Echtzeitüberweisung

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Die Echtzeitüberweisung bzw. SEPA Instant Payment ist im bargeldlosen Zahlungsverkehr eine Zahlungsart, bei der im Online-Banking Zahlungsvorgänge vom Zahlungspflichtigen bis zur Gutschrift beim Zahlungsempfänger laut Angaben der teilnehmenden Banken in „wenigen“ Sekunden erfolgen soll.[1]

Voraussetzung

Voraussetzung für SEPA-Echtzeitüberweisungen ist, dass die Senderbank das Senden anbietet und dass die Empfänger-Bank das Empfangen anbietet. Beides ist freiwillig. Die Unicredit Bank war in Deutschland die erste und lange die einzige Bank, die auch das Empfangen anbot.[2] Stand August 2020 bieten viele deutsche Banken mindestens eingehende Echtzeitüberweisung an. Eine Liste der teilnehmenden Institute kann auf der Seite des EPC abgerufen werden.[3][4] Echtzeitüberweisungen sind in allen EU-Mitgliedstaaten vorgesehen, doch beteiligten sich einige Mitgliedstaaten zögerlich an der Umsetzung.

Allgemeines

Echtzeit (englisch real-time) bedeutet in der Informationstechnik, dass durch die Online-Verbindung verschiedener stets betriebsbereiter Rechnersysteme diese die betreffenden Daten nach Erfassung innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne für andere Rechner durch Synchronisation verfügbar machen. Für Echtzeitüberweisungen werden meistens Entgelte erhoben.[5] Diese betragen in der Regel weniger als 1 Euro pro Überweisung, gelegentlich aber auch mehr.[6] Einzelne Banken bieten eine gebührenlose Echtzeitüberweisung an. Bei im Mobile-Banking tätigen Direktbanken gehört die Echtzeitüberweisung bereits zum Standard.[7]

Instant Payments können im Euro-Bereich über das System „RT1“[8] der EBA Clearing und „TIPS“[9] der Europäischen Zentralbank durchgeführt werden. Die Mehrzahl der Banken in Deutschland nutzt Stand Anfang 2021 ausschließlich RT1 für Echtzeitüberweisungen. Die Europäische Zentralbank dringt jedoch auf eine Anbindung an „TIPS“ (Target Instant Payment System), da „RT1“ und „TIPS“ nicht vollständig kompatibel zueinander sind. Die größere Verbreitung von RT1 in Deutschland erklärt sich durch das Live Datum von RT1 im November 2017, während TIPS erst ein Jahr später in Produktion ging.

Geschichte

Seit Januar 1999 kommen innerhalb des Bankensystems Echtzeit-Bruttoabwicklungssysteme wie TARGET oder TARGET2 zum Einsatz, konnten aber nicht von privaten Endkunden genutzt werden. Um die Nutzung für den privaten Endkunden entstand die Echtzeitüberweisung auf Initiative des European Retail Payments Board (ERPB) im Dezember 2014, der im November 2015 das Nachfolge-Gremium des SEPA Council mit der Entwicklung eines Echtzeit-Überweisungssystems beauftragte. Der Europäische Zahlungsverkehrsausschuss (EPC) ließ im November 2017 für alle EU-Mitgliedstaaten ein auf SEPA und dem ISO-Standard 20022 basierendes Zahlungssystem unter dem Namen „Echtzeitüberweisung“ zu. Im bislang eingesetzten Batchverfahren wurden Überweisungen bis zu einer bestimmten Uhrzeit gesammelt und anschließend stapelweise ausgeführt.[10][11]

Seit 21. November 2017 ist die Echtzeitüberweisung möglich, es sind 15.000 Euro/Überweisung möglich,[2] seit 1. Juli 2020 08:00 CET können Zahlungen bis 100.000 Euro per Echtzeitüberweisung angewiesen werden.[12]

Anfang 2019 wurden 98 % der Echtzeitüberweisungen in weniger als 3 Sekunden ausgeführt.[2]

Am 24. Juli 2020 hat der EZB-Rat ein „Maßnahmenpaket zur Förderung der Umsetzung von Echtzeitüberweisungen“, sogenannter Instant Payments, beschlossen. Darin enthalten ist eine Verpflichtung für alle per TARGET2-erreichbaren Zahlungsdienstleister mindestens eine Erreichbarkeit für eingehende Echtzeitüberweisungen zu gewährleisten. Die Umsetzung der Beschlüsse war bis Ende 2021 vorgesehen.[13]

Die Europäische Kommission stellte in ihrem Bericht über die „Retail Payments Strategy“[14] (Seite 5, unten) vom 24. September 2020 fest, dass drei Jahre nach Einführung erst 62,4 % aller EU Zahlungsdiensteanbieter die Echtzeitüberweisung implementiert haben. In dem gleichen Bericht heißt es, Zahlungsdienstleister sollen bis Ende 2021 verpflichtet werden Echtzeitüberweisungen anzubieten.

Rechtsfragen

Die Echtzeitüberweisung beruht auf dem SEPA Instant Credit Transfer (SCTInst)-Abkommen,[15] dessen wesentliche Regelungen die Kreditinstitute durch Änderungen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen übernommen haben. Es sieht unter anderem vor, dass Echtzeitüberweisungen täglich 24 Stunden ganzjährig möglich sein müssen, also auch an Sonntagen und Feiertagen.[16] Ein bisher üblicher Annahmeschluss (englisch cut-off) ist deshalb ausgeschlossen.

Echtzeitzahlungen sollen unabhängig vom Zahlungsinstrument (Überweisung, Lastschrift oder Kartenzahlung), vom zugrundeliegenden Clearingverfahren (bilaterales Interbanken-Clearing oder über Clearinghäuser) und vom Settlement (nachgelagertes Netto-Settlement unter Stellung von Sicherheiten oder Echtzeit-Bruttoabwicklungssystem) zur Verfügung stehen.

