Habitat

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Das Habitat (Wortherkunft von lateinisch habitare ‚wohnen‘), im Deutschen meist mit Lebensraum übersetzt, bezeichnet in der Biologie den charakteristischen Aufenthaltsbereich einer bestimmten Tier- oder Pflanzenart[1] beziehungsweise den durch spezifische abiotische und biotische Faktoren bestimmten Lebensraum, an dem die Art in einem Stadium ihres Lebenszyklus lebt.[2]

Der Begriff des Habitats wurde ursprünglich nur autökologisch, also auf eine Art bezogen verwendet. In englischsprachiger Literatur (und mittlerweile auch gelegentlich in deutschsprachigen Texten) wird er auch in synökologischem Zusammenhang verwendet, synonym zu Biotop, so dass auch die Lebensstätte einer Gemeinschaft mit Habitat bezeichnet wird.[3] So definieren Campbell und Reece ein Habitat als einen räumlich abgrenzbaren Teilbereich eines Biotops.[4] Der Begriff wird auch in anderen Wissenschaften verwendet. In der Botanik, speziell der Vegetationsökologie, wird anstelle von Habitat im autökologischen Sinne meist vom Standort gesprochen.

Lebensraum von Tieren und Pflanzen

Unter einem Habitat wird laut Campbell und Reece (2009) der Lebensraum verstanden, den eine Auswahl von Tier- oder Pflanzenarten aus der Lebensgemeinschaft eines Biotops nutzt. Habitate bilden somit Teillebensräume in Biotopen.[4] Die Auswahl wird häufig auf wenige Arten beziehungsweise eine Art begrenzt, wie „Habitat einer Art“. Je nach Nutzungsart und -zeit wird unter anderem zwischen Nahrungs-, Laich-, Brut- und Nisthabitaten beziehungsweise Sommer- und Winterhabitaten unterschieden.

Sehr kleinräumige oder speziell abgegrenzte Habitate werden als Mikrohabitate bezeichnet. Habitate, die den bevorzugten Lebensraum einer Art kennzeichnen, werden auch Vorzugshabitate, Biochorione oder Choriotope genannt. Sie werden in der Regel für größere, heterogen strukturierte Biotope angegeben. Extremophile Arten siedeln in extremen Habitaten, in Lebensräumen mit extremen Umweltbedingungen.[5]

Umfasst der gesamte Lebensraum eines Individuums beziehungsweise einer Population mehrere unterschiedlich strukturierte Gebiete, so wird von komplementären oder Teil-Habitaten gesprochen. Sie lassen sich vor allem für mobile, wandernde Arten wie Fische oder Zugvögel bestimmen und können auch in voneinander getrennten Biotopen liegen. Teilhabitate lassen sich für alle Tiere finden, deren Habitat sich in funktionale Räume, zum Beispiel der Nahrungsaufnahme, der Fortpflanzung oder des Rückzugs, unterteilen lässt.

Im Zusammenhang mit (insbesondere jagdbaren) Wildtieren sind jägersprachlich die Bezeichnungen Einstand und Einstandsgebiet in Gebrauch. Solche Habitate bilden Schutz-, Deckungs- oder auch Ruhezonen. Die Fischfauna zum Beispiel benötigt Einstandshabitate auf oder nach kräftezehrenden Distanzwanderungen.[6]

Fauna-Flora-Habitat

Die Begriffe Fauna-Flora-Habitat und FFH-Gebiet werden umgangssprachlich verkürzend und unspezifisch für Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung verwendet, das heißt Gebieten nach Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie). Gemeint sind Habitate von zumeist einzelnen Arten, die zum Zwecke der Arterhaltung in das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000 aufgenommen wurden beziehungsweise werden.

Habitatspezifität

Der Grad der Abhängigkeit von einem bestimmten Habitat wird Habitatspezifität genannt. Damit wird zum Beispiel bei Parasiten deren Abhängigkeit von bestimmten Körperregionen am oder im Wirtsorganismus beschrieben.

Zur Wortherkunft

Die breite Verwendung des Begriffs Habitat in der Biologie geht auf den Naturforscher Carl von Linné zurück, der in seinem 1753 erschienenen Werk Species Plantarum[7] bei seinen lateinischsprachigen Artbeschreibungen den Satz beziehungsweise Absatz zum Lebensraum der Art stets einleitete mit kursiv hervorgehobenem

Habitat in …

(Betonung auf erster Silbe, daher zum Beispiel spanisch

hábitat

).[8][9] Diese Gepflogenheit ist bei späteren Artbeschreibungen beibehalten worden.

