Erneuerungsbewegung der evangelischen Kirchenmusik nach 1920

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Die Erneuerungsbewegung der evangelischen Kirchenmusik nach 1920 bemühte sich um eine neue Heiligung der Musik des evangelischen Gottesdienstes.

Geschichte

Die Erneuerungsbewegung der evangelischen Kirchenmusik war eingebettet in einen die gesamte europäische Musikkultur ab etwa 1920 durchziehenden Neoklassizismus. Sie wurzelte in der Singbewegung und übernahm aus ihr den Willen zur leichten Ausführbarkeit, zur Sanglichkeit der Linien und zur unmittelbaren Verständlichkeit für den Hörer. Romantische, als subjektiv empfundene Klangformen, wurden ausgeschlossen zu Gunsten einer Rückbesinnung auf die Kraft der Linearität, wie sie im protestantischen Choral erlebbar ist, und die Verknüpfung linearer Energien zu polyphonen Spannungen. Maßgebliches Vorbild der Kompositionstechniken war die A-cappella-Musik des deutschen Hochbarocks, etwa die Chormusik von Heinrich Schütz.

Die Schütz-Pflege konzentrierte sich in den 1920er-Jahren vor allem auf die Motetten der Geistlichen Chormusik. Konsequenz war u. a. 1922 die Gründung einer ersten, kurzlebigen Heinrich-Schütz-Gesellschaft. Ihr folgte 1930 eine Neue Schütz-Gesellschaft, die später umbenannt wurde und noch heute als „Internationale Heinrich-Schütz-Gesellschaft“ (ISG)[1] mit Sitz in Kassel besteht. Diese befördert mit jährlichen Heinrich-Schütz-Festen oder Heinrich-Schütz-Tagen bis heute die Verbreitung und das Verständnis der Musik von Schütz und seiner Zeit.

Richard Gölz gab 1934 das Chorgesangbuch heraus, das erstmals im 20. Jahrhundert die kirchenmusikalisch bedeutenden Werke vor allem der Reformationszeit und des Frühbarock für die Chorarbeit in den Gemeinden neu herausbrachte. Das Chorgesangbuch ist eines der Standardwerke jedes deutschen evangelischen Kirchenchores für gottesdienstliches Singen bis in die Gegenwart.

Wiederbelebt wurde in Folge der Erneuerungsbewegung an manchen Orten die alte Kantoreipraxis. Wichtige Impulse setzte die Erneuerungsbewegung auch für die fast gleichzeitig aufkommende Orgelbewegung des 20. Jahrhunderts.

Auch die Jüngere liturgische Bewegung verstand sich in dieser Zeit als Erneuerungsbewegung mit ähnlichen Zielen im Blick auf die Gestaltung des gottesdienstlichen Lebens.

Wichtige Vertreter

Der bedeutendste Vertreter der Erneuerungsbewegung der evangelischen Kirchenmusik nach 1920 ist Hugo Distler. Trotz beabsichtigter leichter Ausführbarkeit bleibt bei Distler immer ein künstlerisch hohes Niveau gewahrt.

Neben ihm sind Kurt Thomas, Johann Nepomuk David, Hans Grischkat, Ernst Pepping, Kurt Hessenberg und Helmut Bornefeld bekannte Vertreter dieser kirchenmusikalischen Reformbewegung.

Publikationen

Einzelnachweise