Elohim

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Elohim (hebräisch אֱלֹהִים ělohīm, deutsch ‚Gott, Götter‘), in aschkenasischer Aussprache Elauhim, Eloihim, ist in der hebräischen Bibel – dem Tanach – die Bezeichnung für „Gott“, wird aber häufig auch als Eigenname gebraucht.[1] Er wird nahezu ausschließlich für JHWH, den Gott der Hebräer bzw. Israeliten, gebraucht, besonders in seiner Eigenschaft als Schöpfer der Welt und in Polemiken gegen die Verehrung fremder Götter in Israel.

Singular- und Pluralformen

Elohim ist der formal-grammatische Plural zu אֱלוֹהַּ beziehungsweise אֱלֹהַּ Eloah. Bezieht sich diese Bezeichnung auf den Gott Israels, erscheint sie in der Bibel immer mit Verbformen im Singular und wird dann mit „Gott“ übersetzt. Nur wenn von „(anderen) Göttern“ die Rede ist, steht auch das Verb im Plural.

Eloah erscheint im Tanach selten und nur an literatur- und theologiegeschichtlich späten Stellen. Er bedeutet in seiner semitischen Grundform wahrscheinlich „Mächtiger“ oder „Starker“. Dasselbe Wort lautet auf Aramäisch אֱלָהּ Elah bzw. אֱלָהָא Elaha (mit angehängtem Artikel -a), auf Arabisch إله ilāh, woraus mit dem Artikel الـ al الله Allah (von al-ilāh ‚der Gott‘) wird.

Das Verhältnis von Eloah/Elohim zum Wort und Eigennamen אֵל El ist ungeklärt. Die drei Worte können im Tanach auch Engel und sogar Menschen bezeichnen, etwa in Ex 4,16 EU:

„… und er (Aaron) soll dein Mund sein und du (Moses) sollst für ihn Gott [Elohim] sein.“

Daher werden Bibelstellen, in denen Elohim durch das Textumfeld mehrdeutig ist, verschieden übersetzt. So übersetzt die Lutherbibel Ps 8,6 EU: וַתְּחַסְּרֵהוּ מְּעַט, מֵאֱלֹהִים; וְכָבוֹד וְהָדָר תְּעַטְּרֵהוּ.[2]

„Du [JHWH] hast ihn [den Menschen] wenig niedriger gemacht als Gott …“

Die Zürcher Bibel dagegen übersetzte hier bis 2007: „… als die Engel“.

Interpretation des Plural

Frühere christliche Exegeten deuteten die Pluralform „Elohim“ in Verbindung mit Verben im Singular oft als versteckten Hinweis auf eine Dreieinigkeit (Trinität) des Gottes. Von konservativen Theologen heute wird sie eher als Ausdruck der Macht und Würdigung Gottes (pluralis maiestatis) verstanden.[3]

Dass die Namen Elohim und JHWH im Pentateuch in verschiedenen Zusammenhängen genannt werden, war entscheidender Anhalts- und Ausgangspunkt für die Urkundenhypothese der alttestamentlichen Exegese im 19. Jahrhundert: Sie behauptete, dass der Pentateuch literarisch aus zwei bis vier unabhängig voneinander verfassten Quellenschriften zusammengesetzt wurde. Den vermuteten Autor der Textstränge, die Gott durchgängig Elohim nennen, nannte man den Elohisten im Unterschied zum Jahwisten, dem man die ausschließliche Verwendung des Eigennamens JHWH zuschrieb. Die von Julius Wellhausen klassisch formulierte Hypothese der Pentateuchquellen gilt als überholt.[4]

Religionshistoriker hingegen sehen darin hier ein „noch bewusstes oder schon verdrängtes Relikt des Polytheismus kanaanäischer Provenienz“.[5] Der Allgemeinbegriff „Elohim“ stammt aus der polytheistischen Götterwelt Kanaans, in deren Zentrum der kanaanäisch-syrische Hauptgott El steht. So wurden etwa in Ugarit Tontafeln mit zahlreichen Götternamen gefunden, darunter der „El Aeljon“, der dort die männliche Schöpfergottheit bezeichnet.

Verhältnis von Elohim zu JHWH

Um den Gott Israels unverwechselbar von anderen Göttern abzugrenzen, die ebenfalls mit El/Elohim bezeichnet werden konnten, benannten frühe Stämmetraditionen der Israeliten ihren Gott mit dem Eigennamen des jeweiligen Erzvaters ihrer Sippe, etwa als El Abrahams, Isaaks und Jakobs. Diese Sippengötter wurden zunächst wohl miteinander identifiziert, als die Sippen zu einem Volk zusammenwuchsen.

Der Name JHWH wird nach Ex 3,14 EU erst im Zusammenhang der Berufung des Mose zur Befreiung seines Volkes aus Ägypten offenbart und gedeutet. Er wird also dem Gott Gesamtisraels und seiner Selbstoffenbarung vorbehalten. Die in der Bibel einmalige Aussage „Ich bin, der ich bin“ oder „Ich bin der ‚Ich bin‘.“ wird als Zurückweisung verstanden: JHWH lässt sich im Gegensatz zu anderen Namen und Titeln Gottes nicht zum Objekt machen und als magische Formel beschwören. Dieser Name kann nur von seinem Träger selbst erklärt werden; er bindet diesen besonderen Gott an die besondere Geschichte Israels, unterscheidet ihn von anderen Göttern und ist daher auch nicht mit „Elohim“ austauschbar.[6]

Das Neue Testament hat „Elohim“ mit dem griechischen „ho theos“ (der Gott), „JHWH“ aber wie die griechische Übersetzung der hebräischen Bibel (Septuaginta) konsequent mit „ho kyrios“ (der Herr) übersetzt und mit dem Namen „Jesus Christus“ verbunden (z. B. in 1 Petr 1,3 EU):

  • Gelobt sei Gott [theos], der Vater unseres Herrn [kyrios] Jesus Christus …

Literatur

Einzelnachweise

  1. Wolfhart Pannenberg: Systematische Theologie. Bd. 1, Göttingen 1988, S. 78.
  2. mechon-mamre Psalms Chapter 8
  3. Karl Erich Grözinger, Jüdisches Denken: Theologie, Philosophie, Mystik, Band 1, 2004, S. 133.
  4. Vgl. Elohist. Zum Jahwisten das Buch von Hans Heinrich Schmid: Der sogenannte Jahwist: Beobachtungen und Fragen zur Pentateuchforschung. Zürich 1976. ISBN 978-3-290-11368-1.
  5. Karl-Erich Grözinger, Jüdisches Denken: Theologie, Philosophie, Mystik, Band 1, 2004, S. 133.
  6. Jochen Teuffel: NAMENSgedächtnis statt Gottdenken. Von den Schwierigkeiten mit dem europäischen Gottesbegriff. Interkulturelle Theologie. Zeitschrift für Missionswissenschaft (ZMiss) 37, 4/2011 (Seiten 332–348)