Eidgenössische Volksinitiative «Volkssouveränität statt Behördenpropaganda»

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Die eidgenössische Volksinitiative «Volkssouveränität statt Behördenpropaganda» (inoffiziell – insbesondere von Medien und Gegnern – auch «Maulkorbinitiative» genannt) ist eine in der Abstimmung vom 1. Juni 2008 von Volk und Ständen abgelehnte schweizerische Volksinitiative, die vom Verein Bürger für Bürger am 28. Januar 2003 initiiert worden war. Sie verlangte eine Ergänzung zum Art. 34 der Bundesverfassung, wonach dem Bundesrat und der Bundesverwaltung untersagt werden sollte, ihre Meinung vor Abstimmungen über amtliche Vorlagen und Kampagnen kundzutun, insbesondere Wahlwerbung und bezahlten Spin-Doctors. Diese Verfassungsänderung sollte nach Ansicht der Initianten garantieren, dass Abstimmungs- und Wahlergebnisse den freien Willen der Stimmberechtigten zum Ausdruck bilden können.[1]

Zustandekommen

Der 2002 gegründete Schweizer Verein Bürger für Bürger reichte am 10. Januar 2003 die Unterschriftenliste der Bundeskanzlei zur Vorprüfung vorgelegt. Diese kam am 28. Januar 2003[2] zum Schluss, dass die Initiative den Gesetzen entspreche,[3] so dass der Verein am 11. Februar 2003 mit der Unterschriftensammlung beginnen konnte. Am 31. August 2004 kam die Initiative mit 106'344 gültigen Unterschriften zustande.[4]

Haltung der Initianten

Die Initiative sprach sich gegen eine Parteilichkeit des Bundes in zukünftigen Volksabstimmungen aus.

Die gegenwärtige Politik des Bundes, in die Meinungsbildung über die beauftragen Bundesämter sowie PR- und Werbekampagnen einzugreifen, verzerrt nach Meinung der Befürworter die Möglichkeit zur freien Meinungsbildung in der Schweiz. Im Gegensatz zum Bund könnten die Initiatoren von Volksabstimmungen kaum Steuergelder in nahezu beliebiger Höhe ausgeben um ihre Haltung bekanntzumachen, dadurch würde es keinen fairen Wettbewerb der verschiedenen Positionen geben.

Haltung von Bundesrat und Bundesversammlung

Der Bundesrat hat am 29. Juni 2005 seine Botschaft zur Initiative publiziert. Dieser meinte, dass die Bürger das Anrecht darauf haben, die Haltung der Regierung zu einer Abstimmung zu kennen. Zudem müssten der Bundesrat und die Bundeswaltung korrigierend eingreifen können, wenn falsche Äusserungen die freie Meinungsbildung gefährden könnten. Aus diesen Gründen empfiehlt der Bundesrat dem Volke und den Ständen die Initiative abzulehnen.[1][5]

Die beiden Parlamentskammern haben die Initiative am 5. Oktober 2007 mit 146 zu 48 Stimmen im Nationalrat[6] und am 21. Dezember 2007 mit 38 zu 2 Stimmen im Ständerat[7] abgelehnt.

Abstimmungsparolen

Die Eidgenössisch-Demokratische Union, die Schweizerische Volkspartei, die Schweizer Demokraten sowie die AUNS hatten die Ja-Parole beschlossen. Die SP, die CVP, die FDP, die Grünen, die Grünliberalen und andere Parteien sowie die Regierung und Parlament hatten die Nein-Parole ausgerufen.[8][9]

Abstimmungsergebnis

Die Volksinitiative kam am 1. Juni 2008 zur Abstimmung.

Vorläufiges amtliches Endergebnis:[10]

