Espenmoos

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Espenmoos
Espenmoos
Das Espenmoos in St. Gallen
Daten
Ort Heiligkreuzstrasse 16
SchweizSchweiz 9008 St. Gallen, Schweiz
Koordinaten 747670 / 255982Koordinaten: 47° 26′ 17″ N, 9° 23′ 47″ O; CH1903: 747670 / 255982
Eröffnung 1910
Erstes Spiel 16. Oktober 1910
FC St. GallenBrühl St. Gallen 1:0
Renovierungen 2008
Kapazität 5'700 Plätze
Heimspielbetrieb
Lage

Das Espenmoos ist ein Fussballstadion im Heiligkreuz im Osten der Stadt St. Gallen. Es diente von 1910 bis zur Saison 2007/08 als Heimstadion des FC St. Gallen. Der Name der Spielstätte geht auf das mittelhochdeutsche Wort Ezzisch für Saatfeld zurück und steht für ein Feld, das nur jedes zweite Jahr bebaut wird.

Bis zum letzten Spiel am 20. Mai 2008 wurden nur noch 11'300 Zuschauer zu den Spielen zugelassen, da der bauliche Zustand und auch die restliche Stadioninfrastruktur den Ansprüchen nicht mehr genügten. Das Espenmoos mit seinen fast 9'000 Stehplätzen wurde im Sommer 2008 zurückgebaut (nur noch die Haupttribüne mit ihrem markanten Bogen blieb bestehen) und dient heute als öffentliche Sportanlage der Stadt St. Gallen.

Am 14. September 2005 erfolgte nach fast zehnjähriger Planung im Westen der Stadt der Spatenstich für die AFG Arena, heute Kybunpark, mit einem Fassungsvermögen von rund 14'000 Sitzplätzen und 7'000 Stehplätzen. Es hat auf die Saison 2008/09 das Stadion Espenmoos abgelöst.

Technische Daten

Die Kapazität des Stadions Espenmoos setzte sich vor dem Abbruch wie folgt zusammen: 3'186 gedeckte Sitzplätze, 84 ungedeckte Sitzplätze, 7'800 gedeckte Stehplätze und 230 ungedeckte Stehplätze, was eine Gesamtkapazität von 11'300 Zuschauern ergab. Die Fans des FC St. Gallen waren auf der Stehrampe im «Sektor Grün» untergebracht, die Gegentribüne trug den Namen «Sektor Blau».

Geschichte

Da auf der Kreuzbleiche, die oft nicht zur Verfügung stand, nur zweimal im Jahre Eintritt erhoben werden durfte, wurde die Sportplatzfrage aktuell. Ein behördliches Projekt auf der Weiherweid, mit Anlagen für den Fussball- und Eisklub, sowie die Schuljugend, erfuhr beim Volk eine böse Abfuhr. Der Klub, der aber in diesem Jahr 1910 338 Mitglieder zählte, sechs Aktivmannschaften und eine Veteranenelf in die Meisterschaften schickte und ohne eigenen Platz total 88 Spiele austrug, nahm nun die Sache selbst an die Hand und löste die Sportplatzfrage auf dem der politischen Gemeinde gehörenden Espenmoos, in herrlicher Lage. Das Budget von 12'000 Franken wurde um 3'000 Franken überschritten, 2'200 hatte der Tiefbau, 11'700 der Hochbau und 1'000 das Mobiliar gekostet. 8'360 Franken waren aus freiwilligen Spenden zusammengetragen worden, der Rest musste aus den Einnahmen herausgewirtschaftet werden, wobei das Spiel gegen Internationale Mailand (2:2) mit 1'050 Franken ein Rekord-Inkasso brachte. Eingeweiht wurde der mit einer schmucken, 600 Zuschauer fassenden Tribüne prangende Sportplatz am 16. Oktober 1910 mit einem Match gegen das erstmals in Serie A aufgestiegene Brühl, das 1:0 geschlagen wurde.[1] Im Mai 1912 fand auf dieser Musteranlage das erste Länderspiel in St. Gallen statt, das Deutschland 2:1 gewann. Kurze Zeit später feierten die Grün-Weissen den Rekordsieg ihrer Vereinsgeschichte im Espenmoos, als sie den FC Luzern durch ein 17:0 besiegten.[2]

Im Zweiten Weltkrieg war das Espenmoos als Anbaufeld für Kartoffeln vorgesehen. Dem FCSG gelang es dies zu verhindern; stattdessen weideten aber noch bis in die 50er-Jahre Schafe auf dem Spielfeld. Als das Espenmoos noch über keine Anzeigetafel verfügte, waren die Spieler gezwungen, die Zeit auf dem nahen Kirchturm abzulesen oder mussten dafür einen Betreuer fragen. Das änderte sich erst 1947, als erstmals eine Fussball-Uhr installiert wurde. 1954 folgte eine Totomat-Tafel.

Zwischenzeitlich diente das Espenmoos auch dem SC Brühl als (provisorische) Heimstätte. Nachdem die Haupttribüne im Stadion Krontal in der Nacht vom 12. auf den 13. Oktober 1958 einem Brand zum Opfer gefallen war, gewährte der FC St. Gallen dem Stadtrivalen Unterschlupf bis 1960. Ausgerechnet in dieser Phase spielte Brühl höherklassig in der Nationalliga B, während der FCSG drittklassig war.[3]

Der Zuschauerrekord im Espenmoos datiert vom 2. Oktober 1985. Damals trafen die St. Galler im UEFA-Cup auf Inter Mailand. Dank zusätzlich aufgestellten Tribünen waren über 16'200 Zuschauer im Espenmoos.[4]

Der erste Speaker in den frühen 1960er Jahren war Aubey Naef, der 1968 von Jeannot Lucchi abgelöst wurde. Danach waren während 18 Jahren die Schwestern Monika und Helen Schlegel als Speakerinnen an den Heimspielen des FC St. Gallen im Espenmoos. Danach wurden sie vom damaligen Vereinspräsidenten Hans Hurni abgesetzt. Seit 1994 ist Richard Fischbacher als FCSG-Speaker aktiv.[5] Er wurde von 1998 bis 2019 von Gregor Lucchi als Stadionsprecher im Espenmoos und dem Neuen Stadion im Westen der Stadt unterstützt.[6]

Am 6. März 2002 warteten über 11'000 Zuschauer auf den Anpfiff einer Partie gegen den FC Basel, die gar nicht angepfiffen wurde. Der Grund für die Spielabsage war der Ausfall eines Generators, der die Flutlichtanlage mit Strom hätte versorgen sollen. Die beiden Mannschaften mussten das halbdunkle Espenmoos unverrichteter Dinge verlassen. Das Duell wurde neu angesetzt. Das Editorial des St. Galler Vereinspräsidenten im Matchblatt trug ironischerweise den Titel «Lichterlöschen».[7]

2004 kam das Espenmoos in unrühmliche Ehre, als es mit dem FC St. Gallen für den «Big Brother Award», der jährlich für «unverschämtes Datensammeln» an Privatpersonen und Institutionen verliehen wird, nominiert war.[8] Grund für die Nomination war ein Container, der vor dem Gästesektor aufgestellt wurde und in dem sich Zuschauer bei einer Personenkontrolle zum Teil bis auf die Unterhosen ausziehen mussten.[9][10]

Für viel Erstaunen in den Medien sorgte im April 2008 ein ganz besonderer «Diebstahl»: Unbekannten Tätern war es gelungen, heimlich den Elfmeterpunkt des Espenmoos-Rasens auszustechen. Ihre Tat hielten sie dabei auf Video fest und sorgten mit der Ankündigung, dass sie dem Elfmeterpunkt mit einem sonnigen Plätzchen im Garten ein würdiges Asyl bieten wurden, für Erheiterung.[11]

Das letzte Super-League-Spiel im Espenmoos wurde am 20. Mai 2008 ausgetragen. Der FC St. Gallen hätte in der Relegation («Barrage») gegen die AC Bellinzona einen Heimsieg benötigt, um den Verbleib in der Super League sicherzustellen. Stattdessen unterlagen die «Espen» den Tessinern mit 0:2 und mussten bei der Dernière den Weg in die Zweitklassigkeit antreten.[12] Nach dem Abpfiff ereigneten sich im Stadion Auseinandersetzungen zwischen Fans des FC St. Gallen und der Polizei. Es kam zu zahlreichen Verhaftungen und einer grossangelegten Fahndungsaktion im Internet. Zudem wurde ein Sachschaden in Höhe von 150'000 Schweizer Franken festgestellt.[13]

Fankult

Im Espenmoos wurden schon seit den 1920er-Jahren Matchhefte verkauft. Vom schlichten «Mitteilungsblatt des FC St. Gallen», dem die «Espenpost» und das «Espen Sportmagazin» folgten, wandelte sich der Name über «Espen-Magazin» zum noch heute gültigen Namen «Inside».

