Emma Hellenstainer

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Emma Hellenstainer, Porträt von Ferdinand Behrens, 1895

Emerentiana „Emma“ Hellenstainer (eigentlich Hellensteiner), geb. Hausbacher (* 23. April 1818 in St. Johann in Tirol;[1]9. März 1904 in Meran) war eine Pionierin der Tiroler Gastronomie[2]

Biografie

Die "legendäre Frau Emma" wurde 1818 als Emerentiana Hausbacher, Tochter des Gerbers Johann Hausbacher und der Maria (geborene Panzl) in St. Johann in Tirol geboren. Ihr Vater war Besitzer einer Krämerei, und als Emma 15 Jahre alt war, übernahm ihre Mutter die Führung des Gasthofs zum Bären am St. Johanner Hauptplatz. Emma erhielt bei den Ursulinen in Innsbruck eine gründliche Ausbildung in häuslichen Fertigkeiten und erwarb erste Italienischkenntnisse. Auf den gastgewerblichen Bereich ausgerichtet war die anschließende Lehrzeit in der Küche des Gasthofs Zu den drei Alliirten in Salzburg,[3] bei ihren späteren Salzburg-Aufenthalten stieg sie gerne im Hôtel Nelböck ab.[4] Diese für die damalige Zeit umfassende Ausbildung sollte sie nach dem ersten Plan der Mutter befähigen, den Bärenwirt in St. Johann in Tirol zu übernehmen. Als ihre Mutter aber das Bräuhaus an der Rienz bei Toblach erbte, erhielt Emma den Auftrag zur Führung dieses Betriebes und übersiedelte ins Pustertal.

Dort heiratete sie 1842 den Besitzer des Gasthauses „Schwarzadler“ und des Pragser Wildsees, Joseph Carl Hellensteiner († 1858), aus Niederdorf im Hochpustertal. Die Ehegatten nützten die günstige Verkehrslage bald schon zum qualitativen Ausbau ihres Gasthofes. Sie bewirteten nicht nur die damals typische Kundschaft von Fuhrleuten und Durchreisenden, sondern setzten auf den um die Mitte des Jahrhunderts aufblühenden Tourismus. Frau Emma verfeinerte die bodenständige Pustertaler Kost durch die Einführung der gehobenen Standards der Biedermeierküche, ebenso verbesserte sie die Ausstattung der Zimmer. Ihren später legendär gewordenen Ruf erwarb sie durch ihre Qualitäten als charmante und liebenswerte Gastgeberin. Sie war die erste Touristikerin, die in internationalen Zeitungen inserierte, und am meisten zu ihrer Bekanntheit trug wohl die Geschichte bei, dass ihr eine Postkarte aus Übersee zugestellt wurde, die nur mit den schlichten Worten „An Frau Emma in Europa“ adressiert war.

Die 1871 eröffnete Pusterer Bahn zog neue Gästeschichten in das Pustertal, das unter zahlreichen Touristen bald den Ruf eines „österreichischen Engadin“ gewann. Auch der Alpinismus hatte in Niederdorf frühzeitig einen wichtigen Stützpunkt gewonnen: Die 1869 auf Anregung von Emma Hellenstainer und anderer Gastwirte des Ortes gegründete Alpenvereinssektion Hochpustertal war eine der ältesten der Habsburger Monarchie; Frau Hellenstainer war das erste weibliche Mitglied des Alpenvereins überhaupt.

Auch ihre fünf Töchter und zwei Söhne schlugen den Weg in die Tourismusbranche ein. Sohn Eduard erbaute 1897 am Pragser Wildsee ein Hotel, Sohn Hermann eröffnete 1907 in Meran das „Hotel Emma“, das bald als eines der Flaggschiffe der Meraner Hotellerie galt. Dieser Jugendstilbau ist architekturgeschichtlich interessant, da er eines der ersten europäischen Bauwerke gegossene eisenarmierte Betonelemente, die zu seiner tragenden Struktur gehören, aufzuweisen hat. Auch das Hotel „Stadt München“ in Meran und die „Post“ in Neuspondinig gehörten zum weit verzweigten Familienbesitz. Damit hatte die Familie aus eigener Kraft den Übergang vom dörflichen Gastgewerbe zum modernen Tourismus bewältigt, der in anderen Tiroler Fremdenverkehrszentren meist nur durch Kapitalgesellschaften oder auswärtige Financiers zustande kam.

Stephan Balkenhol: Emma, bemalte Bronzeplastik, 2015

Kaiser Franz Josef I. würdigte die Verdienste Frau Emmas durch die Verleihung des Goldenen Verdienstkreuzes und zeigte sich bei einem Besuch in Welsberg 1899 außerordentlich erfreut darüber, dass ihm die „weltbekannte Frau Emma“ vorgestellt wurde. Ihren Lebensabend verbrachte Emma Hellenstainer in Meran, wo sie in ihrem 86. Lebensjahr im "Hotel Stadt München" verstarb. Heute erinnern die Landesberufsschule für das Gast- und Nahrungsmittelgewerbe „Emma Hellenstainer“ in Brixen, das Museum Touriseum in Meran, das Fremdenverkehrsmuseum Hochpustertal in Niederdorf und das Museum St. Johann in Tirol an die Tourismuspionierin.

Der Bildhauer Stephan Balkenhol schuf im Frühjahr 2015 eine bemalte Bronzeplastik von Emma Hellenstainer als Beitrag zum Kunst-Projekt MenschenBilder, die auf der Passerpromenade in Meran aufgestellt wurde.[5]

Literatur

Film

Einzelnachweise

  1. St. Johann (Tirol), Taufbuch 1786–1833, S. 261.
  2. Literatur. In: Innsbrucker Nachrichten, 15. Jänner 1924, S. 6. (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ibn
  3. Getreidegasse 10, Eingang Hagenauerplatz 1.
  4. Fremden-Verzeichnis vom 22. September 1863. In: Salzburger Zeitung, 29. September 1863, S. 4. (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/sza
  5. kunstmeranoarte.org: MenschenBilder (2015) (abgerufen am 3. November 2016)
  6. donne-lavoro.bz.it: „Frau Emma Europa – eine berühmte Gastwirtin in Tirol“ (Memento des Originals vom 13. März 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.donne-lavoro.bz.it (abgerufen am 3. November 2016)

Weblinks

Commons: Emma Hellenstainer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien