Du und ich (Roman)
Du und ich (Originaltitel: Io e te) ist ein Roman des italienischen Schriftstellers Niccolò Ammaniti, der 2010 im Verlag Einaudi erschien. Der Roman erzählt die Geschichte des Jugendlichen Lorenzo, der seiner bis dahin unbekannten Schwester Olivia begegnet.
Handlung
Die Handlung spielt im Rom des Jahres 2000. Protagonist ist der damals vierzehnjährige Lorenzo Cuni, der schon von klein auf Schwierigkeiten hat, mit seinen Gleichaltrigen zurechtzukommen. Seine Mutter, die wegen dieses Verhaltens besorgt ist, zwingt ihn, zu einem Psychologen zu gehen. Er bekommt von diesem eine narzisstische Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Laut dem Psychologen hält er sich den anderen gegenüber erhaben und ist nicht bereit, sich in der Menge einzumischen; die einzigen Personen, die seiner Zuneigung würdig seien, seien sein Vater, seine Mutter und seine Oma.
Daraufhin lernt Lorenzo, in der Masse unterzutauchen, um als normal zu erscheinen. Eines Tages hört er, wie eine Gruppe von Jugendlichen einen einwöchigen Skiurlaub nach Cortina d’Ampezzo plant, und bleibt komischerweise enttäuscht, dass er nicht eingeladen wurde. Zu Hause angekommen, belügt er seine Mutter, indem er sagt, dass er auch eingeladen worden sei. Daraufhin sperrt sie sich auf der Toilette ein, um Lorenzo den Anblick zu ersparen, wie sie vor Freude über diese Nachricht weint. In den darauffolgenden Tagen ist die Mutter so sehr beschwingt über die Aussicht, dass ihr Sohn sich endlich ein paar Freunde gemacht hat, dass Lorenzo sich nicht traut, ihr die Wahrheit zu sagen. Mit dem Tag der Abfahrt lässt sich Lorenzo von der Mutter mit dem Auto bis zu ein paar Kreuzungen vor dem Verabredungsort begleiten. Er steigt aus dem Auto, erreicht die vereinbarte Abfahrtsstelle und sieht seinen Klassenkameraden zu, wie sie losfahren. Daraufhin beginnt Lorenzo, auf den Straßen Roms herumzuschlendern, als er kurz darauf einen Anruf seiner Mutter erhält. Sie verlangt die Mutter der Klassenkameradin, die den Ausflug organisiert hat, ans Telefon. Von Panik ergriffen, erfindet Lorenzo eine Ausrede und erfährt, dass von den Eltern keiner zu Hause ist. Indem er den Portier scharf im Auge behält, ist es ihm möglich, sich in den Keller des Hauses einzuschleichen.
Dort angekommen, findet er Konserven und Getränke vor. Zudem kann er Bücher, Comics und seine PlayStation mit dem Spiel „Soul Reaver“ ausfindig machen. Durch verschiedene und detailreiche Ausreden schafft er es, die Mutter in Schach zu halten. Nach einigen Stunden erhält er überraschenderweise einen Anruf von seiner Halbschwester Olivia, Tochter seines Vaters aus einer früheren Ehe und Lorenzo so gut wie unbekannt. Olivia fragt nach, ob momentan jemand zu Hause sei. Kurz darauf begibt sie sich zum Keller, um nach einer Schachtel zu suchen, in der sie vor langer Zeit Geld versteckt hat, das aber nicht mehr dort ist. Olivia beginnt es schlecht zu gehen, was von Entzugserscheinungen der Droge Heroin ausgelöst wird. Lorenzo beschließt daher, wenn auch widerwillig, dass sie für diese Nacht bei ihm im Keller bleiben darf. Später erkundigt sich das Mädchen, ob er Schlaftabletten vorliegen habe. Da er keine vorfindet, beschließt Lorenzo, sich welche aus der Tasche der im Sterben liegenden Oma im Krankenhaus zu besorgen.
