Erotic Power Exchange

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Erotic Power Exchange (Engl.: erotischer Machtaustausch, abgekürzt EPE) bezeichnet eine Beziehungsform innerhalb der BDSM-Szene, die Sadomasochismus enthalten kann, den Schwerpunkt jedoch auf die Verschiebung der sexuellen Kontrolle vom passiven zum aktiven Partner (Dominanz und Unterwerfung) legt.

Beziehungskonzept und Ausgestaltung

Das Beziehungskonzept EPE ist in weiten Teilen mit D/s (Dominanz und Unterwerfung) gleichzusetzen, dabei wird der erotisch-sexuelle Aspekt betont, die Partner sind ansonsten gleichberechtigt. Der aktive Partner greift nicht in den Alltag des Partners ein, sondern darf lediglich über dessen sexuelle Stimulation und deren Erfolg entscheiden. Begriffe, die die Unterwürfigkeit des passiven Partners betonen (z. B. Machtmodell, feudalistisch) werden bewusst vermieden. Der Begriff EPE definiert keine grundsätzliche Beziehungsstruktur, keine ausdrückliche Betonung der Dauerhaftigkeit der Beziehung oder der Intensität, in der der sexuelle Machtaustausch gelebt wird. Damit steht EPE im Gegensatz zum darüber hinausgehenden und weitere Lebensbereiche erfassenden Total Power Exchange (TPE). Wie in allen Beziehungsformen, die dem BDSM zuzurechnen sind, ist sie höchst individuell und lebt vom Konsens über die Ausgestaltung der Partnerschaft. Meist ist die Rollenverteilung (Top und Bottom) festgelegt und die Rollen werden zwischen den Beziehungspartnern nicht getauscht (Switchen). Die EPE-Beziehung kann von einer lockeren Spielbeziehung mit gelegentlichen sexuellen Begegnungen und einer nur stundenweise abgegebenen Kontrolle bis hin zur dauerhaft angelegten Lebenspartnerschaft mit ständiger geistiger Präsenz des EPE reichen, die auch als 24/7 EPE bezeichnet wird. Innerhalb der sexuellen Beziehung reicht das Spektrum von dauerhafter Keuschhaltung bis hin zu Rollenspielen mit häufigen Orgasmen, oft im Rahmen eines Tease-and-denial-Szenarios (Engl.: erregen und verweigern), wobei immer das Einverständnis beider Partner den gewählten Praktiken zugrunde liegt.

Abgrenzung zwischen EPE und Missbrauch

Die Abgrenzung zu beziehungsinternem sexuellem Missbrauch und/oder häuslicher Gewalt kann für unkundige Außenstehende schwierig sein, insbesondere wenn sadomasochistische Praktiken aufgrund ihrer Art (Fesselung, Spanking, Vergewaltigungsspiele) scheinbar gegen den Willen des passiven Partners durchgeführt werden. Um diese Abgrenzung zu ermöglichen, haben verschiedene Organisationen[1] gemeinsam das VICSS-Konzept formuliert.

  • Voluntary (freiwillig): Alle am EPE beteiligten Partner sollten die Entscheidung freiwillig und ohne Zwang treffen. Manchmal ist der Zwang nicht offensichtlich, insbesondere dann, wenn einer der Partner wirtschaftliche oder soziale Konsequenzen zu erwarten oder zu befürchten hat, solange er oder sie den Wünschen des Anderen nicht zustimmt. Sobald sich einer der Partner in seiner Entscheidung nicht frei fühlt, handelt es sich um Zwang.
  • Informed (informiert, sachkundig): Alle beteiligten Partner sollten ihre Entscheidung aufgrund korrekter Informationen treffen und in der Lage sein, Situation und Konsequenzen der Entscheidung abzuschätzen. Dabei darf kein Zweifel daran bestehen, dass die Auswirkungen der Entscheidung klar sind.
  • Consensual (einvernehmlich): Alle Partner sind mit dem, was geschieht oder geschehen soll, einverstanden und haben die Möglichkeit, frühere Entscheidungen mit aktuellen Gefühlen, Reaktionen oder für sie wichtigen Informationen abzugleichen.
  • Sane (vernünftig): Entscheidungen hinsichtlich EPE sollten mit klarem Kopf gefällt werden. Entscheidungen, die aufgrund von Drogen- oder Alkoholmissbrauch oder übereilt getroffen werden, sind nicht einvernehmlich.
  • Safe (sicher): Alle Handlungen sollen sowohl physisch als auch psychisch sicher sein. Zieht man risikoreiche Praktiken in Betracht bzw. bewegt man sich in Grenzbereichen (Edge Play), sollen alle Beteiligten über die möglichen Risiken, Folgen und Auswirkungen informiert sein.

Sobald eine der genannten Voraussetzungen nicht erfüllt ist, gilt das VICSS-Konzept als nicht erfüllt, und nach dieser Definition liegt dann Missbrauch vor. In einer EPE beinhaltenden Beziehung ist die Abgrenzung zwischen Missbrauch und EPE insbesondere bei länger andauernden Beziehungen schwierig und erfordert immer wieder ein kritisches Hinterfragen und Bewerten der Praktiken und des Zusammenhangs, in dem die Praktiken verwendet werden.

Feministische Diskussion

Die im vorigen Abschnitt erläutere Abgrenzungsproblematik zwischen BDSM, insbesondere EPE und Missbrauch führt seit Beginn der Entwicklung der neuen Frauenbewegung (etwa ab 1968) immer wieder zu heftigen Diskussionen zwischen den Vertreterinnen des Feminismus und den sogenannten sexpositiven Feministinnen. Die Ersteren betrachten es als erotisches Aufladen von Gewalt und Machtgefälle und/oder frauenverachtendes Verhalten, wobei ausschließlich die (häufiger auftretende) Rollenverteilung dominanter Mann und submissive Frau betrachtet wird. Dass genauso auch die umgekehrte Konstellation sowie das Wechseln der Rolle üblich ist, wird hierbei abgestritten. Die Vermischung von Sexualität und „Gewalt“ führte bei vielen Feministinnen zu einer völligen Ablehnung solcher Beziehungsformen. Hingegen verstehen sexpositive Feministinnen und Feministinnen aus der BDSM-Szene Sadomasochismus als eine Form sexueller Selbstbestimmung und betonen wiederholt die einvernehmliche, freiwillige und lustvolle Unterwerfung und Femdom als Ausdruck befreiter weiblicher Sexualität, in der alle weiblichen Neigungen legitim sind.

Quellen

  1. The National Leather Association, The Dutch BDSM Media Information Center, The POWERotics Foundation

Literatur

  • Arne Hoffmann: Lexikon des Sadomasochismus. Lexikon Imprint Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-89602-290-3.
  • Hans Meijer: What is Erotic Power Exchange.
  • Pat Califia: Sensuous Magic. A Guide for Adventurous Lovers. 2nd Edition. Masquerade Books, New York 1998, ISBN 978-1-56333-610-2.
  • Zeitschrift Emma, Heft 2, 1991.
  • BDSM and Feminism – An Insider’s View (Memento vom 27. Februar 2007 im Internet Archive) (englisch)

Weblinks