Eduard Pernkopf

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Eduard Pernkopf (* 24. November 1888 in Rappottenstein (Niederösterreich); † 17. April 1955 in Wien) war ein österreichischer Anatom. Er war überzeugter Nationalsozialist und Obersturmbannführer der SA sowie Dekan und Rektor der Universität Wien. Der von ihm herausgegebene Anatomieatlas, der auch Bilder von in der NS-Zeit Hingerichteten enthält, wird wegen seiner Detailtreue bis heute verwendet.[1]

Laufbahn

Eduard Pernkopf studierte in Wien Medizin. Während seines Studiums war er bereits deutschnational eingestellt und wurde Mitglied der Burschenschaft Alemannia Wien.[2] Nach seinem Studium an der Universität in Wien und der Promotion 1912 wurde Pernkopf 1920 Assistent von Ferdinand Hochstetter am II. Anatomischen Institut in Wien. Er habilitierte sich 1921 und wurde 1927 Professor der Anatomie in Wien. 1933, nach der Emeritierung Hochstetters wurde er Ordinarius für Anatomie, am 27. April desselben Jahres trat er der österreichischen NSDAP bei (Mitgliedsnummer 1.616.421).[3] Ab 1934 war Pernkopf Mitglied der damals verbotenen SA (erreichter Rang: SA-Obersturmbannführer). Nach dem Anschluss Österreichs gehörte er zu den Personen, die mit der Gleichschaltung der Universität beauftragt wurden,[4] unter anderem wurde der Medizin-Nobelpreisträger Otto Loewi verhaftet und entlassen. April 1938 wurde er als Nachfolger des ebenfalls nach dem „Anschluss“ verhafteten und entlassenen Egon Ranzi zum Dekan der medizinischen Fakultät ernannt, seine Antrittsvorlesung hielt er in SA-Uniform über „Nationalsozialismus und Wissenschaft“ und plädierte dabei für die „Ausschaltung der Erbminderwertigen, durch Sterilisation und andere Mittel“.[4] Ab 1943 war er als Nachfolger von Fritz Knoll Rektor der Universität. 1944 erfolgte eine Berufung in den Beirat des Bevollmächtigten für das Gesundheitswesen Karl Brandt.[5]

Nach Kriegsende wurde er 1945 suspendiert und verbrachte zirka zwei Jahre in alliierter Gefangenschaft im Lager Glasenbach bei Salzburg (Camp Marcus W. Orr). Anschließend setzte er, allerdings ohne seine akademischen Titel und ohne Vorlesungen zu halten, seine Arbeit an seinem Anatomieatlas, welcher zuerst 1943 als Topographische Anatomie des Menschen in Berlin erschien, fort. Er starb 1955 während der Arbeit am 4. Band. Pernkopf war von 1939 bis 1940 korrespondierendes und von 1940 bis zu seinem Tod 1955 wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er wurde am Grinzinger Friedhof bestattet.[6]

Der „Pernkopf-Anatomieatlas“

Signatur des Illustrators Lepier mit Hakenkreuz in einer frühen Auflage des Atlas

Von 1937 bis 1960 erschien von Pernkopf herausgegeben die Topographische Anatomie des Menschen, Atlas der regionär-stratigraphischen Präparation. Der Atlas setzte neue Maßstäbe in der grafischen Gestaltung anatomischer Lehrmaterialien. Noch heute finden viele der Zeichnungen des Atlas in den aktuellen Anatomielehrbüchern weltweit Anwendung. Bereits kurz nach dem Ende der Zeit des Nationalsozialismus wurden Stimmen laut, die vermuteten, dass für die von den aktiven Nationalsozialisten Erich Lepier und Karl Endtresser angefertigten anatomischen Zeichnungen des Atlas zum Teil die Leichen Hingerichteter verwendet worden waren.[7] Die Illustrationen erschienen zuletzt 1997 im von R. Putz und R. Pabst in Baltimore herausgegebenen Sobotta atlas of human anatomy. 1998 veröffentlichte die Universität Wien ein Senatsprojekt zu dieser Fragestellung, das die Entstehungsgeschichte des Atlas schildert. Es lässt sich nicht nachweisen, in welchem Umfang Präparate Hingerichteter bei der Erstellung des Atlas verwendet wurden, es gilt aber als sicher, dass eine solche Verwendung stattgefunden hat.[4] Schätzungen gehen davon aus, dass etwa die Hälfte der dargestellten Präparate von politischen Gefangenen stammen.[8]

Literatur

  • Gustav Spann: Untersuchungen zur anatomischen Wissenschaft in Wien 1938–1945. Senatsprojekt der Universität Wien. Universität Wien, Wien 1998.
  • Roman Pfefferle, Hans Pfefferle: Glimpflich entnazifiziert. Die Professorenschaft der Universität Wien von 1944 in den Nachkriegsjahren. V&R unipress, Göttingen 2014.
  • Barbara I. Tshisuaka: Pernkopf, Eduard. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1122.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Keiligh Baker: The Nazi book of anatomy still used by surgeons, bbc.com vom 19. August 2019, abgerufen am 19. August 2019 (englisch).
  2. Verzeichnis der Alten Herren der Deutschen Burschenschaft. Überlingen am Bodensee 1920, S. 242.
  3. Bundesarchiv R 9361-III/568960
  4. a b c Eduard Pernkopf, Prof. Dr. auf der Geschichts-Webseite der Universität Wien vom 14. November 2017, abgerufen am 19. August 2019
  5. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. S. Fischer, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-10-039309-0, S. 453.
  6. Grabstelle Eduard Pernkopf, Wien, Grinzinger Friedhof, Gruppe 19, Nr. 86.
  7. Krankheitsbezeichnungen von NS-Ärzten. In: taz.de. 3. Jänner 2018, abgerufen am 25. Mai 2019.
  8. Keiligh Baker, Eduard Pernkopf: The Nazi book of anatomy still used by surgeons, BBC vom 18. August 2019.