Diskussion:Themistios/Archiv/2005
Diverses (alte Fassung)
Könnten wir bitte auf diesen Käse von der "Inbrunst", mit der Themistius (so PLRE und nahezu durchgängig die relevante angelsächsische Sekundärliteratur, oder meinetwegen auch Themistios, wenn's denn unbedingt sein muß) das Kaisertum verteidigt habe, verzichten? Mal ganz unabhängig von der darin liegenden Wertung, die völlig unsachlich ist, würde mich einmal interessieren, wie jemand im 4. Jhdt. die "Institution des Kaisertums" angreifen kann - ohne gravierende Folgen für sich selbst zu spüren. --Cataphractarius 13:41, 22. Jul 2005 (CEST)
Ich habe or. 12 nachgetragen, damit es keine Verwechslungen gibt. Außerdem wäre ich sehr vorsichtig mit der Kategorisierung von Themistius als Rhetor; er hat sich selbst als Philosoph gesehen. --Cataphractarius 13:45, 22. Jul 2005 (CEST)
Ich erkläre es noch mal, ganz ruhig und sachlich: dies ist KEINE englische Enzyklopädie. Die PLRE schreibt selbstverständlich Themistius, weil es im anglo-amerikanischen Raum üblich ist, die lateinische Namensform zu wählen. Bei uns in Deutschland ist dies NICHT der Fall. Weder im LAW noch im Pauly (egal in welcher Fassung) noch in der deutschsprachigen Fachliteratur. Dieser "Käse" von wegen Kaisertum: es kann entschärft werden, doch geht es dabei um ideengeschichtliche Fragen. Das Kaisertum der Spätantike nach Konstantin hatte sich schließlich gewandelt und ging den Weg eines christlich-sakralen Kaisertums. Themistios hat in seinen Reden sich immer zum Kaisertum bekannt, obwohl er selbst Heide war. Es gab ja durchaus gesellschaftliche Kreise, die diesen eingeschlagenen Kurs kritisierten. Es sei da mal an die Kreise um Symmachus und Libanios im 4. Jahrhundert gedacht - meintewegen kann es aber gestrichen werden. Ob er sich nun mehr als Philosph oder Rhetor sah sei mal dahingestellt - aus althistorischer Sicht sind vor allem seine Reden von Bedeutung, da er in ihnen auf die Tagespolitik eingeht. --Benowar 14:11, 22. Jul 2005 (CEST)
Nachtrag der Literatur sowie kleine Ausbesserungen (Themistius wird - vermutlich - in Byzantium geboren; Konstantinopel existiert genau genommen erst seit 330) --Cataphractarius 14:15, 22. Jul 2005 (CEST)
Der "Käse" bezog sich auf die "Inbrunst"; das scheint mir schlicht und ergreifend nicht angemessen zu sein. Wie man sich am Hof nicht zum Kaisertum bekennen kann, bleibt mir ebenso rätselhaft wie "Kreise um Libanios".--Cataphractarius 14:17, 22. Jul 2005 (CEST)
Mit "Kreise um Libanios" sind die philosophischen Kreise gemeint, die vor allem im Zuge des Versuchs einer "heidnischen Restauration" unter Julian Apostata wieder Oberwasser zu haben glaubten. Eunapios von Sardes gehörte ebenfalls dazu. Siehe beispielsweise Polymnia Athanassiadi: Julian. An Intellectual Biography. Routledge, London 1992, oder: Rowland Smith, Julian's Gods. Religion and Philosophy in the Thought and Action of Julian the Apostate. London und New York 1995. Themistios war ja am Hof, doch die anderen Kreise eben nicht(Symmachus und Libanios) - und diese wollten schließlich den Umschwung. --Benowar 14:27, 22. Jul 2005 (CEST)
Zum Thema Geburtsort - zuallererst natürlich Byzantium, nicht Konstantinopel, da es letzteres selbst bei größtem Wohlwollen 317 noch nicht gab. Die Frage ist schwierig; in or. 2, 28d und 27, 333csq. scheint er auf Paphlagonien zu verweisen, in or. 17, 214c und 34,12 auf eine Erziehung in Byzanz. Schemmel (NJP 22, 1908) und Dagron haben Paphlagonien als Geburtsort angenommen, Stegemann und PLRE nach Seeck, Briefe des Libanius (sic!) Byzanz. Mir erscheint die Konstruktion Seecks einleuchtender, aber vielleicht sollte man das tatsächlich noch vorsichtiger formulieren.--Cataphractarius 14:25, 22. Jul 2005 (CEST)
- Danke für den Beleg. --Benowar 14:27, 22. Jul 2005 (CEST)
Ich wäre mit der Annahme von "Kreisen" um Libanius vorsichtig - bei Symmachus ist das natürlich etwas völlig anderes. Aber im Falle des antiochenischen Rhetors haben wir gerade mal ein einziges Briefzeugnis, daß überdies völlig kryptisch ist; hieraus könnte man eine "heidnische Veschwörung" basteln, das wäre aber gelinde gesagt kumulativ hypothetisch. --Cataphractarius 14:31, 22. Jul 2005 (CEST)
- Es geht nicht um Verschörungstheorien - dass Libanios (und andere, siehe das Verhalten des Symmachus bei der Usurpation des Maximus und des Eugenius) einen anderen Kurs wollte, ist doch auch in der Forschung ziemlich unstrittig. Er selbst hat sich unter Theodosius vorsichtiger verhalten, aber die Existens der hednisch-neuplatonischen Kreise wird ja niemand leugnen - Eunapios baute sein ganzes Geschichtswerk offenbar um Julian im Zentrum herum auf (soweit sich das aus den Fragmenten sagen lässt und der Rezeption durch Zosimos): seine erste Fassung war wohl wesentlich stärker antichristlich gefärbt. Auch die Sophistenbiographie des Eunapios ist ja auch aus diesem Grund eine interessante kulturgeschichtliche Quelle, da sie in gewisser Weise die kurze heindische Renaissance nach Julian wiederspiegelt. Zu Seeck: es gibt nebenbei auch andere Titelaufnahmen: Seeck, Die Briefe des Libanios zeitlich geordnet. Leipzig 1906 (Reprint Hildesheim 1966) - aber das nur am Rande, ist auch weniger von Bedeutung. --Benowar 14:37, 22. Jul 2005 (CEST)
Ich habe den Seeck gerade vor mir liegen - Libanius... :) Aber in der Tat nicht wirlich wichtig. Ich wäre bei Libanius etwas vorsichtig - sein Verhältnis zu Religion und Philosophie ist immer noch nicht richtig erforscht, man müßte Missons Studien einmal ersetzen.--Cataphractarius 14:41, 22. Jul 2005 (CEST)
- Na, gut dass uns Symmachus hier weniger kümmern mus :) Kommst du, wenn ich fragen darf, mehr aus der philosophischen, philologischen oder historischen Ecke? --Benowar 14:44, 22. Jul 2005 (CEST)
Alte Geschichte/Klassische Philologie --Cataphractarius 14:46, 22. Jul 2005 (CEST)