Elisenbrunnen
Der Elisenbrunnen in Aachen ist ein klassizistischer Bau der Architekten Johann Peter Cremer und Karl Friedrich Schinkel. Die Bauausführung oblag dem Aachener Privatbaumeister Andreas Hansen. Benannt wurde der Bau nach der preußischen Kronprinzessin Elisabeth Ludovika von Bayern (Elise), der Tochter des bayrischen Königs Maximilian I., Gemahlin des späteren preußischen Königs Friedrich Wilhelms IV. Ihre Büste wurde 1828 aus Carraramarmor von Christian Friedrich Tieck angefertigt und 1832 in der Rotunde aufgestellt.
Der Elisenbrunnen besteht heute aus einer offenen Wandelhalle mit dorischem Säulenvorbau und jeweils einem Pavillon links und rechts mit mehreren Räumlichkeiten. Aus zwei Trinkbrunnen fließt das warme Wasser der Kaiserquelle (52 °C), das über eine Leitung vom Büchel zum Brunnen geleitet wird. Das Wasser ist stark schwefelhaltig, so dass vom Elisenbrunnen stets ein charakteristischer Geruch nach faulen Eiern (Schwefelwasserstoff) ausgeht.
Geschichte
Errichtung
Aufgrund seiner zahlreichen Thermalquellen war Aachen seit alters her ein Bade- und Kurort. Bereits die Römer nutzten die heißen Quellen zum Betrieb von Thermen. Ende des 17. Jahrhunderts wurde Aachen zum „Modebad“, das von gekrönten Häuptern und anderen Prominenten aufgesucht wurde.
1819 beschloss der Aachener Stadtrat den Bau einer Brunnenhalle. Mit dem neuen Trinkbrunnen sollte ein repräsentatives Gebäude erbaut werden, in dem an Kurgäste das als Heilwasser geschätzte Thermalwasser der 180 m entfernten „Kaiserquelle“ ausgegeben werden konnte. Als ursprünglicher Standort der Brunnenanlage war der Holzgraben vorgesehen. Aufgrund der besseren morphologischen Position (gleichmäßiges Gefälle von der Kaiserquelle) entschied man sich jedoch für den Standort am Friedrich-Wilhelm-Platz. Die Grundsteinlegung des Brunnens erfolgte anlässlich des 25. Thronjubiläums des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. am 16. November 1822. Im Jahr 1823 überarbeitete Karl Friedrich Schinkel die ursprünglichen Baupläne von Cremer. Erst nach der Erteilung der Baugenehmigung durch die preußische Regierung 1824 konnte mit den Bauarbeiten zum neuen Trinkbrunnen begonnen werden. Der rückwärtige Teil des Elisenbrunnes wurde auf Resten der mittelalterlichen Stadtmauer („Barbarossamauer“) errichtet. Der Weiterbau musste jedoch bereits 1825 aufgrund von finanziellen Engpässen der Stadt eingestellt werden. Um die Finanzierung zu gewährleisten, wurde vom Stadtrat die Einführung einer indirekten Steuer auf Futtermittel, Wein und Baumaterialien gefordert, welches jedoch von der preußischen Regierung abgelehnt wurde.[1] Am 2. Mai 1827 wurde der Elisenbrunnen eröffnet, die offizielle Einweihung erfolgte jedoch erst im Jahr 1828.[2] Das Thermalwasser wurde im Untergeschoss der Rotunde ausgeschenkt, zu dem 20 Stufen über zwei bogenförmige Treppen von links und rechts hinabführten.
Die Architektur des (als Gesamtbau) 266 Fuß (mit geschätzt 30 cm/Fuß umgerechnet: 79,8 m) langen Trinkbrunnens bestand aus einem zentralen Rundbau mit einem Durchmesser von 56 Fuß, einer inneren Höhe von 36 Fuß und einer äußeren von 46 Fuß (umgerechnet ca. 13,8 m), zwei seitlichen Säulengängen als Promenade von je 90 Fuß Länge und angrenzenden Flügelbauten. Der linke 40 Fuß lange und 28 Fuß breite Flügelbau war mit Marmor gefliest. Der rechte bestand aus einem Musikzimmer, einem Imbissraum und zugehöriger Küche.