Wieder im Keller angekommen, findet er Olivia beinahe tot vor und umhüllt sie in einer Decke. Das Mädchen, das zwischen den im Keller herumliegenden Kisten Schlafmittel finden konnte, schläft einige Tage durch und erholt sich am Ende. Anfangs ist die Beziehung zwischen den beiden angespannt; Lorenzo akzeptiert das Aufdrängen seiner Halbschwester nicht und Olivia möchte nicht, dass er sich in ihre Angelegenheiten einmischt. Und doch kommen sie sich langsam näher, von der ganzen Situation zusammengetrieben; die beiden werden so etwas wie Komplizen. Lorenzo ist dank Olivia in der Lage, viel über sich selbst herauszufinden, und auch Olivia entdeckt aufs Neue, was es bedeutet, eine Beziehung zu einem anderen Menschen zu haben. Sie essen zusammen, umarmen sich und vertrauen sich einander an.
Der Aufenthalt Lorenzos gelangt zum Ende. Die beiden verabschieden sich und versprechen sich gegenseitig, Kontakt zu halten. Zudem verspricht Olivia, sich endgültig zu entgiften. Diese zwei Versprechen werden nicht eingehalten, und zehn Jahre später befindet sich Lorenzo in Cividale del Friuli in einem Zimmer vor einem Tisch, auf dem der Leichnam der Halbschwester ruht. Am 9. Januar 2010 ist Olivia an einer Überdosis in einer Bar der friaulischen Gemeinde gestorben.
Figuren
Lorenzo Cuni
14 Jahre alt, introvertiert, die Hauptfigur und der Erzähler der Geschichte. Er verschanzt sich in den Keller seines Wohnhauses während er seinen Eltern glauben lässt, dass er mit ein paar Freunden für eine Woche in den Skiurlaub gefahren ist.
Olivia Cuni
Die Halbschwester Lorenzos, drogenabhängig, auch sie verschanzt sich im Keller um ihrer Heroinabhängigkeit ein Ende zu bereiten.
Franchino
Der Portier von Lorenzos Wohnhaus. Er erhält von Lorenzo den Spitznamen „Meerkatze“.
Lorenzos Mutter
Eine ängstliche Frau mittleren Alters, die um den introvertierten Charakters ihres Sohnes besorgt ist.
Oma Laura
Lorenzos Großmutter, die zu ihrem Enkel ein gutes und von starker Zuneigung geprägtes Verhältnis hat. Aufgrund von Darmkrebs liegt sie sterbend in einem Krankenhaus.
Rezeption
Der Roman wurde in Deutschland allgemein gut aufgenommen.
Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung hielt ihn für einen „Roman, der poetisch und weise daran erinnert, dass das Erwachsenwerden noch schwerer ist als das Erwachsensein.“[1]
Der Radiosender Deutschlandradio Kultur äußerte sich folgendermaßen über Ammaniti: „[Er] ist ein Meister der soziologischen Beobachtung, der Milieustudie, fast mit Genuß lässt er die brüchigen bürgerlichen Kokons zerfallen. (…) Das Buch erschüttert und liest sich viel zu schnell. Es macht gespannt auf den nächsten Ammaniti mit vielleicht etwas mehr erzählerischem Raum, der auch in Deutschland hoffentlich einmal die verdiente Leserschaft finden wird.“[1]
Die Märkische Allgemeine urteilt über ihn: „Nie wird Ammaniti sentimental, er bleibt schlüssig und führt Pubertätsgeschichten wie Hermann Hesses Unterm Rad und Robert Mulis [Musils] Die Verwirrungen des Zöglings Törleß souverän und aktuell fort.“[1]
Verfilmung
Der Roman wurde 2012 von dem italienischen Regisseur Bernardo Bertolucci verfilmt, allerdings mit einigen Abweichungen. In Deutschland ist der Film unter dem Titel Ich und Du bekannt. Er wurde bei den Filmfestspielen von Cannes 2012 uraufgeführt und erhielt 2013 in Italien zahlreiche Nominierungen.
In den Hauptrollen spielen Olmo Antorini (als Lorenzo Jacopo) und Tea Falco (als Olivia).
Ausgaben
- Niccolò Ammaniti: Io e te. Hrsg.: Dorothea Zeisel. Reclam, Stuttgart, ISBN 978-3-15-019844-5 (italienisch).
- Io e te. Einaudi, Turin 2010, ISBN 978-8-8062-0680-2
- Du und ich. Piper Verlag 2012, Gebundene Ausgabe, ISBN 978-3-4920-5504-8
- Du und ich. Piper Verlag 2013, Taschenbuch, ISBN 978-3-4923-0296-8
Einzelnachweise
- ↑ a b c Du und Ich. In: www.piper.de. Abgerufen am 10. Januar 2017.