Else Zimmermann

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Else Zimmermann geb. Schoenen (* 14. August 1907 in München-Gladbach; † 21. Juni 1995 in Hannover) war eine deutsche Politikerin zunächst der KPD und später SPD.

Kindheit und Jugend

Else Zimmermann kam als Tochter einer Kaufmannsfamilie in Mönchengladbach zur Welt. Nachdem die Familie nach Köln umgezogen war, besuchte sie dort die Volksschule. Das Lebensmittelgeschäft ihres Vaters musste geschlossen werden, als er 1914 in den Ersten Weltkrieg zog und dort umgekommen ist. Else schloss eine kaufmännische Lehre in einem Textilgeschäft ab, arbeitete als kaufmännische Angestellte und wurde 1923 Mitglied der Angestelltengewerkschaft, durch die sie nach ihren eigenen Angaben politisch aktiv geworden ist. Bei einer gewerkschaftlichen Veranstaltung im „Bunten Haus“ lernte sie den Kommunisten Theodor Zimmermann kennen. Bevor sie heirateten, traten beide aus der Kirche aus, weil Else katholisch war und Theodor evangelisch. Sie siedelten nach Bielefeld über, um in der 1911 von Arbeitersportlern gegründeten sozialistischen GenossenschaftssiedlungFreie Scholle“, in einem der ersten Siedlungsgebiete „Heeper Fichten“ zu wohnen. 1929 wurde die Tochter Ilse geboren. Else gab ihren Beruf nun auf, wie es damals üblich war, war aber weiter am politischen Leben interessiert und schloss sich im Jahre 1932 der KPD in Bielefeld an. Im Gefolge der Weltwirtschaftskrise bedrohte das Anwachsen der Nazis die Weimarer Demokratie. Else beschäftigte sich neben ihrem Hausfrauendasein mit dem Vertrieb kommunistischer Literatur und war in der kommunistischen Frauenbewegung tätig. Am 12. März wurde sie von der KPD als Kandidatin für den Bielefelder Stadtrat aufgestellt und auch gewählt.

Verfolgung und Haft nach 1933

1933, nach der Machtübernahme der Nazis, musste Else Zimmermann, um einer Haft zu entgehen, aus Bielefeld fliehen. Sie lebte illegal in verschiedenen Städten, in Hamm, Hagen, Köln, Osnabrück und zeitweise auch in Bielefeld. In Köln arbeitete sie aktiv in der Roten Hilfe mit. Im März 1933 verfasste sie zwei illegale Ausgaben der „Roten Volkswacht“. Bald wurde die Widerstandsgruppe, der sich Else angeschlossen hatte, entdeckt. Am 23. April 1934, wurden einige Mitglieder in Köln während eines Treffens auf einer Rheinbrücke verhaftet. Das war wenige Tage bevor Adolf Hitler in der Folge des Reichstagsbrands angeordnet hatte, Widerständler mit dem Tod zu bestrafen; sie hatte also noch Glück im Unglück. Wegen illegaler politischer Betätigung für die KPD wurde sie ins Gefängnis Klingelpütz gebracht, danach nach Hamm überstellt und von dort nach Essen. Am 1. Juli 1935 wurde Else durch den ersten Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu zwei Jahren und zehn Monaten Zuchthaus verurteilt, von denen sie ein Jahr in Einzelhaft verbringen musste. Die Angst, die sie hatte, vielleicht doch noch ins KZ zu kommen, bestätigte sich nicht. Am 1. März 1937 wurde sie entlassen,

Die KPD versuchte Zimmermann für den Widerstand zu reaktivieren. Sie lehnte das ab, weil sie ihr Leben nicht aufs Spiel setzen wollte, zumal Theodor Zimmermann bei ihrer Entlassung den Nazis versprochen hatte, dass die Familie die Siedlung „Freie Scholle“, in der viele Kommunisten wohnten, verlassen werde. Sie zogen nun nach Stadt Brackwede um und sie zog sich vom politischen Geschehen zurück. 1941, mitten im Krieg, wurde ihr Sohn Jürgen geboren.[1]

Wiederaufbau der Bundesrepublik

Gemeinsam mit Theodor Zimmermann baute Else nach dem Zweiten Weltkrieg eine Gravieranstalt und Werkzeugbaufirma in Brackwede auf, deren Geschäftsführerin sie bis zu ihrem Tod war. Daneben wollte sie aber auch weiter politische Verantwortung übernehmen und eine friedliche und demokratische Politik mit aufbauen. Deshalb wurde sie 1945 für die KPD Mitglied des Rates der Gemeinde Brackwede und ein Jahr später Kreistagsabgeordnete für den Bezirk Bielefeld und war dort bis März 1961 Vorsitzende der SPD-Fraktion. Sie war Mitglied des Vorstandes sowie des Frauenausschusses des SPD-Kreisverbandes. Bielefelds erster Landrat des Kreises Bielefeld und späterer Oberbürgermeister, Artur Ladebeck (SPD) beauftragte sie nach dem Krieg mit der Betreuung der politisch Verfolgten. Am 7. August 1946 berichtete die Presse, dass Else Zimmermann aus der KPD ausgetreten und der SPD beigetreten sei. Sie erkläre ihren Parteiwechsel damit, dass sie den Weg, den die KPD eingeschlagen habe, für falsch halte. Vom 6. September 1954 bis zum 3. Oktober 1961 war sie Mitglied des Nordrhein-Westfälischen Landtages. Dort setzte sie sich, bis sie in den Bundestag einzog für die Armen und Entrechteten ein.[2][3]