Der Brunnenaufseher wohnte direkt neben dem Rundbau. In seiner Wohnung befand sich der Haupteingang des unterirdischen Kanals zu der Kaiserquelle. Die Länge der Leitung aus Bleiröhren betrug 680 Fuß (umgerechnet ca. 204 m). Das 46 °C heiße „Kaiserquellwasser“ verlor 2,5 Kelvin auf dieser Strecke. Ein vergoldeter Pinienzapfen krönte das Zeltdach des Rundbaus. Die gesamte Anlage war mit Zinkblech gedeckt.[3]
An die Prominenten, die als Kurgäste das Wasser der Kaiserquelle tranken, erinnern Marmortafeln in der Halle, die während der ersten großen Rekonstruktion 1883 angebracht wurden. Darunter sind Peter der Große, Friedrich der Große, Giacomo Casanova und Georg Friedrich Händel. Im Zuge der Rekonstruktion wurde die Marmorbüste der Elise durch eine Kopie ersetzt und das Original in die Obhut des Suermondt-Museums übergeben.[2]
Im rechten Pavillon des Gebäudes war seit 1907 das Büro des 1902 gegründeten Aachener Verkehrsvereins eingerichtet, während im linken Teil ein Restaurant und zeitweilig ein Brunnenausschank untergebracht war. Die Verkostung des Thermalwassers war ursprünglich kostenpflichtig. 1938 wurde der untere Trinkraum geschlossen und der Brunnen einige Meter höher verlegt.
Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und Rekonstruktion
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Elisenbrunnen am 14. Juli 1943 durch Bombenangriffe fast vollständig zerstört und Anfang der 1950er Jahre originalgetreu rekonstruiert. 1948 wurde ein Architekturwettbewerb zur Neugestaltung des Elisenbrunnens und seiner Umgebung ausgerichtet. Die eingereichten, teilweise modernen Entwürfe führten zu heftigen Kontroversen in der Bevölkerung. Der Brunnen hatte sich so in den Herzen der Aachener Bürger etabliert, dass sich der weltberühmte Architekt Ludwig Mies van der Rohe bei einem Besuch in seiner Heimatstadt für einen unveränderten Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Brunnens aussprach. Schließlich wurde die Anlage unter diesen strengen Auflagen durch das Aachener Bauunternehmen Robert Grünzig wieder aufgebaut und man übergab 1953 den Trinkbrunnen erneut seiner Bestimmung. Das Restaurant war nun im Tausch mit dem Büro des Verkehrsvereins im rechten Teil untergebracht. Im linken Anbau befand sich ein Brunnenraum für Kurgäste. 1971 wurde die große Brunnenschale mit den Seepferdchen gegen zwei Becken aus afrikanischem Granit ausgetauscht, der eine höhere Resistenz gegenüber dem heißen, mineralisierten Thermalwasser aufweist. Das Wasser des Kaiserquelle sprudelt seither aus zwei Löwenmäulern, die über den Granitschalen angebracht sind. Der alte Brunnen steht heute als Seepferdchenbrunnen auf dem Platz zwischen Kleverstraße und Kapellenstraße in Burtscheid.
Entwicklung nach 2000
Im Jahr 2009 wurde der Elisenbrunnen über mehrere Monate für den Besucherverkehr gesperrt; im Gewölbe des unter der Rotunde befindlichen Kellerraums waren statische Mängel festgestellt worden. Der Boden der Rotunde musste daher entfernt werden. Dabei wurde das ehemalige Kellergewölbe komplett freigelegt. Nach Abschluss der statischen Sicherungsarbeiten wurde der Boden bzw. die Decke des Gewölbes mit originalgetreuen (und für die Region typischen) Blausteinplatten rekonstruiert.
