Ellen Auerbach

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Ellen Auerbach (* 20. Mai 1906 in Karlsruhe als Ellen Rosenberg; † 30. Juli 2004 in New York City) war eine berühmte deutsch-amerikanische Fotografin und Filmemacherin. International bekannt wurde sie noch unter ihrem Geburtsnamen in den 1930er Jahren durch ihre gemeinsame Arbeit mit der Künstlerin Grete Stern, mit der sie das Fotostudio ringl + pit gründete. Ihre Arbeiten galten als eine bedeutende Innovation in der Porträt- und Werbefotografie. Sie beeinflusste zahlreiche europäische und amerikanische Künstler.

Leben

Auerbach stammte aus einem bürgerlich-jüdischen Elternhaus. Von ihren Eltern bekam sie den Kosenamen Pit. Mit 18 Jahren begann sie ein Studium der Bildhauerei an der Badischen Landeskunstschule in Karlsruhe. 1928 wechselte sie zur Akademie der bildenden Künste in Stuttgart. Dort machte sie Experimente mit einer 9x12-Plattenkamera, die sie von ihrem Onkel geschenkt bekam. Seitdem wandte sie sich der Fotografie zu.

1929 zog sie nach Berlin, um eine fotografische Ausbildung bei Walter Peterhans zu absolvieren. Durch Peterhans, der am Bauhaus in Dessau unterrichtete, lernte sie Grete Stern kennen, die zu ihrer Geschäftspartnerin wurde. Aus einem ehemaligen Atelier von Peterhans errichteten sie das Fotostudio ringl + pit, benannt nach ihren beiden Kosenamen. Von Beginn an spezialisierten sie sich auf Werbe- und Porträtfotografie. Anfang der 1930er Jahre lernte sie den Bühnenbildner und Marxisten Walter Auerbach kennen.[1]

Um diese Zeit kaufte sie sich eine 16-mm-Kamera und begann nebenher Filme aufzunehmen. Es entstand unter anderem der sechsminütige improvisierte Spielfilm Gretchen hat Ausgang mit ihrer Partnerin Grete Stern als täppischer Dienstbotin.

1933 gewannen ringl + pit für ihre Werbeaufnahme „Komol“ bei der Exposition Internationale de la Photographie et du Cinéma in Brüssel den Ersten Preis. Im selben Jahr trennten sich zunächst ihre Wege. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten emigrierte Ellen Rosenberg mit Walter Auerbach nach Palästina. In Marseille filmte sie das Ablegen des Dampfers mit dem ebenfalls an Bord befindlichen Chaim Weizmann und das fröhliche Treiben auf dem Schiff. Der dreiminütige Stummfilm erhielt den Titel Palästina. Die große Reise. Ihre Eltern wurden in das französische Internierungslager Camp de Gurs deportiert, überlebten und kehrten später nach Karlsruhe zurück. Ihr Bruder konnte 1936 nach Buenos Aires entkommen.

In Tel Aviv eröffnete sie das Fotostudio Ishon, das sich auf Babyfotografie spezialisierte. Für den Jüdischen Nationalfonds drehte sie einen Dokumentarfilm über Tel Aviv. Dieser Stummfilm ist als neunminütiges Fragment erhalten und zeigt das Wachsen der Stadt.

1936 verließ sie Palästina wieder und reiste zu Grete Stern, die 1933 nach London emigriert war. Ohne Aussicht auf beruflichen Erfolg in England heiratete sie 1937 Walter Auerbach und siedelte mit ihm in die USA über, Grete Stern wanderte nach Argentinien aus.

Die Auerbachs lebten zunächst in Philadelphia, zogen dann nach New York, wo Ellen unter anderem als freie Fotografin für das Time Magazine arbeitete. Die New-York-Fotos gehören zu Ellen Auerbachs schönsten Arbeiten. Hier gelang es ihr, die Mischung aus Glamour und Elend einzufangen. Eines ihrer Fotos zeigt eine gerahmte Zeichnung der Freiheitsstatue, die mit anderem Trödel an einem Straßenstand verkauft wird. Für viele Kritiker sagt dieses Bild mehr über die großen Erwartungen und ebenso großen Enttäuschungen vieler damaliger Exilanten aus als ein Roman.

1945 trennte sie sich von ihrem Mann. Von 1946 bis 1948 machte sie filmische und fotografische Verhaltensstudien an Kindern und Säuglingen. Seit 1953 war sie als Dozentin an verschiedenen Kunsthochschulen tätig. 1956 beendete sie ihre Karriere als Fotografin und wandte sich der Pädagogik und der Psychologie zu. Von 1965 bis 1984 war sie Erziehungstherapeutin für lerngestörte Kinder am Educational Institute for Learning and Research in New York.