Im Deutschen Bundestag

In den Deutschen Bundestag wurde sie über die Landesliste der SPD in NRW gewählt und gehörte ihm von 1961 bis 1965 an. Nach Angaben ihrer Tochter habe sie sich dort unwichtig gefühlt, weil sie durch die erfolgreiche Landtagsarbeit bereits eine ganz andere Position erreicht hatte.

Die erste Landrätin

Am 25. Oktober 1963 war sie zur ersten Landrätin in Deutschland gewählt worden. Seinerzeit einigte man sich auf die Anrede „Frau Landrat“. Die SPD hatte damals die absolute Mehrheit im Kreistag des Landkreises Bielefeld. CDU und FDP hatten auf einen eigenen Vorschlag verzichtet. Mit 26 gegen 11 Stimmen bei sechs Enthaltungen wurde sie gewählt. Im Vorfeld war bekannt geworden, dass einzelne Kreistagsmitglieder sich grundsätzlich gegen die Wahl einer Frau in dieses höchste Amt des Landkreises ausgesprochen hatten. Dass sie am 6. November 1967 ihr Amt niederlegte, hatte gesundheitliche Gründe und war nicht auf die Gebietsreform, die sie zu bewältigen hatte, zurückzuführen. Zwei Jahre vor ihrem Rücktritt war sie an einem Gehirntumor schwer erkrankt und operiert worden und hatte die Folgen der Krankheit nie ganz überwunden. Das Bundesverdienstkreuz bekam sie nicht, weil sie es abgelehnt hatte, noch bevor das entsprechende Verfahren eröffnet wurde.

Else Zimmermann lebte zuletzt im Eilenriedestift der Arbeiterwohlfahrt in Hannover; sie litt an der Alzheimer-Krankheit. Dort starb sie 1995 im Alter von 87 Jahren.[4]

Der Wunsch der kommunalen SPD-Fraktion, eine Straße in Bielefeld-Senne nach Else Zimmermann zu benennen, konnte nicht durchgesetzt werden

Literatur

  • Rudolf Vierhaus, Ludolf Herbst (Hrsg.), Bruno Jahn (Mitarb.): Biographisches Handbuch der Mitglieder des Deutschen Bundestages. 1949–2002. Bd. 2: N–Z. Anhang. K. G. Saur, München 2002, ISBN 3-598-23782-0, S. 987.
  • Neue Westfälische vom 24. Oktober 2013: Die erste Landrätin der Republik
  • Gisela Notz: Man muss nicht unbedingt seinen Mann stehen, man kann auch seine Frau stehen, Else Zimmermann, geb. Schoenen (1907–1995), in: Gisela Notz: Mehr als bunte Tupfen im Bonner Männerclub. Sozialdemokratinnen im Deutschen Bundestag 1957–1969, Bonn: Verlag J.H.W. Dietz Nachf. 2007, S. 308–336, ISBN 978-3-8012-4175-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Manuskript des Vortrages von Gilsa Notz auf der Jahrestagung des "Arbeitskreis ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten (AvS)" am 25. März 2022 in Hamburg, Kurt-Schumacher-Haus: Von der KPD zur SPD: Bundestagsabgeordnete und erste Landrätin Else Zimmermann (1907–1995)
  2. Gisela Notz: „Man muss nicht unbedingt seinen Mann stehen, man kann auch seine Frau stehen“, Else Zimmermann, geb. Schoenen (1907–1995), in: Gisela Notz: Mehr als bunte Tupfen im Bonner Männerclub. Sozialdemokratinnen im Deutschen Bundestag 1957–1969, Bonn: Verlag J.H.W. Dietz Nachf. 2007, S. 308–336
  3. Manuskript des Vortrages von Gisela Notz auf der Jahrestagung des "Arbeitskreis ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten (AvS)" am 25. März 2022 in Hamburg, Kurt-Schumacher-Haus: Von der KPD zur SPD: Bundestagsabgeordnete und erste Landrätin Else Zimmermann (1907–1995)
  4. Manuskript des Vortrages von Gisela Notz auf der Jahrestagung des "Arbeitskreis ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten (AvS)" am 25. März 2022 in Hamburg, Kurt-Schumacher-Haus: Von der KPD zur SPD: Bundestagsabgeordnete und erste Landrätin Else Zimmermann (1907–1995)