Einkommenseffekt

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Slutsky-Zerlegung: Einkommenseffekt und Substitutionseffekt

Als Einkommenseffekt wird in der Mikroökonomik die Änderung der Nachfrage nach einem Gut bezeichnet, die sich infolge einer Änderung des (realen) Einkommens einstellt. Genauer spricht man von einem Einkommenseffekt, wenn sich aufgrund einer Preisänderung auf einem Markt das Realeinkommen eines Akteurs verändert; diese Realeinkommensänderung bedingt dann wiederum die besagte Änderung der Nachfrage.[1]

Vom Einkommenseffekt unterscheidet man bei der Betrachtung der Folgen einer Preisänderung einen zweiten auftretenden Effekt, den so genannten Substitutionseffekt. Je nach Szenario verstärken sich die Effekte gegenseitig oder stehen einander entgegen.

Zur isolierten Betrachtung des Einkommens- und Substitutionseffektes verwendet man häufig die so genannten Slutsky-Zerlegung; insbesondere bei der graphischen Analyse wird daneben auch oft auf die (analytisch allerdings weniger ergiebige) Hicks-Zerlegung zurückgegriffen.

Formale Definition

Der Einkommenseffekt ergibt sich direkt aus der Slutsky-Gleichung (zum Beweis und zur Erklärung der einzelnen Funktionen und Variablen wird auf den Artikel Slutsky-Zerlegung verwiesen)

.

Dabei wird es in der Literatur unterschiedlich gehandhabt, ob der Einkommenseffekt nun wie überstehend definiert wird oder man das Minuszeichen von dem Ausdruck ausnimmt, womit für den Einkommenseffekt dann nur noch Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): {\displaystyle x_{j}(\mathbf{p},y)\cdot\left[\partial x_{i}(\mathbf{p},y)/\partial y\right]} stehen bliebe. Dies ist freilich für den Anwendungsfall essenziell, denn die Vorzeichen des Effektes kehren sich in diesem Fall um (sodass beispielsweise der Einkommenseffekt bei normalen Gütern stets positiv wäre, siehe weiter unten). Wir verwenden im Folgenden durchgehend erstere Definition.[2]

Für Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): {\displaystyle i=j} gibt der Term rechts des Gleichheitszeichens entsprechend die Auswirkung der Preisänderung eines Gutes auf die Nachfrage nach demselben Gut an (Eigenpreisfall).

Eigenschaften

Uneindeutigkeit des Vorzeichens

Man bezeichnet den Einkommenseffekt einer Preisänderung als positiv, wenn die Vorzeichen der Einkommens- und der Nachfrageänderung unterschiedlich sind. Andernfalls spricht man von einem negativen Einkommenseffekt. (Beachte, dass demgegenüber der Substitutionseffekt als positiv bezeichnet wird, wenn die Vorzeichen der Preis- und der [kompensierten] Nachfrageänderung identisch sind.)

Beispiel 1 (Preiserhöhung)

Man betrachte eine Situation, in der es nur zwei Güter gibt: Gut 1 und Gut 2. Zu untersuchen ist, wie sich die Nachfrage nach diesen beiden Gütern ändert, wenn der Preis von Gut 1 steigt. Die Preiserhöhung bewirkt zweierlei:

  1. Zum einen führt die Preiserhöhung von Gut 1 dazu, dass Gut 1 für den Konsumenten verglichen mit Gut 2 relativ teurer und somit unattraktiver wird. Der Haushalt wird daher weniger Einheiten von Gut 1 nachfragen und entsprechend mehr von Gut 2. Weil Gut 1 durch Gut 2 ersetzt (substituiert) wird, spricht man hierbei vom Substitutionseffekt.
  2. Zum anderen steht dem Haushalt dadurch, dass der Preis für Gut 1 steigt, insgesamt ein geringeres Einkommen zur Verfügung, sodass er seinen Konsum beider Güter einschränkt (dem liegt freilich die Annahme zugrunde, dass die beiden Gütern normal sind, siehe unten). Diesen Effekt bezeichnet man als Einkommenseffekt.

Gesamteffekt: In diesem Beispiel sind sowohl der Substitutionseffekt für Gut 1 (Preissteigerung → Nachfragerückgang) als auch der Einkommenseffekt für Gut 1 negativ (Preissteigerung → Einkommensrückgang → Nachfragerückgang). Beide Effekte addieren sich zu einem negativen Gesamteffekt auf – die Nachfrage nach Gut 1 verringert sich in der Konsequenz also. In Bezug auf Gut 2 wirken hingegen der Substitutionseffekt (positiv) und der Einkommenseffekt (negativ) gegeneinander. Eine klare Aussage über den Gesamteffekt ist hier nicht möglich. Wenn der Substitutionseffekt den Einkommenseffekt betragsmäßig überwiegt, steigt der Konsum von Gut 2; überwiegt jedoch der Einkommenseffekt, sinkt er.