Seit dem Auszug aus dem Stadion Espenmoos versuchen die Fans des FC St. Gallen die Identität der Vergangenheit zu wahren. Verein und Spieler tragen noch immer den Spitznamen «Espen». Die Fankurve in der neuen Spielstätte, dem Kybunpark im Westen der Stadt, trägt daher den Spitznamen «Espenblock».[14]

Das Espenmoos ziert zudem etliche Fanartikel (T-Shirts, Schals etc.) mit Schriftzug oder Sujet und lebt während der Spiele auch in den Gesängen im neuen Stadion weiter.[15]

Das Espenmoos heute

Die Stadt St. Gallen hat das Stadion Espenmoos im Sommer 2008 nach dem Auszug des FC St. Gallen ab Juli 2008 umgebaut. Alle Tribünen ausser der Haupttribüne wurden dabei abgerissen. Die Garderoben wurden komplett saniert und tragen neu die Namen von ehemaligen Spielern des FC St. Gallen (Charles Amoah, Tranquillo Barnetta, Beat Rietmann, Hugo Rubio, Marco Tardelli, Jörg Stiel, Iván Zamorano und Marc Zellweger). Weiter wurden die sanitären Einrichtungen auf den neusten Stand gebracht und neue Wege rund um das Stadion angelegt. Zusätzlich entstand im Bereich der abgerissenen Tribünen ein Kunstrasenspielfeld, das Trainings zu allen Jahreszeiten ermöglicht. Zu den Nutzern der Anlage zählen heute unter anderem die FC St. Gallen Frauen, die derzeit (2022/23) in der höchsten Spielklasse (Women’s Super League) im Frauenfussball spielen, sowie die U21-Mannschaft des Vereins. Weiter steht das Espenmoos heute auch für Rugby, American Football und Firmensport zur Verfügung.[16]

Die renovierte Sportstätte wurde am 18. Mai 2010 durch die ehemaligen FCSG-Spieler Tranquillo Barnetta und Marc Zellweger feierlich eröffnet und für den Breitensport freigegeben.[17]

Literatur

  • Daniel Torgler, Daniel Ryser, Matthias Frei: Espenmoos – Fussball und Fankultur Appenzeller Verlag, Herisau 2007, ISBN 978-3-85882-463-9. (Im Handel vergriffen)

Galerie

Weblinks

Commons: Espenmoos – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. sanktgallen.ch: Stadioneröffnung
  2. Daniel Torgler, Daniel Ryser, Matthias Frei: Espenmoos – Fussball und Fankultur, Seite 149, Abschnitt «Heimsieg»
  3. Daniel Torgler, Daniel Ryser, Matthias Frei: Espenmoos – Fussball und Fankultur, Seite 151, Abschnitt "Krontal"
  4. Daniel Torgler, Daniel Ryser, Matthias Frei: Espenmoos – Fussball und Fankultur, Seite 155, Abschnitt «Zuschauerrekord»
  5. Max Kern: Richard Fischbacher ist seit 26 Jahren FCSG-Stadion-Speaker – Seine Stimme feierte schon 2000 den St. Galler Titel. In: blick.ch. 22. Juli 2020, abgerufen am 10. September 2022 (Schweizer Hochdeutsch).
  6. Daniel Wirth: FCSG-Fans müssen tiefer in die Tasche greifen: Der Bierpreis im Kybunpark steigt auf 6 Franken. In: tagblatt.ch. St. Galler Tagblatt, 15. Juli 2019, abgerufen am 10. September 2022 (Schweizer Hochdeutsch).
  7. Daniel Torgler, Daniel Ryser, Matthias Frei: Espenmoos – Fussball und Fankultur, Seite 151, Abschnitt «Lichterlöschen»
  8. 29. Juli 2004: Nomination des Monats, Big Brother Award Schweiz 2004
  9. Josef Osterwalder: Wil bedeutet Grosseinsatz. (Nicht mehr online verfügbar.) Appenzellerzeitung, 2. April 2004, ehemals im Original; abgerufen am 24. Juli 2011.@1@2Vorlage:Toter Link/www.appenzellerzeitung.ch (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  10. Andreas Kneubühler: Bis auf die Badehose. (Nicht mehr online verfügbar.) Wochenzeitung WOZ, 29. Juli 2004, archiviert vom Original am 4. Februar 2009; abgerufen am 24. Juli 2011.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.woz.ch
  11. YouTube-Video: Verschwundener Penaltypunkt
  12. Bellinzona triumphiert - St. Gallen steigt ab
  13. St. Galler Hooligans: Viele Hinweise
  14. Toggenburger Tagblatt: «Es brodelt in der Fankurve»
  15. DV 1879: «Espen»-Schals (Memento des Originals vom 6. Dezember 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dv1879.ch
  16. Stadt St. Gallen: Baudoku Espenmoos (Memento des Originals vom 21. November 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stadt.sg.ch
  17. Neues Espenmoos eingeweiht (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.radio-seefunk.de