Hinter dem Gebäude des Elisenbrunnens schließt sich der Elisengarten als ein kleiner Park an, in dem von 1873 bis 1891 ein weiterer Trinkbrunnen aufgestellt war, damit die Kurgäste den Park während der Trinkkur nicht verlassen mussten. Gegenwärtig wird der Elisenbrunnen für zahlreiche kulturelle Veranstaltungen genutzt. So finden in der Rotunde des Elisenbrunnens von April bis Oktober sonntäglich im Wechsel Salsa[4] und Tango Argentino[5] statt. Im Rahmen des Kulturfestivals across the borders gab es eine Fotoausstellung.[6] Der Elisenbrunnen war 2009 einer der zentralen Veranstaltungsorte am Tag des offenen Denkmals in Aachen.
Aufgrund der chemischen Zusammensetzung des Thermalwassers muss dieses juristisch als Arzneimittel betrachtet werden und darf laut Arzneimittelgesetz demnach nur noch unter Aufsicht abgegeben werden.[7] Als Alternative zu den zeitweiligen Überlegungen, die Thermalwasserbrunnen nach den Rekonstruktionsarbeiten an der Rotunde nicht wieder in Betrieb zu nehmen, wurden an beiden Trinkbrunnen der Kaiserquelle „Kein Trinkwasser“-Hinweisschilder angebracht.
Verkehrsanbindung
Die Bushaltestelle Elisenbrunnen ist einer der wichtigsten Knotenpunkte im Busverkehr in Aachen und außerdem Endpunkt einiger Linien der ASEAG.
Siehe auch
Literatur
- Johannes Everling: Die Architekten Adam Franz Friedrich Leydel und Johann Peter Cremer und ihre Bedeutung für die Aachener Baugeschichte. Eine Studie zur Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts. Dissertation, RWTH Aachen, Aachen 1923, S. 87f.
- Adam C. Oellers & Caroline Weber: Festschrift: 175 Jahre Elisenbrunnen. Eine Ausstellung des Museums Burg Frankenberg. Aachen 1998, 20 S.
- Holger A. Dux: Aachen, ein verlorenes Stadtbild. Wartberg, Gudensberg-Gleichen 2000, ISBN 3-86134-664-8.
- Horst Barhainski: Der Elisenbrunnen. In: Werner Pfeil u. a.: Die Geschichte Aachens in 55 Objekten. AKV Sammlung Crous, Aachen 2017 (Schriftenreihe AKV Sammlung Crous; 10), ISBN 978-3-9817499-3-9, S. 132–135.
Weblinks
- Eintrag zu Elisenbrunnen in Aachen in der Datenbank „KuLaDig“ des Landschaftsverbands Rheinland
Einzelnachweise
- ↑ Adam C. Oellers, Caroline Weber: Festschrift 175 Jahre Elisenbrunnen. Hrsg. Burg Frankenberg & Sparkasse Aachen, Aachen 1998.
- ↑ a b Bernhard Poll (Hrsg.): Geschichte Aachens in Daten. Stadtarchiv Aachen, Aachen 1960, S. 123.
- ↑ Christian Quix: Historisch-topographische Beschreibung der Stadt Aachen und ihrer Umgebung. DuMont-Schauberg Köln, Aachen 1829, S. 19 f.
- ↑ Open-Air Salsa in Aachen. Salsa in Aachen, abgerufen am 7. Juli 2010.
- ↑ Tango im Elisenbrunnen. Tango Casino, abgerufen am 2. Mai 2010.
- ↑ Andreas Herrmann: Eine Revue der Stadtkultur. Aachener Nachrichten, abgerufen am 24. Juli 2009.
- ↑ Das Ende für die Thermalbrunnen im Elisenbrunnen? Aachener Zeitung, abgerufen am 31. Juli 2009.
Koordinaten: 50° 46′ 27″ N, 6° 5′ 13″ O