Beispiel 2 (Preissenkung)

Die Überlegung kehrt sich teilweise um, wenn man statt einer Preiserhöhung eine Preissenkung von Gut 1 betrachtet. Eine solche bewirkt zweierlei:

  1. Zum einen führt die Preissenkung von Gut 1 dazu, dass Gut 1 für den Konsumenten verglichen mit Gut 2 relativ preiswerter und somit attraktiver wird. Der Haushalt wird daher mehr Einheiten von Gut 1 nachfragen und entsprechend weniger von Gut 2. Weil Gut 2 durch Gut 1 ersetzt (substituiert) wird, spricht man hierbei vom Substitutionseffekt.
  2. Zum anderen steht dem Haushalt dadurch, dass der Preis für Gut 1 sinkt, insgesamt ein größeres Einkommen zur Verfügung, von dem er weitere Güter nachfragen kann. Der Haushalt setzt das gestiegene Einkommen sodann ein, um mehr Einheiten beider Güter zu konsumieren (dem liegt freilich die Annahme zugrunde, dass die beiden Gütern normal sind, siehe unten). Diesen Effekt bezeichnet man als Einkommenseffekt.

Gesamteffekt: In diesem Beispiel sind sowohl der Substitutionseffekt als auch der Einkommenseffekt für Gut 1 positiv (Preissenkung → Nachfragesteigerung bzw. Einkommenserhöhung → Nachfragesteigerung). Beide Effekte addieren sich zu einem positiven Gesamteffekt auf – die Nachfrage nach Gut 1 steigt in der Konsequenz also. In Bezug auf Gut 2 wirken hingegen der Substitutionseffekt (negativ) und der Einkommenseffekt (positiv) gegeneinander. Eine klare Aussage über den Gesamteffekt ist hier nicht möglich. Wenn der Substitutionseffekt den Einkommenseffekt betragsmäßig überwiegt, sinkt der Konsum von Gut 2; überwiegt jedoch der Einkommenseffekt, steigt er.

Verallgemeinerung

Tatsächlich handelt es sich hier um eine allgemeine Einsicht. Während der Substitutionseffekt infolge der Preisänderung eines Gutes bei konvexen Indifferenzkurven stets negativ für die Nachfrage nach diesem Gut ist (ein höherer relativer Preis für Gut 2 führt für einen ausgabenminimierenden Konsumenten stets zu einer Verringerung der Nachfrage nach diesem Gut), erschließt sich das Vorzeichen des Einkommenseffektes (und somit auch des Gesamteffektes) nur aus weiteren Annahmen.[3] Häufig ist die Frage, welcher der Effekte überwiegt, auch bei gegebener Ausstattung der Akteure davon abhängig, in welchem Bereich der jeweiligen Budgetgerade man sich befindet.[4]

Einkommenseffekt bei verschiedenen Güterarten

Die Bezeichnungen von Gütern als inferior und normal beziehen sich jeweils auf die Richtung des Gesamteffektes bezüglich der Nachfrage bei einer Einkommensänderung (unter Konstanz der Preise). So bezeichnet man (nach einer gebräuchlichen Klassifikation) ein Gut als inferior, wenn eine Einkommenssteigerung eine Verringerung der Nachfrage nach dem Gut nach sich zieht und als normal, wenn eine Einkommenssteigerung zu einer Erhöhung der Nachfrage führt.[5] Es zeigt sich demnach, dass der Einkommenseffekt bei normalen Gütern stets negativ ist, bei inferioren hingegen positiv.[6] Dies geht unmittelbar aus der formalen Definition hervor, denn nach Definition ist Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): {\displaystyle \partial x_{i}(\mathbf{p},y)/\partial y>0} bei normalen Gütern und Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): {\displaystyle \partial x_{i}(\mathbf{p},y)/\partial y<0} bei inferioren Gütern.

Siehe auch

Literatur

  • Friedrich Breyer: Mikroökonomik. Eine Einführung. 5. Aufl. Springer, Heidelberg u. a. 2011, ISBN 978-3-642-22150-7.
  • Alfred Endres und Jörn Martiensen: Mikroökonomik. Eine integrierte Darstellung traditioneller und moderner Konzepte in Theorie und Praxis. Kohlhammer, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-17-019778-7.
  • Geoffrey A. Jehle und Philip J. Reny: Advanced Microeconomic Theory. 3. Aufl. Financial Times/Prentice Hall, Harlow 2011, ISBN 978-0-273-73191-7.
  • Andreu Mas-Colell, Michael Whinston und Jerry Green: Microeconomic Theory. Oxford University Press, Oxford 1995, ISBN 0-195-07340-1.
  • Hal Varian: Microeconomic Analysis. W. W. Norton, New York und London 1992, ISBN 0-393-95735-7.
  • Hal Varian: Intermediate Microeconomics. A Modern Approach. 8. Aufl. W. W. Norton, New York und London 2010, ISBN 978-0-393-93424-3.
  • Susanne Wied-Nebbeling und Helmut Schott: Grundlagen der Mikroökonomik. Springer, Heidelberg u. a. 2007, ISBN 978-3-540-73868-8.

