Ernst Jarmer

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Ernst Jarmer (* 14. August 1886 in Lüben, Niederschlesien; † nicht ermittelt) war ein deutscher Politiker (NSDAP) und Verwaltungsjurist. Er gehörte zu den NS-Akteuren im Bereich der Raumplanung.

Leben

Jarmer studierte Rechtswissenschaften und wurde 1909 zum Dr. jur. promoviert. Er arbeitete von 1914 bis 1933 als Rechtsanwalt und Notar in Greifswald, unterbrochen durch Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg von 1915 bis 1918, zuletzt als Regimentsadjutant im Fußartillerie-Regiment Nr. 14.

1925 trat er in die NSDAP ein. Von 1929 bis 1933 gehörte er dem Provinziallandtag der Provinz Pommern an (59. bis 62. Provinziallandtag). Er wurde für die NSDAP im Wahlkreis Pyritz gewählt, bei der letzten (nicht mehr freien) Wahl 1933 dann im Wahlkreis Greifswald Stadt.[1] Der Provinziallandtag wählte ihn für den Zeitraum von Februar 1931 bis April 1933 zum stellvertretenden Mitglied des Preußischen Staatsrats, im April 1933 dann zum ordentlichen Mitglied. Sowohl Provinziallandtag als auch Staatsrat wurden aber noch im ersten Jahr der NS-Herrschaft 1933 abgeschafft.

Von 1934 bis 1935 wirkte er als Landeshauptmann der Provinz Pommern. Darauf folgte die Tätigkeit als Gauwirtschaftsberater von Pommern. An der Universität Greifswald leitete Ernst Jarmer ab Januar 1935 auch den sogenannten „Hochschulkreis“, ein Vorläufer der Greifswalder Hochschularbeitsgemeinschaft für Raumforschung.[2]

Ab Mitte 1935 leitete Jarmer kommissarisch die Verwaltungsabteilung in der Reichsstelle für Raumordnung als Ministerialdirektor.[3]

In der Raumplanung gehörte Jarmer zu jenen NS-Akteuren, die vor einer ideologisch begründeten 'Überspannung' des Planungsgedankens warnten oder, in anderer Betonung, für anstehende Raumordnungsaufgaben im 'Osten' 'rationalere' Formen bevorzugten. Die Historikerin Ariane Leendertz hob hervor, dass Ernst Jarmer im Jahr 1940 anders als sein vermeintlicher Gegenspieler Konrad Meyer "den Kern der Raumordnung nicht in der aktiven Gestaltung der räumlichen Strukturen" sah.[4]:202

"Ihre Kernaufgabe (jene der Raumordnung; Einf.) bestand laut Jarmer vielmehr darin, die vielen verschiedenen Verwaltungsaktivitäten, die sich jeweils auf die räumlichen Strukturen niederschlugen, zu koordinieren. (..) Dies bedeutete keinesfalls, daß die Raumordnung sich als eine von Meyer geschmähte 'Verwaltungstechnik' von ihren übergeordneten Zielen verabschiedete, Raumordnungspläne aufzustellen und auf eine 'sinnvolle' räumliche Ordnung hinzuwirken.“[4]:202f

Jarmer hätte (und mit ihm die Reichsstelle für Raumordnung) vor allem auf Realitäten der Planungspraxis reagiert, da sich die planenden Verwaltungsstellen einer vereinheitlichenden 'Bevormundung' widersetzten. In Jarmers Augen hätte die Raumordnung vielmehr das Potential besessen, zu einem Vorbild für 'moderne' Verwaltungstechnik für den nationalsozialistischen Staat zu werden: [4]:206

„Der Leiter der allgemeinen Staatsverwaltung ist in erster Linie dazu berufen, sich über den Zustand und die Entwicklung seines Verwaltungsraumes Klarheit zu verschaffen und durch den Landesplaner die Funktion des ihm zur Betreuung übergegebenen Gebietes bestimmen zu lassen. Er soll in Zukunft nicht nur die dringenden Tagesprobleme meistern, sondern einen Überblick über die Verwaltungsarbeit einer längeren Zeitspanne besitzen und danach vorausschauend planen. Der moderne Verwaltungsbeamte braucht dazu neben den juristischen auch volkswirtschaftliche, statistische und technische Kenntnisse; denn er soll das Geschehen seines Verwaltungsraumes in den verschiedenen Äußerungen verstehen und nach einem Raumordnungsplan lenkend beeinflussen.“[5]

Seit Januar 1941 wirkte Jarmer als Leiter des Hauptreferats 'Raumordnung' des Reichskommissariats für den sozialen Wohnungsbau (Robert Ley).[6]

Schriften zur Raumordnung (Auswahl)

  • Politische Zielsetzung und weltanschauliche Abgrenzung der Raumordnung, in: Raumforschung und Raumordnung (RuR), 1. Jg., 1936/37, H. 1., S. 8–10.
  • Ordnung des deutschen Lebensraumes: In: Die Verwaltungsakademie. Ein Handbuch für den Beamten im nationalsozialistischen Staat. – 2. Aufl. Berlin u. Wien 1939.
  • Verwaltung und Raumordnung, in: RuR, 4. Jg., 1940, H. 11/12, S. 426–439.
  • Die Aufgaben der Raumordnung im neuen Osten, in: RuR, 5. Jg., 1941, H. 1., S. 1–2.
  • Raumordnung und Neuordnungsmaßnahmen zur Beseitigung von Kriegsfolgen. In: Zeitschrift der Akademie für deutsches Recht 8 (1941), S. 41–45.
  • Planung und Gestaltung des deutschen Lebensraumes. In: Der soziale Wohnungsbau in Deutschland 13 (1942), S. 1–4.

Literatur

  • Joachim Lilla: Der Preußische Staatsrat 1921–1933. Ein biographisches Handbuch. Mit einer Dokumentation der im „Dritten Reich“ berufenen Staatsräte (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 13). Droste, Düsseldorf 2005, ISBN 3-7700-5271-4, S. 78.

Fußnoten

  1. Theodor Wengler: Der Provinzialverband Pommern. Verzeichnis der Mitglieder des Provinziallandtages. (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern. Reihe V, Band 44). Böhlau Verlag, Köln/Weimar/Wien 2008, ISBN 978-3-412-20109-8, S. 151 ff.
  2. Jan Mittenzwei: „Dem Führer entgegenarbeiten“ - NSD-Studentenbund und NSD-Dozentenbund in Greifswald. In: Dirk Alvermann (Hrsg.) „...die letzten Schranken fallen lassen“. Studien zur Universität Greifswald im Nationalsozialismus. Böhlau, Köln 2015, S. 90–128 (hier: 112).
  3. Hansjörg Gutberger: Raumentwicklung, Bevölkerung und soziale Integration, S. 92. (eingeschränkte Vorschau bei Google Book Search).
  4. a b c Ariane Leendertz: Ordnung schaffen. Deutsche Raumplanung im 20. Jahrhundert. Wallstein Verlag, Göttingen 2008.
  5. Ernst Jarmer: Die Neuordnung der Lebensgrundlagen des Landvolkes als raumordnerische Verwaltungsaufgabe. In: Deutsche Verwaltung 19 (1942), S. 101–103 (hier: 103)
  6. Dieter Münk: Die Organisation des Raumes im Nationalsozialismus. Eine soziologische Untersuchung ideologisch fundierter Leitbilder in Architektur, Städtebau und Raumplanung des Dritten Reiches. Köln 1993, S. 486.