Zum Bedeutungswandel

Sowohl im Deutschen[1][10] als auch in anderen Sprachen – so im Französischen[11] und Spanischen[12][8] – wird der Begriff ursprünglich nur autökologisch verwendet, das heißt jedes Habitat ist ein Habitat einer Art. Die Verwendung in synökologischem Zusammenhang, bis hin zum Synonym für Biotop,[3] ist vor allem auf den Einfluss aus dem englischen Sprachraum zurückzuführen.

Lebensraum des Menschen

In der Anthropologie bezeichnet Habitat allgemein eine Wohnstätte wie ein Haus oder Zelt oder auch eine Siedlung des Menschen, als Wohnplatz, Ortschaft, Agglomeration oder landschaftstypische Wohnform, oder ein Siedlungsgebiet als eine von einer gewissen Bevölkerungsgruppe als Wohnraum genutzte Region. Auch eine Wohnstation auf einem anderen Himmelskörper im Weltraum wird Habitat genannt. In diesem Sinne werden Habitate des Menschen von der Siedlungsgeographie und Makrosoziologie untersucht.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

  • Richtlinie 92/43/EWG vom 21. Mai 1992 (FFH-Richtlinie) im Amtsblatt der Europäischen Union mit Anhängen (Anhang I – Natürliche Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen
    Anhang II – Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen
    Anhang III – Kriterien zur Auswahl der Gebiete, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung bestimmt und als besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden könnten
    Anhang IV – Streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse
    Anhang V – Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, deren Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen sein können)

Einzelnachweise

  1. a b Habitat. s. [von latein. habitare = bewohnen], Aufenthaltsbereich einer Tier- oder Pflanzenart innerhalb eines Biotops. Lexikon der Biologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1999. – Anm.: Lat. habĭtat ist die 3. Pers. Sing. Praes. Ind. von habitāre.
  2. Habitat, durch spezifische abiotische und biotische Faktoren bestimmter Lebensraum, an dem eine Organismenart in einem der Stadien ihres Lebenskreislaufs zu Hause ist. Kompaktlexikon der Biologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2001.
  3. a b Matthias Schaefer: Wörterbuch der Ökologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-8274-2561-4, S. 111.
  4. a b Neil A. Campbell, Jane B. Reece: Biologie. 8. Auflage. Pearson Studium, 2009, ISBN 978-3-8273-7287-1, S. 1610.
  5. Andreas Kremling: Kompendium Systembiologie – mathematische Modellierung und Modellanalyse. Vieweg & Teubner, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-8348-1907-9, S. 11.
  6. Gerhard Albert & Hans Langer: Ökologische Neuorientierung der Bundeswasserstraßenbewirtschaftung. Umweltbundesamt, S. 41 (39), abgerufen am 13. August 2014: „Die Hydromorphologie muss […] im Hinblick auf die Wanderungen der aquatischen Fauna [… geeignete] Einstandshabitate zur Unterbrechung der kraftzehrenden Langdistanz-Wanderungen [… aufweisen.]“
  7. Carolus Linnaeus: Species Plantarum. Lars Salvius, Stockholm 1753, digitalisierte Fassung.
  8. a b Real Academia Española: hábitat. (Del lat. habĭtat, 3.ª pers. de sing. del pres. de indic. de habitāre). 1. m. Ecol. Lugar de condiciones apropiadas para que viva un organismo, especie o comunidad animal o vegetal.
  9. Thomas M. Smith, Robert L. Smith: Ökologie. Pearson Studium Verlag, ISBN 978-3-8273-7313-7, S. 10.
  10. Habitat in: Lexikon der Geographie, Online-Ausgabe.
  11. HABITAT, subst. masc. A. − Espace qui offre des conditions qui conviennent à la vie et au développement d'une espèce animale ou végétale. L'habitat d'un animal, d'une plante (Ac. 1935). […] Centre National de Ressources Textuelles et Lexicales (CNRTL).
  12. Diccionario de la lengua española. Espasa-Calpe, Madrid 2005. hábitat. m. ecol. Lugar que ocupa una especie animal o vegetal: el mar es el hábitat de las medusas. ecol. Conjunto de condiciones geofísicas en que se desarrolla la vida de una especie o de una comunidad animal o vegetal: las nutrias del Pirineo desaparecieron al verse dañado su hábitat. (wordreference.com).