Anmerkungen

  1. Vgl. Breyer 2011, S. 145; Varian 2010, S. 137, 141 ff.; Wied-Nebbeling/Schott 2007, S. 64 ff.
  2. Mit Breyer 2011, S. 148; Endres/Martiensen 2007, S. 138; Anton Barten und Volker Böhm: Consumer Theory. In: Kenneth J. Arrow and Michael D. Intrilligator (Hrsg.): Handbook of Mathematical Economics. Bd. 2. North Holland, Amsterdam 1982, ISBN 978-0-444-86127-6, S. 382–429, hier S. 417; Jochen Schumann, Ulrich Meyer und Wolfgang Ströbele: Grundzüge der mikroökonomischen Theorie. 9. Aufl. Springer, Heidelberg u. a. 2011, ISBN 978-3-642-21225-3, S. 85; Harald Wiese: Mikroökonomik. Eine Einführung. Springer, Heidelberg u. a. 2010, ISBN 978-3-642-11599-8 (auch online: doi:10.1007/978-3-642-11600-1), S. 110 f.; Thorsten Hens und Paolo Pamini: Grundzüge der analytischen Mikroökonomie. Springer, Heidelberg u. a. 2008, ISBN 978-3-540-28157-3 (auch online: doi:10.1007/978-3-540-28158-0), S. 58. Entgegen Wied-Nebbeling/Schott 2007, S. 75; Nolan H. Miller: Notes on Microeconomic Theory. online (Memento vom 15. Dezember 2011 im Internet Archive) (PDF; 1 MB), S. 65, abgerufen am 2. Januar 2015; Carl P. Simon und Lawrence Blume: Mathematics for Economists. W. W. Norton, New York und London 1994, ISBN 0-393-95733-0, S. 556.
  3. Vgl. Breyer 2011, S. 146; Varian 2010, S. 143 f.
  4. Illustrativ Wied-Nebbeling/Schott 2007, S. 68 f.
  5. Die Terminologie ist in der Literatur (insbesondere der deutschsprachigen) chronisch uneinheitlich. Die hiesige Unterscheidung folgt jedenfalls Varian 2010, S. 143 ff.; Varian 1992, S. 117; Jehle/Reny 2011, S. 56; Mas-Colell/Whinston/Green 1995, S. 25. Zur terminologischen Heterogenität vgl. Wied-Nebbeling/Schott 2007 (für die nur solche Güter normal sind, deren Anteil an den gesamten Ausgaben des Haushalts mit steigendem Einkommen sinkt, während er bei Luxusgütern steigt, wobei normale und Luxusgüter beide zu superioren Gütern zusammengefasst werden, nämlich solche, bei denen die Nachfrage mit steigendem Einkommen steigt; demgegenüber stellen sie die inferioren Güter, deren Nachfrage mit steigendem Einkommen absolut sinkt): „Leider besteht hier in der Literatur keine Einigkeit. Teilweise wird nur zwischen inferioren und superioren Gütern unterschieden, teilweise nur zwischen inferioren und normalen [wie in diesem Wikipedia-Artikel, Anm. v. Wikipedia], wobei jeweils die zweite Kategorie alle Güter umfasst, bei denen die Nachfrage mit steigendem Einkommen zunimmt. Andere Autoren kennzeichnen unsere normalen Güter auch als relativ inferior und unsere inferioren als absolut inferior.“ (S. 49)
  6. Vgl. u. a. Harald Wiese: Mikroökonomik. Eine Einführung. Springer, Heidelberg u. a. 2010, ISBN 978-3-642-11599-8 (auch online: doi:10.1007/978-3-642-11600-1), S. 110; Thorsten Hens und Paolo Pamini: Grundzüge der analytischen Mikroökonomie. Springer, Heidelberg u. a. 2008, ISBN 978-3-540-28157-3 (auch online: doi:10.1007/978-3-540-28158-0), S. 58. Man beachte die obige Definition des Einkommenseffektes (Abschnitt „Formale Definition“). Verwendet man die beschriebene Alternativdefinition, gölte hier genau das Gegenteil.