Kanton Ja (% Ja) Nein (% Nein) Beteiligung
Kanton Zürich Zürich 106'106 (27,8 %) 275'079 (72,2 %) 47,0 %
Kanton Bern Bern 65'937 (23,1 %) 219'442 (76,9 %) 41,3 %
Kanton Luzern Luzern 29'215 (26,2 %) 82'110 (73,8 %) 46,9 %
Kanton Uri Uri 2'743 (30,3 %) 6'299 (69,7 %) 36,8 %
Kanton Schwyz Schwyz 17'621 (40,9 %) 25'511 (59,1 %) 47,6 %
Kanton Obwalden Obwalden 3'381 (31,0 %) 7'515 (69,0 %) 48,5 %
Kanton Nidwalden Nidwalden 4'186 (32,3 %) 8'784 (67,7 %) 46,1 %
Kanton Glarus Glarus 2'941 (31,7 %) 6'341 (68,3 %) 37,0 %
Kanton Zug Zug 9'400 (28,0 %) 24'194 (72,0 %) 48,9 %
Kanton Freiburg Freiburg 14'532 (20,1 %) 57'851 (79,9 %) 42,5 %
Kanton Solothurn Solothurn 19'605 (26,3 %) 54'947 (73,7 %) 44,9 %
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt 12'955 (22,5 %) 44'640 (77,5 %) 52,4 %
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft 19'042 (24,5 %) 58'635 (75,5 %) 43,8 %
Kanton Schaffhausen Schaffhausen 8'693 (30,8 %) 19'500 (69,2 %) 63,1 %
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden 4'554 (28,6 %) 11'378 (71,4 %) 43,7 %
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell Innerrhoden 1'249 (33,7 %) 2'461 (66,3 %) 34,7 %
Kanton St. Gallen St. Gallen 37'034 (31,5 %) 80'393 (68,5 %) 40,3 %
Kanton Graubünden Graubünden 11'283 (23,1 %) 37'502 (76,9 %) 38,3 %
Kanton Aargau Aargau 47'739 (30,8 %) 102'962 (69,2 %) 40,1 %
Kanton Thurgau Thurgau 17'887 (32,1 %) 37'852 (67,9 %) 37,5 %
Kanton Tessin Tessin 33'808 (34,2 %) 65'022 (65,8 %) 50,0 %
Kanton Waadt Waadt 27'193 (13,7 %) 170'688 (83,3 %) 51,1 %
Kanton Wallis Wallis 15'904 (17,6 %) 74'302 (82,4 %) 47,2 %
Kanton Neuenburg Neuenburg 8'211 (16,2 %) 42'511 (83,8 %) 48,3 %
Kanton Genf Genf 16'983 (14,3 %) 101'862 (85,7 %) 52,6 %
Kanton Jura Jura 2'700 (13,9 %) 16'703 (86,1 %) 40,0 %
Eidgenössisches Wappen Schweizerische Eidgenossenschaft 538'882 (24,8 %) 1'634'284 (75,2 %) 43,8 %

Wortlaut

Die Bundesverfassung vom 18. April 1999 wird wie folgt geändert:[11]

Art 34 Abs. 3 (neu) und 4 (neu)

  1. Mit Abschluss der parlamentarischen Beratungen werden die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe insbesondere wie folgt garantiert:
  1. Der Bundesrat, die Angehörigen des obersten Kaders der Bundesverwaltung und die Bundesämter enthalten sich der Informations- und Propagandatätigkeit. Sie enthalten sich insbesondere der Medienauftritte sowie der Teilnahme an Informations- und Abstimmungsveranstaltungen. Davon ausgenommen ist eine einmalige kurze Information an die Bevölkerung durch die Vorsteherin oder den Vorsteher des zuständigen Departements.
  2. Der Bund enthält sich jeder Finanzierung, Durchführung und Unterstützung von Informationskampagnen und Abstimmungspropaganda sowie der Produktion, Publikation und Finanzierung von Informations- und Propagandamaterial. Davon ausgenommen ist eine sachliche Broschüre mit den Erläuterungen des Bundesrates an die Stimmberechtigten. Darin sind die befürwortenden und ablehnenden Argumente ausgewogen zu berücksichtigen.
  3. Der Abstimmungstermin wird mindestens sechs Monate im Voraus publiziert.
  4. Den Stimmberechtigten werden die Abstimmungsvorlagen zusammen mit dem geltenden Text unentgeltlich zur Verfügung gestellt.
  1. Das Gesetz ordnet innert zwei Jahren Sanktionen bei Verletzung der politischen Rechte an.

Einzelnachweise

  1. a b admin.ch: Bundesrat verabschiedet Botschaft zur Volksinitiative "Volkssouveränität statt Behördenpropaganda" (Zugriff am 1. Mai 2008)
  2. admin.ch: Chronologie der Volksinitiative (Memento vom 13. Juni 2007 im Internet Archive) (Zugriff am 1. Mai 2008)
  3. admin.ch: Vorprüfung zur Volksinitiative (Zugriff am 1. Mai 2008; PDF; 30 kB)
  4. admin.ch: Zustandekommen der Volksinitiative (Zugriff am 1. Mai 2008; PDF; 89 kB)
  5. admin.ch: Bundesbeschluss zur Volksinitiative (Zugriff am 1. Mai 2008; PDF; 480 kB)
  6. parlament.ch: Schlussamstimmung des Nationalrats (Zugriff am 1. Mai 2008)
  7. parlament.ch: Schlussabstimmung des Ständerats (Zugriff am 1. Mai 2008)
  8. parlament.ch: Abstimmungsparolen zur Volksinitiative@1@2Vorlage:Toter Link/www.parlament.ch (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (Zugriff am 1. Mai 2008)
  9. Parteizeitung SD Mai 2008@1@2Vorlage:Toter Link/www.schweizer-demokraten.ch (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  10. Vorlage Nr. 533, vorläufige amtliche Endergebnisse – Schweizerische Bundeskanzlei, 1. Juni 2008
  11. admin.ch: Wortlaut zur Volksinitiative (Memento vom 18. März 2005 im Internet Archive) (Zugriff am 1. Mai 2008)

Weblinks