Energiepflanze

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Raps zur Produktion von Biodiesel gehört zu den wichtigsten Energiepflanzen Mitteleuropas.

Eine Energiepflanze ist eine Pflanze, die speziell für die energetische Nutzung angebaut wird. Die Bioenergie wird üblicherweise thermisch, also durch Verbrennung, aus festen, flüssigen oder gasförmigen Pflanzenprodukten (biogener Brennstoff) gewonnen.

Definition und Abgrenzung

Als Energiepflanzen werden landwirtschaftliche Nutzpflanzen bezeichnet, die mit dem Hauptziel einer Energiegewinnung angebaut werden, in Abgrenzung zu Pflanzen zur Nahrungsmittelerzeugung, Futterpflanzen und Industriepflanzen. Wild wachsende Pflanzen, die z. B. als Brennholz energetisch genutzt werden, werden nicht zu den Energiepflanzen gezählt. Forstpflanzen, die auf landwirtschaftlichen Flächen zur Energienutzung angebaut werden (beispielsweise in Kurzumtriebsplantagen) werden in der Regel mit erfasst. Teilweise wird nur bei einer energetischen Nutzung der ganzen Pflanze von Energiepflanzen gesprochen.[1]

Entscheidend ist also die Nutzung der Pflanze. So kann z. B. Mais sowohl als Zuckermais zur menschlichen Ernährung als auch als Futtermais (Maissilage) zur Tierfütterung oder als Energiemais zur Biogaserzeugung kultiviert werden. Je nach Nutzungsrichtung unterscheiden sich die verwendeten Sorten und Anbauverfahren für Energiepflanzen teilweise von den bei Nahrungs- und Futtermitteln genutzten.

Pflanzengruppen und Nutzung

Datei:Kurzumtriebskultur Pappel.jpg
Anbau von Hybrid-Pappeln als Energieholz in einer Kurzumtriebsplantage

Zahlreiche Pflanzenarten eignen sich für die energetische Nutzung. Darunter sind sowohl traditionelle Kulturpflanzen des Ackerbaus, für die teilweise für die Energienutzung optimierte Sorten gezüchtet werden (z. B. Raps, Mais), als auch Kulturpflanzen, die bisher nicht oder kaum ackerbaulich genutzt wurden, unter dem Aspekt der energetischen Nutzung jedoch interessant werden können (z. B. Chinaschilf, Durchwachsene Silphie, Sida hermaphrodita). Bisher konzentriert sich der Anbau auf bereits verbreitete Ackerkulturen. Die Züchtung neuer Sorten und die Nutzung neuer Kulturarten stehen erst am Anfang. Untenstehende Tabelle nennt einige in Mitteleuropa als Energiepflanzen kultivierte Pflanzenarten und -gruppen. Energiepflanzen mit bedeutenden Anbauflächen oder großem Potenzial in anderen Regionen sind u. a. Soja, Ölpalme, Purgiernuss und Zuckerrohr.

Zunehmend, werden in Mitteleuropa auch schnellwachsende Gehölze wie Weiden, Pappeln oder auch Robinien auf landwirtschaftlichen Standorten angebaut, um den steigenden Bedarf an holzartiger Biomasse zu decken. Hierbei zeigt sich, dass sich vor allem feuchte Feldstandorte für einen Anbau von Weiden und Pappeln eignen, da deren Wachstum stark an die Wasserverfügbarkeit gekoppelt ist. So zeigen Potenzialabschätzungen für Deutschland besondere Gunststandorte im Nordwesten (Verfahren und Ergebnisse, mit Daten und Karten in den Quellen). Beim Anbau ist jedoch zu beachten, dass der starke Wasserkonsum der Pflanzen auch negative Auswirkungen auf vulnerable aquatische Ökosysteme haben kann. Dennoch bietet der Anbau eine alternative Nutzungsform für gedrängte Ackerstandorte.[2][3][4][5]

Energiepflanzen in Mitteleuropa und ihre Nutzung[6]
Rohstoff Verfahren Produkt Pflanze (Frucht)
zucker- und stärkehaltige Pflanzenteile Vergärung (Ethanolgärung) biogener Flüssigbrennstoff
(Bioethanol, Kraftstoff-Additive)
Zuckerrübe, Kartoffel,
Getreidekorn, Maiskorn
ölhaltige Pflanzenteile Pressen/Extrahieren,
(Umesterung)
biogener Flüssigbrennstoff
(Pflanzenölkraftstoff, Biodiesel)
Rapssaat, Sonnenblumenkerne
biogene Festbrennstoffe
(Ganz- oder Teilpflanze, Stückholz, Hackschnitzel, Pellets)
Verbrennung Wärme und Strom aus biogenem Festbrennstoff Bäume, Gräser, Getreide(korn),
Miscanthus
vergärbare Biomasse
(Substrat: Ganz- oder Teilpflanze, organische Abfälle)
Vergärung (anaerober Abbau mit Methanbildung) Wärme und Strom aus Biomasse,
biogenes Brenngas (Biomethan)
Mais(korn), Gräser, Getreide(korn),
Zuckerrübe