In § 675p BGB ist im Abs. 1 geregelt, dass der Zahlungsdienstnutzer den Zahlungsauftrag (z. B. Überweisung oder Lastschrift) nur bis zum Zugang beim Zahlungsdienstleister (z. B. bei einer Bank) widerrufen kann. Dies entspricht dem Rechtsgedanken des Auftragsrechts nach § 665 BGB.[17] Hiervon sind in den Abs. 2–4 als Lex specialis für bestimmte Fälle Ausnahmetatbestände geregelt. Solche Ausnahmen können vertragliche Vereinbarungen sein (Abs. 4), ein vereinbarter Termin für die Ausführung des Zahlungsauftrages (Abs. 3) oder für die Fälle der Nutzung eines Zahlungsauslösedienstleisters (Abs. 2). Weitere Ausnahmen können sich generell durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) oder Zahlungsverkehrsabkommen (z. B. SCTInst) im Interbankenverhältnis ergeben, da § 675p BGB dispositives Recht ist, also vertraglich in den Grenzen der § 305 ff. (AGB-Recht) abbedungen werden kann.[18] Ferner durch die Nutzung einer Lastschrift (Abs. 2 S. 2).

Ablauf

Diese Zahlungsart ist eine Funktion im Online-Banking, die nach Login vom Nutzer als Zahlungspflichtigem auszuwählen ist. Nach Eingabe der Zahlungsdaten einschließlich Zahlungsempfänger, dessen Bankverbindung und dem Zahlungsbetrag erfolgt die Autorisierung zum Zahlungsvorgang durch den zahlungspflichtigen Zahler. Dieser identifiziert sich gegenüber seiner Zahlstelle mittels einer TAN, mit welcher der Zahlungsvorgang abgeschlossen wird. Hierdurch erfolgt sofort die Belastung auf dem Girokonto, die Gutschrift beim Zahlungsempfänger erfolgt maximal zehn Sekunden später. Hierüber informiert die Empfängerbank sofort den Zahler.

Möglich werden hierdurch auch Zahlungen am sogenannten Point of Sale. Beispielsweise indem der Kunde via App die Echtzeitüberweisung beim Bezahlprozess an der Kasse des Geschäftes bestätigt. Die App kann nach Zahlungsdiensterichtlinie auch von einem Drittdienstleister betrieben werden.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. SEPA Instant Credit Transfer rulebook and implementation guidelines. european payments council, abgerufen am 27. Mai 2021 (englisch).
  2. a b c [https://www.t-online.de/finanzen/geldanlage/id_84082242/echtzeitueberweisung-wie-funktioniert-die-turbo-ueberweisung-.html t-online.de Instant Payments Echtzeitüberweisung: Wie funktioniert die Turbo-Überweisung? 25.04.2019, 11:01 Uhr | sm, t-online.de]
  3. Sepa Instant Credit Transfer Register of Participants. (PDF) In: EPC. EPC, 20. Juni 2020, abgerufen am 14. August 2020 (englisch, Die Seite listet Stand 12. Juni 2020 1298 deutsche Geldinsitute auf.).
  4. Anzahl der Banken in Deutschland. Abgerufen am 14. August 2020 (Für 2019 sind 1720 Kreditinstitute angegeben.).
  5. Wann kann meine Bank „Echtzeit“? In: ntv. 10. Juli 2018, abgerufen am 9. Oktober 2018.
  6. Sparkassen: Bis zu 9,99 Euro für eine Echtzeitüberweisung? In: finanzmarktwelt.de. 13. Juli 2018, abgerufen am 28. Januar 2020.
  7. Michael Heim: Smartphone-Banking im Praxistest. In: handelszeitung.ch. Abgerufen am 21. Januar 2019.
  8. EBA: Instant Payments RT1. In: EBA Clearing. Abgerufen am 13. Januar 2021.
  9. Deutsche Bundesbank: TIPS Deutsche Bundesbank. In: Bundesbank Unbarer Zahlungsverkehr. Abgerufen am 13. Januar 2021.
  10. Das Geld wird jetzt richtig schnell welt.de. Abgerufen am 10. Juli 2018.
  11. Sparkassen bieten bald Echtzeitüberweisung an – Das müssen Sie zum neuen Service wissen. In: Handelsblatt. 8. Juli 2018, abgerufen am 9. Oktober 2018.
  12. Amendment to the maximum amount per SCT Inst transaction to 100,000 euros. In: European Payment Council. 10. September 2019, abgerufen am 23. Oktober 2019 (englisch).
  13. Bundesbank: EZB-Rats-Beschluss bezüglich TIPS. Bundesbank, 16. September 2020, abgerufen am 24. Februar 2022.
  14. Europäische Kommission: COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE EUROPEAN PARLIAMENT, THE COUNCIL, THE EUROPEAN ECONOMIC AND SOCIAL COMMITTEE AND THE COMMITTEE OF THE REGIONS. In: European Payment Council. Europäische Kommission, 24. September 2020, abgerufen am 14. Januar 2021 (englisch).
  15. TIPS Deutsche Bundesbank. Deutsche Bundesbank, abgerufen am 18. Januar 2019.
  16. So funktioniert die Echtzeit-Überweisung der Sparkasse. In: Süddeutsche Zeitung. 9. Juli 2018, abgerufen am 9. Oktober 2018.
  17. Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 79. Aufl. 2020, Palandt/Sprau § 675 BGB Rn. 19.
  18. Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 79. Aufl. 2020, Palandt/Sprau § 675p BGB Rn. 1–7; Einf v § 675c BGB Rn. 13.