiger plausibilität in eine abfolge von historischen entwicklungen einzuordnen ist, und zwar von kleineren, einfachen zu immer größeren, komplexeren einheiten.
1.: da haben wir zunächst familiäre kleingruppen, sog.e bands (elman service) (lineages im wesentlichen, auch wenn da vielleicht mal ein 'fremder' aufgenommen wurde), angeführt vom familienchef oder von der familienchefin, idr der/die älteste; der schamanismus dominiert; die gesellschaft ist egalitär.
2.: dann großfamilien mit noch bekanntem, biologischem ahn: die kinships (oder klane im engen sinne); der stärkste, prestigereichste wird temporär als 'leader' angesehen ("big man"); es beginnt ahnenkult; es zeichnen sich soziale ränge ab: ranggesellschaft (morton fried).
3.: dann interessengruppen, die so groß und so alt sind, dass kein biologischer ahn mehr klar ausgemacht werden kann, sodass ein mythischer ahn, ein totem, konstruiert werden muss: die clans; jetzt werden dauerhafter etablierte anführer benötigt: aus dem "big men" werden langsam häuptlinge; es bilden sich klar "ranggesellschaften".
4.: die clans wiederum schließen sich zu größeren einheiten, dörfern zusammen, bilden moieties und noch komplexere zusammenschlüsse; nun ist das einigende band va glaube, brauchtum, sprache und ggf. territorium sowie ein aitiologischer mythos von einem gemeinsamen ursprung: dann redet man sinnvoll von stamm (vgl. "abstammung"); das häuptlingsamt wird verstärkt institutionalisiert, auch erblich ("chiefdom"; europäisch: auf fortgeschrittener stufe: herzog); man verehrt die (immer noch dominanten) 'naturmächte': animismus; versucht sie aber schon zunehmend zu beherrschen: magie, opferkult (do ut des).
5.: solche stämme schließen sich dann zu bestimmten zwecken zu stammesverbänden zusammen (die uu auch noch stämme genannt werden), was in vielen fällen nötig macht, das gemeinsame handeln festen regeln zu unterwerfen: woraus eine komplexere (befehls)hierarchie und ein mehr oder weniger festgeschriebenes (gewohnheits)recht entsteht; anführer sind dann temporäre "könige" (zb agamemnon), die man besser "war-lords" nennt; noch sind die stammesführer (bereits klar über die 'gemeinen' geschichtet) im prinzip alle gleich (akephale, segmentäre gesellschaft); der polytheismus dominiert.
6.: und wenn solche stammesverbände dauerhaft zusammenbleiben, ja mit anderen kooperieren und/oder andere unterwerfen, v.a. kriegerische nomaden sesshafte bauernvölker, dann entwickelt sich daraus das, was als staat beschrieben bzw. reich genannt wird: man braucht ein oberhaupt, einen pharao, einen mehr oder weniger heiligen könig, dem sich alle demonstrativ unterwerfen (zb nach dem schema feudalismus), um damit streitigkeiten untereinander zu unterdrücken (ost-fränkisches reich); es entsteht also eine klar geschichtete, 'aristokratische' gesellschaft; die herrscher versuchen die alten stammesstrukturen als quellen ineffizienter streitereien (fehde) zu unterdrücken, betonen die einheit des "volks" (ursprung des "national"-gedankens), schaffen meritokratische armeen (dschingis khan), und ein festes recht samt exekutive; der polytheismus tendiert zum monotheimus (der eine herrscher im bund mit dem einen 'gott'...).
7.: werden nun königreiche zusammengeschlossen, entsteht ein "kaiser"-reich (inka, rom, HRR...); der monotheismus übernimmt (kaiser-kult, yahwe- oder allah-religion).
nun, mensch kann diese - in groben zügen überall nachvollziehbare - entwicklung nicht sehen wollen bzw ignorieren... (sie ist in vier stufen 'wissenschaftlich' beschrieben; ich finde sieben...; und es müssten [auf den frühen staat] weitere folgen...) aber ist das sinnvoll? verstehen wir dann adäquat die genese unserer gesellschaft, die sozio-politische und psychische genese der naturbeherrschung, unsere eigenen, 'ererbten' bewusstseinsschranken?
üblicherweise wird eingewendet (von kulturrelativisen u. Ähnlichen): das ist alles viel zu grob, viel zu schematisch. die einzelnen gesellschaften sind alle viel zu komplex und unterschiedlich, viel zu indiviudell; man kann sie so nicht vergleichen..!. aber was gewinnt man durch die abschaffung abtrakt-begrifflichen denkens? man sieht keine übergeordneten strukturen mehr, geschweige den strukturelle entwicklungen. der obst-händler kann dann nicht mehr ausrufen: "hier frische, knackige äpfel!" nein, er muss rufen: "habe hier 211 eigenartige irgendwies (weil früchte darf er auch nicht sagen! noch abstrakter...)! kommt und kauft! wenn ihr herkommt, seht ihr, wie sie alle aussehen..." schlechte werbung, weil schlechte beschreibung! ich ziehe vor, wenn äpfel ausgerufen werden: da weiß ich grob, was gemeint ist, und vor ort picke ich mir die besten individuen heraus...
was du zum thema "Linkziel" sagst, verstehe ich nicht. sprichst du vom link "stamm (gesellschaftswissenschaften) # stammesverbände" auf den in rede stehenden artikel? oder etwa von einem weiterleitungsziel "stammeskonföderation" auf einen artikel mit dem lemma "stammesverband" (so genannt, um dort die problematik "konföderation" versus "föderation" der sache und der terminologie nach unterzubringen)?
bis auf weiteres schönen gruß! --HilmarHansWerner (Diskussion) 21:31, 15. Feb. 2020 (CET)