Energiepflanzen werden mit dem Ziel der Gewinnung von Wärme und elektrischer Energie sowie als Biokraftstoffe genutzt. Dabei kommt eine Vielfalt von Nutzungspfaden zum Einsatz, vor allem die Vergärung bzw. Biogaserzeugung in Biogasanlagen (Nutzung als Gärsubstrat), die Verbrennung (Nutzung als Biobrennstoff) sowie verschiedene weitere Formen der vollständigen oder teilweisen Umsetzung der Biomasse (u. a. Pyrolyse, Erzeugung synthetischer Biokraftstoffe (BtL)). Energieträger sind entweder das Pflanzen-Substrat selbst nach Zerkleinerung (z. B. biogene Festbrennstoffe wie Brennholz, Pellets), Pressung/ Extraktion oder Weiterverarbeitung (z. B. biogene Flüssigbrennstoffe wie Pflanzenölkraftstoff, Bioethanol, Biodiesel, BTL) oder auch durch Vergasung der Biomasse gewonnene energiereiche Gase (z. B. biogene Brenngase wie Biogas, Syngas, Wasserstoff).

Anbauumfang und -entwicklung

Datei:Maispflanze.jpg
Energiemais für die Produktion von Biogas.

In Deutschland werden auf 2,28 Millionen Hektar Energiepflanzen angebaut (Stand: 2011).[7] Dies entspricht 19 % der Gesamtackerfläche in Deutschland. Davon entfallen über eine Million Hektar auf den Anbau von Raps für Biodiesel und Pflanzenölkraftstoff, auf mehr als 500.000 ha wachsen Pflanzen zur Biogaserzeugung, und über 250.000 ha dienen der Kultur von Zucker- und Stärkepflanzen für Bioethanol. Der Anbau von Energiepflanzen hat in den letzten Jahren stark zugenommen – 1998 betrug die gesamte Anbaufläche für nachwachsende Rohstoffe insgesamt (einschließlich Anbau zur stofflichen Nutzung) noch weniger als 500.000 ha.[8] Nach aktuellen Schätzungen beziffert die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) die Anbaufläche für nachwachsende Rohstoffe in Deutschland 2012 auf rund 2,5 Millionen Hektar. Den überwiegenden Anteil davon nimmt mit 2,1 Millionen Hektar der Anbau von Energiepflanzen ein. Die wichtigsten Energiepflanzen sind nach wie vor Raps für Biokraftstoffe sowie Mais, andere Getreide und Gräser für Biogasanlagen. Der kleinere Teil der Anbaufläche wird für nachwachsende Rohstoffe genutzt, die für chemisch-technische Zwecke in der Industrie verwendet werden.[9]

Förderung

Der Anbau von Energiepflanzen wurde bisher im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union mit Direktzahlungen (sogenannte Energiepflanzenprämie) finanziell unterstützt. Diese Förderung von maximal 45 €/ha wurde 2010 abgeschafft. Im Rahmen der bis 2007 obligatorischen Flächenstilllegung durften Landwirte auf einem Teil ihrer Ackerfläche keine Lebens- oder Futtermittel anbauen und erhielten dafür eine Stilllegungsprämie. Der Energiepflanzenanbau auf diesen Flächen war jedoch zugelassen. Eine Energiepflanzenprämie erhalten Landwirte nur für den Anbau auf nicht stillgelegten Flächen. Durch die Abschaffung der obligatorischen Flächenstilllegung und der Energiepflanzenprämie verliert die direkte Förderung des Energiepflanzenanbaus an Bedeutung.

Umweltwirkungen

(siehe Artikel Bioenergie)

Durch den Einsatz von Energiepflanzen können Energieträger umweltverträglich bereitgestellt werden. Dabei ist die Verminderung des Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes (CO2) zur Verminderung des Treibhauseffekts ein wichtiger Faktor. Die Klimawirksamkeit des Anbaus und der Nutzung von Energiepflanzen wird kontrovers diskutiert. Neben der CO2-Ersparnis durch Nutzung nachwachsender Rohstoffe müssen Klimabilanzen des Ackerbaus und die klimarelevanten Emissionen von Lachgas N2O berücksichtigen, das vor allem bei stickstoffgedüngten Ackerkulturen entsteht. Anbauweise und Landnutzung können zudem großen Einfluss auf die Klimawirksamkeit des Energiepflanzenanbaus haben: Bei der Rodung von Regenwald, der Kultivierung von Mooren oder dem Umbruch von Grünland zum Anbau von Energiepflanzen werden große Mengen von Treibhausgasen frei.