Ellen Auerbach fühlte sich ihr Leben lang heimatlos, so äußerte sie:

„Ich fühle mich nicht als Europäerin oder Amerikanerin, sondern als ganz unzureichende Weltbürgerin!“

Ausstellungen (Auswahl)

  • 1946 Menninger Foundation (Kinderporträts)
  • 1957 Madonna’s and Market Places, Lime Light Gallery, New York City|New York
  • 1963 Mexico (zusammen mit Eliot Porter), Cosmopolitan Club, Philadelphia
  • 1977 Künstlerinnen International, Berlin 1877–1977, Schloß Charlottenburg, Berlin (Gruppenausstellung)
  • 1978 Mexican Church Interiors (zusammen mit Eliot Porter), Sander Gallery, Washington, D.C.
  • 1979 Studio ringl + pit, Sander Gallery, Washington DC
  • 1980 Avant-Garde Photography in Germany 1919-1939, San Francisco (Gruppenausstellung)
  • 1981 Fotografien ringl + pit, 1930–1933, Bauhaus-Archiv, Berlin
  • 1982 Ellen Auerbach. Pictures after 1934, The Photographer’s Gallery, London
  • 1984 ringl + pit, Deutsche Botschaft, Buenos Aires
  • 1984 Photography of the 30s, Sander Gallery, New York (Gruppenausstellung)
  • 1985 ringl + pit, Goethe-Institut, New York
  • 1986 Fotografie und Bauhaus, Kestner-Gesellschaft, Hannover (Gruppenausstellung)
  • 1989 Werbefotografie in Deutschland seit den zwanziger Jahren, Folkwang-Museum, Essen (Gruppenausstellung)
  • 1990 Fotografie am Bauhaus, Bauhaus-Archiv, Berlin (Gruppenausstellung)
  • 1991 ringl + pit, Goethe-Institut, Vancouver
  • 1993 Women on the edge. Twenty Photographers 1919-1939, J. Paul Getty Museum, Los Angeles (Gruppenausstellung)
  • 1993 ringl + pit, Folkwang-Museum, Essen
  • 1994 Ellen Auerbach: From the Bauhaus to God’s House, Robert Mann Gallery, New York
  • 1994 Fotografinnen der Weimarer Republik, Folkwang-Museum, Essen (Gruppenausstellung)
  • 1995 ringl + pit, Berlin 1928–1933, Port Washington Library, Port Washington
  • 1997 Deutsche Fotografie. Macht eines Mediums, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn (Gruppenausstellung)
  • 1998 Die Fotografin Ellen Auerbach. Retrospective. Akademie der Künste, Berlin
  • 2006 Hommage à pit, Ellen Auerbach zum 100. Geburtstag, Pinakothek der Moderne, München
  • 2008 Ellen Auerbach "All die Neuanfänge …", Käthe-Kollwitz-Museum Köln
  • 2009 Ellen Auerbach "All die Neuanfänge …", Städtische Museen, Zwickau
  • 2015 Berlijn - Tel Aviv - New York - Een fotografische Wereldreis, Museum de Fundatie, Zwolle

Nachlass

Ellen Auerbachs umfangreicher Nachlass befindet sich im Archiv der Akademie der Künste in Berlin.[2]

Nach ihr benannt ist das Ellen-Auerbach-Stipendium, das mit 20.000 Euro aus dem Nachlass Auerbachs dotiert ist und alle zwei Jahre von der Berliner Akademie der Künste vergeben wird.[3]

Literatur

  • Hannelore Fischer: All die Neuanfänge.... Greven, Köln 2008, ISBN 978-3-7743-0424-6.
  • Ingelmann, Inka Graeve: Ellen Auerbach. Das dritte Auge. Leben und Werk. Schirmer Mosel, München 2006, ISBN 3-8296-0223-5 (Zugleich Dissertation an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig 2002).
  • Katharina Sykora: Doppelspiele. Die fotografische Zusammenarbeit von Ellen Auerbach und Grete Stern. in: Renate Berger (Hrsg.): Liebe, Macht, Kunst. Künstlerpaare im 20. Jahrhundert. Böhlau, Köln / Weimar / Wien 2000, ISBN 3-412-08400-X.
  • Ute Eskildsen, Jean-Christophe Ammann, Renate Schubert, Susanne Baumann (Hrsg.): Ellen Auerbach, Berlin, Tel Aviv, London, New York. (Übersetzt von Judith Gilbert und Michele Schons). Prestel, München 1998, ISBN 3-7913-1972-8.
  • Dokumentarfilm: Drei Fotografinnen: Ilse Bing, Grete Stern, Ellen Auerbach. Regie: Antonia Lerch, Berlin 1993[4]
  • Jeanpaul Goergen: Ellen Auerbach – Fotografin, Filmmacherin. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 23, 1993

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Boris Friedewald: Ellen Auerbach. In: Boris Friedewald: Meisterinnen des Lichts : große Fotografinnen aus zwei Jahrhunderten. Prestel, München 2014, ISBN 978-3-7913-4673-1, S. 20–23
  2. Nachlass im Archiv der Akademie der Künste, Berlin
  3. AdK: Ellen-Auerbach-Stipendium, adk.de, abgerufen 17. August 2020
  4. Marietta Harder: Drei Fotografinnen. Eine Doku von Antonia Lerch auf AVIVA-Berlin, abgerufen am 1. Mai 2020.