Erich Reiß

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Erich Caesar Reiß (ab Mitte der 1920er Jahre meist Reiss) (* 1. Februar 1887 in Berlin; † 8. Mai 1951 in New York) war ein deutscher Verleger. Sein gleichnamiger Verlag existierte von 1908 bis 1936 und war einer der führenden Literaturverlage in Deutschland. Hier erschien auch von 1909 bis Mitte 1912 die bekannte Zeitschrift Die Schaubühne.

Leben und Wirken

Almanach zum zehnjährigen Bestehen des Verlages 1908–1918
Autoren bis 1918
Autoren bis 1918

Erich Reiß, der Sohn des Fabrikanten Alexander Reiss, gründete im Alter von 21 Jahren am 23. November 1908 mit einem Teil des geerbten Vermögens den gleichnamigen Erich Reiß Verlag. Die erste Publikation des Verlages war Leo Greiners Drama Der Herzog von Boccanera. In den nächsten Jahrzehnten erschienen auch zahlreiche weitere Publikationen Greiners im Reiß-Verlag. 1910 publizierte Reiß Alfred Polgars Doppelmonographie Brahms Ibsen. 1921 folgte Polgars Monographie über Max Pallenberg (in der Reihe „Der Schauspieler“). Reiß wurde in den 1920er Jahren zum Verleger von Egon Erwin Kisch. Als Theaterverleger verband Reiß eine enge Freundschaft mit Max Reinhardt. Reiß verlegte neben gängigen Klassikern auch weitere herausragende Autoren seiner Zeit wie Hugo von Hofmannsthal, Gabriele d'Annunzio, Ernst Toller, André Gide, Klabund, Julius Bab, Eduard Stucken, Maximilian Harden, Kasimir Edschmid, Richard Huelsenbeck, Maurice Maeterlinck, Hugo Ball, Herbert Eulenberg, Johannes R. Becher und Gottfried Benn. Neben literarischen Werken publizierte er auch historische und politische Darstellungen, etwa von Poincaré und Tomáš Garrigue Masaryk. Für die Ausstattung seiner Bücher engagierte Reiß Künstler wie George Grosz. Neben der Weltbühne erschienen weitere führende Zeitschriften in seinem Verlag, so die Tribüne der Kunst und der Zeit, Der Anbruch, Styl, Faust und die Zukunft. Veruntreuungen durch einen seiner Angestellten brachten den Verlag 1926 in finanzielle Schwierigkeiten, von denen er sich bis zu seiner Beschlagnahmung 1936 nicht mehr erholen sollte.

1934 publizierte der Erich Reiss Verlag, der ab 1933 (noch vor dem offiziellen Verbot für jüdische Verleger, Bücher nicht-jüdischer Autoren zu verlegen) nur noch Bücher jüdischer Autoren herausbrachte, Gerson Sterns ersten Roman Weg ohne Ende. Dieses Debüt eines bislang unbekannten Autors erschien in einer für die damaligen Umstände recht hohen Auflage von 5 000 Exemplaren, wenige Monate später folgte eine zweite Auflage von weiteren 4 000 Exemplaren.[1]

Erich Reiß wurde 1938 im Zuge des Novemberpogroms für mehrere Wochen im KZ Sachsenhausen interniert, bevor er auf Fürsprache der dänischen Schriftstellerin Karin Michaëlis und von Selma Lagerlöf freikam. Anschließend emigrierte Reiß zunächst nach Schweden und dann in die USA. Dort arbeitete er als Theaterkritiker und heiratete 1940 die bereits 1935 emigrierte Fotografin Lotte Jacobi, in deren Fotostudio er später mitwirkte.[2]

Erich Reiss erhielt 1944 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft.

Schriften

  • Lieber Bennito - Briefe an Gottfried Benn 1946-1951 (Hrsg. von Helmut Heintel), Warmbronn 1995.

Literatur

  • Hans Adolf Halbey: Der Erich Reiss Verlag 1908–1936. Versuch eines Porträts. Mit einer Übersicht über die Verlagsproduktion. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens, Band 21, 1980, Sp. 1127–1255 (auch separat als Teil der Bibliothek des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Frankfurt 1981, ISBN 3-7657-1053-9).
  • Avraham Barkai, Paul R. Mendes-Flohr, Steven M Lowenstein: Deutsch-jüdische Geschichte in der Neuzeit. C.H.Beck, 1997, ISBN 978-3-406-39706-6, S. 295 ff.
  • Regina Mahlke: Reiss, Erich Caesar. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 394 f. (Digitalisat).
  • Reiss, Erich Caesar. In: Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE). 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Band 8: Poethen–Schlüter. De Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-094025-1, S. 308.
  • Reiss, Erich, in: Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933-1945. Band 2,2. München : Saur, 1983, S. 958

Einzelnachweise