Die Europäische Union hat die ab Juni 2009 gültige Erneuerbare-Energien-Richtlinie erlassen. Mit ihr werden unter anderem Nachhaltigkeitskriterien für die Förderung von Biokraftstoffen und deren Anrechnung auf die EU-Biokraftstoffziele eingeführt. Die Umsetzung dieser Nachhaltigkeitskriterien in deutsches Recht erfolgte mit der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung (Biost-NachV)[10] und der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung (Biokraft-NachV)[11].

Ein Ziel der Forschung zur Energiepflanzennutzung ist, die Energieausbeute pro Anbaufläche durch Nutzung der gesamten Pflanzen und Verfahrensoptimierungen zu verbessern. Außerdem werden Methoden zur Ausweitung der nutzbaren Fläche untersucht, z. B. Zucht von Salzwasseralgen in Wüstengebieten oder Anbau der genügsamen Ölpflanze Jatropha.

Die Flächen, die für den Energiepflanzenanbau nötig sind, könnten aber auch für andere ökonomisch und ökologisch sinnvolle Zwecke eingesetzt werden (z. B. nachwachsende Rohstoffe zur stofflichen Nutzung, Extensivierung der Landwirtschaft). Zudem stehen sie nicht mehr der Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung (Flächenkonkurrenz). In Anbetracht des Bevölkerungswachstums werden in diesem Zusammenhang ethische Probleme diskutiert; besonders der Einsatz von Lebensmitteln wie Getreide (z. B. Getreideverbrennung) wird kritisiert (Nutzungskonkurrenz).

Der Energiepflanzenanbau wird oft als Ackerbau mit hoher Intensität betrieben, u. a. in Bezug auf Düngemittel- und Pflanzenschutzmitteleinsatz, was zu ökologischen Schäden führen kann. Die Kultivierung von Pflanzen aus fremden Herkunftsregionen als Energiepflanzen birgt Risiken, z. B. durch Verbreitung von Neophyten.

Literatur

  • Rolf Meyer, Armin Grunwald, Christine Rösch, Arnold Sauter: Chancen und Herausforderungen neuer Energiepflanzen – Basisanalysen. (PDF; 3,4 MB) Arbeitsbericht Nr. 121 des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, 2007.
  • Energiepflanzen – Daten für die Planung des Energiepflanzenanbaus. Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft, Darmstadt 2006, ISBN 978-3-939371-21-2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rolf Meyer, Armin Grunwald, Christine Rösch, Arnold Sauter: Chancen und Herausforderungen neuer Energiepflanzen – Basisanalysen (PDF; 3,4 MB) Arbeitsbericht Nr. 121 des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, 2007, S. 31.
  2. Jens Hartwich: Assessment of the regional suitability of short rotation coppice in Germany. Dissertation. Freie Universität Berlin - Institut für Geographische Wissenschaften, Berlin 20. Januar 2017, doi:10.13140/rg.2.2.17825.20326 (rgdoi.net [abgerufen am 22. Januar 2017]).
  3. Jens Hartwich, Markus Schmidt, Jens Bölscher, Christian Reinhardt-Imjela, Dieter Murach: Hydrological modelling of changes in the water balance due to the impact of woody biomass production in the North German Plain. In: Environmental Earth Sciences. Band 75, Nr. 14, 11. Juli 2016, ISSN 1866-6280, S. 1–17, doi:10.1007/s12665-016-5870-4 (link.springer.com [abgerufen am 18. Juli 2016]).
  4. Jens Hartwich, Jens Bölscher, Achim Schulte: Impact of short-rotation coppice on water and land resources. In: Water International. Band 39, Nr. 6, 19. September 2014, ISSN 0250-8060, S. 813–825, doi:10.1080/02508060.2014.959870.
  5. Das Transpirationswasserdargebot als steuernder Faktor für die Produktion von Energie aus Weiden in Kurzumtriebsplantagen – Abschätzung des Bioenergiepotenzials für Deutschland - HyWa. 12. Oktober 2015, abgerufen am 4. August 2016.
  6. C.A.R.M.E.N. e. V.: Hintergrund Nachwachsende Rohstoffe: 1.4 Produktlinien (Memento vom 15. Juni 2012 im Internet Archive) (modifiziert)
  7. Richard E. Schneider: Nachwachsende Rohstoffe ergänzen natürliche Ressourcen: Große Hoffnungen in Energier- und Industriepflanzen. In: LABO. Oktober 2011, S. 8–11.
  8. Anbau Nachwachsender Rohstoffe in Deutschland. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR), 2008.
  9. Raps und Mais dominieren als Energiepflanzen. Gastipp.de, 16. August 2012.
  10. Verordnung über Anforderungen an eine nachhaltige Herstellung von flüssiger Biomasse zur Stromerzeugung – (Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung – BioSt-NachV).
  11. Verordnung über Anforderungen an eine nachhaltige Herstellung von Biokraftstoffen (Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung -Biokraft-NachV)